Konzertbesprechungen 2013

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Do. 19.12.13 Guz - Köln, Tsunami (40 Zuschauer)
Netter Typ, quasi ein Alleinunterhalter/Singersongwriter, der absichtlich überlange, lustige Ansagen macht, die leider etwas zu voher ausgedacht und auswendig gelernt sind. Er bringt das super rüber, aber die Spontaneität ist halt nicht so sehr da, wenn dann mal das Publikum mal was einwirft.
Er gibt den Rhythmus immer über die Drum-Maschine vor und spielt dann wahlweise mit akkustischer oder einer wundervoll schrägen E-Gitarre drüber, was wirklich saugut ist. Die Basisharmonien sind sehr poppig und eingängig, die Refrains haben Mitsingqualität und seine Stimme ist warm und ... ja, fast schlagermässig, was aber - bei Gott - durch seine aberwitzigen Texte wieder ad absurdum geführt wird.
Seine Texttiraden sind manchmal wirklich preisverdächtig in Geschwindigkeit und Wortwitz, seine Instrumentierung abwechslungsreich und stets stimmig, die Rhythmen tanzbar.
Er lässt es sich aber nicht nehmen, bei jeder Gelegenheit an seine Punkvergangenheit zu erinnern und die spürt man nicht nur in den schnoddrig-skurilen Texten, sondern auch in seinem Drang, immer mal auch was kaputt zu machen. Mal ists ne schräge Gitarre, mal ein frecher Blick, mal ne subversive Textpassage oder -message.
Guz ist ein Guter. Seine Fans waren nicht ausserordentlich zahlreich aber treu. Sie kannten seine Lieder und sangen gerne mit.
Mir persönlich war's am Ende dann aber doch leicht langweilig.
So. 15.12.13 Morgan Finlay - Köln, Rubinrot (30 Zuschauer) Foto von Carina Brönner
"The setting is perfect." flüstert Morgan als er mich abkassiert. Nein, ein Morgan Finlay ist sich auch für solche Aufgaben nicht zu schade, selbst wenn er das nur kurz macht, als der etatmässige Kassier die Hinterräume oder ähnliches aufsucht.
Es spielt eine Zweimannakkustikgitarrenvorband, deren Namen ich nicht mit bekam und die schon bei den Zugaben ist. Morgan bedankt sich artig zu Beginn seines Sets, lobt die Veränderungen im Club, seit er das erste Mal hier war und spielt sich durch ein Set wechselnder Emotionen.
Ich habe Morgan dreimal vorher gesehen, meine ich und gerade festgestellt, dass ich noch nie über ihn geschrieben habe. Das ist sehr schade, denn Morgan ist gut und speziell. Er ist Kanadier, residiert aber derzeit in Irland und tourt vorwiegend durch Deutschland.
Seine Riffs, Melodien und der Gesang sind schon recht traditionell SSW, qualitativ hoch aber nicht ungewöhnlich. Was ihn aus der Masse heraushebt, ist seine Haltung. Seine Songs und seine Persönlichkeit verschmelzen auf der Bühne zu einer ehrlichen und untrennbaren Einheit aus Emotionalität, Spass, Bescheidenheit, Scharfsinnigkeit und Herzenswärme.
Seine Lieder werden von seiner einnehmenden, lustigen und mitteilsamen Persönlichkeit geprägt, die JEDES Publikum im Sturm ergriffen macht. Er plaudert ganz unverkrampft, erzählt lustige Dinge, scheut sich aber auch nicht, tiefe Einblicke in bestimmte Erkenntnisse seines Lebens zu teilen. Man hört ihn jedenfalls genauso gerne reden wie spielen. Wenn er redet, dann lacht man und wenn er spielt, dann wird man ruhig und ich sage euch, dass ich mehrmals auf Morgan Finlay Konzerten war, wo man eine Feder hätten fallen hören können.
Durch die Situation des Sonntagabends mit spätem Konzertstart UND einer Vorband, beschränkte er sich auf ein kürzeres Set und änderte mehrfach die vorgesehene Songabfolge, was am Ende dazu führte, dass die Intensität leider nicht wie sonst war, aber gut genug um den Finlay-Effekt zu fühlen, ein Gefühl von tiefer Erfüllung und Zufriedenheit. Ein Erlebnis, das man gerne immer wieder hat.
(Ralf, 22.12.13)
Sa. 14.12.13 Robert Forster w/ String Quartett und Jherek Bischoff, Young Marble Giants, The Pastels, Mirel Wagner - Köln, Stadthalle Mülheim (ca. 800 Zuschauer) Fotos und Videos zum Event (inkl. dem Tag davor) gibt es galore, wenn ihr nach "Weekend Fest Köln" sucht
Am Ende dann wirklich herzzerreissende Szenen auf dem dritten Weekend-Festival. Die Macher des Festivals, allen voran Jan Lankish, wurden von Robert Foster auf die Bühne gebeten und hielten berührend emotionale Dankesreden.
Wenn man bedenkt, wie man sich fühlen muss, wenn die stehenden Ovationen im Saal anschaute, tausend gerührte Gesichter, und versteht, dass man alles richtig gemacht hat, dann fällt es leicht, mitzufühlen. Den Druck, die Arbeit - sowas geht ja eh nur wenn man das mit Liebe und Leidenschaft macht. Und ich glaube, dass das für das komplette Team des Weekend Festivals zutrifft. Da ist Geist drin. Guter Geist. Man muss nicht alles mögen, aber man kann sich sicher sein, dass das Qualitätslevel ausnehmend hoch ist. Und das schöne ist: Das Publikum weiss das zu würdigen. Das bringt hier zwei Ebenen zueinander, die ein sehr sehr spezielles Event möglich machten. Quasi wie die Geburt einer Galaxie.
Ansonsten, und ich glaube, es waren nicht viele denen es ging wie mir, war der zweite Tag des Festivals nicht ganz mein Ding. Ich konnte weder zu den Go-Betweens jemals eine emotionale Bindung aufbauen, noch zu Robert Foster heute. Ich fands aber schön, dass er das ganze Festival über mitten unter den Leuten war. Das Konzert gefiel mir nicht. Klar, die Geigen waren total schön. Aber ich mag einfach seine Lieder nicht. Das ist keine Bewertung, einfach eine Geschmacksache.
Young Marble Giants fand ich besser. Dieses durchunddurch Unprätentiöse und doch Witzige und Schöne hat tatsächlich was Ergreifendes, auch wenn die dröge Instrumentierung und der kantige Elektrobeat eher kühlend wirken. Schön und kühl erzeugen ein Gefühl, das sich nach einer Weile fast in Grusel verwandelt, jedenfalls auf eine Art berüht, die man gar nicht so exakt benennen kann, da sie sehr ungewohnte Saiten in einem anschlägt. Dem allerdings, kann ich durchaus was abgewinnen.
Sie spielten ihr Album "Colossal Youth" einszueins vor. Ganz ehrlich: Dieses Alben-Spielen mag ich auch nicht so. Genausowenig wie ich den Acoustic-Set-Hype seinerzeits mochte. Aber hört nicht auf mich. YMG waren super!
The Pastels kannte ich aus der C86 Szene, die ich aber nur am Rande berührte. Hatte nur ein paar Songs gehört. Nicht schlecht, aber als Vorläufer des Brit-Pops nicht zu weich, aber vielleicht zu süss für mich. Mich störte hier zudem, dass schon wie am Vortag nur eine der beiden Gitarren zu hören war. Aber ja, gute Band, nur nicht meine Wellenlänge.
Davor zu Anfang des zweiten Tages der schwarze Todesengel Mirel Wagner, das 24jährige Mädchen aus Äthiopien, das in Finnland aufgewachsen ist und Lieder mit der Akkustikgitarre vorträgt, die so dunkel und knochenschleifend sind, dass einem das Herz gefriert während es übergeht. Ich war vorallem wegen ihr da und sie war auch am Ende mein Highlight des zweiten Abends geblieben. Merkt euch Mirel!
(Ralf, 17.12.13)
Fr. 13.12.13

The Fall, Yuck, Grant Hart - Köln, Stadthalle Mülheim (ca. 600 Zuschauer) Foto von Christian Faustus
Mark E. Smith is the most punk person alive and the longest-ever-serving line-up is killing-tight and so intense it nearly scared me to death!
Wer mehr wissen will, muss mich persönlich fragen. Um das hier zu schildern, reichen geschriebene Worte nicht.

Yuck davor eine junge Band aus London mit sauberem Indie-Rock Marke My Bloody Valentine nur nicht so krachig. War mir zu geordnet. Aber der Schlagzeuger hatte die beste Frisur des Wochenendes ... nach Mark E. Smith natürlich, haha.
Grant Hart sieht immer noch sehr cool aus. Cooler sogar als früher. Er ist, glaube ich, auch etwas dünner geworden. Er spielte mit einer Halbakkustischen und begleite sich alleine. Sein Gesang ist nachwievor total klasse und er macht witzige Ansagen. Am nächsten Abend durfte er sich allerdings im Foyer anderthalb Stunden lang vollquatschen lassen, was ihm irgendwann sichtlich ins Kreuz ging. Wir hatten echt überlegt, wie wir ihn da wegkriegen könnten, das arme Ding.
(Ralf, 14.12.13)

04.12.13 Wooden Shjips - Köln, King Georg (150 Zuschauer, restlos, pfff) Pic from show at Liverpool
Eintonmusik, aber gut. Vorallem die Typen. Is nix Besonderes, was die da machen und beileibe nicht abwechslungsreich. Aber sie machen es ausserordentlich gut. Jeder Song hat ein Riff, die Basis sind die Bass-Line und der Rhythmus. Beides wird über den Song nicht verändert, nur manchmal werden zwei neue Akkorde eingestreut - dann aber schleunigst zurück zum Thema! Dazu wimmert eine dünne Orgel und die Gitarre kratzt den Rhythmus während der Sänger entspannten Gesang von sich gibt und danach kommt ein mehrminütiges Solo, schön, melodiös, alles voll in Ordnung. Sie sind perfekt im Tempo, da wackelt nichts, auch wenn sie 10 Minuten immer dieselben 4 Töne spielen und klanglich, klar ..., nur das Beste. Die haben ihren Sound perfekt im Griff.
Ich wundere mich ohnehin immer wieder, wie die Bands das schaffen, im King Georg so gut zu klingen, da sie ja meist seitlich in den Raum spielen und es auch weiter hinten (naja, ganz hinten dann nicht mehr) noch ausserordentlich gut klingt. Wenn man nur 2 Minuten drüber nachdenkt, wird es aber völlig klar: Die haben ihren Mist einfach im Griff. Fertig. Die Band klingt gut. Sie braucht keine PA. Eine Band die nicht gut klingt, kann auch eine PA nicht besser machen. Und eigentlich will ich nur sagen, dass das eben für die Qualität des Programms im King Georg spricht.
Ja, und dann sehen die Wooden Shjips halt auch ausserordentlich gut und abgefahren aus, die alten Säcke. Gesichter, gegerbt wie alte Pferdesättel, schwarze Sonnenbrillen, lange graudurchzogene Bärte und Zottelhaare. Beeindruckende Erscheinungen, auch mit 1 Meter 60. Carsten kam etwas später und da man von hinten dann doch nicht allzuviel sehen konnte, fragte er mich: "Die sitzen dann da vorne nebeneinander?" HAHAHAHA!!
(Ralf, 6.12.13)
Fr. 29.11.13 The Holydrug Couple - Köln, King Georg (30 Zuschauer)
Kennt Ihr diese Situation in Filmen, wenn die Charaktere, inmitten der Verwirrung der eigenen Handlung, in eine Bar gespült werden und dort eine total seltsame Live-Band spielt, etwas, das man nie erwartet hätte, das aber kurz verharren, Eigenartigkeit aufsaugen und eine weitere Note in den Zusammenhang eines merkwürdigen Filmes bringen lässt. Das wo man sich hinterher erzählt: "... und die Szene erst, wo die in diesen Club kommen, wo diese abgefahrene Band spielt..."
So müssen sich die Leute gefühlt haben, die später im Laufe des Konzerts des Holydrug Couples im King Georg aufkreuzten und staunenden Auges auf dieses blutjunge Quartett schauten, das total versunken auf dem Höhepunkt des 20minütigen Abschlusssongs ihres Sets steckte.
Viel Gefühl, viel Introvertiertheit, viel Syd Barrett aber auch ein klein wenig aktuelles Shoegegaze, insbesondere über die stark sphärisch effektierte Gitarre und die betont unaufdringliche Performance. Eine kleine Heimorgel, viel harmonische Akkorde und wenig aber sehr tragender Gesang. Obwohl die Musik keineswegs happy ist, verströmt sie trotzdem ein sehr wohliges Gefühl. Dazu den schüchternen Burschen zuzusehen, lässt einem wirklich das Herz aufgehen.
Der Gitarrist fummelte vielleicht ein wenig zuviel an seinen Effekten rum, weswegen ich mich irgendwann so hinstellte, dass ich das nicht mehr sehen musste und nur noch die weggetretenen Gesichter sah. Ab da war es perfekt. Ein wirklich wunderschönes Konzert.
(Ralf, 14.12.13)
Do. 28.11.13 Tonia Reeh - Köln, King Georg (30 Zuschauer) Pic by courtesy of Tonia
Während des Konzerts fragte ich mich die ganze Zeit, wann ich das letzte Mal eine Band gesehen hatte, die handwerklich so brilliant war, diese Fähigkeiten tief in ihre Musik integrierte und trotzdem jeder der Töne seinen sinnvollen Platz hatte und überdem das Gefühl nicht auf der Strecke blieb.
Es war schon sehr beeindruckend den beiden (Band war etwas übertrieben, es waren Tonia am Klavier und Rudi am Schlagwerk) zuzusehen. Tonias Finger flitzten schneller über die Tasten als ich kucken konnte und Rudi unterstützte sie sehr feinfühlig und variantenreich, war dabei immer dran, irgendwelche Topfdeckel und Metallplatten auf die Tom und wieder wegzulegen, den Shaker für einen Part, dann wieder weg, dann mit dem stumpfen Ende des Stocks über das Fell knirschen und nie, nicht einmal wackelte irgendwas. Es gab keinen Bruch, ausser den gewollten, die in den Kompositionen reichlich vorkommen, aber die Rhythmik stand felsenfest ... besser gesagt, flockenleicht, denn über allem waren die beiden so entspannt, als gäbe es nichts Leichteres auf der Welt, als diese Musik zu machen.
Ich mag ja lieber das Einfache, habe viele Musiker gehört, die mit ihren technischen Fähigkeiten nicht haushalten können und die Musik ihrem Ego opfern. Hier wird nichts geopfert. Alles MUSS einfach genau so sein.
Die Komplexität, Verwirrung, Unruhe, das Stürmische der Musik spiegelt das facettenreiche Spektrum der menschlichen Gefühle wider, denn dieses Leben ist das Thema von Reeh, sehr persönlich, sehr offen, zerbrechlich, aber auch gewaltig und stark. Ich sage nur: Meisterhaft!
Und jetzt fällt mir doch noch eine Band ein, die man zwar nicht vergleichen kann, die aber auch sehr vertrackt waren und trotzdem nichts Wichtiges auf der Strecke blieb, auch ein Duo, auch im King Georg: Buke And Gase.
(Ralf, 6.12.13)
Sa. 23.11.13 Torpedo Holiday, Rollergirls (Foto), Lambs - Köln, privat (ca. 100 Zuschauer)
Ein Plädoyer gegen Videos im Internet: Ich war immer schon total dagegeben. Es ist einfach wahnwitzig, sich Live-Konzerte, auch nur Ausschnitte, im Internet anzusehen. Wie kann man auf einem 5 cm grossen Bildausschnitt und Laptop-Lautsprechern ein Gefühl bekommen, wie eine Band sich anfühlt, wie sie klingt, wie sie aussieht, wie sie riecht? Aber alleine die Möglichkeit verführt und dauernd tut man das. Ich auch. Es ist grauenvoll.
So hätte ich die Rollergirls aus Darmstadt fast verpasst, weil ich vorher n Livevideo angeschaut hatte. Aber in echt waren sie super. Fraglos! Melodiöser Punk mit fast durchweg mehrstimmigem Gesang. Fragile Gitarre, schöne Bassriffs immer in der Gegenharmonie, cleveres Schlagzeug, etwas ZU verwirbelt für meinen Geschmack und er brauchte auch n paar Songs, um stabil im Takt zu sein, aber dafür gibts keinen Punktabzug, weil der Rest einfach klasse war. Hätte ich nie erwartet, dass die mir gefallen und eigentlich mag ich solche Musik auch nicht so sehr. Aber Rollergirls sind ok.
Lambs davor wechselsprachiger Punk mit angepissten Vocals, leicht Rachut-Style. Gute Chords. Bin leider etwas spät gekommen.
Torpedo Holiday war nicht so mein Ding. Hardcore, Screamo? Ich war auch schon leicht betrunken, da mir andererorts Schnäpse eingeflösst wurden und das tat dem seriösen Verfolgen von Musikkonzerten nicht gut. Kein sehr qualifizierter Artikel, ich weiss.
(Ralf, 27.11.13)
Sa. 23.11.13 Graveltones, New York Wannabes - Köln, Sonic Ballroom (40 Zuschauer)
Mein Tür-an-Tür-Konzert Experiment. Bin immer zwischen der Rollergirls-Show und dem Ballroom gependelt und hatte mir das super ausgemalt, war aber totaler Schwachsinn, weil man dann letztlich nirgends richtig ist. Eigentlich ein sehr gedankenloses Verhalten, zumal wenn man bedenkt, wie gross meine Klappe sonst ist, wenn es darum geht, Respekt für Bands einzufordern.
Hier verpasste ich daher gleich mal den Support aus Darmstadt (Darmstadt-lastiger Abend), kam aber rechtzeitig zum Beginn der Graveltones, einer sehr bluesigen Zweimannband aus UK (ursprünglich Australien), Gitarre und Bass. Der Blues-Faktor war ähnlich wie ganz frühe Black Keys, nur ohne deren vintage Hipness, die sie mittlerweile ganz nach oben gespült hat. Naja, was heisst ganz. Aber soweit nach oben, dass ich nix mehr mit denen kann. Jetzt endgültig. Die hab ich übrigens im Winter 11/12 in Zürich gesehen und es war zum Erbrechen. Hab in jener Zeit keine Artikel geschrieben, daher möchte ich das hier kurz nachreichen. Tausendfünfhundert strahlende hüpfende Besucher und eine hüpfende Band mit Gastmusikern quasi hinterm Vorhang. Unsäglich! Unverzeihlich!
Aber zurück zu den Graveltones. Die waren sehr gut, aber irgendwie dann doch nicht so ganz catchy. Ev. lag's aber an meiner Reizüberflutung, dass ich das einfach nicht so in den Fokus nahm, wie sich das gehört. Es steckten jedenfalls neben Explositität auch ganz leise Töne drin. Im ersten Moment alles nicht so richtig besonders, da es auch schon vor zehn Jahren zuviele Bands ihrer Art gab (und es sind nicht weniger geworden), aber ich glaube, die kommen beim zweiten Hinschauen, was ich ihnen an diesem Abend nicht übrig hatte. Schade.
(Ralf, 27.11.13)
Do. 21.11.13
Crystal Stilts
- Köln, King Georg (120 Zuschauer) Pic by Jacqueline Castel
Leider nichts gesehen. Trotzdem geh ich gerne hierhin, da die Atmosphäre und das Programm herausragend sind. Crystal Stilts aus New York hatten wohl ordentliche Vorschusslorbeeren, denn viele Möchtegern-Hipsters wackelten kräftig mit den Köpfen und schrien und pfiffen zwischen den Songs wie die Wahnsinnigen. Ich tue mir nachwievor schwer, zu verstehen, warum manche Bands den Leuten besser gefallen als andere. Ich kann mir nur vorstellen, dass das mit irgendwelchen aktuellen Zeitgeistern zu tun hat, die ich verpasst habe. Wenn die Mädchen aber nachher aus dem Laden stolpern und man mithört, dass dies das beste Konzert ihres Lebens war, dann fängt die Verachtungsfalte über meiner Lippe an zu zucken. Geringschätzend, aber ich kann nichts dafür - es ist die Falte, sie führt ein Eigenleben.
Eigentlich sind Crystal Stilts "Piper At the Gates of Dawn" mit dem Gesang von Ian Curtis durch drei voll aufgedrehte Hallgeräte gejagt (nur der Gesang!). Das erste gefällt mir super, das zweite nicht so. Aber ich glaube, dass darin der Erfolgmoment liegt. Das NewWave-Revival scheint noch nicht abgeebbt zu sein und offensichtlich stört es die Leute nicht, dass die Basis der Musik mitten in den 60s liegt, solange es einfach noch ordentlich treibt und die Snare zu jedem vierten Takt dreimal auf die 4 haut.
Ja, also die Hysterie war etwas unangenehm, sonst ein netter Abend mit guter Musik.
(Ralf, 24.11.13)
Mi. 13.11.13 Lee Ranaldo & The Dust, Bismuth (Foto)- Köln, Gebäude 9 (200 Zuschauer)
Bismuth aus den Niederlanden hatten VOR der Bühne aufgebaut und fragt mich nicht, WAS sie da aufgebaut hatten. Grösstenteils selbstgebaute Instrumente und experimentelle Geräuschmaschinen. Damit machten sie unerhört abwechslungsreichen Instrumentalsound, der trotz leicht angestrengt wirkendem Einsatzdrucks so vieler Geräte wie nur möglich, immer eine cool klingende Basis hatte, die rhythmisch war und den dunklen NoWave-Weisen der New Yorker Avandgarde der frühen Achtziger nahe kam. Es sah ein bisschen aus wie ein Glenn Branca Workshop, ausser, dass wirklich ausschliesslich selbstgebaute, zumindest -modifizierte Instrumente zum Einsatz kamen.
Arnold vd Velde und vorallem der Tausendsassa Yuri Landman sind daher auch keine Unbekannten auf dem Zettel eines Lee Ranaldo, was die beiden auch zu einem höchst wertvollen und interessanten Support-Act machte. Ich war jedenfalls RESTLOS begeistert und beeindruckt.
Sonic Youth habe ich das erstemal 1987 gesehen. Ah, könnte auch 88 gewesen sein. Meine erste LP hatte ich beim Erscheinen gekauft und seitdem ist sie auch noch meine Liebste: Sister. Ich glaube, da war ich dann auch in der Theaterfabrik in München am Konzert, das mich völlig ausknockte. Da mir Daydream Nation nicht besonders gefiel und ich sie mehrmals die Jahre danach in viel unschöneren Hallen zu sehen bekam, fing mein Interesse an zu erlahmen, ohne die Hochachtung vor der Band zu verlieren. Dann kam der grosse Indie-Hype, Sonic Youth wurden ein Begriff, den jeder schon mal gehört hatte, ich war draussen.
Ich hatte mir damals dann eben alle Platten VOR Sister besorgt und da hielt ich mich dran fest. Heute kaufe ich allerdings wieder alles nach, was dann auch auf ihrem eigenen Label herauskam. Eigentlich sind Sonic Youth immer gut gewesen. Ich würde nicht sagen, dass man wirklich alles braucht, was sie in ihrer langen Karriere herausgebracht haben, aber es ist auch kein Fehler. Man kann eigentlich kaum wirklich danebengreifen, denn irgendwie sind sie auch immer sehr gleich gewesen. Daher fand ich auch ihre Auflösung kein aberwitziges Drama, denn, auch wenn es nicht offiziell ist, mal ganz ehrlich ... Sonic Youth sind Geschichte. Ich würde es nicht sinnig finden, wenn die sich in ein paar Jahren wieder zusammentun würden. Die haben doch alles gesagt, was sie zu sagen haben.
So ist es jetzt auch viel spannender, ihre Solo-Projekte zu verfolgen. Chelsea Light Moving um Thurston Moore ist mein Favorit. Nach meiner Einschätzung völlig unverständlicherweise vergleichsweise unerfolgreich.
Body/Head, das kreischende Wüten einer öffentlich verletzten Frau (spekulativ, ungerecht und überzogen, ich weiss, aber sie wird mich kaum deswegen vor Gericht zerren) ist meine Nummer zwei. Ich finde das Album ausgezeichnet, auch wenn Kim Gordon mich immer tierisch mit ihrem emanzipatorischen PC-Gejaule genervt hat. Wenn sie flüstert ist sie grossartig, wenn sie hysterisch wird, springe ich durch's geschlossene Fenster aus dem zwölften Stock.
Lee Ranaldo, mein geheimer SY-Liebling, hinkt für mich hinterher, zeitigt aber offensichtlich derzeit den grössten Erfolg. Seine zweite Solo-LP ist draussen und dazu durfte ich ihn dann nach vielen Jahren auch wieder auf der Bühne sehen. Im Gegensatz zu den anderen Solo-Projekten, hab ich seine Platten nicht gekauft. Haben mich nicht so gepackt, stecken aber durchaus voller bescheidener Kunstwerke, die sich also solche aber erst nach mehrfachem Durchlauf so erschliessen und dazu fehlt mir die Altersgeduld.
Das Konzert allerdings war grossartig ... hm, ja, unterm Strich, ja. Steve Shelley, als Schlagzeuger von SY vielleicht nicht so sehr in der Lage, seine eigenen Ideen aufzubauen, glänzt aber durch ambitionierte Kollaborationen, bspw. mit Michael Rother ("Neu" war ja immer schon Gegenstand intensivster Betrachtung für Sonic Youth gewesen) und spielt auch bei Lee Schlagzeug und zwar mit unnachlassender Qualität und Innigkeit. Den nie getrübten Indie-Spirit einer Band, die diesen Begriff schon besetzte als er noch nicht verwässert und verhökert wurde, bewies er schon eingangs, als er die Tshirts vor dem Konzert eigenhändig verkaufte. Das ist die wahre Würde eines Rockstars und die ist auch Lee Ranaldo eigen.
Lee selbst sieht immer noch so aus wie früher mit seiner immergleichen Frisur, auch wenn die Haare jetzt grau sind. Er ist ein bisschen dicker geworden, klar, aber die runden dunklen Augen strahlen die gleich Sanftmut aus wie früher. Völlig bescheiden und dankbar beginnt er sein Set, fragt ob sie zu laut wären, aber alle schreien natürlich nein, nicht zugeben wollend, dass man ja auch nicht mehr der Jüngste ist, als SY-Fan der welcher-Generation-auch-immer. Schliesslich ist man ja auch des kreativen Krachs wegen dazu geworden und hat seinen Tinnitus über die Jahre stolz gehegt und gepflegt.
Die ersten drei Songs sind der Hammer. Ich erstarre fast. Der Gesang klingt viel besser als auf Platte, auch wenn er ein wenig an den Singsang eines Michael Stipe erinnert, der bei mir seit Loosing My Religion, warum auch immer, in Ungnade gefallen ist. Dieses Genöle mag ich jedenfalls nicht so gerne hören und daher wird mir dann in der mittleren Phase des Konzerts tatsächlich doch leicht langweilig und ich sehe mich bestätigt, die Platten nicht gekauft zu haben.
Der Sound aber ist total grossartig, laut aber fein, vielleicht bis auf die etwas zu präsente Basstrommel. Die Gitarren, natürlich vorallem Lee's klingen phantastisch. Er wechselt dauernd durch, immer andere Stimmungen, gelegentlich auch auf Nicht-Jazzmaster-oder-Jaguar, sogar auf Nicht-Fender, uuh! Sein Roadie nervt ein wenig, da er sehr unruhig und sichtbar ist, dafür hat er auch einmal ne Gitarre nicht gescheit gestimmt, so dass Lee den Song abbricht, denn man will ja Qualität bieten. Böse wird er dem Jungen trotzdem nicht gewesen sein. Das wäre nicht seine Art.
Ja, und dann, gegen Ende wird's doch noch furios. Die letzten beiden Songs und die Zugabe geraten zu Youth-ähnlichen Zuerst-der-Song-und-dann-machen-wir-ihn-kaputt-Publikumszugeständnissen. Aber klar, haben wir's geliebt und klar, wollten wir das sehen. Er wirbelt, macht Ausfallschritte, ganz im Gegensatz zu seinem versteinerten Gitarrenkollegen und dann fatzt auch mal ne Saite und man drischt mit dem Geigenbogen auf das Brett ein. Nicht mehr mit dem Schraubenzieher wie in den 80ern, aber immerhin.
Ich fands sehr schön. Lee gehört eindeutig zur ersten Generation Independent und hat diesen Geist nie verloren. Das merkt man an der Unprätentiösität, die er niemals verlieren wird, darüber können wir uns sicher sein und wie schön ist es, das eine oder andere Schiff im sicheren Hafen zu wissen, ob der unruhigen Welt da draussen.
(Ralf, 2.12.13)
Di. 12.11.13 Beehover, Horn of the Rhino, Conny Ochs (Foto) - Köln, Sonic Ballroom (40 Zuschauer) Courtesy for the Pic by Conny
Conny Ochs ist ein Berliner Rocker, der sich auf sich selbst, eine Akkustikgitarre und eine Basstrommel reduziert hat und der Hauptgrund unseres Erscheinens war. Wer hier aber irgendwas Modernes erwartet, wird glücklicherweile schwerstens enttäuscht. Conny ist ein Hippie-Rocker aus dem Lehrbuch und wäre zwischen 69-72 modern gewesen. Er kann nicht so wahnsinnig toll Gitarre spielen, was ich als auszeichnend sympathisch empfinde. Wichtiger sind viel mehr seine Songs, die Inhalte, seine enthusiastische Emotionalität und ansteckende Sympathie, durch die man ihn sofort ins Herz schliesst.
Ein gewisser Pathos ist ihm zwar eigen, so reisst er nach jedem Song die Faust in die Luft, doch das ist nicht Ausdruck von Sieg oder Feier, sondern von Inbrunst.
Er war früher Frontmann in diversen Bands, was fraglos spürbar ist. Ich hab die Bands noch nicht gehört, schätze aber, es ging in Richtung Rock/Hardrock, womöglich im Geist eines Wino, denn mit dem hat Conny auch ne Platte aufgenommen und war mit ihm auf Tour, so wie Conny seit Start seiner Solokarriere 2010 eigentlich fast ununterbrochen auf Tour ist.
Die allerschönste Qualität ist aber sein total geiler Gesang, der in jeder Tonlage wundervoll klingt, dem Gejammer seiner bärtigen Zunftkollegen völlig abhold ist und gefühlvoll unter die Haut geht. Und, ach ja, ich vergass zu erwähnen, dass er ausserdem noch richtig richtig toll aussieht und über sehr viel besondere Ausstrahlung verfügt. Ein Rockstar, aber einer der unkanditelten Art.
Danach dann zweimal Heavy. Horn of Rhino aus Spanien mit einem sehr kurzen Set dröhnenden Metals irgendwo zwischen Doom und Stoner. Man verzeihe mir, wenn ich daneben liege, denn Metal ist nicht mein Fach.
Beehover aus ... ?, tja, auf alle Fälle aus Deutschland mit vertracktem, Avangarde-Prog-Metal, würde ich mal sagen. Ein Basser und ein Schlagzeuger sitzen sich gegenüber, spielen technisch hochqualifizierte, anspruchsvolle Songgebirge, die sich allerdings nur gelegentlich in Selbstverliebtheit verlieren und trotz technischer Raffinessen noch hart genug gespielt werden, um nie den Drive zu verlieren. Auch der Song wird immer im Auge behalten. Auch wenn sie manchmal verspulend-irritierende Wege gehen, ist das Hauptthema immer im Mittelpunkt und wird oft genug wiederholt, um griffig zu bleiben. Optisch konnten sie mit Conny Ochs nicht ganz mithalten, gesanglich schon zweimal nicht. Anzuschauen waren sie aber trotzdem schön, weil sehr leidenschaftlich, sehr verliebt in ihr Tun und der Gesang ... kam ja nur manchmal.
Ein Abend der anderen Art für mich. War aber ok und schon wegen Conny hatte sich das Kommen völlig gelohnt.
(Ralf, 17.11.13)
Do. 07.11.13 De Staat - Köln, Blue Shell (ca. 60 Zuschauer)
Falsche Party, aber schon 15 Euro gezahlt gehabt. Ich hatte drei Optionen und hab mir die schlechteste (oder sagen wir, die am wenigsten für mich passende) ausgesucht. Ich hätte dem Video, das ich mir anschaute nicht trauen sollen (oder sagen wir, der gähnende Schlagzeuger (siehe The Band Whos Name I Can't Remember) hätte mich misstrauisch machen sollen). De Staat aus NL machen Disco-Rock (oder sagen wir, Rock, der viel auf Party, Fun und Groove setzt und viel zu viele mir weniger liebe Stilarten vereint) und alle wussten es, nur ich nicht. Mist! Aber ich hatte so die Vermutung, dass The Fume im Tsunami ne ähnliche Nummer werden könnten, deswegen wollte ich nicht wechseln und NOCHMAL Geld für nix ausgeben.
Wenigstens kannte einer der Vorband, die ich leider verpasste (oder sagen wir, deren Name "The Superhardboys" mich wenig beeilen machte) und der mich beim Draussenrumlümmeln anquatschte, die Velvet Underground und wusste, dass Lou Reed vor kurzem (ja, er kannte sogar den Zeitpunkt genau) gestorben war. Vielleicht hätte ich mich doch lieber beeilt.
Oder auch nicht.
(Ralf, 9.11.13)
Sa. 02.11.13 Majmoon, Valborg, Nicoffeine, Genetiks - Köln, privat (ca. 60 Zuschauer)
Blu Noise Abend:
Genetiks aus Nürnberg ist astreiner NewWave-Punk mit deutschen Texten. Bolzengeradeaus und schnell. Hürden werden weder umfahren noch umschwenzelt noch übersprungen, sondern plattgefahren. Leider kam ich zu spät und sah nur die letzten beiden Songs.
Nicoffeine eine Gitarrenfeedbackorgie mit Basseruptionen und einem sehr wilden Schlagzeug. So sehr ich Noise und experimentelle Musik mag, ging das doch nicht ganz in meine Richtung. Meine Wilden haben ihre Wurzeln im Psychedelic-, Indie- oder im Klassik-Experimental-Underground. Bei denen hier waren deutlichere Rock- oder gar Metalreferenzen. Mir war das auch etwas zu hektisch. Ich krieg's allerdings durchaus auch hin, Metal Machine Music und die neue Body/Head hintereinander am Stück anzuhören. Wer das auch schafft, der darf zu mir sagen, dass ich zu weich für Nicoffeine bin, haha.
Die Metalband Valborg dann nicht so mein Ding. Man weiss ja, dass grundsätzlich alles irgendwie ne gute Einstellung hat, das hier spielt, das heisst ja aber nicht, dass es jedem gefallen muss.
Majmoon aus München hätten Robert Fripp gefallen, bzw. wenn er heute im selben Alter wäre, würde er bestimmt fragen, ob er bei ihnen mitspielen darf. Wir hören also Art-Rock (ja, so würde ich das nennen), mit clever verschachtelten Strukturen, der aber nie selbstgefällig wird. Also fernab von dem, was man Prog nennt. Hier macht jeder Riff Sinn. Der Grat zum Avandgarde ist nah, besonders wenn der Gesang kommt, aber noch sind wir beim Rock. Auch die visuelle Unterstützung in Form von meist abstrakten Formen, Linien, Kreisen, die sich wie Flatlines über den Körpern der Musiker zogen, unterstützte den künstlerieschen Aspekt, dessen Rolle schon dadurch gewürdigt wurde, dass er mit auf der Bühne stand, wie der vierte Musiker. Majmoon waren echt geil, auch nicht total mein Ding, aber gute Typen, sehr hohe handwerkliche Qualität, Tiefe im Gefühl, den Kompositionen und der Gesamtaussage. Sympathischer, bescheidener Haufen, bei aller Kunst. Beeindruckend!
(Ralf, 7.11.13)
Fr. 01.11.13 The Appleseed Cast, June Miller, Yellowshark - Köln, Artheater (ca. 80 Zuschauer) Pic by http://danielcampagne.tumblr.com/
Postrock. Aha. Hab ich schon drüber reden hören und ich konnte mir daher auch was drunter vorstellen, dennoch gebe ich zu, dass dieser Begriff auch schon mal anders besetzt war und ich mich immer erst dran gewöhnen muss, wenn die Kids alte Worte neu verwenden, weil sie nicht wissen, dass das schon mal da war.
Ich bin hier nur hin, weil es nach der Beschreibung im Stadtmagazin die interessanteste Option des Abends war, handelte mir aber von den wundersamerweise getroffenen Bekannten gleich verständnislose Blicke ein, da ich die Band nicht kannte ("Häh?").
Den Namen der Hauptband werde ich allerdings auch in 100 Jahren nicht auswendig aufsagen können. Das waren Amis und sie machten exakt das Gleiche wie die Band davor, so dass man schwer obhin konnte, sie nicht zu vergleichen, was mir erneut Verständnislosigkeit, fast schon Abneigung einbrachte, da ich June Miller aus Italien (und diesen Namen KANN ich mir merken) schlicht und einfach besser fand.
Sie waren vielleicht nicht so cool wie die Amis - wobei die auch nicht wirklich cool waren, haha - und nur einer hatte den typischen, nun aber langsam wirklich aus der Mode kommenden Bart, doch musikalisch waren sie interessanter, das Zusammenspiel und die Sounds waren detaillierter abgestimmt, die Harmonien und Kompositionen sehr stimmig, der Sound absolut brilliant. Wo der Trommler der Amis unaufhörlich durch seine Kessel rührte (wenn er nicht in den Pausen herzhaft und ansteckend gähnte) und dann manchmal auch nicht ganz sicher in der Time war, da war June Millers' Gespür für weniger-ist-mehr deutlich glücklicher gewählt. Und wo wir jetzt schon beim Rundumschlag sind ... auch deren Gesang war besser. Punkt.
Einzig bleibt zu zweifeln, ob - und das gilt dann aber für beide Bands -die nicht so klangen wie Millionen anderer ihrer Gattung. Und da haben sie nun Glück, da ich ja nix kenne in der Musiksparte, die sich heute Postrock nennt.
Yellowshark hab ich leider verpasst.
(Ralf, 3.11.13)
Do. 24.10.13 Hilary Hahn & Hauschka - Köln, Philharmonie (ca. 500 Zuschauer) Foto ist nicht vom Konzert in Köln
Ich dachte ja, ich bin der Verlottertse im ganzen Laden. Aber nee, der latschte neben der Dame im Ballkleid auf die Bühne. Hauschka ist sicher einer der interessantesten deutschen klassischen Pianisten, ein sehr entspannt wirkender Geselle, der seine Musik definitiv liebt. Meist spielt er mit dem präparierten Piano, minimalistisch, improvisiert, ganz wie John Cage, sogar über dessen Zufallsprinzip hinausgehend, da er seine Zufälle auch mal gerne mit der Stoppuhr verfolgte. Hauschka liebt das wirklich Unberechenbare, die Störgeräusche und die besondere Brisanz nimmt er daraus, dass er sein Instrument nicht mitnehmen kann und sich an jedem Ort auf neue Überraschungen freuen darf.
Mit Hilary Hahn hat er eine Kollaborateurin gefunden, die ja so ganz anders ist, wie der experimentelle Freigeist. Sie spielt vorallem klassische Sonaten, vorgegebene Kompositionen, nichts wird dem Zufall überlassen. Für beide daher ein Hinauslehnen, Ausprobieren, aber da haben sich schon zwei gefunden, haben über 2 Jahre des gelegentlichen Treffens ihre Musik entwickelt, letztes Jahr das Album "Silfra" aufgenommen, anschliessend weiterentwickelt und das bekamen wir nun heute zu hören.
Die Basis sind Hauschkas minimalistische Vorgaben. Erst als er beim letzten Song das meiste davon rausholt, bekommt man eine Vostellung davon, was er da nicht alles auf und zwischen die Saiten geklemmt und geklebt hat. Das gesetzte Spiesserpärchen (Abo?) vor mir zuckte jedenfalls immer wieder neu zusammen, wenn er was auf den Boden warf oder wie jeder anständige Musiker das Gaffa mit dem Mund abbiss, freilich im Takt, um wieder ein paar Saiten zu verkleben.
Die Geige säbelte dazu, mal unterstützend, leise, kaum hörbar, aber wenn die mal richtig anfing ... und Raum griff ... einen Spreizschritt tat ... und den Bogen von oben bis unten durchzog, dann vibrierte die Luft und man sank förmlich in den Sessel zurück. Ich kenne Hilary Hahn nicht, die amerikanische Geigerin, die, obwohl noch recht jung, schon seit 15 Jahren an Berühmtheit gewinnt, aber in diesen Momenten spürte man ihre dynamische Kunstfertigkeit und hier nun auch ihre inspirative Kraft.
Sonst war alles Hauschka. Der bescheidene Gott im Saal, der konzentriert aber freundlichen Ausdrucks seine Kompositionen durchlebt, meist am Ende ein paar Sekunden ausharrt, Sekunden, in denen er sich und uns erlaubte, in der Emotion des Stücks zu verharren, der Kunst, dem Piano, dem Publikum, dem Raum, dem Moment Demut und Würde zu widmen, um dann mit einem Augenaufschlag und einem Lächeln das Ende des Stücks zu bedeuten. Wunderbar, ein anständiges Publikum zu haben, das dies gerne auskostete.
Ich selbst war bereits nach wenigen Sekunden in Eis gepackt. Komplett. Überall am Körper. Phantastisch.
(Ralf, 27.10.13)
Mi. 23.10.13 Steve Gunn - Köln, King Georg (ca. 70 Zuschauer)
Den schüchternen Menschen gehört die Bühne. Ich liebe den Moment, wenn eine schüchterne Band sich nach dem letzten Stück nicht in einen Backstage verdrücken kann, sondern sich von uns allen beklatschen lassen muss und nirgends hinfliehen kann.
Steve Gunn ist ein Gitarrist aus New York, dessen Karriere nun 15 Jahre umspannt, meistens solo oder mit kleiner Begleitband, so wie heute Abend. Gunns Akkustikgitarre klingt wegen der Metallsaiten sehr obertonreich, fast wie eine 12saitige, das Picking und die Melodieführung enthebt ihn allen Zuordnungen. Er ist weder modern noch unmodern, auch wenn er viel Folk-, Blues- und manchmal sogar Rock-Schemen einbaut, die allerdings nicht die Basis sind, sondern nur gelegentlich reinflirren. Die Basis ist etwas ganz Eigenes, ein ruhiger Flow von Melodien und Rhythmik, manchmal fast orientalisch und wenn Gunn nicht so düster wäre, hätten die Hippies sicher ihre wahre Freude an ihm gehabt.
Singen kann er nicht besonders gut und so ist die Stimme auch nicht tragend, wirft nur Worte in das Klangbild, meist auf wenigen Tönen, gibt zwar Halt, ist aber nicht wichtig. Drums und Bass agieren sehr zurückhaltend, tragen aber dazu bei, harmonische Akzente zu setzen und die sehr clever arrangierten rhythmischen Wechsel zu betonen.
Kurt Vile, übrigens, liebt Steve Gunn, hat ihn sogar in seine Tour-Band einberufen, sicherlich nicht die schlechteste Art für Steve, scheinen Schornstein am Rauchen zu halten.
(Ralf, 24.10.13)
Sa. 19.10.13 The Sick Rose, Beatrevolver - Köln, Sonic Ballroom (ca. 60 Zuschauer)
Power-Pop alter Machart aus Italien. Sauber gespielt, gute Kompositionen, durchgehend mehrstimmiger Gesang und eine sehr feine Auswahl an Coverversionen. Sick Rose gibt es schon seit den 80ern, sie tourten mit den Fuzztones, Nomads und Stomach Mouth, um sich nach vier Alben Anfang der 90er aufzulösen. Seit 2006 sind sie wieder aktiv und sie können sich sehen lassen.
Davor Beatrevolver aus Köln, die seit 10 Jahren schmissigen Mod-Beat auf die Rhein-Metropole loslassen, sympathisch und unprätentiös. Zwei Adjektive, die 60s Bands nicht immer vereinen können (nicht mal wollen). Am Besten gefiel mir die lange Zugabe, da hier auch der Psychedelic Einzug fand, was auch nicht alle 60s Bands machen, da sie oft sehr hartlinig sind. Gut so!
(Ralf, 21.10.13)
Do. 17.10.13 Dus-Ti - Köln, Stadtgarten (ca. 120 Zuschauer) Foto von der Band-WEbsite
Dus-Ti waren ganz toll in der Stadtzeitung angekündigt und ausserdem sollte Jaki Liebezeit spielen, was mich letztlich extrem kribbelig machte, da Jaki der legendäre, sich immer neu erfindende Drummer bei Can war, die sicher eine der 5 einflussreichsten deutschen Band ever waren. Lass nachsehen ... 1-2-3 aus dem Bauch ohne Gelegenheit das noch mal zu legitimieren: Scherben, Neubauten, Fehlfarben, Can, Cluster, Kraftwerk. Oder? Ergänzungen oder Streichungsvorschläge nehme ich gerne entgegen.
Mein Problem: Langer, blöder Arbeitstag und offensichtlich sowas wie mentaler Kater. Ich hab mich hier echt hingequält und konnte schon während Dus-Ti kaum noch stehen. Das ist nicht gutelaunefördernd.
Dus-Ti ist Jazz, definitiv. Jazz-Trompete und Jazz-Schlagzeug. Ich mag ja Trompete gar nicht. Hab mich wegen der Beschreibung in Hoffnung auf was Abgefahrenes hierher bewegt. Aber die Trompete ging eigentlich, weil er sie recht soft bläst und durch seine Effekte/Electronics jagt. Schon interessant, was man nicht alles an Tönen aus so nem Blech rausschlabbern kann, aber das Schlagzeug hat mich echt genervt. Ununterbrochenes Gerühre, immer wieder abgestoppt, kurze Schläge und wenn Beat, dann sehr jazzy.
Tja, was durfte ich erwarten, als jemand der dem Jazz ankreidet, bei aller Hochachtung, nie richtig auszubrechen, zu explodieren, nur zu versprechen und einen emotional unbefriedigt zurückzulassen.
Sicher, es gab Höhepunkte, im Leisen wie im Lauten, doch da sind sie im Jazz einfach noch zu bieder. Die Klassik ist da schon viel weiter was Grenzüberschritte betrifft. Was Dus-Ti als Musik für unsere Welt, Lärm, Maschinen usw. bezeichnet, finde ich schlichtweg unzutreffend. Was die Presse als "freie Improvisation" bezeichnet, ist in Wahrheit, dass die eben nicht Note für Note aufschreiben. Aber jeder Song hat einen bekannten Anfang, gemeinsamen Aufbau, Dramaturgie und Abfolgen, Melodien, Abschwellen und einen gemeinsamen Schluss. Die wissen ganz genau was sie tun und überlassen wenig dem Zufall. Improvisationsfaktor: max. 20%, behaupte ich. Von wegen "frei". Ich kenne Rockbands, die nie proben. Die treffen sich nur zum Konzert. DAS ist "freie" Improvisation, liebe Presse.
Jedenfalls: War ich so ko, dass ich einfach nicht mehr konnte. Die Sets wurden jeweils auf 45 Minuten versprochen, doch als Dus-Ti schon fast bei ner Stunde waren, musste ich aufgeben. Jaki wird mir verzeihen, ich mir aber nicht.
(Ralf, 18.10.13)
Sa. 12.10.13 Halasan Bazar - Köln, King Georg (40 Zuschauer) Unschwer zu erkennen, dass das Foto nicht aus dem Georg stammt. Fotoapparat vergessen, aber approved by the band
Würden auf dem Introducing nicht so miese Bands spielen dürfen, bloss weil sie aus England oder USA sind, sondern sowas wie Halasan Bazar, dann würde die Qualität dort um 200% anziehen.
Und wenn ich letztens hier gesagt habe, dass der Sonic Ballroom einer der Plätze ist, an dem die wichtigen Dinge passieren, dann ist das auch das King Georg. So geschehen am 12.10.13, meine Herrschaften.
Leider sehr dünn besucht. Keine Ahnung warum. Die Ankündigung war super. Ich hatte erwartet, dass denen hier die Tür zugerannt wird. Schade für die Band, wobei es denen egal war, gut für mich, denn zuviele Leute im King Georg macht die Angelegenheit schnell sehr anstrengend. In der zweiten Reihe an der Bar stehen kann ich nicht allzu lange.
Die lockeren Dänen brachten Psych-Pop, der fast lupenrein nach 60s klang. Man hörte die Westküstenwinde der Jahre 67-69 wehen, die Leichtigkeit der freien Jahre, die musikalisch alles möglich und alles Mögliche auch geschehen machten.
Halasan Bazar bestechen vorallem durch tolle Melodien und sehr gut akzentuierten mehrstimmigen Gesang, der fast nonstop durchgeht. Entfernt hört man die Byrds, Crosby, Stills, Nash & Young und alle ihre Kollegen der damaligen Szene. Ich hab mich ein wenig geweigert, da zuviel aktuellen Indie rauszuhören, aber verleugnen kann man natürlich nicht, dass das Kinder dieser Tage sind. Aber sie kennen den alten Stuff und sie mögen ihn, das steht fest. Zudem haben sie lange auf Cassettenlabels gewohnt und klingen im Studio noch scheppriger als live.
Sehr sehr schönes Konzert. Der entspannte Konter auf den Trip des Vorabends.
(Ralf, 14.10.13)
Fr. 11.10.13 No///Se, Fragmentist - Köln, privat (60 Zuschauer) Verwendung des Fotos approved by the band
Es gibt schöne Orte, Orte mit sehr angenehm selbstverwalteter Szene, wo das Publikum daher durchweg friedlich und enthusiastisch ist. An einem solchen Ort spielten an diesem Abend Fragmentist aus Ibbenbüren, die noch sehr jung und unerfahren sind. Ich würde das als Emo-Core bezeichnen, wenn ich von meiner altbekannten Begrifflichkeit ausgehe. Junge Menschen sehen das vielleicht anders, aber für mich ist Emo-Core so was wie Moving Targets, Samiam, Embrace, Shudder To Think, wegen mir auch Fugazi und co. Und so ähnlich sind eben Fragmentist, ausser, dass der Frauengesang sehr rau und rotzig ist, was ganz gut passte, auch wenn hintenrum das eine oder andere noch etwas wackelte. Das werden die aber schon in den Griff kriegen.
No///sé aus Süd-Kalifornen und Portland dann mit brennendem Wipers-BlackFlag-beeinflussten Punk-Rock. Sehr intelligentes aber eingängiges Riffing, konsequent in die Tele-SG-Zange gepackt, peitschende Rhythmik und mitreissend punkiger Drei-Mann-Gesang, sauber zusammengeschachtelt und immer am Limit was Tempo und Herzrasen betrifft.
Wäre ich nur zwei Jahre jünger hätte ich den ganzen Laden zusammengetreten, so hat mir das gefallen. Auch die Atmosphäre im Publikum. Einer flippt ja immer aus, so auch hier. Die nahmen den aber rein, immer wieder ein Arm um den Hals, um ihn zu bremsen. Woanders wären die nicht so geduldig gewesen. Da wo ich her komme, wäre der vor der Tür mit Blut im Mund wieder aufgewacht. Gut, dass es hier auch anders geht.
Die Highlights jagen sich. Es ist gut hier.
(Ralf, 13.10.13)
Mi. 09.10.13

Powersolo - Köln, Sonic Ballroom (ca. 60 Zuschauer) Pic vom Sonic Ballroom Flyer. Coutesy by the band.
Man kann sagen was man will über den Sonic Ballroom. Ich bin ja anfangs nicht so gerne dahin gegangen, weil mir das zu naheliegend war. Ich sagte zu mir: Mach mal was anderes! Überrasche dich selbst. Und immer wieder endete ich hier. Und jetzt bin ich auch in Frieden damit und dafür gibt es einen Grund: Der Sonic Ballroom ist in Köln einfach einer der Plätze an denen das passiert, was wichtig ist.
Wir schreiben den 9. Oktober 2013. Powersolo, dänische Band, angekündigt als Country, Blues, Surf und noch was, das ich vergessen hab. Obwohl das Foto auf dem Monatsblatt scheissecool aussah, hätte ich mich hier niemals eingefunden, hätte mir nicht mein lokales Bedienungsmädchen in der Kneipe (danke Boris :o) den Hinweis gegeben, der mich dazu brachte, kurz im Internet reinzuhören. Noch vor dem ersten Refrain war ich überzeugt.
Das Gitarre-Gitarre-Drums-Trio, zwei Brüder und ein Drummer, die Mitte 30 sind aber aussehen wie Mitte 50, bewegen sich zwischen Gories, Oblivians und der frühen Blues Explosion ... ABER SOOO GUT!
Ja, sie haben die genannten Vorbilder zum Frühstück getrunken, aber sie haben allen dreien eins voraus: Ihren umwerfenden Humor, der einem die Backen glühen lässt, ihre unglaublich trashige Erscheinung und ihre dreiste Seelenruhe, mit der sie das Publikum fordern, die sie einem mit flunkerndem Blick, Häppchen für Häppchen servieren. Die haben's nicht eilig. Sie hetzen sich nicht durch ihr Set. Wenn's sein muss, dauert der Dialog mit dem Publikum auch mal länger als die nächsten zwei Songs. Ich hab mich dann irgendwann dabei ertappt, dass ich völlig die Kontrolle über meine Gesichtszüge verloren hatte und wenn ich in die Runde schaute, sahen die anderen genauso aus. Das war nur noch ein einziges Totlachen.
Und dann der improvisierte Song, nach der rhythmischen Vorgabe aus der ersten Reihe (Ring an Bierflasche). Sowas hab ich noch nie gesehen und ich habe das einige Male an diesem Abend gedacht und Ihr könnt mir glauben, es war nicht das erste Konzert meines schönen Lebens.
Powersolo führen in die Irre, machen mit dir was sie wollen, spielen schrägen, immer leicht verstimmten und absichtlich eierenden Trash-Punk-Blues, wie er schöner kaum sein könnte. Die frechste Band seit langem. Ich möchte mein Leben aufgeben, meine Siebensachen verkaufen und ihnen um die ganze Welt hinterherreisen um jeden weiteren Abend meines Lebens so glücklich zu sein, wie an diesem verregneten Mittwoch.
Und wo waren die ganzen armen Sünder, die sich im Juni bei den Oh-Sees drängelten? Wo waren sie, wenn the Real Weird Thing happens? WO? WOOOO? (hallend zum Himmel, Vögel vom Dach auffliegend). Danke Sonic Ballroom, danke Powersolo, danke Bedienungmädchen-in-der-Kneipe.
(Ralf, 13.10.13)

Fr. 04.10.13

Cellophane Suckers, Sworn Liars - Köln, Sonic Ballroom (ca. 80 Zuschauer) foto von der Website der Band
Sworn Liars, die versprochene Supergroup aus Moorat Fingers und Shakin' Nasties Mitgliedern konnte die Standards der Vorgängerbands in keinster Weise halten. Uninspirierte Kompositionen, wenig ansprechende Akteure, oft auch nicht ganz sattelfest gespielt, insgesamt nichts Spannedes dran.
Doch auch die Cellophane Suckers sind stehengeblieben. Keine Entwicklung. Sie bringen haargenau dasselbe wie vor 15 Jahren. Man fühlt sich quasi zurückversetzt, nur, dass eben ganz viel passiert ist in der Welt. Meinungen, Menschen, Trends, alles hat sich verändert. Die Welt ist in Bewegung und das ist gut so. Die Cellophane Suckers mögen als Ruhepol geblieben sein, doch auf mich wirkte das heute altbacken. Die einst moderne Substanz hat sich über die Zeit nicht gehalten. Hat mich einfach nicht mehr so mitgerissen wie früher. Die Leute nickten kräftig, aber auch von denen kam keiner gehörig in Wallung.
Nur ein mittelmässiger Tag oder tatsächlich Ausdruck musikalischer Stagnation?
Und wo waren eigentlich die X-Rays aus England, angekündigter Headliner? Ich hab sie nirgends gesehen. OK, ich wusste es, weil's auffer Internetseite stand. Wusste das jeder der Anwesenden? Gesagt wurde das nicht, gefragt hat wohl auch keiner.
(Ralf, 13.10.13)

Sa. 28.09.13 Kommando Sonne-nmilch, Die Nerven (Foto) - Köln, Gebäude 9 (ca. 350 Zuschauer)
Soll ich ganz ehrlich sein? Rachut war gut, hab ihn zum ersten Mal gesehen. Cooler Typ. Hab das sehr gerne gesehen. Aber die Nerven haben ihm die Show gestohlen. Punkt.
Ich hatte dasselbe Feeling wie anno dazumal, als Steel Pole Bath Tub den Melvins den Rang ablief. Über ne ganze Tour. Wie bitter!
Die Nerven sehen aus wie ne Schülerband, sind aus Stuttgart, klingen wie ne Mischung aus Touch'n'Go meets Amphetamine Reptile, etwas aufgemodernt und mit psychedelischer Gitarre und deutschsprachigen Hass-Mich-Kellerloch-Tiraden.
Eigentlich nicht das, was ich erwartet hatte oder das, was mich hinterm Ofen rausgebracht hätte, wenn ich meine Kritik vorher gelesen hätte ... ABER: Die Burschen haben ihren Scheissdreck im Griff UND zwar 1A! Die werden kommen! Und völlig zurecht. Ich bin oft in Konzerten gewesen, wo alles begeistert war und ich so ... "ochjaaaaa" ... aber hier war ich einig! Die nerven überhaupt nicht. Das war echt schön.
(Ralf, 7.10.13)
Di. 24.09.13 Joy Wellboy, Ruen Brothers, Charity Children (Foto) - Köln, Gebäude 9 (ca. 150 Zuschauer)
Nicht mein Abend! Die Templars, die einzige Band, die mich wirklich interessiert hatte, hatten abgesagt und Charity Children aus Berlin, die als grosse neue Hoffnung angekündigt waren, waren überhaupt nicht mein Ding. Eine 7- oder 10-köpfige Band an Gutmenschen, gegurrter Frauengesang, wie er seit vielen Jahren schon erbärmlich langweilig ist und alles ganz schön und weich und ja nirgends zu dolle draufhauen.
Mit denen ist schon alles ok, aber im Gutsein sind die mir Lichtjahre voraus. Schaut Euch nur das Video auf ihrer Homepage an. Vor lauter Glückseligkeit fühlte ich mich an die deutschen Heimatfilme der 50er Jahre erinnert. Ich weiss, es gibt viel Schlimmes auf der Welt und man muss ja auch mal abspannen können, aber ... ah!
Die Ruen Brothers aus England konnte ich auch nur 3 Songs lang ertragen. Die beiden Brüder liessen ihren Bassisten den Soundcheck für sie machen, was schon mal irgendwie ne dämlich aufgesetzte Kacke ist, wo eh niemand im Saal war und kein einziger Arsch die kannte. Die Gitarre des Blonden war allerdings phantastisch, sehr bluesig, sehr locker, doch der Gesang des Dunklen der auch noch ne riesige Akkustikgitarre umgeschnallt hatte, hatte nen unangenehm kehligen Twang, was ich ganz und gar nicht mag. In der Hosentasche versteckten sie dann aber doch den ganzen Indie-Kram und trugen Rollkragenpullis unter neuen Lederjacken. Komische Mischung, wie Sonntagsschüler, die auf Outlaw machen. Der Drummer war witzig und spielte super, ist aber der Selbstdarsteller unter der Sonne. Der war so overacted in Gestik und Gehabe, das war so unterhaltsam wie abstossend. Man schämte sich und machte sich hastig auf die Suche nach Bier.
Joy Wellboy aus Belgien - der Ersatz der Templars, eine verhaltene Elektrokombo, die in die kühle Leere ihres Sounds hallende Gitarrenakkorde einstreuten und dann doch einen souligen Gesang draufpackten und gute Stimmung verbreiten wollten - liessen mich dann die Ruen Brothers zurückwünschen ... Charity Children auch. Ich weiss nicht, wie die Menschen sowas ertragen können. Schon der Name der Band! Mit Elektro tu ich mir ja aber ohnehin schwer. Da passiert zuviel das mein Gefühl nicht begreift. Junge, war ich früh zuhause.
(Ralf, 3.10.13)
Mo. 23.09.13 Big Sexy Noise, Jon de Rosa - Köln, Sonic Ballroom (ca. 60 Zuschauer) Foto by Michael Johnson and Nemesis To Go (Creative Commons)
Dass Jon de Rosa hinterher im Internet verlauten liess, dass er selten so ein aufmerksames Publikum hatte, freut mich genauso wie es mich erstaunt. Ich glaube aber tatsächlich, dass seine Folk-Balladen, die viel mit klassischem Versatz und Dur-Moll-Wechseln spielten, dem Ballroom Publikum gefielen, wenn man dem Glauben schenkte, was einzelne von sich gaben, als sie hinterher in den Pausenhof kamen, denn meins war de Rosa nicht, so dass ich die längste Zeit an der Aussenbar verbrachte und Spinnen zusah, wie sie 20x grösseren Motten nachjagten, was in der Biergartenbar des Ballrooms ein immerwährendes Schauspiel ist. Bestimmt ist de Rosa ein guter Typ, für mich gibts aber grade zuviele bärtige Akkustikgitarreneinzelkämpfer mit jammernder Stimme.
Lydia, James und Ian danach in Top-Form. Hundertmal besser als vor zwei Jahren in Stuttgart. Die hatten schwer Bock, auch Lydia. Sie sah insgesamt auch einfach ein wenig besser aus als letztes Mal. Es scheint ihr nicht schlecht zu gehen.
Der Sound war phantastisch, was natürlich einzig der unglaublich bratzigen Gitarre von James Johnston zu verdanken ist, wie er sie bei Gallon Drunk ganz und gar nicht spielt. Er jagt das durch zwei Amps, die links und rechts auf der Bühne stehen. Das ist hart, bluesig, unfassbar cool verzerrt und immer sehr rhythmisch, teils fast schon an die Stoner-Rocker erinnernd, was er da abliefert. Zusammen mit dem durchgroovenden Schlagzeug ist das total mitreissend. Ein Song hüftentzündender als der andere. Lydia darauf mit ihrer gar nicht mehr so nervtötenden, eher tief graunenden Stimme, wie sie es eben bei Big Sexy Noise immer macht, vielleicht gar nicht mehr anders kann. Offen gesagt, ist Lydia die musikalische Schwachstelle der Band, aber sie lebt halt von ihren Lyrics, ihrer Persönlichkeit und ihrer Geschichte. Die Gallon Drunk-Backing-Band ist jedenfalls absolut oberste Liga (ist so) und die kann sich Lydia eben mit ihrem Legendenstatus leisten. Damit sind wir ja alle dann auch zufrieden. Phantastisches Konzert.
(Ralf, 3.10.13)
Mi. 18.09.13 Ed Schraders Music Beat - Köln, Sonic Ballroom (max. 15 Zuschauer) - Bild von der Facebook Site, Courtesy by the band
Schräge Amis, keine Vorband und die einsetzende Schlechtwetterdepression wurden als Gründe für das Ausbleiben einer Menschenschar verantwortlich gemacht, die doch soviel verpasste. Nur mit Standtom, Bass und Gesang erreichten Ed Schrader und sein Kumpan auch die wenigen Anwesenden in den Bann zu ziehen. Und weil es so wenige waren und weil sie so treu jubelten und weil sie ja die einzige Band waren, spielten sie dann Zugabe um Zugabe, wo noch gar keine Zugabe verlangt war ... nur aus: Wir müssen ja was bieten.
Minimalistischer geht kaum. Sogar die Lightshow bestand nur aus der Glühbirne, die an die Tom geschraubt war und die er nach jedem Lied kurz ausmachte, so wie bei den grossen Konzerten, wenn der Lighttechnician kurz abdreht.
Sie boten treibenden Punk-Noise, mit verzerrtem Stakkato-Gesang bei den lauten Songs und sehr unterschiedlich aufgebaute ruhigere Songs, im extremsten Fall NUR mit Gesang. Immer leicht selbstironisch-pathetisch aber sehr sympathisch und abgefahren. Nicht umsonst touren die Pittsburgher rund um die Uhr durch die halbe Welt.
Wie das so ist bei ganz initimen Veranstaltugen steht man dann nachher quasi in vertrauter Runde beieinander und quatscht. Da läuft ja keiner einfach so weg, wo er doch mit am Tisch sass.
Die Schraders entpuppten sich dann auch als sehr nette, unterhaltsame und an Mensch und Kultur interessierte Gesellen. Hab ich bei Bands, insbesondere bei amerikanischen auch schon GANZ anders erlebt. Cool! Sehr tolles Konzert!
(Ralf, 7.10.13)
Di. 27.08.13 Sonny Vincent, Fryder - Köln, Sonic Ballroom (ca. 60 Zuschauer)
Good Goodness! Wahnsinn! Bobby Steele in allen Ehren, aber das ist die beste Backing Band, mit der ich Sonny je gesehen habe. Jung, gutaussehend, perfekt eingespielt und vom ersten Song an Punk as Shit! Hier stimmte für mich alles: Attitude, Songs, Punch. Sonny macht alles richtig und das schon seit vielen vielen Jahren. Abgesehen wohl höchstens davon, dass er keine Knete macht.
Fryder davor, eine Supergroup aus Münster mit 60s beeinflusstem Punkrock, der auch mal über die üblichen Grenzen tritt, was grundsätzlich fein ist. Leider werden tolle Ideen zu Songs verarbeitet, an denen ich mich nicht einhängen konnte, auch emotional nicht. Schade. An denen ist nichts falsch. Sie haben Potential ... und meine Sympathien.
(Ralf, 11.9.13)
Mi. 14.08.13 Adolescents, TSOL - Köln, MTC (ca. 200 Zuschauer)
So ganz ist mir wirklich nicht klar, warum TSOL immer noch als die definitive Hardcore-Band aus der OC Area gilt. Die Kermitstimme von Jack Grisham, die new-wavige Gitarre und der fehlende explosive Moment machte sie nie zum Mittelpunkt meines Interesses. Das bestätigte sich jetzt auch live. Grisham war gut drauf und hat witzige Sprüche parat, doch musikalisch kann ich damit echt nicht viel anfangen.
Adolescents deutlich direkter. Gitarren und Drums pushen gut. Länger als 30, 40 Minuten halten die mich aber nicht im Bann. Immer wieder sehr gute Songs, im Gesamten aber ... aah, schwer beschreibbar. Es packt mich einfach nicht so.
Ist schon alles ok, aber für mich nicht rotzig genug. Kann auch sein mir fehlt der Rock'n'Roll, die Gefahr, die Emotion. Diese melodiösen, leichten Backings kann ich, wenn überhaupt, dann eher beim England-Punkrock ertragen. Ist manchmal auch nicht leicht, zu bestimmen, warum das eine gefällt und das andere nicht. Ich seh's am Ehesten bei den Epigonen. Ich mag auch die zweite Generation um Bad Religion nicht sehr. Und dahinter stehen dann irgendwann Lagwagon, dann auch Green Day, Offspring, NOFX, Pennywise, alles Kram der mich nicht interessiert. Hinter Black Flag, DRI, Germs, Dead Kennedys bildete sich eine ganz andere, gar nicht mehr eingrenzbare Explosion, die über Hardcore, Noise-Rock, Industrial sogar bis weit in Feindesland reicht, da deren Einflüsse wesentlich weiter trugen. Bei denen bin ich bei.
Aber egal. Diese beiden Bands sind halt nicht mein definitives Ding. Gutes Konzert dennoch, überraschend viele jungen Leute. Aber beidesmal bin ich nach 40 Minuten weggelatscht.
(Ralf, 11.9.13)
Di. 13.08.13 The Stitches, Nazi Dogs - Köln, Sonic Ballroom (ca. 100 Zuschauer)
Das Schöne an Köln ist allgemein, dass immer Leute auf Konzerte kommen. Selbst an schlechten Tagen sind immer wenigstens 30-40 Leute da. Und in einem kleinen Club reicht das, um Spass zu haben. Wir sind also mitten im Sommer, mitten in den Ferien, draussen hats 30 Grad, es ist Dienstag ... verdammt, wer hätte gedacht, dass die Stitches so viele Leute ziehen. Da merkt man, dass ich völlig raus bin, was die Punk-Postille betrifft. Ich hab die Jungs Anfang des Jahrtausends gehört und musste dazu nach Amiland fliegen. Viel haben sie seitdem nicht fabriziert und dennoch scheinen sie legendär zu sein, denn der Laden ist fast voll.
Nazi Dogs aus Aachen (stimmt das?) machen ganz guten 77er Punkrock, vorallem der Gesang gefällt mir, leider haben sie keinen guten Sound und weder das Drum, noch die Gitarre, noch der Bass machen wumms. Der Sänger wirkt etwas ungelenk. Wild, aber nicht richtig. Hm. Die sind aber auf alle Fälle sonst ok so mit allem.
Stitches dann die erhoffte Riot. Sehen ganz schön böse und verratzt aus die Burschen, insbesondere der Gitarrist. Das ist Punk, so wie ich ihn mir wünsche. Bierduschen, Gewalt und Randale, hehe. Natürlich haben die den richtigen Punch und die guten Songs. Auch die Kids kannten alles. Wahnsinn. Hätt ich nie gedacht.
(Ralf, 22.8.13)
So. 11.08.13 Krawallbotz, Black Sheriff, Keine Ahnung - Köln, Strassenfest Ehrenfeld
Hunderttausende lockt dieses Strassenfest angeblich an und auf mehreren Bühnen wurde ordentlich getobt. Die Crew vom Qlosterstüffje, dem man von aussen sein alternatives Interieur mitnichten ansieht, stellte dazu den degenerativen Moment, wo sich dann alle wieder mal zusammen fanden, die das Wort Punk schreiben können und mit dem AZ sympathisieren, das zum Zeitpunkt des Konzerts noch in Kalk besetzt war und auf der Kippe stand.
Ich schaffte es nicht um 11 Uhr zur ersten Band, aber immerhin zur drittletzten. Keine Ahnung sind junge Deutschpunker und geben ebenjenen in traditioneller Art und Weise zum Besten. Mit den Jungs ist alles so vollkommen in Ordnung, mir persönlich ist die Musik allerdings zu eindimensional, schon gehabt und dafür auch nicht die Sorte, mit der ich mein Wohnzimmer beschalle.
Black Sheriff danach in bester Laune. Über alle Backen lachend kam ihre Selbstironie deutlicher und weniger grimmig rüber als manches andere mal.. Ich fand's so super, denn die sind ja total nett, auch wenn sie immer so derbe rumtun. Der Spannungsbogen stimmte auf die Sekunde und auch der Sound war besser als bei den Bands davor und danach. Schmutziger Hardrock, zwischen Motörhead und Supersuckers, breite Beine, wenige Kopf- dafür Achselhaare galore. Und gerotzt wurde auch, aber nur auf sich selbst. Sauber!
Krawallbotz dann noch mal eine Stufe hoch auf der Geschwindigkeits- und Hardcore-Punk-Skala. Die "schönste Punkband Kölns" ist vorallem möglicherweise die beliebteste Punkband Kölns. Dem Gebolze und Gegröhle stehen viel spürbare Sympathie und feines Rampensautum bei, so dass der Laden stimmt und die Menge sich freut.
(Ralf, 12.8.13)
Sa. 10.08.13 James Blackshaw, Lubomyr Melnyk, Martin Herzberg - Köln, St. Michael (ca. 120 Zuschauer) Das Foto ist von Last.fm gestohlen, ganz ähnlich sah das aber in St. Michael aus.
"Grundsätzlich basiert meine Musik auf Klang. Der Klang des Pianos, das ich von ganzem Herzen liebe. Die Bedeutung von Klang ist heute vergessen. Glaubt nicht den Wissenschaftlern. Sie wissen nichts. Sie kassieren nur eine Menge Geld, um in Talkshows zu quatschen." Das ungefähr sagte Lubomyr Melnyk, bevor er anfing seine drei Stücke zu spielen. Zwei für Solo-Piano, das dritte zusammen mit einem Piano über Band, das er am Nachmittag in der Kirche eingespielt hatte und mit dem er dann live zusammenspielte.
Ich hab ja schon mehrmals gesagt, dass im Gegensatz zur populären Musik, die sich gerade nur wiederholt, in der Klassik echt ein paar verrückte Typen am Start sind. Lubomyr ist verrückt, so viel ist sicher. Hat eine total eigene Spieltechnik entwickelt, die er "continuos playing" nennt. Der Sound ist extrem dicht, ein einziges Wogen, wie Wellen, die Melodien schälen sich in weiten Bögen heraus, darunter immer das Wogen, meist aber sehr harmonisch. Im letzten Stück dann doch auch mal finster, die Dichte nun wirklich nicht nur musikalisch sondern geradezu physisch. Der Raum verbog sich. Obwohl das Konzert ganz klar als "neue Musik" angekündigt war, fingen die Leute dann doch an unruhig zu werden, manch einer blies die Backen auf oder legte den Kopf in den Nacken. Das war der Punkt, an dem ich anfing zu lächeln und ein wohliger Schauer sich aus meiner Hühnerbrust igelte und ich die kichernden Pranzen direkt vor mir nicht mehr wahrnahm.
Wenn an diesem Abend jemand das Volk an seine Grenzen brachte, dann Lubomyr. Trotzdem kaufte ich am Ende eine Platte von James Blackshaw, einem jungen Engländer, der gerne Bier trinkt (was wir Gäste leider nicht durften. Für uns gab es nur irgendwo ein Sektchen, nachdem ich nicht mal suchte), raucht und diverse Kollaboration mit englischen und kanadischen Musikern aus dem "düsteren Umfeld" tätigte. Damit meine ich bspw. Genevieve Beaulieu (Menace Ruine, Preterite), David Tibet (Current 93) mit dem er auch die Band Myrninerest gründete, die jüngst ihr erstes Album veröffentlichte und die sich ausschliesslich um John Balance dreht, den verstorbenen Kopf der Band Coil.
James spielt eine wunderbare 12-saitige Gitarre, die er nach jedem Lied umstimmt, um damit eigentlich fast dasselbe zu machen, wie Lubomyr auf dem Piano. Harmonisches Wogen. Es klingt einfach nach viel mehr als es ist, denn die Syrenen singen in den Obertönen mit. Aber es is auch Technik. Sieht so einfach aus, wie bei Lubomyr auch. Durch die abgefahrenen Stimmungen tut seine linke Hand recht wenig, die rechte aber hat ein Fingerpicking drauf, das in einem sehr rhythmischen, total durchgängigen Strom pulsiert, unaufhörlich, ebenfalls total dicht, meisterhaft. Dazu der Hall in der Kirche, der, wie Martin Herzberg es am Ende sagt, hervorragend ist. Manche Kirchen seien zu gross, der Hall zu stark, hier sei es gerade richtig.
Womit wir beim letzten Künstler des Abends sind. Der Berliner Martin Herzberg, der mir leider nicht gefallen hat, da bei ihm das abgefahrene Element fehlte und der direktere Bezug zur Klassik. Das war fast schon Pop, mit eingespielten Drum-Beats. Und als er anfing zu singen, über das Leben in der Stadt, "mit all seinen Vor- und Nachteilen", dann musste ich gehen, um den Abend mit dem mitzunehmen, was er für mich ausmachte.
Noch was: Mit 14 Euro war das Value for Money! Es ging kurz nach 9 an und nach 12 verliess ich das Konzert vorzeitig. Lob an die Veranstalter. Sowas ist ja ohne Sponsoren und unentgeltliche Eigenleistung nicht zu stemmen. Prima Sache, beeindruckender Abend.
(Ralf, 11.8.13)
Fr. 09.08.13

Gruppe 80, The Metric Eyes - Köln, Sonic Ballroom (70 Zuschauer)
Zweimal NewWavePunk aus deutschen Landen, beide Bands hatten alles drauf, was man haben muss. Insbesondere die Gruppe 80, die ihren Scheiss schon richtig gut im Griff hatten. Mono-Synthie, manchmal wie der PacMan-Soundtrack, ein wirklich RICHTIG rattengeiler Gitarrensound und die Drums immer da, wo sie sein müssen. Manche Songs waren wirklich unverschämt gut, leider insgesamt aber ne Blödelkombo und daher teils inhaltlich recht flach. Unfassbar ausserdem, wie bescheuert die aussahen, vom Bassisten abgesehen. Erstaunlich, dass die Roots aber offenbar stimmen und die Jungs ihre Hausaufgaben sauber gemacht haben. Ich erwische mich, auch alles durch Schablonenaugen zu sehen.
Da konnte man den Metric Eyes ihre Wurzeln doch sicherer zuordnen. Leider waren sie mir auch nicht recht. Die Gitarre zu weich, New Wave eben, der wechselnd deutsch-englische Gesang zu schlecht (allerdings gut: der Wechsel mit dem Mädchen), die Einstellung gut, wütend und angepisst nämlich, doch alles sehr sehr gleich. Song auf Song, Schlag auf Schlag, meist kaum 2 Minuten, doch ingesamt ... zu gleich. Das waren 20 Songs, es hätte aber auch einer sein können. Abgehackt, schnell, das gefällt mir, aber nur abgehackt und schnell ist auf Dauer zu wenig. Trotzdem, solide Kost, wie schon eingangs gesagt. Alle hattens drauf, der Schlagzeuger von den Briefs ist wohl in Deutschland hängen geblieben. Der ist nicht doof, das ist mir früher auch schon aufgefallen.
Hätten die Metric Eyes die Gitarre, den Monosynth und etwas mehr von dem Gejohle der Gruppe 80 und die Gruppe 80 mehr von der Angepisstheit der Metric Eyes und etwas weniger von ihrem Gejohle, dann hätte ich vielleicht noch was zusammen getreten an dem Abend. War trotz vielem Gemeckere gut. Ich bin weder Neue Deutsche Welle Fan, noch finde ich New Wave sehr ansprechend und was Neues haben sie auch nicht erfunden, aber diese beiden Bands bringen wenigstens mal Wind in die oberlangweilige RocknRoll dicke-Eier-Scheisse die wir uns seit 15 Jahren anhören müssen. Weitermachen!
(Ralf, 10.8.13)

Sa. 02.08.13 Chefdenker - Bonn, Bla (80 Zuschauer)
Ich hab mal Shellac in München gesehen. Nach nicht mal 30 Minuten hörten die ohne grosses Blabla einfach auf, weil es ihnen zu warm war. Ja, es war warm, aber es war tausendmal weniger warm als an diesem furchtbaren Abend im Bla. Herrgottsack, war das eine Hölle. Ein Mädchen sagte zu mir, das wäre wie in Thailand, wenn man aus dem Flughafen ins Freie tritt und sie traf damit absolut auf den Punkt. Genauso war der Schock, wenn man aus dem Freien INS Bla hineinging. Keine Bewegung in der Luft. Der Druck der Hitze war wirklich unmenschlich.
Dass sich die Chefdenker überhaupt auf die Bühne stellten, nachdem eine Vorband den Laden noch mehr angeschwitzt hatte, rechtfertigt alleine schon höchsten Respekt. Dass sie aber eine fast anderthalbstündige Show mit vollstem Einsatz durchzogen, ist eigentlich schon einen Oscar wert. Gibt es Oscars für übermenschliche Leistungen unter extremsten Bedingungen? Nein? Sie drehten sogar die beiden riesigen Ventilatoren zum Publikum, mit dem Argument, "die Frischluft für euch", wir brauchen "flüssigen Treibstoff".
Für den Sänger war's natürlich die doppelte Qual, weil er oft ziemlich am Limit brüllt und wenn man Luft holen möchte und da ist keine ... das müsste eigentlich Todesangst machen.
Musikalisch gabs deutschsprachigen Punkrock kalifornischer Abstammung. Ich habe viel Descendents gehört. Die Gitarre sehr intelligent und abwechslungsreich, die Texte einfach aber clever, die Fans kennen jede Zeile. Man ist wütend aber auch spassig, wenn's doof wird, wie bei dem Cover von Krügers Nippelsong, dann bin ich allerdings raus.
(Ralf, 10.8.13)
Sa. 07.07.13 Smokestack Lightnin' - Köln, Sonic Ballroom (70 Zuschauer)
Schöner, entspannter Country-Rock aus dem Süden unserer Republik, der irgendwie immer geht. Etwas unterkühlt vielleicht, dennoch eine enorme Wohlfühldichte. Ich weiss nicht, wie die das machen, aber es funktioniert. Ich hab die vor vielen Jahren in Stuttgart schon mal gesehen und alles ist gleich geblieben. Auf weitere viele Jahre Smokestack.
(Ralf, 10.8.13)
Do. 04.07.13

Guitar Wolf, Mad Mullahs - Köln, Tsunami (120 Zuschauer, sold out)
Den Mad Mullahs aus Bonn und ihrem 60s Trash, wie er langsam endlich mal wieder von den Bühnen verschwinden sollte, eilt ein Ruf voraus, den sie für mich nicht halten konnten. Der Charme des Dilettantismus ist keine Entschuldigung. Auch nicht, dass Zweimann/frau-Bands gerne mal sehr trashig sind und man daher einiges nach sieht. Und der Geist scheint ja zu stimmen. Die Riffs sind eigentlich ganz ok. Aber diese Band kann einfach absolut gar nichts. Weniger geht nicht. Selbst der blutigste Anfänger kann mehr.
Die Schlagzeugerin hat absolut keinen Groove, keine Time und sie berührt die Trommeln kaum.
Der Gitarrist singt auch und er singt genauso wie er spricht: Ungelenk, ohne Intonation, ohne Gefühl, er spricht quasi seine Texte, mit derart schlechtem Englisch, dass alle bestimmt denken, wie witzig das ist. Ich finde es deprimierend. Da nützt es auch nichts, dass man sich nackt in Plastikfolie einpackt.
Dass sie dem Genre daher auch wirklich nichts Neues einhauchen können, brauche ich nicht extra zu erwähnen.
Ich bin aber überzeugt, dass sie sehr nette Menschen sind und habe ein schlechtes Gewissen, dass ich leider gar nichts Gutes über sie schreiben kann. Sympathisch sind aber schon und daher kommt das Ganze auch gut an.
Guitar Wolf machten dann natürlich wieder einen Laden, dass es schon nervte. Erst liessen sie uns mindestens eine Dreiviertelstunde warten, während derer wenigstens ausgezeichnete Musik lief. Zuerst die amerikanischen und britischen Helden bis zum total übersteuerten japanischen Kram. Machte Laune, doch GW kann halt einfach nicht halten, was sie versprechen. Sie geben zwar alles in diesem total überfüllten überhitzten Loch hier, spielen viel zu laut, alles zerrt über wummert. Man hört nur noch Dröhnen. Dennoch halte ich es bestimmt über eine halbe Stunde in der zweiten Reihe aus. Wir klemmten uns schon ganz früh vorne rein, denn im Tsunami sieht man ja nix mehr, wenn man in der vierten Reihe steht. Die Meute verhielt sich von daher noch recht ruhig. Weniger Abdrücke von schweissverschmierten Oberarmen im Gesicht als erwartet.
(Ralf, 10.8.13)

Mo. 24.06.13 British Sea Power - Köln, Luxor (200 Zuschauer)
DAS ... liebe Brüder und Schwestern ... DAS ist Shoegaze, nicht Widowspeak!
Die Typen sind ultrakomisch. Hab echt ne Weile gebraucht um zu erkennen, dass die enorm cool und selbstironisch sind. Die verziehen halt keine Miene und sehen aus wie hingeschissen. Wenn da plötzlich ein 2,20 grosser Eisbär auf die Bühne kommt, jaja, ich weiss, die erleben das jeden Tag auf Tour, aber, dass keiner der Akteure sich von seiner verbissenen Konzentrationsmimik löst, da war dann irgendwann auch mal klar, dass die einfach so sind und Humor eben nicht mit einem lachenden Gesicht einher gehen muss. Das was ich immer schon sage und praktiziere. Mir glaubt das ja keiner und man hält mich für einen Stoffel. Bei denen stehen alle da und lachen. Sogar ich. Hä?
Und irgendwann fand ich das KOnzert supertoll. So richtig richtig. Sogar die vielen hüpfenden Kinder vorne nervten mich nicht mehr, denn die waren zu brav um Schaden anzurichten. D.h. aber auch, dass die Band wohl berühmt ist. Nun gut, ich kannte sie nicht. Der moderne Kram, insbesondere wenn er eigentlich nur alten Kram nachmacht, was bei BSP eine Mischung aus allen möglichen englischen DarkWave-Bands ist (Gitarren-Wave wohlgemerkt), geht halt nachwievor ziemlich glatt an mir vorbei. Daher würde ich mir auch keine Platte kaufen. Der Liveauftritt war aber sein Geld wert.
(Ralf, 12.9.13)
Di. 21.05.13

Thee Oh Sees, Zentralheizung of Death (des Todes) - Köln, Foyer Museum Ludwig (ca. 350 Zuschauer) Pic. from their website, courtesy by the band
So cool ich auch den Alten fand, der sichtlich Spass daran hatte, seinen Alltag damit anzureichern, jugendlichem Delinquentenvolk den Bezahlt-Stempel zu kontrollieren, so unpassend fand ich dennoch die Location. Vom Veranstalter King Georg ausgehend, die wissen, dass ihr Club hierfür zu klein ist, wurde das Dach des Museum Ludwigs auserkoren (wie immer auch sowas zustande kommen kann ...), doch da Regenwetter anstand (und auch kam), verlegte man kurzerhand ins Foyer und das ist für Konzerte dieser Art völlig ungeeignet. Nicht nur, dass die Clubatmosphäre fehlte, die grosse, kalte Halle mit Glasfronten ist schlichtweg ungemütlich und auch dem Sound (zumal sich der Mixer neben der Bühne befand) grandios abträglich.
Die Oh Sees, Kölner Stadtgespräch Nummer 1 im Mai 2013, ist eine Band aus San Francisco, deren Gitarrist und Mastermind John Dwyer früher schon mit den Coachwhips für Ohrstörungen im 60s-Blues-Punk-orientierten Gewerbe sorgte. Zwei Gitarren, Orgel, Drums, wobei der andere Gitarrist mit seiner Jazzmaster vorallem Bassläufe spielte, die Orgel nur sehr weit hinten zu hören war und offensichtlich auch nichts Wichtiges beizutragen hatte, und ein energischer Drummer.
Die Typen waren sehr lustig anzuschauen und boten eine äusserst aufgeladene, ausgeflippte Show, offensichtlich der Grund der Euphorie. Warum die plötzlich der grosse Hype sind, wo sie doch schon seit den 90er Jahren aktiv sind und die Coachwhips eigentlich auch niemanden interessierten, ist mir äusserst unklar. Aber so nehmen die Dinge ihren Lauf und wer will das dem sympathischen Haufen nicht gönnen. Vielleicht liegt es auch an ihrer ausgeprägten Bereitschaft zu touren, denn die scheinen wirklich um die ganze Welt zu kommen.
Ich selbst fand allerdings auch die Coachwhips nie gut genug für den Überdaswasser-Sprung. Bei der augenblicklichen Euphorie für die Oh Sees mag das aber wohl angebracht erscheinen, denn die Nachfrage ist akut.
Musikalisch also 60s, immer aber schräg in Seitenlage, den Standard nur streifend, dabei viel Krach und auch sehr eigenwillige Töne von Dwyers Gitarre. Sehr schön die längeren Psychedelic Passagen zwischendurch, so dass man dem ungehörigen Drive auch mal weg nahm, um die Dynamik dann wieder aufzubauen. Das hat super funktioniert.
Der Gesang ist ihre Archilles-Sehne. Die kompensieren das mit viel zweistimmiger Kopfstimme. Puh, das muss man mögen. Mir ist das zwei Etagen zu unpersönlich. Ich konnte mich da nicht so recht dranhängen.
Das Set war sehr lang, wurde dem Publikum aber an keiner Stelle langweilig. Daher kamen sie sehr gut an und liessen sich gerne noch weiter hochpeitschen. Ich ertappte mich dennoch ständig bei dem Gedanken, dass mir die Oblivians, Gories, Black Lips oder auch Blues Explosion jetzt dennoch lieber gewesen wären. Haben mehr Appeal für mich. Is halt so.
Davor die Zentralheizung des Todes aus dem Osten der Republik. Junge Leute, die ebenfalls recht eigenwillig sind und da ich mich sonst ja meist über die hohe Standardisierung im 60s Hardliner-Sound beschwere, möchte ich das jetzt als positiv herausstellen, auch wenn sie mich emotional nicht zu packen verstanden.
Tagesform? Abneigung gegen Hype? Tja, man ist da ja einfach nicht frei. :o)
(Ralf, 26.5.13)

Mi. 15.05.13

FM Einheit - Köln, Raum 13 (60 Zuschauer)
Der Raum 13 beschreibt sich selbst als Zentralwerk der Schönen Künste. Hier finden alle Arten von Kunst ein Zuhause, ob für Aufführungen, Ausstellungen oder zum Arbeiten. Man widmet sich in den Veranstaltungen einem Jahresthema und in der Trilogie "Schönheit der Vergänglichkeit" befinden wir uns jetzt in Jahr 2: Kriegsblicke.
Dazu hat FM Einheit (ich muss jetzt nicht erklären, dass Mufti der ehemalige Schlagwerks-Derwisch der Neubauten ist, die er verliess, da er der Meinung war, sie stürzen nicht mehr ein) einen Soundtrack komponiert, der an diesem Abend aufgeführt wurde.
Mit dabei:

  • Saskia von Klitzing (die in unserem Forum bereits hochgelobte Schlagzeugerin bspw. der Fehlfarben)
  • Tim Isfort: Kontrabassist, grossartiger Tausendsassa zwischer hoher und kleiner Kunst
  • Volker Kamp: Live- und Studiobassist, Theatermusiker und Gelegenheitsposaunist in unzähligen Projekten
  • Florian Lenz: Schauspieler in Theater, Film und Fernsehen

Die vorkomponierte Musik kam vom Band, der Rest spielte dazu, FM Einheit klopfte und bohrte dabei so mittel-inspiriert an seinen Federn, die von dem Gerüst unter der Decke hingen, Saskia hielt mit Volker einen meist durchgängigen Beat, Tim fügte das Experimentelle dazu und Florian sprach recherchierte Texte, vorallem Kriegsbeschreibungen, die er aber sehr emotional und nachvollziehbar darbot. Ich hatte das sehr viel experimenteller und weniger rhythmusorientiert erwartet, daher musste ich mich erst etwas daran gewöhnen. Auch hatte ich keinen Sänger/Sprecher erwartet, da dies nicht überall angekündigt war, doch nach vier fünf Titeln zog es mich sehr in den Bann, insbesondere Florians Darbietung.
Publikum und Location (auch wenn die Halle sehr kalt war, also kalt im Sinne von paar Grad über null) waren ganz nach meinem Geschmack, leider kamen nur etwa 60 Leute, was angesichts der Qualität der Veranstaltung schlichtweg enttäuschend, für mich aber ideal und bequem war, da ich mich, ganz entgegen dem Normalkölner, nicht gerne durch Menschenmengen quetsche.
Netter Abend. Anders als von mir erwartet, aber ok. Sensationelles allerdings weit entfernt.
(Ralf, 26.5.13)

Mo. 13.05.13

Widowspeak - Köln, Gebäude 9 (60 Zuschauer) Pic: http://alteredzones.com/posts/1796/artist-profile-widowspeak
Angekündigt als Shoegaze fragte ich mich ernsthaft, wie unterschiedlich man so eine Schublade auffassen kann. Vielleicht hab ich ja keine Ahnung, aber Shoegaze sind für mich britisch geprägte New Wave Bands mit bleichen Typen, deren Musik düster-melancholisch bis depressiv ist und die deswegen, und aus einer anti-theatralischen Verweigerungshaltung heraus, nur auf den Boden glotzen, wenn sie auftreten. Jüngere Leute übertrugen das dann auch auf spätere Bands, die ätherische Cockteau Twins-Gitarren miteinfliessen liessen und dann sogar noch Noiseberge drauf bauten, Leute deren Effektboards so gross sind, dass sie kaum noch Platz haben, um selbst auf der Bühne zu stehen und deswegen eine Saite anschlagen und in den Nachbarclub zum Kaffeetrinken gehen, denn den Rest erledigt das Auf- und Abschwellen der Effektberge. Aber Widowspeak sind nichts von alledem. Also beim allerbesten Willen nicht.
Widowspeak sind Amerikaner, lassen sich in eben jener Natur fotografieren wie die Hippies und die Cowboys anno 1972 und haben vorallem kühle Riffs mit viel Hall auf den Gitarren, viel Geslide, alles ganz ruhig, Drums sehr verhalten, dazu ein ganz und gar kindlich-verschlafener Mädchengesang, der sich niemals auch nur einen zahnbreit ändert und auch nicht wirklich an Melodien zu haften scheint. So rauscht das leider etwas uninspiriert durch. Der halb gähnende Gesang ermüdet und ich finde das weder cool noch gefühlvoll sondern nur gelangweilt nöhlend. Vielleicht die weibliche Variante eines J. Mascis, wenn man das mal sehr weit her holt.
Schlecht sind sie allerdings nicht. Gute Musiker und davor eben das schüchterne Mädchen mit überbeugter Wirbelsäule, das über seine eigenen Ansagen unsicher kichert. Für die grossen Emotionen ist das zu unterkühlt, statisch vorgetragen und die kompositorische Kraft nicht stark genug.
Sie sehen alle ganz gut aus, stehen am richtigen Platz, haben die richtigen Gitarren, die richtigen Verstärker, machen auch ganz guten Sound, aber irgendwas fehlt hier und ich glaube es ist ... schlicht und einfach das letzte Quäntchen Qualität. Sie bannen zwar 59 der 60 Anwesenden, aber es ist einfach nicht gut genug für das grosse nächste Ding.
Gut wurde es eigentlich erst, als ich dachte, jetzt hören sie auf, als nämlich der Bassist und der Gitarrist ihre Instrumente weglegten und sich dann aber nebeneinander an das E-Piano setzten, einen der besseren Songs anstimmten und dies auch gleich mit mehr Leidenschaft zu interpretieren wussten. Danach kamen die drei vier besten Songs, der letzte hatte sogar dynamische Dramaturgie - das Herzchen glimmte kurz - doch dann war's leider rum. Chris Issaks "Wicked Game" als Zugabe war dann auch einen Tick zu naheliegend. Hmmm.
Ein Lob noch ans Bühnenbild. Die Aufteilung war optisch sehr schön und auch das Licht im Gebäude hervorragend. Wenigstens das liess an ein grosses Ereignis erinnern.
(Ralf, 16.5.13)

Sa. 11.05.13 Green Frankenstein, Sex Monster, the X-Ray Harpoons - Köln, Filmhaus (ca. 100 Zuschauer) Foto mit freundlicher Erlaubnis von Kai Kricke, von der Facebook Site des Festivals des psychotronischen deutschen Films
Um Euren anschliessenden Fragen vorzugreifen, was das jetzt noch mit Underground-Rock zu tun hat, möchte ich vorweg greifen, dass wir hier ein aufgeschlossenes Medium sind, das sich Grenzgängen nicht verwehrt. Es wäre nämlich eine Schande würde ich Euch die Berichterstattung dieses Abends vorenthalten.
Wer kennt Jörg Buttgereit, das Enfant Terrible des deutschen Films, den Spalter der Empfindsamkeit einer Nation, der den Moralaposteln von Bundesprüfstelle und Freiwilliger Selbstkontrolle Ende der 80er Jahre zitternde Tränen in die Augen trieb, dessen Filme Nekromantik und der Todesking schon Kult waren, bevor sie überhaupt ein grosses Publikum gesehen hatten? Diesem Jörg Buttgereit ist die Schachtel Film zu klein oder besser gesagt, zu uninteressant geworden. Auf der Suche nach neuen Anstössen hat er sich u.a. dem Hörspiel zugewandt und was wir heute zu sehen bekamen, war ein als Theaterstück vorgespieltes Hörspiel, das live abgefilmt und dabei sogar richtig gekonnt und dramatisch in Szene gesetzt wurde.
Die beiden Hörspiele "Green Frankenstein" und "Sex Monster", geschrieben und für die Bühne inszeniert von Buttgereit, wurden also von fünf Schauspielern und einem Geräuschemacher live vor einem Theaterpublikum vorgestellt und wir sahen in einem Kino die Filmfassungen davon. Verstanden?
Kai Krick, einer der Kuratoren des Festivals des deutschen psychotronischen Films, in dessen Rahmen die Filme gezeigt wurden, und Jörg Buttgereit selbst, der, wie auch einige der Schauspieler, Kameramann und Bühnenbildnerin, zur Weltpremiere des Films erschienen waren, taten gut daran, uns das Ganze auch schon vor der Vorstellung ein wenig zu erklären, da der Weg über diese ganzen Formate doch ziemlich ungewöhnlich ist.
Die Stories waren ganz im Sinne Buttgereits, der a) ein Godzilla-Fan ist und mit Green Frankenstein eine typisch durchgeknallte Story im Stile der knuffigen japanischen Monster, die gerne wild gegeneinander kämpfen und dabei immer zur kritischen Auseinandersetzung mit Mensch und Umwelt anregen, b) ein Freund der Abstrusität des 60er/70er Jahre Sexploitation-Kinos ist, das auch Subgenres wie den Aufklärungsfilm erfand. Buttgereit katapultiert dies selbstredend, ganz der ihm eigenen Überteibungsdynamik folgend, auf Höhepunkte, die man in dieser Form noch nicht kennt.
Das ganz Besondere ist aber die Übertragung ins Theaterformat. Die Schauspieler betreten dazu einen Raum, der wie ein kleines Kino mit einigen Klappsitzreihen ausgestattet ist, besorgen sich Popcorn und erst als die Kamera sich dreht und über das eigentlich Publikum schwenkt, wird klar, dass dies die Bühne ist.
Wir erleben von da an ein Schauspiel, das die Akteure wild durch die Rollen wechseln lässt. So werden sie zu Reportern, verrückten Wissenschaftlern, zu den Monstern selbst, genauso wie zu dem unsicheren, pubertierenden Jungen in Sexmonster, seinem "erfahrenen" Freund, religiös-delirierenden Vater, Frau Dr. Summer (haha) und den geilen tuschelnden Teenie-Gören auf dem Schulhof. Und zwar nicht nur gehört, sondern auch gespielt und dazu von einer sehr mitreissenden Kamera in lebendiges Kino transportiert ... und es funktioniert ... und wie.
Die Darsteller spucken, kämpfen, sterben, flehen, schreien und heulen, das Popcorn fliegt und der Geräuschemacher an der Seite der Bühne darf bei seiner Arbeit beobachtet werden, denn er ist eine Sensation für sich, wird hier doch auf allen digitalen Kram verzichtet und alle Geräusche von Hand mit dutzenden von Gerätschaften erzeugt.
Das ist die schwere, wahrhafte Kunst der Handarbeit, die einer digitalen Künstlichkeit eine Lebendigkeit gegenüberstellt, die wir alle lieben und der sich Jörg Buttgereit wie kein Zweiter verpflichtet, nicht aus falscher Eitelkeit, sondern aus Liebe (und spätestens JETZT sollte bei jedem von Euch, geneigte Leserschaft, ein Licht angehen, das die Parallelen zu allem aufzeigt was bei Kickin Ass so zelebriert wird und da wir dennoch nicht herablassend sind, hören wir kurz weg, wenn der eine oder andere ein "Aha" abseufzt).
So erfahren wir im anschliessenden Interview eine Menge über Buttis Beweggründe, seine eigentliche Abkehr vom Film, die nur unter ganz gewissen Umständen gelegentlich unterbrochen wird, und hätten gerne noch viel mehr seiner Anekdoten gehört, denn dass er ein lustiger unterhaltsamer Gesprächspartner ist, wissen wir schon lange, doch irgendwann drückte den Herren die Blase, was zum voreiligen Abbruch des Interviews führte; aber eigentlich war nun auch gut, denn es sollte im Foyer des Kinos ja noch die Band The X-Ray Harpoons für den perfekten Abschluss des Abends sorgen, deren 60s-Trash-Punk mit B-Movie-Motiven durchsetzt ist und die daher zur Veranstaltung passen sollte wie die Faust aufs Auge.
Als wir uns also augenreibend ins Foyer zurücktasteten, warteten draussen schon, ob der Verpätung des ganzen Abends, gähnende Musiker und weiteres Publikum, das sich nur zum Musik-Event herbei getrollt hatte.
Sie legten dann doch aber zünftig los und verfügten über eine Riege an hübschen Jungs, die guten, orgelbetonten Trash-Beat boten, der ganz klar auch sauber aufbereitet war, wie sooft aber den üblichen Interpretationen der aktuellen 60s Szene folgten. Wenig Neues, ist wohl auch nicht gewünscht, dafür tanzbar und gut klingend. Auch wenn mir bei den X Ray Harpoons Oscar Wilde einfiel, dem ich an dieser Stelle gerne folge ("Schönheit ist eine Form des Genies. Eigentlich steht sie sogar über dem Genie, da man sie nicht erklären muss."), dürfte mir das gerne etwas zügelloser sein, unberechenbarer, überraschender, in Musik und Darbietung. Sei's drum, alle hatten Spass und ich blieb auch bis zum Ende. War echt n schöner Abend.
(Ralf, 12.5.13)
Für das Filmevent
Für die Band
Do. 02.05.13 Jack Quartett - Köln, Philharmonie (200 Zuschauer) Foto von ihrer Website
Recht leere Ränge an dieser leider einzigen Veranstaltung, die ich im Rahmen des Acht-Brücken-Festivals besucht habe, dessen Zentrum viele Werke des griechischen Komponisten Iannis Xenakis waren. Offensichtlich waren der Veranstaltungen doch etwas zu viel und zu schnell hintereinander, denn in zwei Wochen wurden nicht weniger als 30 Konzerte, viele Workshops und Konservenvorstellungen mit Diskussionsgelegenheiten angeboten.
Ich habe erst 2010 auf einer John Cage-Ausstellung in Berlin das erste Mal von Xenakis gehört. Er verband seine Erfahrungen als Architekt mit der Musik, erfand neue Mittel, um ungeheure Mengen an Klanginformationen (sag ich jetzt mal) in Partituren zu bringen, war dabei fasziniert von der Wahrscheinichkeitsrechnung, den Unberechenbarkeiten höherer mathematischer und geometrischer Konstrukte und als Kontrast der Vielschichtigkeit und des Durcheinanders der Klänge in der Natur und vorallem ihrer Ordnung in der Unordnung.
So entwickelten sich seine klanglichen Werke zwischen der seriellen Komposition eines Stockhausen bis zu der Zufallshaftigkeit eines John Cage in einem ganz und gar abgefahrenen Kontext, der den (bei weitem nicht nur klassischen) Instrumenten und oft auch elektronischen Geräten, die zum Einsatz kommen, immer wieder gänzlich ungewohnte Geräusche abverlangt und dabei ganz besonderen Wert auf die sinnlichen Aspekte legt, welche für Stockhausen und Co. oft nur eine untergeordnete oder gar keine Rolle spielten. So wird man bei Xenakis geschockt und ergriffen zugleich.
Das Jack Quartett aus New York spielte an diesem Abend drei der vier Streichquartette Xenakis', kontrastiert mit einigen Werken aus dem 14. und 15. Jahrhundert, als instrumentale Streichquartette noch unbekannt und daher die Vorreiter, die damalige Avandgarde waren.
Im Einzelnen drehte es sich dabei um Rodericus, Dufay und de Machaut, deren Kompositionen einer anderen Zeit angehören, dennoch ungeheuer komplex verschachtelte Melodien aufweisen und so durchaus die Brücke zu unserem griechischen Weltbürger, der übrigens von 1922 bis 2001 lebte, schlagen können.
Sie spielten Xenakis' Werke ST/4, 1-080262 (1956-62), Tetora (1990) und Ergma (1994) und bewiesen dabei eindrücklich ihre berüchtigt-kraftvoll-sensationelle Dynamik. Ich bin kein Klassik-Kenner und habe dafür wirklich wenig Beurteilungsvermögen. Mein gefühltes Wissen über Musik berichtete mir aber von wilder Dynamik, gewaltiger Leidenschaft, hoher Handwerkskunst und adaptivem Feingefühl. Ein grossartiges Konzert, das mich tatsächlich zwischen Schrecken und Schönheit hin und her gezerrt fand und so manche Person, insbesondere Frauen, im Saal tief in die Sessel sinken liess. Wow!
Sieht man die Kühnheit eines Iannis Xenakis, sieht man, dass Bands wie Can klassische Musikstudierende waren und anfangs sogar Stockhausen-Jünger in der Formation hatten, bevor sie sich davon lösten, um ihre eigenen Visionen zu entwickeln, dann kann man auch erkennen, dass letztlich kein Weg daran vorbei führt, auch diese Stufen zu betreten, um ein umfassendes Verständnis in der Musikhistorie dessen zu bekommen, was ich als Underground bezeichne und dessen Spannung mir immer wieder Lebensimpulse gibt. Daher hoffe ich, der geneigte Leser hat Verständnis für meine Ausflüge in Nicht-Rock-Gefilde. Die Verbindungen sind oft aber deutlicher als man manchmal ahnt.
(Ralf, 12.5.13)
Sa. 27.04.13

Buke And Gase - Köln, King Georg (ca. 100 Zuschauer) Foto von bwuphoto.com
Wir haben noch stundenlang danach diskutiert, wie sie dies und jenes wohl gemacht haben könnten. Kucken konnte man leider nicht richtig, weil das King ab 100 Leute wirklich sehr beengt ist und die Bühne, sodenn man sich nicht nach vorne quetschen mag, wo man dann aber nix mehr zu trinken kriegt, nur seitlich oder sogar von hinten einzusehen ist. Hören konnten wir aber gut und das war sehr abgefahren.
Das gemischt-geschlechtliche Duo aus Brooklyn war früher im Punk bzw. Post-Punk aktiv. Das hört man. Der Junge am Bass spielt doch den üblich angezerrten, druckvollen Punch, wie man ihn von daher kennt, allerdings mit ganz ungewöhnlicher Bespannung. Poah! Dicke und dünne Saiten waren ziemlich durcheinander aufgezogen und vermutlich ganz verwegen gestimmt.
Die Dame an der Gitarre, was wohl eine umgebaute Ukelele ist, durch den Verzerrer, und was weiss der Grundgütige noch gejagt, klang das aber nach allem oder nichts, jedenfalls sehr gut und ungewöhnlich, durch und durch schrullig, verzückt aber wahrscheinlich eher schon mittel verrückt.
Das Ungewöhnlichste aber waren die vertrackten Rhythmen, die die beiden damit fabrizierten und darüber eine Stimme, die Wege ging, die man nicht seinen bösesten Feind entlang schicken würde. Eins der beiden trat immer noch die Basstrommel (das Foto hier hatte ich ja beim Konzert noch nicht). Wir vermuteten der Kerl, doch sein Bein bewegte sich kaum. Hm. Vielleicht getriggert. Auch die Stimme kam oft mehrfach, ganz komisch effektiert und wir vermuteten schon mitlaufende Bänder, weil auch alles immer so voll klang. Ich denke, dass alles viel einfacher war, nämlich schlicht total perfekt und ausgeklügelt, exakt abgestimmte und eingesetzte Effekte und handwerklich aller-oberste Kajüte. Dass dennoch sehr viel Gefühl Raum hatte, entringt mir ein staundendes Wow, denn in unserer Gilde ist das oft die Grenze an die die Musiker stossen. Entweder viel Gefühl und schlurrige Interpretation oder es wird dem genauen Spiel das Gefühl geopfert (wobei mir ersterer immer noch lieber sind, letztlich entscheidet das Erreichen der eigenen Ansprüche).
Ganz ganz grosses Erlebnis also, auch wenn sie uns zunächst nervten, dass man bis Ende des Konzerts nicht rauchen durfte und hey!!!! das waren die letzten Nächte vorm Rauchverbot in NRW!!!!
(Ralf, 15.4.13)

Sa. 12.04.13 Black Sheriff, The Boatsmen (Foto) - Köln, Sonic Ballroom (50 Zuschauer) Foto Bandwebsite
Solider, gut gespielter Hard Rock von den Kölner AC/DC- und Mötorhead-Afficionados. Der Action-Rock- und Punkanteil wird immer geringer bei ähnlichen Bands heutzutage. Letztlich ist das ja aber auch was sie besser können, denn vom harten Rock kommen sie ja her. Was bleibt, ist die rotzige Attitüde und der selbstironische Faktor. Den wissen Black Sheriff derart hochzustilisieren, dass man der Sache fast schon nicht mehr traut. Ich komme vom Punk. Daher geht das klar in die andere Richtung, was es aber nicht schlecht macht. Die Show ist mir aber zwei Spoiler zu overtuned und mir waren das auch 145 von 150 "Fucks" zu viel für einen Abend. Das treibt es ein wenig an die Grenze zur Langeweile. Aufpassen, Kinder!
Davor die schwedischen The Boatsmen, die mir durch den deutlich höheren Punk- und Pop-Anteil auch leichter in Gebein und Gehör gingen und mit ihrem riesenhaften bärtigen Front-Basser, der sicher ein ganz liebes Knuffelchen ist, und trotz des Hafenstadt-Homo-Feelings dennoch nicht mit der schmierigen Kaputtheit Turbonegros zu vergleichen sind. The Boatsmen haben Spass gemacht.
(Ralf, 12.5.13)
Mo. 01.04.13

Action Beat - Leverkusen, Kulturausbesserungswerk (50 Zuschauer)
Aaaaaaaaah! Endlich mal wieder eine Sensation. Etwas, das einem das Leben bereichert. Kaputt wie ein Turnschuh kam ich aus dem Osterurlaub zurück nach Köln, mir selbst nur die Klinke in die Hand reichend, um sogleich mit Carsten nach Leverkusen zu fahren, in ein Jugendzentrum mit dem wunderschönen Namen Kulturausbesserungswerk. Und das war es auch. Zumindest an diesem Abend, denn wir bekamen einen Hauch von den hohen Künsten zu sehen, ganz unerwartet (zumindest für mich), da Action Beat, eine Gruppe quirliger Anfangzwanziger aus England, neben ihrem furiosen 5-Gitarristen-2-Schlagzeuger-1-Bassist-Instrumental-Inferno auch selbst mehr oder weniger und in unterschiedlichsten Ausprägungen das Vorprogramm gestalteten, so dass sie selbst dafür sorgten, dass der Abend in sich geschlossenen war.
Musikalisch haben sie ganz viel am 80er Noise-Rock studiert, nicht ohne Grund brachte eins der Bandmitglieder auf seinem Label eine Glenn Branca LP heraus.
Und mag es auch so anmuten, dass sie ein chaotischer Haufen sind, das alles würde nicht so reibungslos funktionieren, wenn die nicht alle füreinander da wären, Hand in Hand arbeiten würden und aufeinander achten und einander helfen würden. Ausserdem gehört enorm viel Disziplin dazu, das alles auf die Beine zu stellen.
Action Beat sind also ein Komplettkunstwerk und ein Erlebnis auf verschiedenen Ebenen. Live sowieso. Ich möchte dringend anraten, die Tourdaten anzusehen, denn sie sind noch einige Male in erreichbarer Nähe. Carsten und ich schauten uns jedenfalls die ganze Zeit an, freuten uns über alle Backen und wünschten uns alle her, mit denen wir das gerne zusammen erlebt hätten.
(Ralf, 2.4.13)

Sa. 16.03.13 Kvelertak, Truckfighters - Köln, Luxor (gnadenlos zu voll ...)
Was für eine Schande. 150 Leute zu viel, gnadenloses Gequetsche. Keiner kommt mehr vor noch zurück. Und da die zweite angekündigte Band überraschenderweise gar nicht spielt, steht Kvelertak zu einem unerwarteten Moment auf der Bühne. Es gibt kein Durchkommen mehr. Wir stehen hinten, können dafür wenigstens trinken, ein Luxus in dessen Genuss vier Fünftel der Anwesenden an diesem Abend nicht gekommen sind.
Truckfighters aus Schweden haben einen total doofen Namen und ein leuchtend gelbes Logo, das eher an Sportsbar oder der letztmöglichen Inkarnation des Action-Metals gedenken lässt, sind aber besser als erwartet. Klingen zwar ziemlich nach Kyuss und Konsorten, haben aber einen Spitzensound, super Gitarrenarbeit und waren trotz der fehlenden Innovation für mich doch die positive Überraschung des Abends.
Denn von Kvelertak aus Norwegen konnten wir leider kaum was sehen und auch der Sound war zunächst nicht zufriedenstellend. Kverlertak sind wohl der Hype der Stunde. Ihr Black-Metal-Harcore-Punk-Crossover mit vielen Wechseln, ist zwar abwechslungsreich aber auch ziemlich anstrengend und der gebrüllt-gegrunzte Gesang ohnehin nicht mein Ding. Dennoch wussten sie mit originellen Melodieverlagerungen und ungewöhnlichen Breaks zu punkten, so dass ich es wohl ganz ok gefunden hätte, wäre die Situation so gewesen, dass wir ein Konzert gehabt hätten, an dem alle hätten teilhaben können. Sehr ärgerlich.
Daher hier die Auflistung der einzigen beiden Gründe weiterhin ins Luxor zu gehen:
1. Freundliches und arbeitswilliges Personal
2. Der Toilettenmann, der einem das Papier reicht, wenn man sich die Hände gewaschen hat und mit einem "Komm gut nach Hause" in den Trost entlässt, den man so dringend braucht.
(Ralf, 27.3.13)
Fr. 15.03.13

Hacke und Danielle - Köln, Schauspielhaus Expo XXirgenwas (locker mehr als 500 Zuschauer)
Als Teil der li.Cologne, eine mehrwöchige Reihe an literarischen Ereignissen, hab ich schon Wooooooochen vorher die Karten für meinen geliebten Alex Hacke von den Neubauten und seine Freundin Danielle de Picciotto gekauft, um die Lesung zum neu erschienen Buch "We Are Gypsies Now" zu sehen. Darin werden Erlebnisse und Lebensweisheiten erzählt, seit die beiden ihren festen Wohnsitz aufgegeben haben und mit dem Bus durch die Welt tingeln. Tingeln ist da vielleicht nicht der richtige Ausdruck, denn natürlich arbeiten sie viel, schliesslich leben sie ihre Kunst und wollen auch ÜBERleben, was den romantischen Aspekt des Zigeunerlebens dadurch zwangsläufig etwas verdrängt. Doch am Ende kommt doch die erhoffte Klarheit, auch wenn diese, mit dem Wunsch nach einem festen Wohnsitz am "richtigen" Platz, nicht so spektakulär ausfällt wie man erwartet hätte.
Da die beiden ja auch die Band Hitmens Heel sind, was, wie wir lernen, die englische Übersetzung ihrer beider Namen ist (auch sehr sehr aufregend, gell), liest Danielle immer einen kurzen Part, wozu Hacke etwas Klangkollagen vom Laptop laufen lässt, dann spielen sie ein Hitmens Heel-Lied, was ich eher schade finde, denn Hitmens Heel Musik gefällt mir, bei aller Sympathie, die ich für diese beiden lieben Menschen aufbringe, nicht besonders, eigentlich fast gar nicht.
Kurz ist es auch noch. Ich renne trotzdem hinterher zum Gegenzeichnen meiner Bücher und sage Danielle, dass ich es sehr schön fand. Also gelogen war das nicht. Gegen Ende kam wirklich schöne Intensität auf und dann konnte ich endlich auch das Drumherum ausblenden von dem ich sogleich berichten möchte.
Das Ganze findet nämlich in einem Saal des Schauspielhauses ExpoXXI statt. Gut für mich, denn ich kann fast zu Fuss hingehen. Das frühe Kartenkaufen hat mir einen Platz am Gang, dem Wunsch folgend, mein langes Gebein auszufahren, beschert, leider neben einigen Wollpulli tragenden Hippies, die laut redeten und Zappelphilipp in den Schatten stellten ... dann aber glücklicherweise mitten in der Veranstaltung aufstanden, "um mal kurz Zigaretten holen" zu gehen. Ich bin ihnen dafür sehr verbunden und sofort wieder in milder Stimmung.
Der löbliche Gedanke der Veranstalter, die lit-Cologne barrierefrei zu machen, störte aber a) das Bühnenbild und b) lenkte vom Eigentlichen ab. Da waren die Gebärdensprecherinnen noch erträglich, da sie am Bühnenrand nicht so sehr auffielen. Doch die riesige Leinwand für die Schrift der beiden Damen, die alles Geschehene in Echtzeit niederschrieben und Konzentrationsschutzhelmen trugen, die in meinem schwachen Augenlicht aussahen wie Gasmasken, delokalisierte das Bühnenarrangement und nahm der Kunst daher Wirkung, denn Danielle musste damit den Platz für ihre Leinwand mit Animationen ihrer süssen Zeichnungen teilen.
Ausserdem musste man mitleiden, wie die Damen sich mühten, das Geschehen in Worte zu fassen und, bei dem Versuch, das Wort Synthesizer zu schreiben, in Flammen untergingen.
Gut gemeint, verbesserungswürdig.
Wie immer, möchte ich jedem, der mir zuhört, diese Menschen ans Herz legen. Daher geht auf ihre Website, schaut euch den süssen Mist an, den die da machen, kauft euch das Buch, das komplett handgeschrieben und -gemalt ist, und kauft euch alles, was die EN produzieren, auch alle Musterhäuser, Kaffeetassen und Festplatten, so wie ich das tue (ausser Festplatten). EN und ihr gesamtes Umfeld ist nachwievor die höchst-entwickelte Underground-Kultur aus Deutschland. Einstürzende Neubauten, das ist was, so im gesamten Kosmos, das ich immer gerne umarmen und dabe in Tränen ausbreche möchte. Offensichtlich werde ich alt. Endlich! Welche Erleichterung.
(Ralf, 27.3.13)

Sa. 08.03.13 Curlee Wurlee, The Trash Templars - Köln, Sonic Ballroom (120 Zuschauer)
Trash Templars sind eine Truppe mitteljunger 60s-Verrückter, die mit Ritterkostümen und Blecheimern auf dem Schädel, wie Monty Python goes Augsburger Puppenkiste, nicht ungewöhnlichen Neo-60s-Trash prügeln, gerne dabei auch mal die Rolle verlieren, wenn es die Leidenschaft und der Überwitz erfordern. Deutlich zu viel Covers, aber sonst sehr unterhaltsam.
Curlee Wurlee waren die reifere, besser klingende Version davon, mit eigenen Songs und weniger verspieltem, dennoch um keinen Deut weniger verschmitztem Humor. Mit der französischen Sängerin und der Orgel, dem Background der Musiker, der deutlich mehr Facetten miteinbezieht, gelingt ihnen ein sehr buntes Bild, so dass einem niemals langweilig wird. Ich war absolut positiv überrascht. Das war wirklich mit die beste 60s-orientierte Band, die ich seit Jaaaahren gesehen habe. Danke.
Und wenn sie schmollend sagt: "Isch bin wirklisch bösse auf die Band, die mir ihre Orgel gegebben hat ... und die Medschen fisten.", dann kommt das so charmant und schuldig, dass man raus in die Nacht geht, sich vorstellt, der Frühling sei gekommen und man in die Sterne schaut, das Unendliche ahnend.
(Ralf, 11.3.13)
Di. 03.03.13

Saint Vitus, Mos Generator - Köln, Luxor (300 Zuschauer)
Ich weiss nicht, wann ich St. Vitus das letzte mal gesehen habe. Müsste Ende 80er, Anfang 90er gewesen sein. Damals fand ich das grossartig und musste nach zweieinhalb Stunden aufgeben. Damals spielte eine Band namens Lüde und die Astros als Vorband, die zwar so Motorradrock machten, aber dennoch im Indie-Lager und in der Spex gut angesehen waren. Damals waren da nur Typen wie ich auf dem Konzert.
Heute ist ein St. Vitus Konzert Bang Your Head in klein. Gepatchte Jacken, Matten und geballte Heavy-Langweiligkeit.
Auch das Konzert eher ... puuh. Nee, das packt mich nimmer. Auch Mos Generator waren gut, solide, langweilig, uninspirierend. Ein Sitzplatz-an-der-Bar-Abend.
OK, das Foto ist unscharf. Aber man erkennt die Nasen, oder?
(Ralf, 27.3.13)

Di. 26.02.13

Whiskey Daredevils, Black Cargo - Köln, Sonic Ballroom (40 Zuschauer) Foto von der Website der Band, wurde zwar nicht in Köln, aber auf eben jener Tour aufgenommen
Über Black Cargo möchte ich an dieser Stelle keine Worte verlieren. Ich bin ein milder Mensch geworden und müsste meine eigene Entwicklung beleidigen.
Whiskey Daredevils hätten hier abgeräumt, dass Köln in ein schwarzes Loch gezogen worden wäre, wenn es ein Wochenende und nicht ein Dienstag gewesen wäre. Das wäre genau das richtige für die tanzwütigen Gesellen um den Dom gewesen, doch leider war es recht leer, was der Show der amerikanischen Cowboy-Punks allerdings keinen Abbruch tat. Sie sind etwas in die Jahre gekommen, doch die Qualität litt darunter nicht. Es war alles da wo es hingehörte: Komposition, Auftreten, musikalisches Können, Sound und nicht zuletzt die sehr gekonnte Dramaturgie der Show. Sauber!
(Ralf, 27.3.13)

Sa. 16.02.13

Fidlar, Shields - Köln, Gebäude 9 (800 Zuschauer)
Voll bis zum Anschlag, ein junges, cool sein wollendes, durchaus über dem Schnitt rücksichtslos-aggressiv agierendes Publikum. Daher eine kalte, wenig ansprechende Atmosphäre, viel Rumgeschubse und darüber hinaus Bands, die nur mässig interessant waren.
Die erste hab ich leider verpasst, die Shields aus Newcastle hatten einen sehr klaren Sound trotz dreier Gitarren. Meist zupften sie im oberen Harmoniebereich, was ganz gut passte und gefiel, aber im Gesamten so harmlos war wie ein Sonntagnachmittagsausflug der IT-Abteilung. So in etwas sahen die Typen auch aus. Gepflegt und pollunderbewehrt. Der durchweg mehrstimmige Gesang gab dem dann noch den betont unpersönlichen Touch. Gute Band, nix aber für mich.
Daher viel Hoffnung auf Fidlar, amerikanischer Punk, der sich aber nach fünf Minuten bereits selbst ausgelacht hatte. Ausser "Cheap beer and dirty drugs" haben die vier Kalifornier nichts zu sagen. Das möchte wild sein, ist aber nicht mehr als etwas ausser Kontrolle geratene Green Day. Schwach. Dazu ein Basser, der den ganzen Sound kaputt machte und wie ein Cartoon-Charakter in den Pausen der Songs "Danke" ins Mikro sagte. Dass sowas im Ausland herablassend wirkt, müsste man dem Deppen mal sagen. Ich fürchte nur, er wird es nicht verstehen. OK, mein Problem. Ein Vorurteil gegenüber dem durchschnittlichen amerikanischen Redneck.
(Ralf, 27.3.13)

Fr. 15.02.13

Julie Doiron - Köln, King Georg (120 Zuschauer)
Wunderhübsche kleine Trash-Balladen von der sympathischen Sängerin und Gitarristin aus Kanada. Super Gitarrensound und auch ihr Mitstreiter, der so drei Viertel der Songs mitspielte, wusste Gutes beizutragen. Nett, im positiven Sinne gemeint.
Wahnsinn, dass die Dame schon seit 17 Jahren oder so eine Platte nach der anderen raushaut und ständig auf Tour ist. Ich hatte von ihr noch nie gehört ...
(Ralf, 27.3.13)

Sa. 02.02.13 The Soft Pack - Köln, Underground (50 Zuschauer)
College-Pop-Rock mit leichten Punk-, 60s- und Indie-Einflüssen, wie man ihn sich verhaltener nicht vorstellen kann. Sie hatten schon einige gute Songs, aber die Jungs standen einfach soooo unanschaubar auf der Bühne. Ich meine, man muss nicht hübsch sein, um wirken zu können. Aber blöd ist, wenn das Ganze einfach besser wird, wenn man die Augen zu macht, um die Band nicht sehen zu müssen. The Soft Pack sind Nerds und aus San Diego. Warum die hier touren und sich mit 16 Euro für 45 Minuten Show nach den Donnas (25 Euro für 30 Minuten) den zweitschlechtesten Preis-Quantitäts-Quotienten ergaunerten, das darf man, angesichts tausender besserer Bands aus Europa durchaus fragen, finde ich. Zumal die auch nur eine ganz bescheidene Folgschaft hier angezogen haben. Wir fühlten uns völlig unbefriedigt. Nur gut, dass um die Ecke noch mal ein Konzert war.
Fazit: Die zahmste Band seit den Dire Straits.
(Ralf, 3.2.13)
Sa. 02.02.13 King Automatic - Köln, Sonic Ballroom (100 Zuschauer)
Hier war schon etwas mehr los als beim Soft Pack. King Automatic ist ein Franzose, der als One-Man-Show mit Schlagzeug, Orgel und Gitarre das Klangbild einer vollen Band zustande bringt, indem er ein Instrument nach dem anderen anspielt und im Loop weiterlaufen lässt. Das kriegt er auch ziemlich gut hin, insbesondere die Rhythmik läuft sauber durch, obwohl er Bass- und Snaredrum ständig direkt mitspielt. Schon gekonnt, auch wenn ich mir nicht ganz erklären konnte, wie er das mit den Wechseln und den Breaks macht.
Egal. Es war dann zuerst mal wesentlich unterhaltsamer als die Amis nebenan, doch auch der King wurde dann recht schnell fad, weil jeder Song gleich funktioniert und die Bandbreite zwischen 60s-Trash und den üblichen Ingredienzen aus Soul, Boogaloo, Exotic, dann doch nicht sooo anders ist, als man das so auch schon kennt.
Trotzdem fand ich's ziemlich gut. Den Leuten gefiel es auch super, auch, dass er kein Ende fand. Nur werde ich mit diesem Argument schwer durchkommen, wenn ich nur 5 Minuten vorher bei den Soft Pack das Gegenteil bemängelte. Mann, immer fallen einen die eigenen Sprüche wieder von hinten an.
(Ralf, 3.2.13)
Sa. 26.01.13 The KVB, The Great Sioux Massacre - Köln, Blue Shell (150 Zuschauer)
The KVB ist eine NewWave-Band der jüngsten Generation aus London. Im Prinzip eine One-Man-Band, dessen Name Klaus Von Barrel ist. Er schmeisst dazu für jeden Song seinen Looper an, auf dem er E-Drums und ein ganzes Keyboards-Orchester schon aufgenommen hat. Dazu lässt er seine Gitarre etwas fiepen, ganz voll mit Chorus, Phaser und was man da so alles dranhängen kann, damit man kaum was spielen muss und es doch die ganze Atmosphäre voll fispelt. Und darüber greint er ein wenig ins Mikro. Melodien kann man das kaum nennen, aber es ist schon ok, wenn auch wenig nachhaltig, denn der catchy Refrain oder irgendwas, was da hängenbleibt, gibt es kaum.
Aussehen tut er allerdings recht gut, so ein typisch britisches Indie-Kerlchen eben, allerdings die coolere Sorte, nicht die Nerds mit den Strickjäckchen. Er hatte ne Lederjacke und wuschelige Haare, die ihm ins Gesicht hingen.
Und um das Aussehen noch weiter zu verbessern, nahm er sich dann noch ein Mädchen mit in die Band. Sie nennt sich Kat Day, sieht aus wie mitten in der Pubertät, da wo die jungen Dinger wachsen und alles noch etwas ungleichmässig spriesst, was dazu führt, dass man sich eine zeitlang etwas ungelenk bewegt und nicht ganz wohlfühlt, in dem Körper, der sich da grade so selbstständig macht. Aber ja, sie ist hübsch und sie drückt konzentriert ein paar Tasten auf einem kleinen Synthie, was sich manchmal etwas wie die Theremins der 60s Trash Movies anhört, als eigentlich ganz gut ist.
Rhythmisch sind die Songs denn auch recht abwechslungsreich, die Synthie-Melodien sind toll, insgesamt aber doch etwas dürftig. ich frage mich, wie die sich in London aus der Masse abheben.
Davor The Great Sioux Massacre waren eine Psychedelic Indie-Rock-Band aus Köln, die ziemlich tolle Songs haben, leider aber noch etwas schüchtern auftreten, fast als wären sie erschrocken, ob ihres eigenen Schaffens. Der Sänger trägt die Optik, der Drummer hält den Laden zusammen, die beiden Gitarristen bzw. Bassisten, legen das musikalische Fundament, das zwischen 70er Sound und Alternative-Rock genau die Mitte markiert. Hat mir ziemlich gut gefallen.
(Ralf, 3.2.13)
Fr. 25.01.13 Tom Ashcroft und Klirrlicht - Köln, King Georg (50 Zuschauer)
Ashcroft ist ein Singer/Songwriter, klassisch mit Akkustikgitarre, englischsprachig, mit coolen Texten und einem Hang zu griffigen, fast pophistorischen Melodien. Tom paarte sich an diesem Abend in der ungewöhnlichen Konstellation mit dem experimentellen Duo Klirrlicht, das mit Geige und Tasteninstrumenten sehr minimale, leise und bis zur Beklemmung atmosphärisch dichte Klangwelten webt, wie man das so schön sagt, hehe.
Die Symbiose war sehr inspirierend. Ich finde das toll, wenn Künstler willens sind, Grenzen zu überschreiten. Das Experiment kann als absolut gelungen bezeichnet werden. Sie streuten sich, liessen sich aus und sprangen sich dann gegenseitig in den Lauf. Aber alles passte wunderbar. Mehr davon.
(Ralf, 3.2.13)
Di. 15.01.13

The Vibrators, Komplikations - Köln, Sonic Ballroom (100 Zuschauer)
Hach, war das schön. Die Vibrators gehören nicht gerade zu den besten der 70er Szene Englands, hatten aber ein paar gesunde Hits, die auch heute noch gut sind. Ich meine, mich erinnern zu können, sie mal in den 80ern in London gesehen zu haben, weiss es aber nicht mehr ganz sicher.
Einziges verbliebenes Gründungsmitglied ist Drummer Eddie, der auch den Laden mit Ansagen und Publikumsanfeuerung schmeisst. Die anderen Bandmitglieder sind auch schon länger dabei und teilen sich seit letztem Jahr den Gesang, als nämlich Sänger Knox die Rente einreichte. Insgesamt stehen die saugut da. Die Gesichter sind zwar gekerbt, aber die Klamotten sind wie früher und die dünnen Körper tänzeln sehr jugendlich ohne, dass es gezwungen wirkt. Sie haben viele alte und auch viele neue Songs gespielt und ... die neuen waren besser. Es tut sich was im Lande Vibrators, dem man durchaus Beachtung schenken kann.
Auch die Komplikations, eine deutsch-belgische Kollaboration wusste zu gefallen. Party ist hier nicht das Motto, sondern eher die Betonliebe der ganz früher 80er Bands. Zwei Synthies, alles, was andere in Sequencer programmieren würden, spielte der von Hand, ein echtes Drumset und ein Sänger mit offenen Hosenladen, der seine Depression so richtig schön klassisch an die Decke des Ballrooms wütete. Alles war da wo es hingehörte.
Da ich jüngst dem Ehrgeiz folge, Worte zu bauen und nicht Vergleiche, gilt es dem jetzt die schwierige Tat folgen zu lassen, sonst wäre der Artikel längst auf dem Tisch des Chefredakteurs.
Die verzerrten, tiefen Synth-Töne haben die Boxen des Ballrooms geschrottet, das ist mal sicher. Die Rhythmen wirkten ebenso getrieben wie das astreine Feeling des frühen, wütenden Synthie-Punks, nicht das weichgespülte Wave-Zeugs und nicht die stumpf-militärische EBM-Schiene. Das hier referenziert sich historisch früher und viel näher am Punk, auch wenn keine Gitarre dabei war. Und ich fragte mich ständig, ob der Name der Band etwas mit dem Song der Monks zu tun haben könnte, denn das Wirre und das Irre dieser Band, liess mich ständig daran denken. Sehr sehr cool. Das beste nichtklassische Konzert, das ich bisher in Köln gesehen habe. Und ich habe über viele gar nichts geschrieben.
(Ralf, 3.2.13)

Sa. 05.01.13 Fee Reega mit Phantomschmerz Pablo - Hamburg, Knust
„Der hässliche Man wird eines Tages auf dieser Bank sterben“
Erstes Lied, ein Lied über Hamburg, ein Lied über das Scheitern und Sterben, soziale Kritik, tiefe Traurigkeit und dennoch unbeschreiblich schön.
Gänsehaut, sowas gibt’s selten.
Weiter ging´s mit einem Portfolio ihrer Songs mal etwas ältere, mal aktuelle, eins auf spanisch, eins auf englisch, den Rest auf deutsch. Eine gute Mischung, ein gutes Set, begleitet von Pablo´s elektrischer Gitarre, fanden die Beiden an diesem Abend die Synthese zwischen laut und leise, hart und weich, immer präsent Fee´s Stimme pendelnd zwischen Fragilität und ungemeiner Stärke, wie Glas, klar, zerbrechlich und scharf. Würde ich jetzt nach Referenzen gefragt werden ,sage ich Nico, das trifft wohl am ehesten, aber darüber kann sich dann mal das Spex den Kopf zerbrechen.
Fee zumindest lud ihr Publikum auf eine Reise ein und alle die mit ihr gingen nahm sie bei der Hand und führte sie durch ihre Welt, gesehen durch ihre Augen, wenn man nur wollte.
Sehr persönlich, sehr nahe, echt.
Plastik und Norm existieren in diesem Universum nicht, glatte Oberflächen sind vergeblich gesucht. Fee bewegt sich abseits des zur Perfektion verkommenen heutigem Musikverständnis.
Sie lässt die Grenze der Herkömmlichkeit hinter sich und spielt dort wo die Schönheit tobt und die Kunst lebt.
Ich freue mich auf´s nächste mal, dann vielleicht in einem kleineren Laden, aber ich will jetzt hier auf die letzten Worte nicht noch anfangen zu stänkern.
Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass noch zwei weitere Bands an diesem Abend mit dabei waren, zu einen „Halma“ vorne weg, die waren gut und „Golden Kanine“ am Ende, hab ich nicht mehr verfolgen können. Verzeiht´s mir dass ich nicht´s drüber schreibe, aber die waren bestimmt auch super klasse.
(Lutz, 11.1.13)

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Teufel