Konzertbesprechungen 2006

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7 Years Bad Luck (21.1. Balingen) - Andthewinneris (21.1. Balingen) - Attila The Hun & The Quality Butchers (4.10. Stuttgart) - Bad Machine (22.9. Stuttgart) - The Black Halos (28.3. Stuttgart) - Boekk (11.3. Zofingen) - Captain Black (1.2. London) - Nick Cave (30.9. Prag) - Dayforday (22.4. Balingen) - Dead On The Sofa (22.4. Balingen, 12.4. Balingen, 25.3. Albstadt) - Dritte Wahl (1.4. Balingen) - Eat More Plastic (6.1. Tübingen) - The Epoxies (6.3. Tübingen) - The Garden Gang (29.4. Mühringen) - Gods of Blitz (20.8. München) - Hidden Charms (10.5. Tübingen) - The Jancee Pornick Casino (3.3. Stuttgart) - King Louie One Man Band (10.9. Stuttgart) - Knaugthy Knights (26.2. Stuttgart) - The Kri-Duh-Chats (10.5. Tübingen) - Leaflet (6.1. Tübingen) - Neil Leyton (22.10. Mühringen, 23.10. Obermarchtal) - Mars Mellow (25.3. Albstadt) - The Mokicks (21.1. Balingen) - The Mutts (3.2. London) - No Code (12.4. Balingen) - Popzillas (6.3. Tübingen) - Radio Birdman (22.9. Stuttgart) - Slam & Howie (19.4. Tübingen) - Suicide Souvenirs (6.1. Tübingen, 22.10. Mühringen, 23.10. Obermarchtal) - TV Smith (29.4. Mühringen) - USK (1.4. Balingen) - Vanlustbäder (3.2. London) - Vincent Vincent And The Villains (1.2. London) - Paul Weller (26.4. Stuttgart) - Andre Williams (4.10. Stuttgart) - Wolfmother (20.8. München)

Mo. 23.10.06

Neil Leyton + Suicide Souvenirs (Foto) - Obermarchtal, Kreuz: Das selbe Package am nächsten Tag unter sozialer Beobachtung neben dem Bauernhof. Die anwesenden Eingeborenen gaben sich Mühe, hinterliessen aber dennoch den deprimierenden Geschmack davon, dass hochklassige Musiker an Wochentagen auch mal durch Täler schreiten müssen um an die Kirschen zu kommen. Dafür war es sogar noch erträglich. Die Kneipe ist nicht gross, hatte dafür aber eine erstaunlich ansehnliche Bühne und exzellente PA. Das Licht blieb an und die Einwohner blieben sitzen. Neil Leyton schien das nicht zu beeindrucken. Der intelligente Kanadier konnte auch dem anspruchsvollen (you see that I'm jokin'?) Europäer noch etwas von Politik erzählen und zog mit seiner Band ein komplett anderes Set herunter als am Vortag. Offensichtlich hatte man sich nicht die Mühe einer Setliste gemacht. Daher fehlte zwar der Fluss des Vorabends, doch zeigte sich die Band damit nicht an ein starres Korsett gebunden und wir kamen in den Genuss weiterer Songs inklusive "Mercy Seat" in einer sehr intensiven Version, vorgetragen vom Herrn alleine mit Akkustikgitarre. Über den Rest des Abends breiten wir den Mantel des Schweigens!!
Suicide Souvenirs brachten davor ebenfalls ein verändertes Set. Beide Bands hatten wohl ihre Setlisten bei Uwe liegen gelassen. Ein etwas anderer Wochenanfang, der sich sehr gelohnt hat!! Da konnte man die Woche über von zehren.
(Ralf, 30.11.06)

So. 22.10.06

Neil Leyton + Suicide Souvenirs - Mühringen, Cafe Am Erika: Das war mal echt eine Überraschung! Die Suicide Souvenirs wurden von Uwe in seinen Keller eingeladen, an einem Sonntag, als Vorband eines Songwriters, dessen Namen keiner von uns je gehört hatte. Er würde die Show auch wirklich nur machen, wenn die Souvenirs kommen, meinte Uwe, denn sonst käme ja eh niemand. Wir bekamen noch ein paar Akkustik-Songs des Kanadiers von einer Demo-CD zu hören und fanden das eigentlich auch ganz gut, allerdings für einen Sonntagabend schien das keine Option, die einen vom Hocker kickt. Meine grösste Sorge war, unter dem Set einzuschlafen. Das Demo erinnerte am Ehesten an Ryan Adams, wenn man etwas Country davon abzieht oder die Solosachen von Jesse Malin. Da Neil Leyton offenbar ein Solo-Akteur ist, der aber auch schon mit Band aufnimmt und tourt, war letztlich auch nicht klar, wie der Abend nun ablaufen wird.
Für uns daher nach dem Eintreffen bei Uwe erstmal eine gewisse Erleichterung, als wir erfuhren, dass er mit Band da ist und, so die Souvenirs, die natürlich dem Soundcheck gelauscht hatten, es sogar richtig gut sein solle.
Und wenn das nicht eins der mitreissendsten Konzerte dieses Jahres war, dann weiss ich auch nicht mehr. Doch zunächst die Souvenirs: Da der komplette Stereo Satanics-Dunstkreis mit allen Splitterbands derzeit proberaumtechnisch auf der Strasse hockt, kamen die Souvenirs hier zu dem "Vergnügen", absolut ungeprobt auftreten zu dürfen und, bei aller Verehrung, solange sind sie noch nicht zusammen, dass man das nicht gemerkt hätte. Irgendwie haben die aber diesen Charme, dass das einfach überhaupt keine Rolle spielt. Da wirkt einfach das Gesamtpaket. Man steht da und freut sich. Rock'n'Roll, schöne Riffs, schöne Melodien, punky, poppy und ein wenig snotty, etwas Bowie, etwas Velvets, etwas britischer 70s-Punk und etwas Glamrock. Das kann ja gar nicht schiefgehen!
Neil Leyton überraschte uns dann mit einer fulminanten und sehr nahegehenden Show. Diesem Mann müsste die Welt gehören, doch leider ist er in Deutschland noch viel zu unbekannt. Das wird sich sicher ändern und umso schöner war es, ihn einmal in Uwes Keller gesehen zu haben. Neil verfügt über ein ergreifendes Charisma, dazu Songs, die einen einfach genau da packen, wo man sich überhaupt nicht davon entziehen kann.
(Ralf, 30.11.06)

Mi. 04.10.06

Andre Williams, Attila The Hun & The Quality Butchers - Stuttgart, Club Schocken: Der gute alte Godfather! Wir alle haben ihn lieb und er hat uns lieb. "It's good to be here in Germany again. Last time I was here I was biting you." sagt er mit verschämt-verschmitztem Grinsen und fügt an, nun in friedlich-diplomatischer Mission unterwegs zu sein. Er wirkt allerdings weitaus gebrechlicher und noch viel weniger anzüglich als vor wenigen Jahren und hat kaum noch Power auf der Stimme. Zwischen den Gesangsparts setzt er sich nach hinten und nippt am Bacardi. Ob die Senilität oder der Alkoholpegel für das Vergessen von Einsätzen und Texten verantwortlich ist, können wir leider nicht ganz abschätzen, aber die niederländische Band ist gut (obwohl sie vorher in vertauschten Rollen als Attila The Hun & The Quality Butchers mit Cowboyhüten, Flammenhemden und Militaryhosen ein ausschliessliches Coversongs-Programm bot, das niemanden vom Hocker riss) und überbrückt Williams' Unzulänglichkeiten spielend.
Hit folgt auf Hit ohne längst alle Hits unterbringen zu können, die wir gerne gehört hätten. Die Show endet zeitig und dennoch grinst alles und spricht: "15 Euro Eintritt - jeden Cent wert!"
(Ralf 7.10.06)

Sa. 30.09.06 Nick Cave - Prag, Kongresszentrum (1700 Zuschauer)
Es war so ziemlich das ärgerlichste Konzertereignis seit ich beschlossen habe nicht mehr aufs Southside zu gehen.
Nick Cave Fans in Prag sind grösstenteils Menschen um die 40 in beigen Cordhosen und karierten Flanellhemden, der Rest sind tschechische Festivalpeople und vereinzelt ein paar Omas. Man betritt eine hässliche Halle, die innen wie aussen Ostblockflair en gros versprüht und lässt sich in glücklicherweise bequemen aber leider beigefarbenen Sitzen nieder, denn ... dies ist ein bestuhltes Konzert. Gut für mich. Ich mag Nick Cave, aber seine grösstenteils ruhigere Musik macht meine Beine immer müde und mir das Stehen schwer. Ich bin kein guter Steher, als Soldat wäre ich vermutlich den Nichtheldentod gestorben. Zusammenfassung bis hierher: Nick Cave solo, bestuhltes Konzert, Ralf sitzt, alles soweit ok.
Mein anzügliches Amusement angesichts der Halle und der Leute erstarrt dann allerdings jäh, denn als die ersten Roadies die Bühne betreten, um Instrumente und Drinks für die Musiker bereitzustellen, bricht das Publikum in spontanen Jubel aus. Ein leicht beunruhigendes Gefühl, das an mir hängt wie eine schlecht sitzende Jacke, lässt mich die Umsitzenden mit möglichst unauffälligen Blicken inspizieren wie ein Beutetier, das den Hunger der Löwen an der Wasserstelle abzuschätzen versucht. Zudem fangen sie jedesmal an Stakkato zu klatschen, wenn einer der todbringenden Songs, die bis dahin aus den Boxen trällern, zu Ende ist, womöglich um die Band zum Auftritt zu motivieren. Dies tun sie so inbrnstig und vorfreudig, dass ich tief im Sitz versinke und mir den Kragen hochschlage, als wäre es mir peinlich dazuzugehören.
Dann geht das Licht aus!! Eintausendsechshundertachtundneunzig Prager Nick Cave Fans geraten vor Aufregung an den Rand der Selbstbeherrschung und wetzen die letzte dünne Schicht beigen Cords, die die Aussenwelt noch von ihrer Unterhose trennt, an die beigen Sitzpolster.
Die Band (ausser Cave drei Leute - zwei davon von den Bad Seeds - an Geige, Bass und Schlagzeug) fängt an, Cave kommt auf die Bühne und drischt erstmal mit allen Fäusten auf die Klaviertasten, dass der Oma in der Reihe hinter uns das Brillenglas einreisst. Das heimelige Gefühl kehrt zurück, ich vergesse meine Angst.
Wer erwartete, dass der Herr murmelnd am Piano sitzen wird um ein Tränenmeer voller Balladen zu klimpern, hatte sich hiermit getäuscht. Cave rudert mit den Armen und gibt der Band Einsätze im Stile eines wahnsinnigen Dirigenten. Der Geiger hat einen Gitarrenamp und produziert damit ne Menge Lärm, ersetzt quasi die Gitarre. Gute Sache. Cave nimmt alles offensichtlich etwas entspannter als bei den Bad Seeds, singt ganz ok, leiert aber manchmal auch leicht daneben, fängt Songs an, um sie nochmals abzubrechen, weil er die erste Textzeile verdaddelt hat, plaudert mit dem Publikum und hört sich gerne deren Bittrufe nach irgendwelchen Songs an die er dann sowieso nicht spielt. Der Sound ist brachial, laut, gewaltig. Ist das ein Grinsen, das mein Gesicht so ungewöhnlich anfühlen lässt?
Doch dann passiert das Unausweichliche, das Schreckliche, das Unverzeihliche, das wir uns in unseren trübseeligsten Phantasien bereits Stunden vor dem Konzert verängstigt flüsternd in die Ohren prophezeiten: Nach dem dritten Song steht Cave auf und geht zum Bühnenrand. Ein paar kleine Entenärschchen kommen so schnell herangewatschelt, wie sie nur können um ihm die nassen Patschehändchen entgegenzuwerfen. Ihre kurzen Stumpfschenkel vibrieren vor Aufregung. Sie ergreifen Caves Hand und fallen sofort in Ohnmacht. Weitere Beinchen reiben sich eilig und schon stehen 20-25 Vollidioten vor der Bühne und bleiben da auch als der Mann im Frack sich wieder ans Piano setzt.
Für einen Augenblick steht die Zeit still. Ein Zaudern und Zögern zuckt durch die Luft. Es fühlt sich an wie der Moment in dem die Atombombe abgeworfen ist und Du fühlst, dass irgendwas nicht stimmt, weisst aber nicht was bis der Schatten über Dir immer grösser wird. Die Hirnsuppe in hunderten Köpfen um uns herum fährt ihre Temperatur innerhalb von Sekunden auf Brodeln. Und bevor der Papst wieder die Hände in die Tasten graben kann, beginnt eine Kettenreaktion sondergleichen. Watschelbeinchen und Entenärschchen trampeln. Eine Stampede des Grauens zieht heran und ergiesst sich vor die Bühne und die seitlichen Gänge herauf, bis auf die Höhe unserer Sitzreihe.
Unsere Sicht zur Bühne ab jetzt: Dreimaldürftihrraten.
Die Häflte des Saals ist nun nach vorne gestürmt und versperrt der anderen Hälfte die wohlverdiente und teuer bezahlte Sicht. Beim nächsten Song fangen sie an mitzuschunkeln, zu hüppeln und wüppeln, sich liebzuhaben und abzuknutschen wie es die Southside-Hippieteenies kaum ekelerregender zustande bringen können. Ich kämpfe minutenlang nur mit der Unterdrückung meines Brechreizes, dann folgt ein Gefühl von schlichter Wut. Was in Nathalie vorging, die im Gegensatz zu mir noch ein richtig grosser Fan Caves ist, lässt sich nur schwer vorstellen. Ihre Augen jedenfalls foltern und verstümmeln jeden einzelnen im Saal, mich und Nick eingeschlossen. Sie erzählt später, eine einladende Geste des Sängers bemerkt zu haben, mit der er die Leute zu dieser Aktion animiert hätte.
Wir wechseln nach einer Weile die Plätze und versuchen es auf einer Höhe, die einem wieder den Blick auf die Bühne gestattet, doch im Laufe des weiteren Konzerts springen immer mehr Leute auf, so dass wir auch hier nicht in den vollen Genuss des Konzerts kommen, ganz abgesehen davon, dass wir für einen Platz in einer vorderen Reihe bezahlt haben. Wie sich einer der Tschechen fühlen muss, der in der ersten oder zweiten Reihe einen Platz hatte, für den er unter Umständen ein ganzes Jahr lang sparen musste, das mag ich mir nicht anfangen vorzustellen.
Ausserdem sitzen wir nun so hoch, dass unangenehm auffällt, wie der Lichtmeister nach jedem Lied eine ganze Batterie Lampen anschmeisst die direkt ins Publikum leuchten und einem die Augen aus dem Hirn sprengen.
Es dauert bis zum drittletzten Song ehe ich mich wieder soweit beruhigt habe, um dem Konzert wieder zuzuhören. Es kommt "God Is In The House", der mir bislang nie gefallen hat, in der Soloversion aber sehr dynamisch wird und Cave irgendwann nur noch kratzig flüstert. Ein Moment in dem die Intensität des Künstlers seinen Höhepunkt erreicht, in den er sein ganzes dramaturgisches Talent wirft, ein Moment in dem man erstarrt, ein Moment den man geniesst, in dem sich die Luft entzündet ... wären da nicht eintausendsechshundertachtundneunzig Prager Nick Cave Fans, die diesen Moment mit erregtem Patschen und Johlen zerdeppern würden. Es ist ... wortlos. Man kann nur den Kopf sinken lassen und sich angewidert zwischen eintausendsechshundertachtundneunzig Prager Nick Cave Fans über Rolltreppen ins Freie befördern lassen und mit ihnen in die Tram steigen und den Blick auf ihre glühenden rotbäckigen Gesichter vermeiden. Es hätte schön sein können, es war grauenhaft.
(Ralf, 4.10.06)
Fr. 22.09.06

Radio Birdman, Bad Machine - Stuttgart, Universum (ca. 500 Zuschauer)
Die australische Raw-Power-Legende ein weiteres Mal nach 2003 wieder in Deutschland, diesmal sogar mit neuem Album, das erste seit 1978!!! Zu ihren ersten Lebzeiten war ihnen nicht allzuviel Ehr beschehrt. Das ging erst in den 80er-Jahren los und vielleicht ernten sie jetzt ihre verdienten Lorbeeren.
Der Auftritt in Stuttgart hatte allerdings sein erstes Problem darin, dass ich nicht besonders viel Lust hatte und sein zweites, dass ich deswegen nicht schnell genug nach vorne kam als es losging und somit aus 280 Metern ohne Fernglas nicht viel von der Band sah.
Musikalisch legten sie mit dem Besten los, was es aus ihren Anfangstagen gibt und sorgten damit für ordentlich Schwung, den sie sich dann später mit den Neukompositionen wieder nahmen, die mir beim ersten Hören fast schon progrock-mässig vorkamen. Ausgefeilte, vielschichtige Arrangements ohne die Direktheit der alten Tage. Muss aber erstmal das Album abwarten, bevor ich mir ein endgültiges Urteil bilde. Hat mich jedenfalls überhaupt nicht umgehauen. Rob Younger sieht aus wie 70 und kann immer nur noch ein bis zwei Songs Gas geben, dann braucht er einen zum Ausruhen. Deniz Tek braucht nach jedem Song eine Ewigkeit um seine Gitarre zu stimmen und da so etwas nicht mit Ansagen überbrückt wird, fehlt der nahtlose Übergang, damit man heiss bleibt. Ich fands ziemlich naja.
Bad Machine waren die ödeste skandinavische Metalband, die ich je gehört habe. Typen mit schmierigen langen Haaren und Motorhead-Tshirts kann ich grade absolut nicht mehr ab. Würden die Hellacopters, Backyard Babies und Gluecifer an jeder Band nur einen Euro verdienen, die heute, 10 Jahre später, immer noch denselben Wurscht neu auflegen, dann wären sie wohlverdiente Multimillionäre. Ich habe diese Art von Musik und Bandgehabe im Moment so satt wie nichts anderes auf der Welt. Ausserdem spielten sie länger als die Band auf die man wartete und das macht sie doppelt beschissen.
(Ralf, 3.10.06)

So. 10.09.06

King Louie One Man Band - Stuttgart, Rocker33 (Miniclub) (ca. 50 Zuschauer)
Kleines dickes Louie wusste überragend zu unterhalten, auch an einem Sonntagabend vor ein paar lausigen verkaterten Stuttgartern. Er krächzte aus dem letzten Loch, seine Gitarre verstimmte sich in schwarze Löcher der Tonleiter, sein Rechtes-Bein-Bassdrum-Linkes-Bein-Snaredrum-Rechte-Hand-Kuhglocke-Rhythmus wackelte wie ein Pudding mit 4 Promille, aber das machte dem guten Mann nichts aus, denn das ist sicherlich immer so, bei dem guten King Louie.
Trash-Blues wie er selten besser, witziger und unterhaltsamer ist.
(Ralf, 13.9.06)

So. 20.08.06

Wolfmother, Gods of Blitz - München, Grosse Georg-Elser-Halle (ca. 1000 Zuschauer)
"Welcome to the Wolfmother Stage-Diving-Contest!" Diese Aussage des Sängers nach 2-3 Songs brachte das Motto des Abends für das Elserhallen-Publikum auf den Punkt. Ich habe mir noch niemals in meinem Leben sehnlicher eine Absperrung vor einer Bühne gewünscht. Eigentlich hab ich mir noch gar nie eine Absperrung gewünscht. Von heute an sehe ich das anders.
Die jungen Fans werden auch immer dreister. Früher ging es ums Diven. Ich erinnere mich noch genau an die Konzerte im damaligen Stuttgarter Maxim, wo sich die Kids, damals oft noch in den typischen Punk-, Modanzügen, von der 2-3 Meter hohen Empore direkt in die Menge stürzten. Da flogen noch Zähne und Knochen durch die Gegend. Heute gehts nur ums Posen. Einmal ein Star für wenige Sekunden. Man klettert auf die Bühne, rennt möglichst aufdringlich zwischen den Akteuren hinundher, man wedelt mit den Armen, plustert sich auf, man kniet vor ihnen nieder, man betet sie an, man krabbelt auf allen vieren und knutscht die Bassdrum, man stört und nervt ohne Ende und dann lässt man sich vorsichtig auf die Hände der restlichen Deppen fallen. Das ist nur noch protziges Gehabe, das eine ungeheure Respektlosigkeit vor den Bands beweist und das Vergnügen der restlichen Zuschauer minimiert. Pfui Kotze!
Wolfmother sind ein modernes Trio, ich sag da immer "Southside-Kram", weil sie dort hinpassen und natürlich dieses Jahr auch gespielt haben. Auf einer Grundlage von schwerem 70er-Rock, Marke Sabbath, Zeppelin, Blue Cheer, bauen sie modernere Elemente auf - der Sänger klingt beispielsweise wie eine Mischung aus ganz jungem Ozzy und Jack White - wurden dann im Laufe des Konzerts immer Hawkwind-mässiger, d.h. längere atmosphärische Passagen, was das Konzert aber nicht besser machte, weil sie es damit auch nicht schafften, die schmerzlich vermisste Intensität aufzubauen.
Zu viel kopiert, zu wenig eigene Ideen. Meinen Eindrücken nach ist diese Band überschätzt und wird erst noch beweisen müssen, dass sie fähig ist, ihre Qualität zu bestätigen. Insgesamt kein Auftritt, der Emotionen geschürt und einen mitgerissen hat. Nett, mehr nicht.
Gut finde ich die Matte des Sängers/Gitarristen, die fast schon an Hendrix erinnert, den Bassisten, der auch mit einer stark verzerrten Jon Lord-Orgel weitere Akzente in Richtung 70s-Heavy-Rock setzte, und das zurückhaltende Gebahren der Band. Kein Gepose, kein Stargehabe. Sie wirken eher als würde ihr Erfolg sie etwas verwirren. Oder war das doch nur das permanente Gewusel des Kindergartens um sie herum?
Gods Of Blitz aus Berlin davor machten einen eher unausgegorenen Eindruck. Über einem harten musikalischen Background mit schnittigen Riffs wimmert ein sanfter Gesang mit süsslichen Melodien und die Band bricht optisch ziemlich auseinander. Von Metaller über Schnieke-Rock'n'Roller bis Action-Rocker ist da alles dabei. Das war wie David Cassidy, der heimlich in seinem Kinderzimmer unter Bay City Rollers-Postern zu Deep Purple abgeht.
Die Songs sind mir teilweise eine Nummer zu eingängig (für nen kurzen Live-Aufhorcher mag der Song "I See You In The Street" vielleicht reichen, doch ob man ihn zuhause mehr als zweimal hören mag, wage ich zumindest für meine Person zu bezweifeln), doch das ist der Stil der Band und daher nicht zu kritisieren. Die Vergleiche mit den Hives und Franz Ferdinand sehe ich höchstens in den (sehr ausgezeichneten) Gitarrensounds. Über den Bandnamen, das Gepose und den 70er-Sound würde ich sie doch eher dem Rock zuordnen. Wegen mir stellt noch ein "Indie" davor, doch das kann ich persönlich bereits nicht mehr vertreten, denn die Band steht da, glaube ich, für andere Dinge. Die spielen ja schliesslich auch nicht ohne Grund mit Wolfmother oder mit Nick Olivieri und Konsorten. Naja, irgendwie nicht schlecht aber eigentlich kaum mein Ding, schon vom erfolgsorientieren Ansatz her.
(Ralf, 30.8.06)

Mi. 10.05.06 Hidden Charms, The Kri-Duh-Chats - Tübingen, Epplehaus (ca. 20 Zuschauer)
Bei höchstens 20 Zuschauern war die Stimmung an einem Mittwochabend im Epplehaus leider etwas steif. Auch die beiden Bands konnten die Gelenke nicht wirklich lockern.
Kri-Du-Chats sind drei verrückte Teenager die klingen wie die Gories ... fast zu sehr wie die Gories, dazu noch ohne deren Gespür für den richtigen Ton im richtigen Moment. So unausgegoren die Jungens noch sind, wie man eine Gitarre anständig verstimmt das wissen sie und für das stimmigere Songwriting brauchen sie vielleicht noch etwas mehr Zeit. Ich sehe der Weiterentwicklung der Heilbronner allerdings sehr zuversichtlich entgegen.
Hidden Charms konnten uns in unserer lauen Laune auch nicht herumreissen. Man sieht ihnen zwar mit einem gewissen Lächeln auf dem Gesicht zu, denn das Spiel mit dem sympathischen Dilettantismus beherrschen sie recht gut. Der Dean Dirg Drummer ist natürlich eine Augenweide, zieht alle Blicke auf sich und man sieht nur weg, wenn sich der Sänger hinundwieder slapstickmässig hinplotzen lässt. Mit seiner Gitarre schrabbt er immer so halb daneben und seine Stimme scheint sich mitten im Stimmbruch zu befinden, auch wenn der junge Mann dieses Alter bereits ein zwei Tage hinter sich gelassen haben könnte. Es rumpelt und poltert, doch leider kommen auch die Songs nicht so richtig zum Zünden. Auf Platte fand ich das viel spannender, zumal die, live fehlende, Orgel die Löcher im Klangbild stopfte.
Hm. Das Potential, das ich hinter den Charms vermutete, blieb weitgehend verborgen, lag aber wohl, bei all den Vorschusslorbeeren, an der Tagesform.
(Ralf 15.5.06)
Sa. 29.04.06 TV Smith & The Garden Gang - Cafe Am Erika, Horb-Mühringen (ca. 30 Zuschauer) Das Foto ist nicht von diesem Gig, sondern von der Internetseite der Garden Gang geklaut
Ich glaube, er ist wirklich ein bezaubernder Mensch, der gute Tim Smith, in den 70ern bekannt geworden mit den Adverts, seither immer wieder und niemals nachlassend mit neuen Platten und verschiedenen Begleitbands auf Tour. Er hat niemals an Qualität nachgelassen, das als erstes und als zweites ist er sich immer treu geblieben, steht auch heute noch zu den Songs und den Texten, die er vor mittlerweile fast 30 Jahren geschrieben und gelebt hat.
Dazu ist er von geradezu vereinnehmender politischer und sozialer Gerechtigkeit beseelt, jedoch völlig ohne Zeigefinger und ohne irgendjemanden anzuklagen.
Und über alledem ist er sich einfach nicht zu schade, denn obwohl er gerade mitten in einer Europatour als Support der Toten Hosen steckt, die ihn selbstverständlich als grosse Inspirationsquelle verehren, und jeden Tag vor Menschenmassen spielt, fiel ihm während einiger freier Tage nichts Schöneres ein, als in sein geliebtes Cafe Am Erika zu pilgern, wo er schon so manches Stelldichein gab, um vor 30 Leutchen, die zudem erstmal kaum in Stimmung kamen, eine Show zu spielen, dass uns das Gebiss aus dem Gesicht fiel.
Los ging es allerdings mit der Garden Gang aus München, seiner langjährigen Deutschland-Tour-Begleitband, die astreinen 77er-Punk mit leichtem Glam-Anteil und sehr guten Kompositionen brachten. Der Sänger und die Sängerin sahen super aus und bewegten sich gut. Der Rest der Band war optisch eher ... ähem, dafür waren die Musiker wenigstens topfit und vorallem der Bass-Sound konnte gefallen. Das Keyboard war leider nicht auszumachen. Wir fanden's dennoch eine perfekte Einstimmung, auch wenn die GG wohl eher enttäuscht von der zurückhaltenden "Menge" schien, die sich eher an die Rückwand drückte.
TV konnte die paar Leutchen während seines anfänglichen Akkustik-Sets durchaus schon eher aus der Reserve locken. Er spricht nahezu perfekt deutsch und plapperte zwischen den Stücken wie eine Tratschtante, allerdings nichts Überflüssiges und immer nahtlos zum nächsten Song übergehend. Selbst seine Akkustikstücke entbehren nicht eines gewissen Powers. Die ausschliesslich offen geschlagenen Akkorde zeugen von der selben eingängigen Melodiösität und Rhythmik, die auch seine Songs mit Band auszeichnet.
Die Texte sind schlüssig, haben viel Sinn, Engagement, Wortwitz, Ideenreichtum und wirken wie aus dem Ärmel geschüttelt. Die Hooklines sind extrem prägnant und alles geht sofort ins Blut. Das ist mehr als nur einfacher Punk und es entbehrt nicht einer gewissen Tragik, dass einer der ganz grossen Songwriter der englischen 77er-Generation immer so arm geblieben ist. Eigentlich eine ungeheure Ungerechtigkeit, wenn man bedenkt, was fiel schlechtere Kollegen von ihm abgesahnt haben. Es macht ihm aber absolut nichts aus. Ich glaube sogar, dass es ihm so lieber ist. Er fühlt sich wohl. Sein ehrliches Lachen, nach jedem Applaus muss man einfach mal gesehen haben. Das kann niemand aufsetzen. Das wärmt einem das Herz, man muss drüber lachen, es strotzt nur vor Sympathie.
Als er dann nach ca. 12-15 Songs die Garden Gang als seine Begleitband dazu bat, föhnte es uns kurz mal die Haare nach hinten. Nun kam ein Querschnitt durch neue und alte Songs, inklusive "Gary Gilmore's Eyes", "Bored Teenagers" und als letzte Zugabe dann "One-Chord Wonders", das hier im Keller des Cafe Am Erika wütender klang als auf Platte, als in London letztes Jahr und auch als in München, wo unsere Freunde Anfang des Jahres die Release-Party zu Tims neuster Platte besuchten.
TV Smith, ein Erlebnis, nachwievor!
Mi. 26.04.06 Paul Weller - Stuttgart, Theaterhaus (ca. 1200 Zuschauer)
"Gediegen!" Mit diesem Wort, mit dem Nathalie bereits nach 10 Minuten das bis dahin Geschehene beschrieb, liess am Ende das komplette Konzert, inklusive allem Drumherum, Publikum, Location, Ambiente und und und beurteilen. Weller sah superklasse aus und gab eine geile und coole Figur ab, hatte eine super Stimme und stand einfach da wie eine 1. Doch damit ist alles Positive gesagt. Sound und Songs waren fast durchweg lahm und langweilig. Die Ocean Colour Scene Typen, die ihn seit einigen Jahren begleiten, finde ich grauenhaft und insbesondere der Gitarrist nervte tierisch mit seinen endlosen Delayspielereien und unter den dämlichen Leuten im Theaterhaus, die ja so begeistert waren und Paul Weller daher offensichtlich eher von Style Council oder eben seinen Soloalben kennen, kamen wir uns vor wie ein paar angepisste Teenager. Selbst als endlich ein, zwei Jam-Nummern kamen, konnte ich mich nicht mehr dazu durchringen, Gefallen daran zu haben, da ich völlig von den vor und neben mir stehenden Leuten paralysiert war. Wie die tanzten, das hättet Ihr sehen müssen. Da vergeht einem nicht nur die Lust auf Jam-Musik sondern sogar die Lust am Leben. Pfui Teufel. Paul Weller ist eine Legende, ein guter Mann, doch dieses Konzert fand ich langweilig.
Sa. 22.04.06

Dayforday, Dead On The Sofa - Balingen, Jugendhaus (ca. 120 Zuschauer)
Release-Party der neuen CD "Until There's Just The Bitter Taste". Der einzige bittere Geschmack war die Hitze. Lag es nur daran, dass Lars vergessen hatte, die Heizung rechtzeitig auszumachen oder an den mittlerweile zufriedenstellenden Temperaturen nach einem diesmal wirklich langen Winter ... oder waren es doch die Bands?
Sagen wir eine Kombination aus allem. Dead On The Sofa kamen jedenfalls schon bei den ersten Songs gehörig ins Schwitzen, brachten die Meute aber trotz der üblich anfänglichen Zurückhaltung ordentlich zum Tanzen.
Dayforday mussten sich danach ordentlich ins Zeug legen, doch das taten sie auch. Man mag sie mögen oder nicht und ich denke, sie haben's nach ihrer Hinwendung zu mehr schwermütigeren Themen und Sound nicht leichter als vorher, doch auch die Balinger gewöhnen sich so langsam dran und gingen ordentlich ab. Wie auch nicht, haben Dayforday doch ihr Set sauber beieinander und drücken mehr denn je. Ausserdem tragen sie die neuen Songs mit wesentlich mehr Leidenschaft vor als früher. Das haut schon dolle rein, auch wenn sie mir nun teilweise ein wenig zu brutal werden. Michi und Gebert hören halt doch ganz schön derbes Zeug und so werden auch die Hardcore-Einflüsse immer deutlicher. Ich würde sie heute in der Mitte zwischen Punkrock, Emo und Hardcore ansiedeln. Über das Wort Ska können sie nur noch lachen.
(Ralf, 25.5.04)

Mi. 19.04.06

Slam & Howie - Tübingen, Epplehaus (ca. 35 Zuschauer)
Ich dachte schon mich im Datum vertan zu haben, denn im Saal des Epplehauses brannte Licht und es sah irgendwie verwaist aus. Das Konzert fand aber im Keller statt und dort war es bei meinem Eintreffen dennoch fast genauso leer, was die beiden schweizer Kollegen Slam & Howie, hierzulande kennt man vorallem Slam aka Sandro durch die Berner Rock'n'Roll Kapelle Leaflet, nicht im Geringsten ihrer guten Laune berauben konnte.
Als sie anfingen trug man flugs noch ein paar Leuchten her, damit die Bühne wenigstens in ein kleines Licht getaucht wurde und siehe da, mitterweile hatten sich gut 30 Zuschauer eingefunden und das reichte, um den Abend gelingen zu lassen.
Slam mit Vietnam-Stirnband donnerte auf der Akkustikgitarre und Howie mit 70er-Kragen-Hemd und schicker Topffrisur, begleitete ihn auf seinem schimmernden Ludwig-Drumset durch Hits aus allen Zeiten.
Das ging über Muddy Waters, Cash, den Beatles, Dylan und Stones, auch AC/DC, Motörhead und Co. bis zu den Ramones und Nirvana und auch die White Stripes fallen mir noch ein. Dabei wurde alles schön zerrupft, überraschend arrangiert und teilweise selbst betextet und wuchs damit, zusammen mit den lustigen Ansagen und den "Erzähl mal was, ich muss kurz aufs Klo"-Einlagen, fast zu einer Comedy-Show heran. So macht Covermusik Spass. Nimmt, bei allem spürbaren Respekt, die Musik und sich selbst nicht ernst und wird dadurch zum Liebhaben urig ohne die nötige Coolness zu verlieren. Gratwanderung erfolgreich bewältigt!
(Ralf, 24.4.06)

Mi. 12.04.06 Dead On The Sofa, No Code - Balingen, Südbahnhof (ca. 250 Zuschauer)
Am Abend des letzten Schultages vor den Osterferien versammelten sich erwartungsgemäss vorallem kleinere Menschen im Südbahnhof (obwohl ein grosses Schild an der Tür etwa 98% der Anwesenden den Eintritt versagen wollte), zumal die beiden Bands ihren Lebensunterhalt vorallem noch in der Schule vorbereiten. Es war absolut rammelvoll und hoppelnde Teenager rannten einen im Sekundentakt über den Haufen.
No Code spielten bereits, doch es war absolut unmöglich, sich der Bühne zu nähern, nicht mal den unteren Raum zu betreten, in dem die Bühne stand. Unten sass alles an den Tischen, die sich offensichtlich nicht entfernen lassen, denn sonst hätten locker mehr als doppelt soviele Leutchens da runtergepasst. Aber von oben konnte man auch n bisschen was sehen. No Code würde ich als Grunge-Band bezeichnen. Sie haben sehr viele ruhige Passagen und man vermutet ihre Vorbilder irgendwo zwischen Cobain, Pearl Jam, Bush und vielleicht auch einigen moderneren Sachen.
Dead On The Sofa legen gegenüber NoCode noch ein Brikett drauf. Sie klingen etwas schwungvoller und ihr Sound hat viele Referenzen an die 60er und 70er, dennoch auch sie unüberhörbaren moderneren Anleihen. Zwei Wochen Schulferien in Aussicht waren eine tolle Partymotivation, am Ende hüpften die Leute gleich dutzendweise auf der selbstgebauten Bühne, was den Wirt Matze fast zum Kollabieren brachte, da er um Leib und Wohl aller bangte.
Ich hab's aufgrund der Menschendichte nur fast bis zum Ende ausgehalten, fand aber dies hier den bisher gelungensten Gig von Dead On The Sofa.
(Ralf, 24.4.06)
Sa. 01.04.06

Dritte Wahl, USK, The Mokicks - Balingen, Jugendhaus (ca. 150 Zuschauer, ausverkauft):
So schön unglamourös kann Punk sein. Obwohl ich die Dritte Wahl vom Sound her mittlerweile fast schon zum Metal stellen würde. Drei hässliche Jungs in hässlichen Klamotten machen Musik, die Balingen auf den Kopf stellt und 150 Punks, diesmal ganz durchwachsenen Alters, zum völligen Ausrasten bringt.
USK davor sind deutschsprachiger Oi-Punk meist schnell und rotzig und mit aggressivem Gesang gegen die Gesellschaft und fürs Nachdenken und Saufen. Der Schlagzeuger ist für mich immer der Hit bei diesen Jungs, denn seine Sprüche zwischen den Songs sind hohes Entertainment. Sie spielten mir allerdings etwas zu lange, was mir dann doch im stickigen Jugendhaus etwas die Luft für die letzte Band nahm.
Eröffnet wurde das Konzert bereits gegen halb acht von den Mokicks, Balingens Flaggschiff in Sachen Punk. Nirgends spalten sich die Meinungen wie bei ihnen. Schliesslich sind sie auch wirklich das Spiegelbild der augenblicklichen Punkgeneration der Umgebung und müssen für alles was sie tun und sagen grade stehen. Schön, dass sie das trotzdem tun. Ihr Auftritt war vielleicht nicht ganz so energiegeladen wie sonst, dafür bekamen wir auch diesmal wieder einige neue Songs zu hören, wie auf jedem Mokicks-Konzert und wenn sie nur ein paar Tage auseinander liegen. Und die werden langsam so richtig verdammt gut!
(Ralf, 10.4.06)
Ausverkaufte Konzerte im Jugendhaus sind eigentlich immer der Hammer. Da geben Publikum wie Bands einfach immer alles.

Di. 28.03.06

The Black Halos - Stuttgart, Zwölfzehn (ca. 70 Zuschauer): (Foto von Bobtorture)
Mir gefällt dieser Glam-Punk-Look. Schwarze toupierte Haare, Hundehalsband, lackierte Fingernägel, verschmierter Kajal, Lederjacken, Stretchhosen, Löcher in den Stockings, Handschuhe, Hüte, tun als wäre man ständig angesoffen oder vollgekokst, na was eben so alles dazugehört. Die Black Halos aus Kanada sind genau das. Leider sind mir ihre Songs nicht spannend genug. Zu rockig. Immer nur dieser Uff-Tscha-Uff-Uff-Tscha-Uff-Uff-Tascha-Uff-Uff-Tscha-Rhythmus und das auch immer im selben Tempo.
Die Stimme geht ja ganz gut, insbesondere live und auch der Chorgesang (wenn er nicht in jedem Song gleich wäre) ginge, doch unterm Strich bleibt da nicht viel übrig, was man der Band selbst gutschreiben kann, denn die Kompositionen sind's bestimmt nicht.
Also bleibt das Outfit, die Show und wenn ich's mir genau überleg, dann täte ich auch das auf den Sänger reduzieren. Mittel-befriedigende Unterhaltung, aber für einen Dienstag haben sie sich doch ganz gut verausgabt.
Weniger schön war, zu erfahren, dass Nikki Sudden gestorben ist, was insbesondere dem Sänger der Band offensichtlich ziemlich nahe ging. Man kannte sich offensichtlich.
(Ralf, 10.4.06)

Sa. 25.03.06 Mars Mellow, Dead On The Sofa - Albstadt-Ebingen, Schiller Cafe (ca. 200 Zuschauer):
Etwas besser noch als am Vorabend in Emmendingen, bewiesen Dead On The Sofa hier, dass es ner Band immer gut tut, mehrere Gigs am Stück zu spielen. Ihren Stil haben sie mittlerweile ganz sicher gefunden und sie fanden das, was nicht jeder unter 18jährige überhaupt suchen würde. Dafür ein ganz grosses Lob.
70s-Underground-Rock, insgesamt sehr ruhig, mit guten Gitarren- und Orgelsounds und einer nörgeligen Stimme. Meinereiner würde höchstens noch bemängeln, dass die Kompositionen teilweise etwas versanden und zu wenig griffig sind. Nur wenige ihrer Song bleiben wirklich hängen. Dennoch ertappte ich mich noch Tage später, ihre Melodien nachzusingen. Also stimmt's wohl doch nicht so ganz, was ich hier von mir gebe.
Neben den Mokicks und The Flesh gefallen mir Dead On The Sofa von allen jungen Bands der Gegend am Besten, weil sie einfach fernab von allen Nachmachern sind und sich auch sehr auf den Klang an sich konzentrieren. Coolcool.
Mars Mellow fand ich früher mal ganz in Ordnung. Heute sind sie erschreckend langweilig und ... ja ... normal, wenn ich das mal sagen darf. Das "Indie" in Indie-Pop, wie sie sich selbst beschreiben, gehört ihnen eigentlich ...
(Ralf, 10.4.06)
Sa. 11.03.06 Boekk - Zofingen, Ochsen (ca. 100 Zuschauer) Foto ist von deren Website geklaut
Liebe Freunde der brutalen Musik aus Balingen und Umgebung. Wenn das nächste Mal im Zofinger Ochsen Metallnacht ist, will ich Euch dort alle sehen. Das hier machte mein Schweizwochenende erst wirklich rund und ich bin wahrlich kein Metaller, was ja wohl das allseits bekannte Foto im Metalhammer vom letzten Bang Your Head in Balingen beweist, HAAAA.
Zu fortgeschrittener Stunde, dann, wenn man schon ohne Eintritt zu zahlen rein durfte, stellten wir uns mitten unter die Langhaarigen und was sehen wir? Ein paar Jecken, die Riesenspass daran haben, sich gegenseitig über den Haufen zu pogen und wenn's sein muss, von vorne bis hinten durch den Saal zu schmeissen, selbstverständlich ohne dabei Rücksicht auf Verluste zu nehmen. Zwei unserer Leute wurden kurzerhand lawinenartig begraben. Ich hätte gerne mein Gesicht gesehen. Da muss das blanke Grinsen aufgemeiselt gewesen sein.
Von 4 Bands (glaube ich) sahen wir zwar deswegen nur noch die Schweizer Boekk, doch das war Deathmetal von einer wirklich coolen Band, die keinerlei Rockfaschismus, wie er leider in Rock- und Metalkreisen oft üblich ist, nötig hatten, die gescheite Verstärker spielten (was in Rock- und Metalkreisen erstaunlicherweise mittlerweile auch nicht mehr immer üblich ist), sich selbst nur soweit ernst nahmen wie nötig und mit einigen wirklich brillianten Ideen glänzten, wie die Kinderakkustikgitarre mit eingebautem Tonabnehmer, mit der sie den brutalsten Sound hinbekamen, den ich seit langem von einer Metallband gehört habe und damit zu zwei ultratrashigen Kurzwutausbrüchen fast schon existenzialistischer Ausmasse ansetzten. Ich war hinterher SOWAS von zufrieden!
(Ralf, 10.4.06)
Mo. 06.03.06

The Epoxies - Tübingen, Epplehaus (ca. 120 Zuschauer):
Eingesandwicht zwischen Wand, einem fetten Typen vor mir, der mir seinen Arsch in den Bauch drückte und einem fetten Typen hinter mir, der mit seinen Bauch in den Rücken drückte, gab ich alles, meinen Platz zu verteidigen und hielt bis fast zum Ende des regulären Sets durch. Was soll uns das sagen?
Na, dass mir bei allem Arschbauchgedrücke das Plastic-New-Wave-Punk-Spektakel der Portländer einfach saugut gefiel, mit der tiefstimmigen Sängerin, den irrwitzigen 80er-Synthies, unterdonnert von riffiger Gitarre und drückender Rhythmussection, mit Leucht-Bandlogo, grünen Laserstrahlen an den Gitarren, witziger NewWave-Klamotte und eckig umherhoppelnden Sonnenbrillen-Punks, die sich, im Gegensatz zu den meisten ihrer Vorbilder aus den späten 70ern aber überhaupt nicht ernst nahmen und zudem so lässig drauf waren, dass sie sogar eine sich hinziehende Unterbrechung wegen komplett ausgefallener Mikrophone humorvoll überbrückten und danach einstiegen als wäre überhaupt nichts passiert und den Kessel damit sofort wieder auf die vorherige Temperatur brachten, die soundso niemals unter 100 Grad fallen konnte, bei diesem Start-und-Ziel Sieg einer ebenso lockeren und lustigen wie routinierten Band. Einziges Manko vielleicht die sich wiederholenden Melodien und Akkordfolgen, was aber nun wirklich dem Suchen des Haares in der Suppe gleich kommt und durch den konstanten Spassfaktor, der genial-superwitzigen Synthiearbeit und den immer weiter treibenden Rhythmen absolut ausgeglichen wurde.

+ Popzillas: Gute Popmusik mit Punkappeal einer Band aus Stuttgart, die sich mit ihren Roots und ihrer Liebe zur Jugendhaus- und Punkclubszene zwar unserer Sympathien gewiss sein kann, sich selbst damit aber nicht wirklich einen Gefallen tut, denn eigentlich ist das gar nicht wirklich ihr Publikum hier. Stilistisch würde die Band mainstreamiger hörenden Menschen sicherlich viel viel besser gefallen. Allerdings klingen sie live doch für meine Ohren angenehm weniger produziert und geben sich auch keine sonderlich grosse Mühe, einen falschen Eindruck zu erwecken sondern sind ganz einfach eine gute Liveband, deren Talent hier allerdings nicht allzusehr honoriert wurde. Das merkte man der Performance natürlich ein wenig an und ich glaube, dass sie vor 500 oder 1000 weniger "richtigen Punk" hören wollenden Jugendlichen so richtig zufriedenstellend absahnen sollten.
(Ralf, 14.3.06)

Fr. 03.03.06

The Jancee Pornick Casino - Stuttgart, Landespavillion: Die russisch-amerikanische Rock'n'Roll-Band spielt eine interessante Variante aus 60's-Garage-Rock, Surf und Westernmelodien und zwar saugut. Die dazu stattfindende Wrestling Show, zu der durch den halben Saal des Landespavillions ein Ring aufgebaut war, konnte mich aber in ihrer durchsichtigen und platten Art in meinem nichtvollgetrunkenen Zustand heute Abend nicht begeistern.
Fazit: Schöne Musik, wenn sie nicht immer wieder vom Wrestling Gedöhnse unterbrochen und auch mit etwas allzu offensichtlichen Covers untermalt worden wäre.
Die Band alleine, mit ihren eigenen Songs, jederzeit wieder.
(Ralf 6.3.06)

So. 26.02.06 Knaughty Knights - Stuttgart, Rocker33 (ca. 80 Zuschauer), Foto: Thomas Huber:
Erstmal die freudige Botschaft, dass der Rocker33 auch über einen kleinen Saal verfügt, in dem dieses wunderbare Konzert stattfand. Somit war der Laden auch prall gefüllt und wir bekamen satte Leidenschaft vorgesetzt.
Rich Crook und Jack Yarber, zwei alte Haudegen der Memphis Underground-Scene, die ich hier nun wirklich nicht mehr detailliert vorstellen möchte, sind das Gerüst der Knaughty Knights, der Drummer war für die Tour eingesprungen, wenn ich richtig dran bin.
Die Knights haben bislang nur eine handvoll Singles draussen, die allesamt hörenswert sind, allerdings kommen sie nicht an das Live-Feeling der Band heran. Letztlich findet sich hier zwar im Sound die bekannte Mischung aus Blues, Country und Punk, allerdings hier, im Gegensatz zu den anderen Projekten der beiden, mit etwas mehr traditionellen Rock-Riffs. Der Reiz dabei ist wieder der fehlende Bass und obwohl es insgesamt nicht sonderlich krachig ist, zeigt sich Herr Yarber mit dieser Band wieder in einem wesentlich aggressiveren und rudimentäreren Gewand als mit einigen seiner letzten Bands.
Ausserdem, und das war für viele von uns das Sahnehäubchen schlechthin, gab's ne Menge Songs quer durch das Jack Oblivian Songbook zu hören.
Jack hatte zwar damit zu kämpfen, dass ihm die Leute etwas ZU nah an den Pelz rückten, doch da muss er wohl den Rest seines Lebens durch, wenn er so kleine bzw. keine Bühnen spielt, wie heute Abend.
Feines Ding, echt!
(Ralf, 6.3.06)
Fr. 03.02.06

The MuttsThe Mutts, Vanlustbäder, ? - London, Dirty Water Club (ca. 50 Zuschauer):
Ein trauriger Freitagabend im angesagtesten Garage-Club Londons. Da locken weniger bekannte Bands, wie die Brightoner The Mutts nur ein paar Freaks (und ich meine Freaks, wenn ich Freaks sage - ausserdem gehörten wir ja auch dazu, verd...) hinter dem Ofen vor, zumal es diese Tage wirklich bitterkalt war.
Die erste Band spielte gerade als wir ankamen. Hätten die Mittwoch in der Islington Academy gespielt, wäre ich ihnen wahrscheinlich um den Hals gefallen. Für das, was heute zu erwarten war, konnte ich leider nur feststellen, dass sie zu den weniger talentierten Bands Londons zählen. Trashiger Blues-Punk, wenig inspiriert. Den Namen der Band habe ich nichtmal erfragt.
Dann gleich die Headliner The Mutts. Im Dirty Water Club läuft die Reihenfolge der Bands anders ab. Wer als Headliner angekündigt ist, spielt meist recht früh, damit das Publikum sich bemüht rechtzeitig da zu sein und anschliessend noch ein oder zwei sehr gute aber weniger bekannte Bands sehen kann.
Die Mutts sind superklasse. Haben einen saugeilen Sänger und Gitarristen und einen Drummer, dem das Maul nicht mehr zuklappt. Ihr Sound hebt sich deutlich vom Einheitsbrei des augenblicklichen Garagen-Hypes ab. Sie streuen viel mehr 70s-Sound rein, so klingt auch die Stimme deutlich rockiger. Die Gitarrenarbeit ist superb. Die Band kommt diese Tage auf Deutschland-Tour bevor sie in die Staaten abdüsen. Solltet Ihr Euch unbedingt ansehen, bzw. die neue Platte auf Fat Cat Records kaufen. Das oberschlaffe Publikum (die Sitzbänke waren alle besetzt aber keiner stand auf) konnten sie leider auch nicht anheizen. Das hätte an diesem Abend aber wohl niemand hinbekommen.

Und so durfte zuletzt noch eine unangekündigte australische Band, die aber mittlerweile wohl in England hausiert, ihren Frust ins dreckige Wasser schmeissen: Vanlustbäder!!! Ich glaube nicht, dass ich schonmal so einen ... aber wirklich einen so saublöden Namen gehört habe.
Ausser dem gutaussehenden Sänger wirkte der Rest der Band reichlich deplatziert, wie eingekauft. Offensichtlich soll/will dieser Haufen Geld machen. Dazu waren die Jungs im DWC aber am definitiv falschesten Platz der Welt.
Ihr Ziel: Stadien. Ihre Musik: Schlockrock. Ihre Texte: I Wanna Rock And I Wanna Roll. Ihr seht: Ich hab nichts Gutes über sie zu sagen. Etwas punky waren sie schon, doch dazu immer viel belanglose Melodie, nichts von Herzen, nichts mit wahrer Leidenschaft. Und im Hintergrund immer ein tuckernder Synthie vom Band.
Der Drummer spielte wie eine Maschine, wirkte auf mich absolut wie ein Studiodrummer. Sehr in time und sehr kraftvoll aber ohne die geringste Affinität. Dennoch machte er seinen Job noch am Besten, denn der Rest schwankte zwischen Kopfhängenlassen und Angepisstsein. Tja, da hat Euch jemand falsch vermittelt oder Ihr habt noch gar nicht kapiert, wo Ihr hingehört, Ihr Deppen.
(Ralf, 17.2.06)

Mi. 01.02.06 Vincent Vincent And The Villains, Captain Black - London, Islington Academy Bar (ca. 200 Zuschauer):
Captain Black: Eine junge Band mit zwei Bässen, die ganz im Fahrwasser von Franz Ferdinand einen eckigen New Wave-Sound a la Talking Heads spielt, allerdings mit recht gehaltlosen Kompositionen, von denen nichts hängenbleibt. Langweilig wie der Name.
Auf die Villains bin ich in einem der letzten Bizarre Magazines gestossen, wo sie gefeatured wurden. Als momentan heissester Act in Londons Clubs wurden sie angepriesen. Klang nach dem Interview recht interessant. Junge frische neue Band hiess das, ihre Roots waren völlig ok, da sie Thunders und Richman erwähnten und auch von Cpt. Beefheart war die Rede, wenn auch keine musikalischen Vergleiche gezogen wurden. Vincent gab sich als der ungeschlagene König des Armdrückens in den Bars von Londons Nordwesten aus und zwei oder drei Mitglieder der Band sind oder waren bis vor kurzem Personal im Ten Bells, eine der Kneipen auf der Jack The Ripper-Tour.
Nun fand sich in der schönen Bar des Islington Academy auch einiges an Publikum ein, allerdings wurde es mir nach anfänglichem Wohlgefühl ob des Clubs recht schnell ziemlich komisch zu Mute, da ich den zweitältesten Besucher wohl lässig um 15 Jahre in die Schuhe steckte. Da ich mittlerweile, abgesehen von Stuttgart, überall der älteste bin, wäre mir das nicht ungewöhnlich gewesen, doch bestand die Anwesenschaft zu 75 Prozent aus staksenden Girlies, die mit ihren hippen Klamotten und hippen Täschchen und dem gar nicht hippen Gekicher schnell nervten. Viel auf Konzerten ist dieses Publikum jedenfalls nicht. Man geht halt wohl da hin, wo gerade alle hingehen.
Die Villains fielen dann mit allzu platten Stories in kurzen Popsongs mit Rockabilly-Einschlag und ohne eine einzige für mich interessante Note ebenfalls durch. Jeder zweitklassige Folksänger mit Akkustikzither und Mundharmonika rockt mehr als diese Band. Totalausfall! Schade.
(Ralf, 15.2.06)
Sa. 21.01.06

Subchord-Festival - Balingen, Eberthalle (ca. 350 Zuschauer)
Das von Dayfordays Sascha und der Stadtjugendpflege veranstaltete Subchord-Festival war auch beim dritten Anlauf wieder ein voller Erfolg.
Los gings ab 19h mit Exhausted. Entgegen einem recht empörenden Artikel in einer lokalen Tageszeitung würde ich Exhausted übrigens immer noch mit "erschöpft" und nicht "aufgebracht" übersetzen. Das ändert allerdings nichts daran, dass ich sie nicht sehen konnte, weil um diese Zeit die Sportschau noch lief, chrchr.
Dafür kam ich gerade rechtzeitig zu den herzallerliebsten Mokicks, die meistgeächteten Menschen Balingens. Wenn in Balingen irgendwo ein Topf runterfällt oder irgendwo die Milch überläuft, wird man ihnen bald auch die Schuld dafür geben. Die bösen bösen Buben werden wirklich für jede Schandtat verantwortlich erklärt, die in unserer kleinen von vielen bescheidenen Geistern belebten Stadt, passiert. Hat was.
Die Mokicks machen gerne auf sich aufmerksam und sie polarisieren. Da kann sowas natürlich passieren, ob's immer berechtigt ist oder nicht, das steht auf einem anderen Blatt. Allerdings würde ein Mokick niemals seine Aufrichtigkeit verlieren und steht immer zu seinem Tun und so kann man ihnen auch glauben, wenn sie, so unglaublich es für manchen klingen mag, nicht für jeden Dreck verantwortlich sind, der auf Balingens Strassen abläuft.
Hier durfte man sie das erste Mal mit ihrem neuen Gitarristen Dominik begutachten. Er passt sich fein ein und steht richtig gut auf der Bühne. Sie trugen Michael Jackson T-Shirts und spielten fast ausnahmslos neue Songs, die bei der Kreativität der Jungs niemals lange auf sich warten lassen. Etwas songorientierter und rockiger, bisschen weniger Hardcore-Gebolze. Hat mir gut gefallen. Sänger Martin wie immer in Unterhosen (auf denen lauter Weihnachtsmänner drauf waren, wie niemand entdeckte) und mit viel auf dem Bodenrumgerugle und so. Schön. Ich glaube langsam sogar, dass die Mokicks ganz gut mit den grösseren Bühnen klarkommen. Die brauchen Platz um sich zu bewegen.

7 Years Bad Luck aus Österreich brachten routinierten Melodie-Punkrock. Für mich leider zu seicht und belanglos.

Danach Emo-Punk aus Hannover mit Andthewinneris (Foto). Die Band ist sehr angesagt und spielt sich gerade kreuz und quer durch Deutschland. Sie sind sehr sportlich und hüpfen die ganze Zeit durch die Gegend. "Noch jemand, der das Refused-Video gesehen hat." war allerdings einer der Kommentare, die sie sich damit einhandelten, denn: Emo-Punk muss einem halt auch erstmal gefallen. Is halt doch alles sehr gleich und wenn man dafür nicht das passende Ohr hat, dann wird's schnell langweilig. Insbesondere die Gesangliinien waren mir dann nach einer Weile doch zu ähnlich. Das Beste an der Musik war das völlige Fehlen von Metal-Elementen, was heute glücklicherweise wieder öfter anzutreffen ist. Gute Band, leider nicht mein Stil.

(Ralf, 18.2.06)

Fr. 06.01.06 Suicide SouvenirsLeaflet, Eat More Plastic, Suicide Souvenirs - Tübingen, Epplehaus (ca. 100 Zuschauer):
Da die Stereo Satanics wegen Krankheit absagen mussten, sprangen ganz kurzfristig Suicide Souvenirs ein, ein passender Ersatz, da die Band ebenfalls aus Balingen ist und dem Satanics-Umfeld kaum näher stehen könnte. Deren Gitarrist Dan Shand fetzt hier ganz nach eigenem Gutdünken geradlinige Riffs ala Jam nur etwas moderner (will sagen mit Richtung Libertines-, Strokes-Ansätzen) herunter und wird dabei von Matze (Ex-Wendy Bones) und Lutz von den Mokicks am Bass unterstützt. Da es die Band erst seit wenigen Proben gibt und der erste Auftritt vielleicht einen Tick zu früh kam, fehlte die letztendliche Sicherheit, zumal Dan sich hier erstmals vollzeitig ans Mikro wagt, die Songs sind aber absolut gelungen und Matze hält seine beiden Gitarreros sehr locker und mit wirklich (!) groovendem Drumming beieinander.
Nach den Wendy Bones und den Demolition Spitfires die nächste Band Marke Shandog. Solltet Ihr Euch unbedingt ansehen.
Danach Eat More Plastic aus Koblenz, die ich, warum auch immer, deutlich 60s- und punklastiger erwartet hatte. Zu hören gab es aber bluesigen 70er-Underground-Rock, der sehr sehr kraftvoll einen Weg zwischen Tradition und Moderne sucht, Einflüsse auch aus dem Stoner-Rock bezieht, sich durch ganz eigene kompositorische Pfade windet, Mut zu sehr viel Ruhe mit hochbrausenden Emotionen verbindet und dadurch eine Qualität erreicht, die für sich steht. Die Band ist aus Koblenz, hat derzeit wohl keine eigene Webseite, sollte Euch aber dennoch bitte als ganz heisser Untergrund-Tip im Gedächtnis bleiben.
LeafletLeaflet schaffte es dennoch, dem Ganzen noch einen draufzusetzen. Mittlerweile zum Vierer geschrumpft (minus Orgel) präsentierten sich die Schweizer wiedermal routiniert und cool und rockten sie sich die Ärsche zum Teufel, nicht ohne aber auf ihren Melodienreichtum zu verzichten, der sie unter den ganzen (Indie)-Rockern ihrer Gewichtsklasse hervorhebt. Ob die Band nun ohne Orgel tatsächlich heavier ist, wie fast alle behaupteten, würde ich selbst nicht bestätigen, es drängt sich daher der Verdacht auf, dass die Menschen um den Menschen, der zunächst durch ein Westernhagen-Tour-2005-Tshirt bestürzte, sich dann aber durch das Ausziehen desselbigen noch toppte, mit ihrem Gebange und Gejohle dieses Gefühl nur heraufbeschworen.
Umwerfend auf alle Fälle wieder die Sympathie der Berner, die es hinkriegen (und das habe ich mir nicht selbst ausgedacht, sondern das stammt von Petra, die die Fotos geschossen hat und die nicht voreingenommen ist, weil sie nicht, wie ich, mit der Band befreundet ist) uns Schwaben mit Spätzle- und Maultäschle-Witzen zu traktieren, ohne dass wir Bauern ihnen dafür böse sein könnten. Grosse Show!
(Ralf, 9.1.06, Fotos: Petra Schwenk)

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Teufel