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Konzertbesprechungen 2009 |
1999 - 2000
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- 2016 - 2017
- 2018 - Aktuell
Alarmstufe Gerd (23.10.09
Balingen) - Anfack (25.7.09 Balingen)
- Bang Your Head (26./27.6.09 Balingen)
- Black Lips (20.8.09 Stuttgart) - Boozed
(Balingen, 4.12.09) - Civil Victim (10.10.09
Balingen) - Clap Your Hands Twice (11.4.09
Balingen, 31.7.09 Albstadt,
9.9.09 Balingen) - Contienda Libertad (25.7.09
Balingen) - Crekko (24.10.09 Balingen)
- Disco Vietnam (10.10.09 Balingen)
- The Drones (3.11.09 London, 2.11.09
Brighton, 26.4.09 Fremantle) - Finisterre
(25.7.09 Balingen) - The Frayed End (24.10.09
Balingen) - The Gories (16.7.09 München)
- HTRK (3.11.09 London) - Jennifer Rostock
(31.7.09 Albstadt) - Karma To Burn
(26.11.09 Balingen) - Kotpilot (25.7.09
Balingen) - Liberty Madness (23.10.09
Balingen) - Los Franco Neros (24.7.09 Tübingen)
- Lost Rivers (25.7.09 Balingen) - Mantikor
(12.6.09 Balingen) - The Masonics And
Miss Ludella Black (2.10.09 Stuttgart)
- The Misbegotten (2.11.09 Brigthon) - The
Movements (24.7.09 Tübingen) - Navigator
(16.5.09 Balingen) - No Code (19.9.09
Balingen) - The Oblivians (16.7.09 München)
- Pinstripe Seasons (Balingen, 4.12.09) -
The Pleasure Days (12.6.09 Balingen,
31.7.09 Albstadt) - Pub La Bomba
(16.5.09 Balingen) - Salter Cane (2.11.09
Brigthon) - Scheisse Minelli (10.10.09
Balingen) - Smalltown Rockets (15.8.09
Balingen) - Tieflader (24.10.09 Balingen)
- TV Smith (14.11.09 Balingen, 11.4.09
Balingen) - Vic De Montes Persona Non Grata (19.9.09
Balingen)
Sa. 04.12.09 |
Boozed,
Pinstripe
Seasons - Balingen,
Sonnenkeller: (ca. 30 Zuschauer) Pinstripe
Seasons haben eigentlich fast alles was man braucht: Sie
machen gefälligen aber auch leicht angerauhten Brit-Indie-Rock,
haben ansperchende Kompositionen, einen hervorragenden Sänger,
einen hervorragenden Drummer, der heuer übrigens, durch die neue
Dreifaltigkeit der Band (der Basser musste zum Studieren und der zweite
Gitarrist übernahm daher den Viersaiter) sehr gut zu sehen ist
und ich kann nur sagen, dass es wirklich Spass macht ihm zuzuschauen,
sie sehen gut aus, sie haben also alles, um noch mal auf den Anfang
des Satzes zurückzukommen; daher müssten sie eigentlich
was aus sich machen können. Mehr möchte ich gar nicht sagen.
Mir hat der Auftritt gut gefallen, auch wenn ich finde, dass zwei
Gitarren doch noch etwas wilder waren. Wilder heisst in meinen Augen
= besser. Boozed aus Osnabrück ist so ne
typische Action-Rock Band a la Schweden. Sie spielen den ultimativen
Mix aus Hellacopters, Backyard Babies, Gluecifer und Hives. Machen
das zwar sehr lebendig und gut, sehen auch gut aus und und und, doch
bei allem, das sich noch halbwegs im Rahmen dessen bewegt, was mir
gefällt oder zumindest mal gefallen hat, ist das für mich
heute stilistisch so ziemlich das Langweiligste, was man überhaupt
machen kann. Da gibts kein Wenn und kein Aber. Zumindest machten sie
einen recht sympathischen Eindruck, auch angesichts der leider etwas
lichten Reihen in einer schwierigen Zeit für Livekonzerte. Das
Beste waren aber die Ohren des Drummers. Die sahen aus wie die Salatohren
von Alfred E. Neumann. Neinnein, soll keine Beleidigung sein. Ich
fand das toll und musste ihm immer auf die Ohren gucken. Das ist ja
hoffentlich nicht unschicklich, wenn ein Mann einem anderen Mann immer
auf die Ohren kucken muss. (Ralf, 19.12.09)
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Do. 26.11.09 |
Karma
To Burn, Navigator
- Balingen,
Sonnenkeller (ca. 50 Zuschauer) Foto
von Christian Ziegler
Mit Karma to Burn muss die Historie der meistprofilierten
Bands die je im Sonnenkeller auftraten gerade wieder umgeschrieben
werden. Die Band aus Hickville, West Virginia (richtig?) die bereits
Ende der 90er für ganz grosse Furore im Stoner-Metier gesorgt
hatte, tat sich nach 6 oder 7 Jahre langer Aufgelöstheit im Februar
09 mit neuem Schlagzeuger wieder zusammen und da standen sie plötzlich
im Sonnenkeller und füllten den Raum mit ihrem betörend-hypnotischen
Instrumental-Sound.
Nur ganz zu Anfang in ihrer Karriere liessen sie sich von ihrer Plattenfirma
kurz überreden, einen Sänger einzusetzen, doch als dies
kein bisschen mehr zum Erfolg beitrug zogen sie sofort die Konsequenz
und blieben bei ihrem Konzept, das sich seitdem als künstlerische
Besonderheit absolut bewährt hat. Und ich bleibe bei meinem Urteil:
Noch niemals hat eine Plattenfirma oder sonst jemand, der von aussen
einzuwirken versuchte, es geschafft, eine Band zu verbessern. Zumal
wenn die künstlerischen Ideen vom Standard abweichen.
Die Tatsache, dass Karma To Burn eine reine Instrumentalband sind,
macht den Grossteil ihres Reizes aus. als wir die Band 1997 zum erstenmal
sahen musste für zwei oder drei Songs noch der Sänger ran.
Wir empfanden das aber ebenfalls insgesamt als störend. Die Band
ist auch ohne Sänger überhaupt nicht langweilig obwohl sie
stilistisch nicht variieren. Die Kompositionen sind aber durchsetzt
mit ungewöhnlichen Einfällen, die in der Ruhe und Schwerheit
des Sounds für die Abwechslung und die besonderen, wiedergebbaren
Akzente sorgen. Ein markanter KarmaToBurn-Song kann Dir ebensolange
nicht aus dem Kopf gehen wie eine Hitmelodie mit einfachem Text.
Zudem bringt die Band, trotzdem sie nur aus drei T-Shirt-und-Jeans-Typen
aus dem Niemandsland der USA besteht, ein interessantes Charisma auf
die Bühne. Der Bassist Rich Mullins ist mein absoluter Eye-Catcher.
Sein unschlagbarer Grätschstand hat uns schon vor 12 Jahren umgehauen.
Im Sonnenkeller führte das dazu, dass er auf Augenhöhe zum
Publikum stand und sie aufmerksam studierte und lächelte, wenn
er merkte, dass denen gefiel was sie hörten. Der neue Drummer
ist eine Augenweide an sich. Mit seinem Wuschelkopf, dem nackten Oberkörper
und einer Beckenaufstellung, die ihn dazu zwang, sich mit Bewegungen
zwischen Panther und Schlange über sein Set zu räkeln, trug
er wesentlich zum Gesamterscheinungsbild der Karmas bei. Lediglich
Gitarrist Will Mecum wirkt optisch etwas blass, dafür repräsentiert
er die Bescheidenheit der Band, so dass sich dadurch alles zum letztendlich
runden Gesamten fügt.
Leider war das Konzert nicht sooo gut besucht. Immerhin waren aber
etwa doppelt soviele Leute da, wie 1997 in der Röhre. Und dort
war die gähnende Leere hinter den paar Leuten, die vor der Bühne
klebten noch grösser als im Sonnenkeller. Doch wie auch vor 12
Jahren, war die komplette Zuschauerschaft in wallender Hypnose versunken
und klemmte sich auf die ersten paar Quadratmeter, ganz nah bei der
Band, ganz nah beim Sound. Hinter ihnen hättest Du locker Eisstockschiessen
spielen können. Das hätte niemand gemerkt und es hätte
niemanden gestört, denn alle waren derart versunken und keiner
wagte sich einen Schritt weg, in der Angst etwas Geniales zu verpassen.
Karma To Burn aber fuhren anschliessend weiter, um andere Zöglinge
Europas zu verspulen. Bis Mitte Dezember sind sie noch kreuz und quer
über dem Kontinent um dann die letzten 10 Tage oder so durch
England zu touren. Selbst wenn sie im grossen Schatten ihrer Genrekollegen
wie Homme und Co. ein eher unscheinbares Dasein fristen, sind sie
nicht weniger gut und haben einen ausgezeichneten Ruf überall
in Europa und USA. In Balingen kannten sie leider nur Lars Pfefferle
vom Dynamo und ich von meinen Kumpels aus Messtetten und Albstadt.
Und so fanden sich fast ausschliesslich Menschen aus den höher
gelegenen Ebenen der Alb ein, ... halt, die zwei Tübinger dürfen
wir natürlich nicht vergessen.
Auf Navigator hatte ich's leider nicht geschafft,
weil wir selbst noch Probe hatten. Schade.
(Ralf, 28.11.09)
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Sa. 14.11.09 |
TV
Smith, No
Code - Balingen,
Sonnenkeller (ca. 70 Zuschauer) Foto
von Janet
Su
Es ist ja nicht so, dass ich noch nie eine Lanze für Tim Smith,
den guten alten Adverts-Recken gebrochen hätte, doch nachdem
er jetzt zum dritten Mal in anderthalb Jahren im Sonnenkeller spielen
sollte und wir ihn schon diverse weitere Male gesehen haben, sah
ich diesem Abend schon mit leicht gelangweilter Lustlosigkeit entgegen.
Doch dann kam alles anders. Dass der Mann es schaffte, mich dennoch
wieder völlig in den Bann zu ziehen, liess mich seine Qualitäten
nun doch in einem nochmal anderen Licht erkennen.
Was also fand ich als das ganz Besondere dieses Herren heraus?
- Seine bedingungslose Authentizität und Hingabe. Der Mann
komponiert, textet und singt auch nach mehr als 30 Jahren derart
leidenschaftlich, dass das natürlich nur absolut echt sein
kann. Und so scheint er sich in über 30 Jahren kaum verändert
zu haben, denn immer noch kann er "No Time To Be 21"
erklären und überzeugend vorspielen. Und doch hat sich
etwas geändert. Nämlich seine positive Grundeinstellung.
Ist er einerseits ein verärgerter Punk und prangert die Zustände
der Gesellschaft an, so hat er sich über sein Leben in deren
Mitte aber auch soweit davon gelöst, dass er, mit seinem
Köfferchen und der Gitarre ausgestattet, ohne festen Wohnsitz
und immer on the road, ein Leben ohne die Anhaftung an "unwichtigen
Dingen" lebt und dadurch quasi wie ein Mönch die Glückseligkeit
der Einfachheit geniesst. Dies scheint ihn dazu zu befähigen,
uns mit einem "und denkt daran: Seid immer positiv, dann
wird schon alles gut" in die Nacht zu entlassen.
Und am Ende baut er auch seinen Plattenladen selbst auf der Bühne
auf und auch das ist selbstverständlich Teil seiner Authentizität.
Ob der in der schwäbischen Provinz vor 10 Leuten auf der
Bühne steht, wie wir das schon erlebt haben oder ob er auf
hippen Festivals, auf riesigen Bühnen steht und die Massen
sich nicht in die Zelte geschoben bekommen, er ist immer er selbst,
er ist immer gleich. Er hat einfach den Punkt in sich gefunden,
auf den er sich verlassen kann und erliegt keinerlei Verlockungen.
Im Gegenteil. Ihm ist das Kleine, Intime lieber. Anti-Estblishment
pur.
- Seine musikalische Qualität. Die Songs scheinen einfach,
Punk eben. Doch sie haben immer die richtige Hookline, den richtigen
Drive. Über seine rhythmische Spielweise hört man quasi
das Schlagzeug mit und bekommt so das Gefühl, dass hier eine
ganze Band steht. Ich glaube, dass TV beim Spielen seine ganze
Band hört und man denkt einfach, man hört sie auch.
Seine Wut aufs Establishment, seine Sorgen um die Menschheit,
die Natur und alles was eben nicht stimmt in dieser Gesellschaft
drückt er so treffend und mit traumwandlerischem Wortwitz
aus, findet immer die passende Schlagzeile, was ja im Songtexten
noch um so viel wichtiger ist als in der nicht gesungenen Poesie.
Ich sehe in ihm den Dylan des Punk. Zu keinem Zeitpunkt, auch
nicht in seinen frühen 20ern fehlte es TV an Tiefe. Wenn
er eins nicht ist und zwar zu keinem Moment, dann ist das oberflächlich.
TV spielt immer ziemlich lange. Das hält nicht jeder durch.
Und wenn auch mir nicht jedes Lied gefällt und obwohl alles
eigentlich sehr gleich wirkt, Langeweile kommt nicht wirklich auf.
Und was die Person und seine Ansichten, die Wahrheiten, die er in
den Texten vermittelt, betrifft, fällt mir deutlich der ungeheuer
wichtige Gegensatz auf, den er bspw. zu Bands wie Jennifer Rostock
darstellt. Über jene hab ich meiner Hoffnung Luft verschafft,
dass sie keine kleinen Bands als Vorbild nehmen. TV Smith ist das
direkte Gegenteil von ähnlichen ambitionierten Dämlack-Bands
und den, den möchte ich als Vorbild für jeden Menschen
und jede Band allerherzlichst empfehlen!
NoCode hat ein ebenso reines Herz und passt schon
daher ganz gut zu TV, auch wenn man musikalisch sonst nicht nah
beieinander liegt. Die Haltung mag aber dieselbe sein und ausserdem,
dass sie zu diesem Konzert ihr Set in akkustisch vortrugen. Ansonsten
hat sich seit dem letzten
Konzert im September nichts geändert, weswegen auch meine
Kritik dieses Konzerts herangezogen werden kann.
(Ralf, 15.11.09)
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Di. 03.11.09 |
The
Drones, HTRK
– London,
Cargo (ca. 500 Zuschauer)
HTRK sprich Haterock ist ein australisches Trio,
das in London wohnt und eine Art düsteren New Wave spielt.
Drums kommen vom Computer und klingen sehr nach 80er Disco, also
erstmal ziemlich unangenehm. Darüber schwebt eine von Effekten
gesteuerte Gitarre, ein wenig wie die sphärischeren Sachen
von Robert Smith nur noch 100mal extremer. Das ist ein einziges
symphonisches Geäthere, da kann auch noch ne Menge Keyboard
vom Band oder sonstwas drin sein. Keine Ahnung.
Insgesamt klingt es aber dennoch sehr einnehmend, sehr düster,
sehr 80er-wavig und durch die Sängerin, die völlig unnahbar,
völlig bewegungslos dasteht, bekommt das eine beklemmende unwirkliche
Atmosphäre. Dazu kommt, dass sie den Rhythmus oft mit Schlägen
auf eine Stand-Tom begleitet, die sie neben sich stehen hat. Dazu
holt sie voll aus und haut das Ding jedesmal fast zusammen. Wir
sassen noch kurz beim Essen im Nebenraum, als die Band anfing und
alles was Du hörtest, waren diese atavistischen Schläge.
Das war echt klasse.
Insgesamt hat die Band eigentlich kaum Harmonien. Das schwebt alles
so vor sich hin und auch der Gesang folgt keiner gefälligen
Melodie. Hat was Avangardistisches. Der Gitarrist ist Asiate und
trägt Norwegerpullis. Das sah schon abgefahren aus. Dazu machte
er ständig ein finster-trauriges Gesicht. Fast wie eine Comicfigur.
Blöd war, dass er sich nach jedem Song leistete, minutenlang
an seinem Effektgeräte-Raumschiff rumzuschrauben, den Drumcomputer
oder das Band zu starten und zu stoppen oder was auch immer. Gut
daran war, dass die Sängerin diese ganze lange Zeit immer bewegungslos
und sprachlos dastand. Naja, manchmal drehte sie sich zu ihrem Wasser
um. Hätte mir besser gefallen, wenn sie auch das nicht getan
hätte.
Was unterm Strich vielleicht noch interessant ist, sie ist die Freundin
oder Frau vom Devastations-Sänger, der natürlich auch
im Publikum rumhing, auch schon beim Drones-Gig am Abend zuvor in
Brighton.
Während bei HTRK noch genügend Platz zum Rumlaufen im
Saal war, war das dann bei den Drones gegessen.
Ich holte mir noch kurz ein Bier und fand mich dann schon in der
fünften oder so Reihe wieder. Die Leute waren echt begierig,
die Drones zu sehen, das merkte man sehr deutlich. Beim letztenmal
als wir sie in London sahen, war das noch ganz anders. Ich fühle
mich ja nicht so wohl, wenn mir die Leute auf den Schuhen stehen,
doch als die Band anfing ging das erstmal wieder weg. Sie waren
wieder gut, fingen gleich mal mit einem anderen Song an als am Tag
zuvor und ich konnte mich einfühlen. Doch dann kamen drei kleine
Weiber, die aussahen wie 23-jährige Bizerba-Sekretärinnen,
kurz bevor sie Kinder kriegen und sich dann ins Eigenheim zurückziehen,
und schubsten sich wie beschissene Pseudo-Groupies mit einer rücksichtslosen
Ich-bin-ein-Mädchen-ich-darf-das-Haltung durch die Meute, um
sich direkt vor der Bühne einen neuen Platz zu schaffen, in
dem alle anderen auf die Seite zu gehen hatten. Dann fingen sie
an dämliche Kopfbewegungen zu machen, die mir echt eine kurze
Hasswelle über den Rücken jagten, so dass ich eine ganze
Weile brauchte, bis ich mich beruhigt und wieder auf das Konzert
eingelassen hatte. Zumindest gelang es mir, den Weg so entschlossen
zu blockieren, dass weitere Freundinnen, die offensichtlich hinter
mir festhingen, nicht auch noch nach vorne kamen. Die vorne versuchten
zu winken, doch ich und meine Nebenleute liessen kein Durchkommen
mehr zu. Wir waren die Wall of London!!
Das schickte mir aber den ersten schrägen Gedanken ins Hirn.
Könnte es etwa sein, dass die Drones doch noch den grossen
Durchbruch schaffen werden, wenn schon derart verblödete Ziegen
auf ihren Sound stehen.
Ich hielt noch drei vier Songs durch, dann gab ich die Stellung
auf, um wieder Frieden bei einem neuen Bier und einer Position im
Raum zu finden, um die weniger gekämpft werden musste. Die
zweite Ebene allerdings war nun völlig leer. Der ganze Laden
war völlig leer, bis auf den Auftrittssaal und da waren alle.
Das erschwerte ein erneutes Niederlassen. Ich fand aber doch ein
ganz gutes Plätzchen, von dem aus man erhaschen konnte, wie
gefesselt die Londoner von den Drones waren. Ich hatte einfach das
Gefühl, dass die hier nun endgültig angekommen sind. Und
was in London ankommt, das kommt in ein zwei Jahren auf der ganzen
Welt an und zwar umfassend.
Ich meine, die Drones sind ja auch kein Scheiss. Was Liddiard ablässt
hat Qualität, die Band funktioniert als Ganzes, das Gitarrenspiel
des Masterminds sucht seinesgleichen. Das sind Akzente, die den
vielen farblosen Bands, die derzeit die meisten Platten verkaufen
total fehlt. Da braucht das Volk wieder Orientierung und warum soll
es sich nicht auch mal an was Gutes orientieren. Mein Gott, wir
haben in den 90ern erlebt, wie Indie gross wurde, wie Nirvana plötzlichen
Millionen von Alben verkaufte. Das war ein Schock. Unter dem Gesichtspunkt
der Qualität und Gefälligkeit (ja, Nirvana hatte halt
Melodie, war eingängig und sie hatten ein Image, so einfach
ist das) aber eigentlich nicht weiter verwunderlich.
Und warum, zur Hölle, soll nicht auch eine unbequemere Band,
die weniger Melodien hat, dafür aber schon seit Jahren, zumindest
in Australien einen Preis nach dem anderen sammelt (beste Band des
Jahres, heuer sogar "Shark Fin", der als der beste australische
Song aller Zeiten nominiert ist ... ja, das is so). In Australien
spielen die Drones in grösseren Hallen und ich prophezeie anhand
dieser Erlebnisse an diesem Abend in London, dass die Drones in
5 Jahren in der Schleyerhalle oder ähnlichem spielen. Einziges
mögliches Hindernis könnte sein, dass sie sich vorher
auflösen.
Für diese Theorie spricht auch, dass sie mittlerweile doch
auch mindestens zwei richtige Hits am Start haben, die einen tagelang
verfolgen können. Ausserdem spricht dafür, dass die Band
nun schon seit 10 Jahren oder länger besteht und immer noch
funktioniert und sich übelst den Arsch abtourt. Fast noch mehr
als die Black Lips und im Gegensatz zu denen, brennen sie noch wie
Feuer. Sind inspirierend, mitreissend und von nachwievor gleichbleibend
hoher Qualität und Intensität. So wird es geschehen. Auch
wenn der zweite Gitarrist nach diesem Gig wegen Lungenentzündung
aufgeben und die Band die ganze weitere Tour absagen musste.
(Ralf, 29.11.09)
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Mo. 02.11.09 |
The
Drones, Salter
Cane, The
Misbegotten – Brighton,
Prince Albert (ca. 120 Zuschauer)
Das Prince Albert ist ne Kneipe mit Konzertsaal im ersten Stock
in einem typischen Brightoner Gebäude in der Innenstadt. Die
haben fast jeden Tag ein Konzert und behaupten von sich selbst der
Rock'n'Roll-Club No. 1 in Brighton zu sein. An diesem Abend, ok,
es war ein Montag, füllte sich der Laden zwar bis zum Anschlag,
aber nicht gerade mit der Sorte Menschen, die den Rock'n'Roll sonst
so attraktiv macht.
Drei Bands standen auf dem Billing. Die Brightoner The Misbegotten
machten den Anfang als der Saal noch halbleer war. Sie waren eigentlich
fast gleich wie die Birthday Party. Noisige Gitarre, monotone Bass-
und Drumsphrasen und darüber das Gekiekse und Gegluckere eines
total überdrehten Sängers, was alles in allem ziemlich
schön anzuhören war. Ausser dem Sänger fühlte
sich der Rest der Kapelle allerdings völlig unscheinbar. Die
wären am Liebsten hinter dem Vorhang aufgetreten.
Nächster Act: Salter Cane. Der Saal füllte
sich nun langsam recht gut. Die Band bestand aus etwas gesetzteren
Semestern in Anzügen, die mich fast zum Einschlafen brachten.
Der pausbäckige Sänger, der in etwa so aussah wie ich
mir den Macher von Lolek und Bolek vorstelle, suchte seinen Weg
in der 1:1-Kopie von Nick Cave, wenn der seine kehligeren Töne
anschlägt. Sein Akkustikgitarrenspiel hätte ich weggelassen,
denn es hatte meines Erachtens nur den Zweck, dass er wusste wo
er seine Hände lassen soll. Die Bassistin und der Drummer hatten
einen ruhigen Job und nur der zweite Gitarrist oder besser gesagt,
Bouzouki-Spieler konnte die Band durch diese ungewöhnliche
Instrumentierung wenigstens ins Mittelmass erheben. Nichts desto
trotz scheint die Band, die ebenfalls aus Brighton stammt, über
eine anständige Reputation zu verfügen. Zumindest in Brighton,
zumindest im Prince Albert, denn dort treten sie ungefähr einmal
im Monat auf. Mir soll's recht sein.
Dann die Drones. Mit einem Vollbart und eingefallenen
Wangen sieht Gareth Liddiard jetzt fast aus wie ein abgemagerter
Ahmadinedshad. Da die Zeiten aber vorbei sein sollen, wo die Drones
gehungert haben (genauso war's, kein Spass), kann das wohl nicht
der Grund für seinen Haut-und-Knochen-Look sein.
Nach unserem letzten Drones-Konzert
in Fremantle, das mich leicht enttäuscht zurückliess,
war dies wieder ein Zurück-zu-alter-Spielfreude, zurück-zu-altem-Zorn.
Intensiver als in einem ähnlich kleinen vollgepackten und schönen
Club wird man die Drones wohl nicht jeden Tag zu sehen bekommen,
denn der Stern des australischen Vierers, die sich ganz dem psychotischen
australischen Swamp-Blues verschrieben haben, ist immer weiter am
Aufgehen. Dies hier war das beste Konzert das wir bislang von ihnen
gesehen haben und ich möchte hiermit stark bezweifeln, dass
es je wieder so gut sein wird. Wir bezweifelten auch an diesem Abend
schon, dass die Show am nächsten Abend in London nur halbwegs
hier herankommen wird.
(Ralf, 28.11.09)
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Sa. 24.10.09 |
Tieflader,
Crekko,
The Frayed
End - Balingen,
Sonnenkeller: (ca. 40 Zuschauer)
Und es war tatsächlich Kraus an der Gitarre bei Frayed
End. Da ich mittlerweile fast blind bin, war ich mir da
nicht so sicher gewesen. Singen, und da war ich mir sicher, tat
Wolfgang Splithead, der in sagenumwoben vielen Bands in und um Tübingen
spielen soll. Hiermit sind mir vier bekannt, dazu kommt ein Soloprojekt.
Letztens, hab ich mir sagen lassen, hat er in Reutlingen auf einem
Festival gespielt, wo er 6 Auftritte an einem Abend zu verrichten
hatte. Gerüchte sagen, dass er in etwa 15 Bands spielt. Aber
das glaub ich erst, wenn ich's von ihm selber weiss.
Frayed End sind seine Metal-Brüder, alle nicht mehr unter 30,
schätze ich, doch im Gegensatz zu den folgenden Bands, bewiesen
sie stilistischen Mut, so dass mir das unter Strich sogar ziemlich
gut zu gefallen wusste. Für Metal echt gut, würde ich
jetzt sagen, doch auch wenn bekannt sein sollte, dass ich kein Metalfan
bin, werde ich mich natürlich nicht zu derart diskriminierenden
Aussagen hinreissen lassen. Das Beste: Auch mit 10 Leuten im Publikum
hatte die Band ihren Spass. Die zunächst fast bedrückende
Stille fiel an ihnen ab wie das Wasser an Jesus und nach kurzer
Zeit fühlte man sich richtig locker und die Band traute sich
ganz unprätentiös (und auch das ist ja nicht die Stärke
jeder Metalband) ihre Emotionen rauszulassen. Super das! Diese Band
sei Euch empfohlen, Metalheads.
Ganz anders, nämlich äusserst prätentiös die
ambitionierten Crekko. Spielerisch super, gesanglich
auch, auch die Kompositionen konnten sich sehen lassen, erfahren
kommen sie auch rüber, aber für mein Gefühl sind
sie einfach einen Tick zu rockstarmässig und einen ganzen Laden
voller Ticks zu selbstsicher. Unangenehm selbstsicher. Ich will
das jetzt nicht im Detail austreten, aber die Sache mit dem "Wir
warten noch auf Wasser, dann kann's losgehen", wenn man schon
auf der Bühne steht und ungefähr 10 Leute im Publikum
stehen und warten, dass was passiert. Das war dann wohl doch nicht
so erfahren oder einfach nur zu gehabig. Können die sich ihr
Wasser nicht selbst mit auf die Bühne nehmen, anstatt da rumzustehen
und sich was hertragen zu lassen, was der Veranstalter dann freundlicherweise
übernahm. Auch die Bitte nach Bier, die nach dem dritten Song
dann natürlich nicht fehlen durfte. Eigentlich hätte ich
doch ausharren sollen, ob das so weiterging, doch leider reichte
mir das an dieser Stelle. Tieflader dann am
Ende konnten sich immerhin über das Anwachsen der Zuschauer
auf etwa 30-40 Leute freuen. Ihr deutschsprachiger Böhse Onkelz-goes-Metal-Prollrock
mit breitengestellten Beinen und Unterhemden ist zwar erfolgreich
und nachdem ich mir ein paar Tage danach die CD ansah (nicht anhörte!!),
die sie mir freundlicherweise zugeschickt hatten, und die Texte
las, fand ich das sogar gar nichtmal ganz niveaulos, aber in den
Grundfesten mit nichts in Übereinstimmung zu bringen, das mir
auch nur im geringsten Behaglichkeit verschafft. So trat ich dankend
den Heimweg an. Ich war ja letztlich auch wirklich nur wegen Wolfgang
da und der hat mich nicht enttäuscht.
(Ralf, 20.11.09)
Gesamtschnitt des Abends! Frayed End allein ist
zu verdanken, dass die Mindestmarke von einem Underground-Punkt
erreicht wurde, Tieflader konnten dann auch auf der Soulpoint-Skala
einen leichten Ausschlag verzeichnen, so dass das dann einen Gesamtschnitt
von zwei ergibt. |
Fr. 23.10.09 |
Liberty
Madness, Alarmstufe
Gerd, Nihil
Baxter, The
Rätz - Balingen,
Jugendhaus (ca. 50 Zuschauer)
Die Ratten hab ich leider verpasst. Kannte ich
vorher aber auch nicht. Daher erstmal kein grösseres Bedauern,
denn was man nicht weiss ... was mich bei Nihil Baxter dann
doch etwas ärgerlicher machte. Die spielten demletzt bei der
legendären WasserundSchlamm-Wolfvalley-Party, die dann den
Sonnenkeller, in den man spontan umgezogen war, in ein Szenario
verwandelte, das an eine Mischung aus "Das Ding aus dem Sumpf"
und "Hardcorefasching" erinnerte. Nihil Baxter sind eine
sehr abgefahrene, auch optisch total ansprechend durchgeknallte
Oldest-School-HC Band, totaaaal ohne Metal, dafür mit der wahnwitzigen
Geschwindigkeit der Anfangstage des Genres in den frühen Achtzigern.
Fühlt sich sehr sehr heimelig an, wieder junge Bands zu hören,
die diesen Sound machen. Hätt ich nie gedacht, dass sowas mal
zurückkommt. Das wärmt einem das Herz und daher war ich
schon etwas traurig, es erst zu Alarmstufe Gerd
geschafft zu haben, während derer ich mich aber auch erst mal
zu akklimatisieren suchte. Die Band aus NRW gefiel mir nicht so
sehr. Etwas zu viel Metal, ganz gute politische Messages zwischen
jedem Song, die dann aber teils länger dauerten als das Lied
danach. Oder hab ich das nicht mehr recht im Kopf? Ich kann mich
nur noch an einen Sänger mit wenigen Haaren erinnern. So ganz
im Stil der frühen Dischord-Bands.
War schon ok, die Alarmstufe, doch ich war einfach noch nicht ganz
auf Alarm eingestellt.
Dann Liberty Madness, die zuletzt im Epplehaus
schon sehr überzeugt hatten. Auch für die Buben aus Ludwigsburg
gilt: HC-Punk mit Kalifornieneinschlag, aber mehr Punk als HC. Daher
auch die politische Message und die Ernsthaftigkeit nicht ganz vorne
dran. Die sind ein lockerer Haufen, der vorallem Spass haben will,
dennoch aber seine Aggressionen mit der Musik rauslässt. Die
Jungspunde sind sehr agil und wie junge Leute so sind, wuseln sie
ordentlich auf der Bühne rum, was ein sehr vitales Erscheinungsbild
abgibt. Ihre Songs sind absolut metalfrei! Das ist Punk, wie er
in den frühen 80ern kaum besser war. Knöchern, schnell,
aggressiv, lebendig, mitreissend. Und der Schlagzeuger ist geradezu
unglaublich! Wie der die beiden besoffenen Frontmänner zusammenhält
und vor sich hertreibt wie ein wahnsinniger Lokführer, der
immer mehr Kohlen aufschmeisst, bis sein Kessel fast platzt und
es immer schneller bergab geht, ohne Bremsen und ohne Auslauf, das
ist schon beeindruckend. Zudem hält er den Beat steady wie
ein ausgerastetes Metronom.
(Ralf, 19.12.09)
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Sa. 10.10.09 |
Disco
Vietnam, Civil
Victim, Scheisse
Minnelli (Foto) - Balingen,
Jugendhaus: (ca. 80 Zuschauer) Foto
von Babpa Chainworm
"HÄ, WIE VERBOTEN" wunderten sich die Veranstalter
des Gay Bar Zines, als ihre Konzerte in Balingen von der Stadt verboten
wurden, weil man illegale Parties feiern und sich nicht an die Regularien
halten würde, wenn man im Jugendhaus eine Liveparty feierte.
Letztlich ging man in die Offensive, suchte die Öffentlichkeit
aufmerksam zu machen und siehe da, es funktionierte. Alle Seiten
gingen aufeinander zu und so konnte das "Hä, wie verboten"-Konzert,
wie hoffentlich auch noch viele weitere, doch noch stattfinden.
Eintrittspreise gibt's hier keine, nur um eine Spende wird gebeten.
Es hockte auch jemand da, der den Büttel bewachte und brav
"Danke" sagte. Das is doch alles schön und recht,
wieso sollte man hier irgendwas verbieten wollen?
Oben schufteten sich schon die Berliner Disco Vietnam
durch ihr Set. Hardcore aus Berlin, leider aus meiner Sicht nicht
sehr ansprechend aufbereitet. Der Sänger ist mir echt zu schlecht,
ohne Witz, auch wenn man denken könnte, das wäre im Hardcore
egal. Is aber nicht so. Sänger sind immer wichtig. Im ersten
Eindruck hörte ich auch schon wieder etwas Metal durch. Da
bin ich leider empfindlich, muss allerdings hinterherschicken, dass
die Songs auf Myspace das nicht bestätigen konnten. Für
den Moment zog ich es jedoch vor, die Ausweichmöglichkeit an
der unteren Bar zu nutzen und dort erstmal einige Biers einzugiessen.
Hier war auch die vegane Vokü aufgebaut. Suppe, Salat, Reisgemüse,
alles da und auch wenn ich heuer verzichtete, kann ich aus Erfahrung
sagen, dass das Essen des GBZ im Gegensatz zu den meisten veganen
Gerichten, die ich bislang gereicht bekam, extrem schmackhaft ist.
Einige Getränke und Gespräche später und nachdem
die nächste Band anstand, zog es alle wieder nach oben.
Puh, die Luft war nach der ersten Band schon ziemlich ... aber es
ist im Jugendhaus Insel immer warm und stickig, egal ob Sommer oder
Winter. Civil Victim aus Konstanz waren flotter,
aggressiver Hardcore. Sänger und Gitarrist standen aber schon
wieder vor der Bühne, was ich gar nicht mag. Der Sänger
crustete ziemlich rum, was ich auch nicht mag. Auch das kommt vom
Metal, nämlich.
Und ich kann meine Abneigung auch aufklären: Der erste Punk-Metal-Crossover
in den frühen Achtzigern war ja noch ok. Da war das neu und
aufregend. Eine explosive Verbindung, die vorher nicht vorstellbar
gewesen wäre. Man dachte man hört nicht recht, doch dann
fing das an zu gefallen. Vorallem die Energie.
Doch nachdem wir jetzt schon über 10 Jahre mitansehen mussten,
wie sich auch traditionellerer Punk zum Metal und Stadionrock hinentwickelt
hat, mag ich diese Verbindungen nicht mehr schätzen. Für
mich muss Hardcore und Punk heute wieder 100% metal-frei sein, damit
er mir gefällt. Ich find's auch toll, dass es mittlerweile
wieder junge Bands gibt, die genau das spielen. Doch die Bands an
diesem Abend im Jugendhaus kamen eher aus der Anfang-Mitte-Dreissiger-Fraktion
und da hängt eben das ganze Crust-und-Grind-Dingens mit dran.
Bei Civil Victim begab es sich ausserdem, dass ich zunächst
dachte, das wären Scheisse Minelli und mich deswegen wunderte,
wo denn die Gefahr blieb, die diese Band wieder in den Punk zurückbringen
wollte.
Und dann kam die Gefahr doch, nämlich die richtigen Scheisse
Minelli. Teils sehr schräg und quer stehend, balgten
sich deren Akkordfolgen ganz schön in meiner Magengrube herum.
Der Sänger aber war klasse. Also doch noch.
Ich bemängle ja im Hardcore oft die schlechten Performances,
auf die dort, wegen eines verwirrt begriffenen Antirockstartums,
oft völlig verzichtet wird. Damit wird natürlich eine
Ebene der Kunst einfach ausgelassen. Schade, sehr sehr schade.
Scheisse Minelli bedient sich dieser Ebene und hat mit ihrem Sänger
eine charismatische Figur, die dadurch auch Sprachrohr wird. Man
hört besser zu, wenn man nach oben gucken muss. Da ist die
Ohrmuschel besser gebogen und nimmt mehr auf, könnte man meinen.
Nein, in Wirklichkeit wird der Geist in eine offen-machendere Haltung
gebogen wenn die Halswirbelsäule gestreckt wird. Alles Quatsch,
denkt Ihr? Richtig. Dennoch waren Scheisse Minelli die interessanteste
Band des Abends und da mir musikalisch nix so richtig reinlief hinterliessen
sie als einzige nachhaltigen Eindruck auf mich und das war vor allen
Dingen der Persönlichkeit des Sängers zu verdanken. Diese
Persönlichkeit ist nämlich das was den Hardcore Bands
in Wirklichkeit fehlt, die sich mit "wir wollen so sein wie
ihr und uns nicht hervortun" entschuldigen.
Nach der Show gab's dann noch grosses Fröhlichsein mit Leuten
die sich die Köppe kloppten. Nur zum Spass natürlich,
mit Boxhandschuhen und -sturzhelmen. Menschen lachten, Blut floss.
Dann probierten das noch mehr Leute, auch ohne Helme, auch von den
Bands, doch die waren glücklicherweise schon so besoffen, dass
sie nicht mehr richtig hauen konnten. Um nicht mitverantworten zu
müssen, dass Schaulustigkeit noch zu gefährlichen Aktionen
anregt, verzog ich mich nach unten und trank mit dem neuen Bassisten
von Rockstar Pussy noch ein paar Bierchen. Irgendwann standen wir
alle vor der Tür. Das ging so ganz von alleine, nebenher, sanft,
unmerklich. Man liess sich nicht mal in der Diskussion stören.
Und irgendwann war ich dann auch zuhause ohne auf dem Heimweg hingefallen
zu sein. Alles war gut!
(Ralf, 29.11.09)
|
Fr. 02.10.09 |
The
Masonics And Miss Ludella Black, Los
Franco Neros - Stuttgart,
Zwölfzehn (ca. 70 Zuschauer)
Die Chaps in Stuttgart. Das darf man sich natürlich nicht entgehen
lassen. Drei Grössen aus dem Childish-Umfeld sind die Masonics,
darunter auch der Drummer Bruce Brand, der von Anfang an der Begleiter
des wilden Billys war. Sie brachten erwartungsgemässen 60s-Garage-Beat,
der musikalisch nah am Meister gebaut war. Die ganzen Bands unterscheiden
sich ja nur geringfügig. Daher war das Ereignis nur ein kleines
feines, doch wegen der netten Atmosphäre, die von der Band
ausging, wegen lotsa chap-like Talking und dem Mittelteil mit der
Headcoatees-Heroine Miss Ludella Black, die einige Songs ihres aktuellen
Solo-Albums, das sie auch mit den Masonics als Begleitband eingespielt
hat und deren meisten Songs der Mann, der von der Seite aussieht
wie Nick Knatterton (ich spreche natürlich von Mickey Hampshire,
der auf dem Foto leider etwas im Dunkeln steht), geschrieben hat,
lohnte sich die Anreise schon von vornherein.
Davor die Los Franco Neros aus Tübingen mit
ebenfalls schwungvollem 60s-Garage-Beat. Die Jungs und das Mädchen
haben derzeit wirklich den verdienten Part der aktuell meistgefragten
Band in der Gegend. Leider spielen sie immer etwas zu lang für
die Ungeduld der Menschen des 21sten Jahrhunderts. Ansonsten ist
das natürlich partytaugliche Beatmusik, wie sie das Volk gerne
hört.
Und danke auch an die vielen Damen und Herren, die mich zu meinem
Outfit, das passenderweise, genau dem der Franco Neros an diesem
Abend entsprach, beglückwünschten. Zur Hölle mit
Euch allen!!
(Ralf, 4.10.09)
Die Masonics sind natürlich, wie der ganze
Childish-Clan, der Inbegriff des Undergrounds. Überschwänglich
mitreissend war es allerdings nicht. |
Sa. 09.09.09 |
Vic
De Montes Persona Non Grata, No
Code - Balingen,
Sonnenkeller: No Code haben länger
nichts von sich hören lassen und waren offensichtlich auch
nicht allzugut auf den Auftritt vorbereitet. Gerade dies führte
aber zu einer recht aufgelockerten Atmosphäre und man entpuppte
sich als ungeahnt selbstironische Entertainer. Nichtsdestotrotz
haben einige ihrer Lieder einen wahrhaftig hohen Festbeissfaktor,
hängen sie mir doch Wochen später noch in den Ohren. NoCode
sind nachwievor eine der sympathischsten Bands der Alb. Ihr Grunge-Rock
wirkt zwar mittlerweile fast etwas altmodisch (was ich keineswegs
nicht als schlecht bewerte), doch die authentische Hingabe der Band
macht sie zu einem zwingenden Act, dem man sich nicht so leicht
entziehen kann.
Danach vier gut gekleidete Herren aus der Wüste Nordamerikas.
Zwei davon haben bei Kyuss gespielt und daher war dies schon von
vorneherein der sicherlich renommierteste Act, den der Sonnenkeller
bislang gesehen hat (zusammen mit TV Smith natürlich) und das
wussten sie auch musikalisch zu untermauern. Mit Kyuss hatte das
allerdings absolut gar nichts gemeinsam. Wir bekamen Underground-Rock
zu hören, staubig und flirrend, mit Einflüssen vom NewWave,
Punk, Blues und, wenn man den Stil des kleinen Mafiosigitarristen
heranziehen möchte, auch etwas Rockabilly und Schwedenrock.
Am meisten beeindruckte mich jedoch das musikalische Niveau und
das imposante Auftreten von Männern mit "Erfahrung"
(sag ich jetzt mal).
Persona Non Grata war die bislang beste Band, die ich im Sonnenkeller
sehen durfte.
(Ralf, 4.10.09)
|
Mi. 09.09.09 |
Clap
Your Hands Twice - Balingen,
Sonnekeller: Ich mag ja eigentlich an Bands am meisten,
wenn sie etwas Unkontrolliertes haben. Wenn man nicht weiss, was
als nächstes passiert. Wenn Bands sich immer an der Klippe
bewegen von der aus sie absolut grossartig sein oder auch ganz schnell
abstürzen können.
Das alles sind Clap Your Hands überhaupt nicht. Sie sind ruhig
und kontrolliert, wissen was sie tun und daher setzen sie sich nicht
der Gefahr des Absturzes aus. Ob es sie davon abhalten könnte,
ganz und gar grossartig zu werden wissen wir noch nicht. Doch zum
grossartigsten Act der Zollernalb in den letzten zwei Jahren haben
sie es auf alle Fälle schon geschafft. So kamen sie nun zu
der Gelegenheit eine dreiwöchige Tour mit den Amis Static Age
zu spielen, die sie durch die Niederlande, England, Frankreich und
natürlich auch einige Gigs in Deutschland führte und die
durch die vorgezogene Abreise der US-Band leider etwas unsanft endete
(von dem Autounfall am letzten Tourtag auf der Fahrt nach Essen
ganz zu schweigen). Im heimischen Gefilde durften sie sich nun aber
ihr verdientes Lob durch haltloses Abgefeiertwerden abholen.
Ihre sympathische Bodenhaftung und die schonungslose Ehrlichkeit
machen den grossen Bonus dieser Band aus. In ihrem Tourblog,
den ich jedem empfehlen möchte, der ihn noch nicht gelesen
hat, wird die ungeschönte Wahrheit des Tourlebens detailliert
beleuchtet.
Was soll ich sagen, ausser, dass ich stolz auf sie bin.
Man merkte ihnen bei diesem Auftritt natürlich an, dass sie
bestens eingespielt waren. Wenn man für zwei drei Wochen jeden
Tag auf der Bühne steht, spielt man sein Set im Schlaf. Sie
waren druckvoll trotz aller Müdigkeit und sie waren auch enttäuscht
vom vorzeitigen Ende der Tour, wussten aber natürlich allerhand
zu erzählen und sind einfach um einige Erfahrungen erwachsener.
(Ralf, 4.10.09)
|
Do. 20.08.09 |
Black
Lips - Stuttgart,
Schocken (250 Zuschauer): Also mir hat's wieder
super gefallen. Die Lips haben einfach diesen genialen Twang der
mir total gefällt. Sie sind näher an den 13th Floor Elevators
als irgendeine andere aktuelle Band und schon alleine dafür
gehören sie geliebt.
Ihre Songs hüppeln genau wie ihre Beinchen, der fast durchgehend
mehrstimmige Gesang ist total eigen und die Einstellung stimmt einfach.
Nun sind sie halt mittlerweile schon einige Jahre aufm Parkett und
spielen sich wirklich superbst den Arsch ab. Möglichweise war
es diesmal tatsächlich etwas müde. Meine Begleiter waren
jedenfalls durchweg eher enttäuscht. Vielleicht lag's auch
an der brutalen Hitze draussen und drinnen noch mehr. Ich hab halt
versucht sie zu verteidigen und allerlei Ausreden erfunden.
Der Laden war leider brechend voll, zumeist mit Trotteln, die auch
noch kräftig Vollgas gaben. Nun, man kann sich seine Fans nicht
aussuchen. Viele junge Mädchen auch. Eine stand direkt vor
der Bühne, die ja im Schocken nur eine Stufe ist, wedelte sich
nonstop mit einem Fächer Luft zu und flog hinundwieder auf
die Schnauze, was ganz lustig aussah. Die Black Lips haben jetzt
also sogar schon Groupies, gegönnt sei's ihnen.
Im Schocken läuft halt immer auch der interessierte Normalo
ein, wenn ich das jetzt mal so sagen darf. Die Band wurde schliesslich
auch riesengross angekündigt. Hätten die aber im 1210
gespielt, wäre sicher nicht die Hälfte da gewesen. Schade
für uns, gut für die Lips, die bei dem massiven Eintrittsgeld
sicher eine Menge Schotter abgestaubt haben. Die sollen ja auch
mal was zu essen kriegen, die Armen.
Zunächst fingen sie sehr schwungvoll an. Die ersten 6, 7 Stücke
waren Black Lips at their best. Dann ging ein wenig die Luft weg.
Im besten Fall war's die Hitze, im schlimmsten Fall haben sich die
Lips mittlerweile einfach platt gespielt.
Interessant, dass die meisten Fans mittlerweile jünger sind
als die Band, was in ihren ersten Jahren absolut das Gegenteil war.
Über die Zeit haben sie natürlich an ihrer jugendlichen
Frische eingebüsst, doch dies ist nunmal ein zwangsläufiger
Prozess. Hier wird sich zeigen, was die Zukunft bringt. War es nur
ihre Jugendlichkeit, die den Spezialbonus ausgemacht hat? Wie schaffen
sie es, sich ins Alter zu retten?
Gepisst und gekotzt wurde gottseidank nicht. Vielleicht ist es ihnen
langsam zu langweilig oder abgedroschen. Wir wissen es nicht.
Ich bin jedenfalls weiterhin Fan, auch wenn ich mir jetzt schon
ihre zweite Platte nacheinander, mit der Live-LP drei, nicht kaufen
werde. Zuhause höre ich das momentan weniger. Den ersten beiden
LPs und den ganzen alten Singles bin ich noch hinterhergerannt wie
das Huhn dem Ei, hab das Zeug sogar aus den Staaten rangeschafft,
weil's anfangs noch nich in Deutschland zu kriegen war, heute aber
reichen mir die Sachen die ich habe. Es gibt noch mehr Musik die
man kaufen kann und der Geldbeutel ist ja nunmal kein Wunschbeutel,
oder? Letztlich kauf ich mir dann sogar eher die "A Promise
Is A Promise" von den Lyres zum zweitenmal nur weil sie ein
anderes Cover hat. Wobei das ja auch ne komische Einstellung ist.
(Ralf, 30.8.09)
|
Sa. 15.08.09 |
The
Smalltown Rockets - Sonnenkeller,
Balingen (ca. 30 Zuschauer):
Etwas unglücklicher Termin mitten in der Sommerpause, was dem
Sonnenkeller an diesem warmen Abend nicht ganz so wahnsinnig viele
Gäste beschehrte, dafür war die Band umso besser eingespielt,
kurz vor Ende einer zweiwöchigen Tour quer durch Deutschland.
Die Smalltown Rockets haben ihren Stil etwas vom Schlockrock entfernt
und bringen heuer eigentlich lupenreinen modernen Rock'n'Roll, mit
viel Ooooh-La-La-Chorgesang und ner Menge Gitarrensoli, vorallem
von dem Derby Dolls Bassisten Philip (Bild rechts), dem das brutal
gefällt, Solos zu spielen.
Die Band wirkt viel homogener wie früher. Das Mädchen
ist mittlerweile sehr gut integriert. Mir persönlich sind sie
zwar arg am ... wie soll ich's freundlich sagen? ... weniger innovativen
Gedanken interessiert, so dass Riffs, Gesang und Texte nicht besonders
aussergewöhnlich sind. Doch das sind eben die Smalltown Rockets
und sie sind einfach besser geworden und wirken viel sympathischer
und lockerer.
(Ralf, 30.8.09)
|
Fr. 31.07.09 |
Jennifer
Rostock, Clap
Your Hands Twice (Foto), The
Pleasure Days - Albstadt, Waldheim:
(ca. 700 Zuschauer)
Man kann echt nur hoffen, dass sich junge Bands kein Vorbild an
Jennifer Rostock nehmen. Das ist so die typische hyperzwangsagile
Teutonen-Ambitionsband, die aber jetzt schon ein Benehmen an den
Tag legen, als müssten sie der Hosenbodenpresse Material
bieten. Erstmal lassen sie das Publikum zu lange warten (das einzige
Mal, dass ich so ein Benehmen als effektvoll ansah, war bei Turbonegro,
etwa Ende der 90er, als sie gerade dabei waren, Pomp und Gloria
auf die Spitze zu treiben, es aber noch nicht vollends getan hatten.
Dort war das Stilmittel, hier war das Popstar-Gehabe.), dann,
als die Jungs der Band während des Intros im Halbdunkel auf
die Bühne kommen, müssen sie sich erstmal voll cool
die Kippen anzünden, die dann während des ersten Liedes
ausgehen und man sich vom Roadie wieder anbrennen lässt und
dann behandeln sie ihr Pulbikum wie Vollidioten.
Nun gut, vielleicht waren sie das auch, kann ich nicht beurteilen,
aber jede Band bekommt nun mal auch das Publikum, das sie verdient
und ich finde, dass kein Publikum herablassend behandelt werden
sollte, zumindest nicht das eigene. Wer nicht erkennt, wieso er
dort steht wo er steht, der ist schneller wieder weg als er denkt.
Als dann die doofe Rockerhippiebraut auf die Bühne gehoppelt
kam (und sie bewegte sich total übertrieben, zu viel, zu
aufgedreht, zu unecht, zu ungelenk, das sah echt nicht gut aus),
hob schon ein leicht waviger Pop-Sound an, der tatsächlich
entfernt an Ideal hätte erinnern können, wäre er
nicht einfach zu blaff und langweilig gewesen. Strophe, Refrain,
Riffs, da war nichts drin, was hätte sofort hängenbleiben
können und das ist doch aber eigentlich das Ding in der Popmusik.
Oder? Von Tiefe, so wie das im Bandinfo noch angepriesen wird,
ist hier nichts zu erkennen.
OK, dann erklärte man/frau mit dem Publikum was vorzuhaben.
"Ui, was denn?", dachten die dann. "Ihr seid noch
nicht betrunken genug!" Ui, und das zu jungen Leuten, im
Schnitt 16, 17, 18, die sicher mit zu der Zielgruppe zu rechnen
sind, wegen denen gerade überall versucht wird Alkoholverbot
auf den Strasse einzuführen.
Na gut, mir ist das wurscht. Also, mit der Anfeuerung, man könnte
es auch Befehlston nennen, "nu aber zackzack! Na komm na
komm na komm!" wird dem ersten jungen Herren auf die Bühne
geholfen, ein Bier ausgehändigt, das man vorher einfach von
den anderen Bands mitgenommen hatte (kein Witz!), und los kann
die Party gehen.
Der junge Herr tollt ein bisschen im Hintergrund mit, schön
soweit, beachtet wird er von der Band nicht mehr (von wegen zusammen
feiern), im Gegenteil, er wird dann bei der Hälfte des Songs
erstmal vom Roadie zurechtgewiesen, obwohl er gar nichts getan
hatte, dann wird er "Zackzack!" am Ende des Songs des
Feldes verwiesen, um dann "und jetzt ein Mädchen"
auf die Bühne zu ordern. "Na komm, Schatz, schnellschnell,
Schatz!" Immer ein "Schatz" zuviel, immer einen
Tick zu herzlos, doof, einfach total daneben, blasiert, grosskotzig.
In meinen Augen ekelhaft. Ich gehe während des dritten Songs.
für Jennifer Rostock (und ja, ich bin mir
dessen bewusst, dass viele Leute das hier nur lesen, um zu sehen,
wie ich die runtermache. Aber leider gab's tatsächlich nichts
Besseres zu berichten)
Von vorne: Eigentlich ist das Gelände auf dem Waldheim ja
ganz nett. Die Bedienungen sind nett, das Klo funktioniert, es
gibt Bier in Flaschen und mit 10 Euro ist die Veranstaltung mehr
als korrekt angesetzt. Ich hätte sogar 5 mehr gezahlt ohne
mir dabei Gedanken zu machen.
The Pleasure Days beginnen gegen 20 Uhr. Für
mich an einem Freitag etwas früh, doch ich schaffe es da
zu sein, während sie noch spielen. Sie müssten eigentlich
die Lieblinge von allen sein. Sie sind nett, bescheiden, modiereren
sich geschickt und ganz natürlich durch ihr Set, spielen
gutmütigen Pop-Punk, der das Böse an der Welt durch
das Gute in der Welt ersetzen möchte. Und dennoch haben sie
die Rockstars in sich, also auch ein wenig von der verruchten
Seite, was den Rock so einzigartig macht. Nur ein ganz grantiger
Zyniker könnte diesen Jungs was Schlechtes anheften.
Ihr Tralala-Pop-Sound ist mir zwar etwas zu süss, ich hab
mich mit ähnlicher Musik vor einigen Jahren vermutlich selbst
vergast, doch immerhin kommt das Ganze so selbstständig,
riffgewandt und mit den beiden Gesängen und den Keyboard-Einwürfen
genügend facettenreich rüber, um die Spannung aufrecht
zu erhalten.
Im Gegensatz zu Clap Your Hands wirken sie noch ein wenig unbedarft
und natürlich sind sie auch ein Stück jünger, aber
das würde ich ihnen gerne noch ein Weilchen behalten, wenn
ich könnte. Erwachsen wird man schnell genug.
Den Schritt haben Clap your Hands Twice nun
endgültig vollzogen. Sie wirken mittlerweile völlig
ausgereift und routiniert, fast schon ein wenig zu routiniert.
Die reissen ihr Ding runter wie Profis. Da sitzt alles. Auch der
Sound ist erwachsener geworden, noch nachdenklicher, weniger Punk,
mehr Rock, mehr Midtempo. Die Riffs sind aber unverwechselbar
CYHT geblieben oder soll man sagen geworden? Sie sind unabhängiger
von ihren Roots geworden. Mir gefällt das nicht immer aber
darum geht's ja nicht. Sagenhaft ist nachwievor Drummer Daniel.
Der hat auch echt das totale Idealmass zwischen Bolzer und Techniker,
naja, mir persönlich ist er fast noch ein wenig zu sehr auf
der Technikerseite, grins. Aber er macht's echt gut. Kuckt man
gerne zu.
Die Brüder Stumfol sind eine Wand, ganz klar. Souverän,
dennoch immer wieder freundlich, was ihre Bodenhaftung zeigt.
Die sind schon so wie sie sind auf nem guten Weg. Kompositorisch
ist's mir leider etwas fad geworden. Ich weiss nicht genau woran's
liegt, ev. müsste man die neuen Songs etwas öfter hören.
Einen Knaller wie "Washed-Up Future", mein Lieblingssong
von den Clappies, konnte ich leider nicht mehr ausmachen.
Dennoch war das Konzert, nach anfänglicher Zögerlichkeit
(das Publikum hatte die wohl grösstenteils noch nie gesehen
und daher etwas Probleme mit der Aufmerksamkeit) dann doch noch
ein richtiger Erfolg, denn bei den Zugaben klatschten dann alle
im Stakkato mit, was Stefan Helbing, der gute Patron und Schirmherr
des ansässigen Nachwuchsrocks, mit den begeisterten Worten
"Kuck, jetzt haben sie sie!" feierte.
(Ralf, 1.8.09)
|
Sa. 25.07.09 |
Schwul ist cool - Balingen,
Jugendhaus: (ca. 80 Zuschauer) Foto
von XJunkX
Party des GayBar-Zines
mit dem Hintergrund, dass Homosexualität in der Punk- und
HC-Szene zu selten thematisiert wird und daher offensichtlich
immer noch ein Tabu ist. Da bin ich, glaub ich, etwas zu naiv.
Wäre mir so noch gar nicht aufgefallen, da diese Szene ähnlichen
Themen eigentlich sehr offen gegenüber steht und eins ist
mal klar: Schon seit Anbeginn der Musik waren die Darsteller,
die sich am schwulsten gaben, die erfolgreichsten. Das war schon
zu Zeiten der Klassik so, beim Jazz, beim Rock'n'Roll, beim Schlager,
beim Heavy Metal vielleicht nicht so sehr.
Ich kenne selbst viele schwule Musiker und hätte nicht gemerkt,
dass die irgendwelche Probleme deswegen haben. Mal andersrum gefragt:
Kennt jemand von Euch einen schwulen Fussballer? Nee? Ja, glaubt
ihr etwas, dass es keinen einzigen schwulen Fussballer gibt? Meiner
Ansicht nach haben die ein Problem und nicht die Musiker. Aber
das trifft ja wahrscheinlich nicht so ganz, was die Gay.Edge.Liberation,
die auch mit einem Stand vor Ort war, ausdrücken möchte.
Daher seid Ihr herzlich eingeladen, Euch auf deren Website zu
informieren und mehr.
Zu den Bands, die den Abend umrahmten:
Kotpilot
sind eine junge Deutschpunk-Band aus Balingen. Haben nen netten
Ansatz. Klingt ein wenig wie Aufbruchstimmung '81. So stelle ich
mir vor, klangen die Kellerbands der aufstrebenden Szene Anfang
der 80er in Berlin. Rüde, ein wenig dilettantisch, aber voller
Elan und Witz. Der Gesang erinnerte mich teils an den guten Schorsch
aus Hamburg.
Bei Anfack
aus Tübingen sang überraschenderweise ... Michi Haas.
Wusste ich noch gar nicht, dass er eine zweite Band am Start hat.
Das war gut gemachter Old School HC-Trash-Punk, die Metaleinflüsse
fand ich nicht so toll, ihre kurzen von Breaks zerschmetterten
Kreischorgien gefielen mir aber sehr gut. Michi war gut in Form
und die Band sehr homogen. Da ich weiss, was er für Musik
hört, wirkt er hier sehr gut aufgehoben. Leider konnte ich
nicht das ganze Konzert ankucken, da ich unbedingt noch meine
beste aller Lederjacken abholen musste, die ich im Sonnenkeller
verlegt hatte, die dann natürlich auch sofort geklaut und
von den Helbing Brüdern mit Sherlock Holmscher Schläue
wieder beschafft wurde. Die Diebe haben nun zwar meine Julian
Cope- und Charles Bronson-Buttons, dafür hab ich meine Jacke
wieder und betrat daher bestens gelaunt das Jugendhaus um die
Lost
Rivers zu sehen.
Die zwei Jungs und das Mädel auch Hechingen legten einen
effektvollen Auftritt in jeder Hinsicht hin. Das Licht war so
weit heruntergedimmt und auf kalte Blau- und Grüntöne
reduziert, dass die Gestalten nur noch schattenhaft wahrzunehmen
waren, ausser wenn sie ihre nervtötenden Strobos anwarfen,
die dem ganzen dann allerdings nur noch mehr Kälte verliehen.
Musikalisch gab es diesmal Jesus-And-Mary-Jane'sche Feedbackorgien
auf der Basis von simplen, sich hypnotisch wiederholenden Bass-
und Schlagzeug-Riffs. Dazu heuer recht tiefer (Fast-) Sprechgesang
von Phil. Wie immer machten die Lost Rivers auch diesmal ihre
Sache sehr überzeugend. Alles was sie bislang machten war
super. Nur machten sie jedesmal, wenn man sie sah, etwas total
anderes. Das kann ja durchaus eine gelungene Masche sein, wenn
es nicht so wäre, dass man einfach den Eindruck hat, dass
sie gerade das machen, was sie gerade hören. Alles liegt
etwas zu nah an den Originalen.
Und morgen hören sie vielleicht wieder was anderes ... auch
wenn Phil mir nach dem Auftritt bestätigte, dass sich dies
hier wohl bislang am "Richtigsten" anfühlte. Es
wird spannend bleiben. Ich halte die Lost Rivers nachwievor für
eine der besten Bands im Kreis. Etwas mehr Eigenständigkeit,
Stabilität und etwas weniger Spoiler, dann würde ich
ihnen das Wasser tragen.
Mittlerweile war es Mitternacht durch. Die Bands hatten sich bis
dato immer ziemlich viel Zeit gelassen und so wurde der Abend
nun doch recht lang. Da es keinen Techniker gab, waren auch die
Umbau- und Soundcheck-Phasen länger als gewöhnlich und
das Publikum verzog sich an diesem warmen Abend dann immer komplett
nach draussen. Ein bisschen ging der Zug raus.
Contienda
Libertad, eine Anarchopunkband aus Plauen, bekam das negativ
zu spüren. Power und Anzahl der Zuschauer ging langsam deutlich
zurück. So mussten die drei Jungs ihr Set fast in den leeren
Saal starten. Ihr stark von Metalriffs versetzter Punkrock mit
Gröhlgesang gefiel mir leider auch nicht, weswegen ich mir
dann ebenfalls eine Pause gönnte.
Gegen halb zwei traten dann Finisterre
(Foto), eine Crust-Band aus Köln vor die Bühne. Im Hardcore
war es ja immer schon beliebt, dem Publikum das Gefühl zu
vermitteln, alle sind gleich und die Bands sind keine Stars. Doch
wenn drei von sechs Bandmitgliedern vor der Bühne stehen
und dann aber dennoch völlig für sich agieren, der eine
Gitarrist sogar durchweg mit dem Rücken zum Publikum, dann
hebt sich das wieder auf. Das bringt das Publikum nicht näher.
Das haben die eigentlich auch nicht nötig. Denen nimmt man
ihre Einstellung auch so ab, denn natürlich waren sie total
sympathisch, vielleicht einfach nur etwas schüchtern.
Die beiden Sänger, eins davon ein Mädchen, grunzten
derbe vor sich hin, die Musik fand ich aber ziemlich interessant.
Die Riffs waren sehr melancholisch, schön und ungewöhnlich.
Das wickelte ziemlich ein. Mit der Art des Gesangs kann ich mich
aber nicht anfreunden.
Leider hatten Finisterre als letzte Band eines langen, schwülen
Abends natürlich auch den schwersten Stand. Die treusten
des Publikums, auch wenn es nur noch etwa 30 Leute waren, hielten
aber zu ihnen und wussten ihren Auftritt auch entsprechend zu
würdigen. Um halb drei bin ich dann aber heim.
(Ralf, 26.7.09)
|
24.07.09 |
The
Movements, Los
Franco Neros - Tübingen,
Epplehaus (ca.120 Zuschauer): Nicht schlecht für schwule
Hippies! Die schwedischen Movements, nicht zu verwechseln
mit den dänischen The Movement, die ja eher im Jam'schen Fahrwasser
mit arbeiterpolitischem Background unterwegs waren. Diese Jungs
hier hängen am 60s-Rock, haben den aber in ihr total eigenes
Ding gedreht, sind vor allem sehr melodisch, oft hauchzart und dahinschmelzend
(worin sie mich ein bisschen eine meine grossen Lieblinge die Lyres
erinnerten), doch immer voller energischer Kraft, mitreissend, tanzbar
und nach dem Vorbild der "richtigen" Katze sind sie einfach
eine "richtige" Liveband, die sich hingebungsvoll in ihr
Set wirft und einen "richtigen" Star als Sänger hat.
Ein wichtiges Element ist das Keyboard, schon durch die Präsenz
auf der Bühne, die zur Hälfte damit zugebaut war. Ein
Hinweis auch auf die Vielfältigkeit der Band, die ja in ihrem
zweiten Leben eine Psychedelic-Space-Platte veröffentlicht
haben, die, wenn ich's richtig weiss, irgendeinem Astronauten huldigt
oder zumindest dadurch inspiriert wurde. Hiervon allerdings heute
nichts, zumindest nicht bis zu dem Moment an dem ich davonschritt,
denn da ich ziemlich nah am Bier gebaut bin, und alleine in Tübingen,
weit weg von zuhause, aus Fahrtüchtigkeitsgründen, zum
Maßhalten gezwungen war, zog es mich in Lokalitäten die
in Fussweite vom Zuhause liegen, um guten Gewissens ein paar Herrengedecke
zu mir zu nehmen. Los Franco Neros im Vorprogramm
wussten ebenfalls zu überzeugen. Ich hab beide Bands ja, trotz
häufiger Präsenz auf süddeutschen Bühnen, heute
zum erstenmal gesehen. Die Franco Neros sind ein Tübinger Hybrid
aus 60s, Beat und Surf, wobei der Surf dabei am kürzesten wegkommt,
was mich aufatmen liess, denn die meisten Surfbands sind mir zu
gleich - unter sich und in sich, wenn Ihr versteht was ich meine.
Die Neros sind eine richtige Partyband, manchmal fast ZU party für
mich, doch das Volk wusste das sehr zu schätzen und gab Vollgas.
Insgesamt ist der Sound sehr verhalten, die Orgel dominiert über
die Gitarre. Dazu eine weibliche Stimme, das passt schon super.
Sie balancierten geschickt zwischen Instrumentals und Gesangsnummern,
was zum Abwechslungsreichtum beitrug und brachten während des
zweiten Instrumentalblocks dann tatsächlich eine herausragende
Surf-Komposition auf den Tisch, die mich dann doch wieder glauben
machte, dass es noch jemanden gibt, der diesem Genre Qualitäten
zu verleihen weiss. Hurra! Vielleicht hätten sie zwei drei
Songs früher aufhören müssen. Aber egal: Hat mir
gefallen.
(Ralf, 25.7.09)
|
Do. 16.07.09 |
The
Gories, The
Oblivians (Foto), The
Magnetix - München,
59To1 (ca. 300 Zuschauer)
Lang erwartetes Spektakel, das sich voll gelohnt hat. Ich hab die
Gories damals um ein paar Monate verpasst. Ich
kann mich noch an Plakate in Berlin erinnern. Da hatte ich den Namen
der Band schon gehört und war interessiert, hatte aber noch
keine Ahnung, dass das mal eine meiner Alltime-Faves werden würde
und so gingen sie mir durch die Lappen bis heute, einer Reunion-Tour
mit drei Auftritten in Deutschland, 16 oder 17 Jahre nach dem Bandsplit.
Und was soll man sagen? Ich glaube jedenfalls nicht, dass sie damals
schlechter gewesen sein können, als sie es an diesem Abend
im Münchner Garage-Club 59To1 waren. Kroha ist so knackig und
hat soviel Bock, dem platzen fast die Hosen. Collins hätte
sich vielleicht etwas besser kleiden können, denn im Schlabbershirt
sah er nicht mehr ganz so frisch aus wie sein Kollege, gab aber
eine souveräne Vorstellung ab und hatte vor allem an den Feedback-Parts
eine ausgesuchte Freude. Peg quälte sich ein wenig, vermutlich
weil es doch recht warm war (das war die biblischste Untertreibung
die ich jemals vor mich gegeben habe) im fast bis an den Rand gefüllten
Club und einer seit einigen Tagen sehr schwülen Witterung im
Lande. Sie pendelte konzentriert zwischen ihren beiden Toms hinundher,
denn wie man weiss und hört, bedient sie weder eine Bass- noch
eine Snaredrum, noch schlägt sie jemals auf ein Becken, was
eins von mehreren Charakteristiken des Gories-Sounds ist. Sie hält
den Rhythmus aber wirklich sehr steady, was bspw. bei den Oblivians
nicht immer der Fall und vielleicht auch nicht so wichtig ist, bei
den Gories aber schon. Peg sieht aber heute auch noch besser aus,
als ich erwartete hätte. Die sah eigentlich sogar richtig gut
aus, mit ihrer hochgeknüpften Bluse und dem verbissenen Blick.
Die Stars bei den Gories sind halt die Gitarristen. Sie sind Legenden.
Die Gitarren-Sounds bei den Gories sind wegweisend für eine
Generation an Garagenbands, insbesondere auch die vielen Einmann-
Zweimann- undsoweiter -Bands, die oft auch die herrlichen Verstimmungen
der Gories-Gitarren nachahmen, auch wenn sie noch keiner so treffsicher
auf den Punkt brachte, wie die Herren selbst. Auch beim Konzert
war das kein bisschen anders als auf den Platten vor vielen Jahren,
so dass der Aspekt des Dilettantismus weit in den Hintergrund rückt.
Ich habe selbst immer behauptet, dass es keine andere Band der Welt
gibt, die den Dilettantismus zu derart bewegender Perfektion getrieben
und damit viele Menschen glücklich gemacht hat. Ich weiss nicht,
ob ich das nun revidieren sollte. Ein bisschen Mythos muss man sich
ja erhalten.
Schon bei den Oblivians davor kochte der Laden
übrigens über, eigentlich kochte er schon als ich in der
Passage vor der Eingangstür ankam, denn bereits hier begann
sich einem der Schweiss aus dem Körper zu werfen wie ein Verzweifelter
aus dem Fenster eines brennenden Hauses.
Ich hab die Oblivians zu meinem 30sten Geburtstag im Degerlocher
Jugendhaus gesehen. Eine Show, die mir bis heute in Erinnerung geblieben
ist. Vielleicht eins der schönsten Konzerte meines bisherigen
Lebens. Die Band wurde so enthusiastisch gefeiert, dass sie hinterher
durch das Mini-Kellerfenster am Ende der Bühne fliehen mussten,
denn das Publikum warf sie immer wieder auf die Bühne zurück,
als sie gehen wollten.
Jack, Greg und Eric. Auch sie haben mit den Oblivians und einer
Reihe anderer Bands bis heute absoluten Kultstatus. Nichts was die
anfassen ist weniger als legendär und man kann diese beiden
Bands gerne als Haupteinflüsse der kompletten heutigen Garage-Szene
zählen. Ich habe unzählige Platten von ihnen im Schrank
und auch wenn ich sie momentan nicht häufig höre, gehören
auch die Oblivians nachwievor zu meinen Top5-Alltime-Bands. Mein
Favorit ist Greg. Der ist ja nun mittlerweile schon etwas auseinander
gegangen, doch bringt er immer noch so viel Leben und Herzblut auf
die Bühne und bewegt sich ausserdem so völlig eigen, dass
man nicht weggucken kann. Sein Anblick auf der Bühne, mit dem
wild wackelnden Kopf über dem Doppelkinn oder den hingebungsvollen
Gesten, wenn er am Schlagzeug sitzt, ist wie ein Schlag auf den
Musikknochen am Ellenbogen. Es tut gut und weh gleichzeitig.
Dass die Oblivians auch immer sehr schöne Kompositionen mit
viel Melodie hatten, die sie nur mit einem barbarisch-minimalistisch-kaputten
Sound unterlegt haben, war schon immer klar und kommt vorallem auch
in den anderen Bands deutlicher zum Tragen. Wenn der Gesang der
Melodieträger ist, sind das meist die Kompositionen von Greg,
Jacks Kompositionen sind weniger poppig, eher schleifend und monoton,
sexy, dazu hat er die beste Stimme der Oblivians. Jack selbst scheint
sehr perfektionistisch. Er fummelt immer am längsten am Amp
rum und wirkt ständig unzufrieden. Bei Greg darf auch mal eine
Saite reissen. Da muss schon eine zweite Saite reissen, ehe er die
Gitarre aus der Hand gibt.
Das Bezeichnendste: Beide Bands gaben alles. In dieser Saunahölle.
Hier gab es alles, gute Musik, gute Bands, gutes Bier. Das einzige
was es nicht gab, war Sauerstoff. Es gab kein einziges Molekül
im ganzen Laden, das nicht schon mehrfach durch hunderte anderer
Nasen gekrochen war, ausgekaut war und keine Kraft mehr zum Schwingen
hatte. Ich erinnere mich an einen Auftritt, es war auch in München,
nämlich in der damaligen Kulturstation in Unterföhring,
von Shellac. Albini und seine Gesellen zogen sich erstmal bis auf
die Unterhosen aus und dann hörten sie nach keiner halben Stunde
einfach auf. Mit einem verständnislosen Lächeln auf den
Lippen: "Sorry, das geht nicht. Es ist einfach zu heiss."
Die hatten damals keinesfalls den Ehrgeiz, dem Publikum etwas bieten
zu müssen. Die Oblivians und die Gories hatten das sehr wohl.
Danke.
Das grösste Bedauernis des Abends war für mich, die französischen
Magnetix verpasst zu haben, denen ich vor
ein paar Jahren in London einen schönen Abend verdankte.
Mist, ich war einfach zu spät dran.
(Ralf, 25.7.09)
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Fr. 26.06.09, Sa. 27.06.09 |
Bang
Your Head - Balingen, Messegelände
(ca. 10.000 Zuschauer) Foto von Christian Ziegler.
Auf seiner Website
gibts noch viele weitere Fotos.
Die Tiefe meiner Beziehung zum Heavy Metal lässt sich wohl
am Deutlichsten anhand der überschaubaren Anzahl von Schallplatten
erklären, die ich von dieser Gattung besitze. Meine ersten
Berührungen fanden Mitte/Ende der 80er statt, kamen aber
klar über den damals aufkommenden Crossover vom Punk. DRI
nenne ich da mal als Wegweiser. DRI fand ich immer gut. Und als
ich dann mal in der alten Reutlinger Zelle die italienischen Negazione
sah, wirkte die schiere Wucht des Sounds, diese unglaubliche Energie,
gekoppelt mit einer Aggression, die zwar sehr negativ war, dennoch
eine heilende Wirkung hatte, auf mich wie ein religiöses
Wunder.
Ich fing an Metal gar nicht mehr ganz so schlecht zu finden. Meine
erste Metal-Platte würde ich sagen, ist die erste von Napalm
Death. Es folgten ein paar andere Sachen dieser Kajüte wie
Terrorizer, doch der Staubsauger-Sound erwies auf Dauer nicht
sehr ergiebig für mich. Ich orientiere mich dann wieder an
den weniger metallastigen Abzweigern dieser Gattung.
Meine Versuche an traditionelleren Bands wie Anthrax, Megadeath,
Metallica gaben mir auch nicht wirklich viel. Candlemass hab ich
noch eine. Die fand ich ok. Und ich hab mehrere Platten von Voivod,
die ich wohl so Anfang der 90er kaufte. Und wie schön passte
es da, Voivod heuer im Bang Your Head auf der Bühne zu haben.
Das Konzert fand ich auch ziemlich gut. Die sind älter geworden,
der Sänger ist etwas hüftsteif, insgesamt hinterliessen
sie aber genau den Eindruck, den ich erwartet hatte. Kein Pomp.
Ehrlichkeit. Unaufdringlichkeit. Sympathie. Irre, apokalyptische
Riffs. Grummelnder Bass. Abwechslungsreiche Rhythmik, fast schon
ZU abwechslungsreich. Wenig an Metal erinnernder Gesang. Ja, das
ist schon Heavy Metal. Aber eigentlich ziemlich am Rand. Das Publikum
auf dem Bang Your Head ist hierzu auch zu traditionell orientiert
und nahm nur teilweise Anteil.
Davor spielten irgendwann die Burladinger Kids von Kissin'
Dynamite. Ich hatte extra meinen schweizer Besuch dazu
animiert, sich das anzusehen. Unterhaltsam sind sie ja, die Jungs
und machen ihre Sache auch gut, zumindest handwerklich. Originell
sind sie aber noch gar nicht. Da möchte ich ihnen für
die Zukunft wünschen, dass sie mehr Eigenständigkeit
entwickeln, denn sonst ist irgendwann Feierabend auf ihrem Weg
nach oben.
Was schaute ich mir noch an? Ross the Boss, der
Dictators-Veteran, mochte hiermit seine Manowar-Historie weiterleben
lassen. Ich fand's ziemlich langweilig.
Etwas später sah ich Sodom, die ich leider
auch enttäuschend fand. Die sind mir einfach ne Nummer zu
stumpf und der Gesang, wie auch die Ansagen in dem gekünstelten
Hart-Sein-Wollen, Metal-Sein-Wollen ... das ist nicht mein Ding.
Dafür war Lita Ford mit der Knaller des
ersten Tages. Ich kann mich zwar erinnern, dass ich die erste
Runaways-Platte seinerzeit an die Wand stellte und mit dem Fuss
zertrat, aber einen guten Ruf haben sie dennoch. Lita sieht noch
ganz knackig aus und präsentierte eine lockere, unambitionierte
Show in der wegen allerlei technischen Pannen vor allen Dingen
der Gitarrenroadie zu gefallen wusste, bspw. wie er Lita hinterherhoppelte
um ihr den Funksender in die Hosentasche zu stecken. Glückerweise
war er schön im Blickfeld am hinteren Rand der Bühne
drapiert, so dass er für uns irgendwann zum meistbeobachteten
Bandmitglied wurde.
Gitarrist Bumblefoot, den wir abends zuvor schon in der Sonne
sahen, wie er leicht bedröppelt seinem Keyboardkollegen zusah,
der trunken auf das Klavier hämmerte, war wie der Rest der
Band sehr lässig, zeigte aber durchaus, warum er einer der
gefragtesten Mietgitarristen der amerikanischen Hardrock-Szene
ist und dies heuer als neuer Gitarrist von Guns'N Roses beweisen
kann.
Lita Ford und Crew wollten einfach nur Spass haben. Eine aalglatte
Show mit inszeniertem Brimborio war ihnen ferner als irgendeiner
anderen Band auf dem Festival und daher 100 Punkte von unserer
Seite. Your welcome!
Danach UDO. Für's Publikum schätze
ich mal der Knaller des Tages. Einfacher Teutonen-Metal (O-Ton
Pidi) mit gassenhauerischen Riffs und Refrains. Nichts für
mich. Bei Journey zwang mich dann die fortschreitende
Trunkenheit zum Aufgeben. Ich hab nur einen kurzen Blick riskiert
und nachdem ich mit denen ja niemals auch nur das Geringste anfangen
konnte, muss man ihnen immerhin zugestehen, dass sie schlicht
und einfach mindestens eine Klasse besser waren als alle anderen
Bands. Auftreten, Ausstrahlung, Professionalität, alles andere
auch: An diesem Tag unübertroffen.
Am zweiten Tag kam ich aufgrund des Regenwetters erst aus dem
Loch als Hardcore Superstar anstanden. Ich hab
sie beim Erscheinen der ersten Platte mal besprochen, siehe Review
von It's Only Rock'n'Roll.
Bereits damals fand ich sie zum Kotzen. Später haben sie
sich dann offensichtlich wieder etwas besser auf ihre Wurzeln
besonnen und so finden wir sie heute im Hard-Rock-Genre wieder,
wo sie auch hingehören. Metal ist das allerdings nicht und
man sah schon, dass sie versuchten, dem gerecht zu werden, dass
sie hier auf dem Bang Your Head spielen. Sie hängten sich
brutal rein und versuchten hart und böse rüberzukommen.
War eigentlich genau, wie ich's erwartet hatte. Pidi erzählte,
dass die in Schweden mittlerweile Stammgast in den Top Ten sind.
Nett. Mehr aber nicht. Für das Festival insgesamt aber eine
gelungene Abwechslung.
Und dann kam die zweitbeste Band des Festivals (die beste soll
Sacred Reich gewesen sein, die ich leider verpasst
habe): Exodus. Nachdem wir uns erstmal ein wenig
weiter hinten platzierten, weil uns schon langsam die Ohren kochten,
zog es uns dann doch ziemlich schnell wieder näher an die
Front, denn das hier war ... Metal! Das war richtiger Metal (faustmach)!
Dampf, Energie, Spielfreude, Aggression, wow! Das fühlte
sich an wie damals bei Negazione. Wir hatten uns erst am Mittag
über Bands unterhalten, die zu einem gewissen Zeitpunkt ihrer
Karriere soviel Esprit haben, dass Du glaubst, die explodieren
gleich. Es gibt nichts Schöneres, als Bands in diesem Stadium
zu sehen, denn oft hält das nicht sehr lange an. Kann es
auch nicht, denn sonst würden die ja vor lauter Überadrenalisierung
verrecken. Man kann nicht ein Leben lang 200% geben. Das halten
Geist und Körper nicht aus. Das ist wie extremes Verliebtsein.
Ich hab mal gelesen, dass man nach anderthalb Jahren tot ist,
wenn das nicht innerhalb dieser Zeit etwas nachlässt und
sich in etwas weniger Anstrengendes verändert, das ja keineswegs
schlechter sein muss. So ist das auch bei Bands. Aber immer wieder
mal sollte man sich in kurze Hochphasen begeben, wo die alten
Geister wieder kurzfristig belebt werden.
Bei Exodus hatte ich das Gefühl, dass die hier und heute
soviel Bock hatten als ständen sie am Anfang einer Karriere,
die gerade beginnt, richtig abzugehen. Und das kam definitiv im
Publikum an. Bei keiner anderen Band des Festivals kamen die Massen
derart in Bewegung. In diesem Zusammenhang durfte ich mir auch
die Wall of Death erklären lassen. Danke, Pidi.
Danach Y&T, auch das war wieder eher Rock
als Metal. Eine alte Band, wie viele beim Bang Your Head, 1974
gegründet. Hier kam dann auch mal eine Statocaster und ein
wenig Blues-Feeling zum Einsatz. Daher ebenfalls wieder eine schöne
Abwechslung und eine angenehm unpompöse, allürenlose
Band, die auch ebenso aussahen, was Pidi zu dem lustigen Einwurf
brachte, dass der Sänger aussehen würde wie Bernhard
Brink. Das tat er wirklich, doch das tat unserer Freude an der
Band keinen Abbruch. Das tollste war, dass der Schlagzeuger mit
einem Arm spielte. Den anderen hatte er sich vier Tage zuvor gebrochen
und so hing er eingegipst wie eine Salami im Metzersfenster herunter,
doch bevor er einen Ersatz zugelassen hätte, versuchte er
einfach, das Ding einarmig durchzuziehen. Wow! Das sah sogar so
lässig aus, dass das mit meinem trüben Augenlicht so
aussah, als würde er nur deswegen mit einem Arm spielen,
damit er nebenher mit dem anderen die ganze Zeit rauchen kann.
W.A.S.P. waren für mich Spinal Tap. Fast
peinlich, den Rand der Überheblichkeit bereits weit übertreten.
Die hatte ich mir besser vorgestellt.
Und Blind Guardian zum Abschluss waren Ougenweide
auf Metal. Puh. Ich weiss nicht. Da hab ich eigentlich kein Urteil
zu. Hat mich aber gewundert, dass die hier als Top Act spielten.
Wir hatten auch das Gefühl, dass viele Leute schon abwanderten.
(Ralf, 19.7.09)
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Sa. 12.06.09 |
The
Pleasure Days, Mantikor
- Balingen,
the Bar (ca. 80 Zuschauer)
Die Bar in Balingen eignet sich nicht wirklich für Rockkonzerte.
Raumaufteilung und Bühnenbeleuchtung schaffen keine günstige
Atmosphäre.
The Pleasure Days, eine junge Pop-Punk-Band aus Albstadt, deren
hauptsächliches Publikum, wie mir gesagt wurde, zudem aus unter
18jährigen besteht, die in der Bar keinen Einlass haben, wählte
die Location dennoch für die Releaseparty ihres ersten Albums
aus, da im Sonnenkeller kurzfristig keine Termine frei waren. Das
stellte sich als nicht absolut günstig heraus, denn die Zuschauerzahl
war zwar ok, hätte aber auch sehr viel besser sein können.
Mantikor waren bereits mit über der Hälfte ihres Sets
durch, als ich kam, legten aber eine perfekte Vorstellung hin. Moderner,
sauber gespielter Metal-Core mit viel Melodie und einem herausragenden
Sänger, der auch optisch das Zentrum der Band ist. Auch gut:
Anton, der Punkgitarrist am Bass. Da muss man sich zwar erstmal
dran gewöhnen, aber irgendwie funktioniert das, denn er ist
voll dabei und wirkt absolut integriert.
Mit Mantikor eine Metalband als Support einzuladen, war zwar menschlich
in Ordnung, da die Albstädter Szene sich auch genreübergreifend
unterstützt, das Publikum schien diesen Geist zumindest an
diesem Abend aber nicht zu beherzigen. Viele, die wegen Mantikor
angereist waren, zogen die Reißleine als die eigentlichen
Stars dieses Abends die Bühne betraten. So mussten die Pleasure
Days ihr tolles Set vor sich lichtenden Reihen abfeiern.
Auch wenn ich bei Erwähnung des Wortes Pop-Punk normalerweise
sofort nur noch als glühender Punkt am Horizont wahrzunehmen
bin, gefallen mir diese Jungs sehr gut. Die Akkordfolgen gehen ins
Herz, Sympathie strömt auf und hundert "Nanana's"
scheinen immer noch nicht genügend zu sein, ein Satz, von dem
ich niemals geglaubt hätte, dass er mir jemals über die
Lippen kommt. Auch optisch machen sie gut was her, haben eine einnehmende
Bühnenpräsenz und moderieren sich schon ziemlich geschickt
durch ihr Set.
Was ich dann allerdings gar nicht gleich bemerkt hatte, war, dass
irgendwann der Schlagzeuger ausgetauscht wurde. ????????????? Ähm?
Warum denn das? Ich liess mir erzählen, dass der gute Mann
auch bei den Studioaufnahmen nur einen Teil oder gar nix davon einspielen
durfte, wodurch mir nur noch mehr Fragezeichen vor den Augen herum
tanzten. Das kapier ich leider nicht, Leute. Ist eine Band eine
Band oder nicht? Der Junge hatte doch super getrommelt. Und wenn's
vielleicht mal ein wenig gewackelt hätte, was soll's? Is doch
ne Punk-Band ... oder hab ich da was nicht verstanden?
Die Jungs sind noch keine 20. Da ist doch das Zusammenhalten in
der Band das Wichtigste, da ist entscheidend für die Entwicklung,
dass man zusammen Fehler macht und zusammen lernt und für das
Publikum ist es wichtig, diesen Lernprozess durch das Wachsen der
Band nachvollziehen zu können. Oder reissen sich etwa die Majors
um die Jungs und es hiess: "Ich gebe Euch 5 Millionen für
eine Werbekampagne, bringe Euch um die ganze Welt und auf das Titelblatt
jedes Magazins, aber zu Anfang müsst Ihr dafür die Drum-Parts
erstmal von einem Studiomusiker einspielen lassen, damit sich das
professionell genug anhört." Da kann man dann sagen, wir
überlegen und machen das dann oder nicht. Aber wenn kein 5-Millionen-Vertrag
ansteht, dann versteh ich das einfach nicht. Tut mir leid!
Und dann wird man sogar auf der Bühne plötzlich durch
einen Studiomusiker ersetzt!! Ich bin sprachlos! Am Ende touren
wahrscheinlich 5 Studiomusiker als the Pleasure Days, weil Ihnen
irgendjemand sagt, sie machen ihre eigene Sache nicht gut genug.
Was für eine Farce!
Tut mir den Gefallen und seid Ihr selbst! Ihr seid auf alle Fälle
gut genug, liebe Pleasure Days!
So und jetzt das Grösste: Als das Set zuende war und wir um
eine Zugabe klatschten, schrien ein paar Fans des Schlagzeugers,
also des Schlagzeugers, der nicht zu Pleasure Days gehört,
nach Schlagzeugsolozugaben, wozu er sich, ganz bescheiden, nicht
lange bitten liess. Das Ding ging nun völlig in die verkehrte
Richtung.
Ich war gekommen, um Pleasure Days zu sehen. Keiner der Pleasure
Days war mehr in Aktion. Dies war nichtmehr ihre Party und deswegen
war für mich klar, den sofortigen Abschied anzutreten. Ein
traurig-schöner Abend einer tollen jungen Band, mit eigenem
Profil, schönen Songs und allem. Mag sein, dass das alles noch
nicht 100%ig perfekt ist, aber abgesehen davon, dass es das niemals
sein muss, finde ich, dass sie jetzt schon ziemlich weit sind, vorallem
wenn man bedenkt, dass es die Band erst seit einem Jahr oder so
gibt. Ich finde es auch toll, dass sie noch ein wenig naiv sind.
Das ist frisch und spannend und sollte so lange wie möglich
erhalten bleiben, führte an diesem Abend aber leider nicht
zu dem verdienten Erfolg. Ich wünsche ihnen fürs nächste
Mal etwas mehr Geduld und etwas mehr Selbstbestimmung. Dann wird
das!
(Ralf, 20.6.09)
|
Sa. 16.05.09 |
Pub La Bomba, Navigator
- Sonnenkeller,
Balingen (ca. 80 Zuschauer) Foto:
Christian Ziegler
Albstadts neue Allstar-Band Navigator unter der
führenden Feder des Kickin Ass-Erfinders und ganz besonderen
Gutmenschen Matthias Sauter. Nach der Auflösung der Hicktown
Heroes und einem schweren Motorradunfall hat es lange gedauert bis
Maze endlich dieses Projekt auf die Bühne bringen konnte.
Dies war der erste Auftritt und
es war ganz schön heavy!!! Heavier, als ich das erwartet
hatte, für mich sogar ein wenig ZU heavy. Ein Metall-Lick jagte
das nächste, der Rhythmus donnerte immer wieder durch die Halftime
und der Gesang orientierte sich am heutigen Metal-Crossover-Standard.
Solide, dennoch fehlte mir ein wenig der überraschende Moment,
der eine kompositorische Twist oder der eine raffinierte Griff,
der einem den Kiefer auskugelt oder wenigstens die Augenbrauen hochzieht.
Der Gig lief für eine Premiere aber wie geschmiert. Die Band
war sehr gut eingespielt, kam sympathisch rüber und man merkte
dem gesamten Team die Bühnenerfahrung an. Ausserdem gefiel
mir das fast völlige Fehlen von Gitarrensolos. Das ist im Metal
(ja, da muss ich mich erst dran gewöhnen, dass Maze jetzt Metal
macht, der alte Metal-Maze) sehr ungewöhnlich und daher (zumindest
von mir) gern gesehen. Pub La Bomba waren dann
der erwartet direkte Knaller aus dem schweizer Tiefland. Heavy-Rock'n'Roll,
immer voll gradeaus, dennoch mit clever eingestreuten Tricks in
jedem einzelnen Song.
Die sich wiederholenden hypnotischen Riffs, der hohe Stakkatogesang
und die ungeheure Power lassen an Kyuss erinnern, ansonsten sind
aber doch die 70er ganz stark da, vorallem im Sound. Da passt "Easy
Livin'" als Cover wie die Faust auf den Sack.
Im Mittelpunkt bei Pub La Bomba steht interessanterweise der Drummer
Pidi, ein alter Bekannter auf der Alb, ein Mann der schon mit einigen
Kombos für ein Aufhorchen sorgte und nach dem mittlerweile
die ganze Schweiz die Pfoten ausstreckt. Jeder will ihn haben und
jeder würde ihn nehmen. Pub La Bomba haben ihn und nach dem
Hinscheiden von Hellmute sind sie nachwievor sein Hauptprojekt.
(Ralf, 31.5.09) |
So. 26.04.09 |
The
Drones - Fremantle, Fly By
Night (ca. 400 Zuschauer)
Fremantle liegt in Westaustralien, wenige Kilometer von Perth
entfernt, der Heimatstadt der Drones. Warum sie das Kleinstädtchen
Fremantle der Grossstadt vorzogen, um ihr Heimkommen nach jahrelangen
Nonstop-Touren quer durch die Welt zu feiern, wissen wir leider
nicht. Ich selbst würde Fremantle allerdings auch vorziehen.
Zu einem viel wichtigeren Thema: Wo war David Yow? Wer David Yow
nicht kennt, bitte unbedingt mit seinen Bands Scratch Acid und
Jesus Lizard beschäftigen. Das ist die Chicago-Psycho-Connection
ala Flipper. OK, ich sehe, dass auch Flipper heute nicht mehr
jedermann ein Begriff ist. Es dreht sich um die ganz frühen
Noise-Bands, die den Ruf von Labeln wie Touch & Go auf die
Beine geholfen haben. Von Steve Albini über die ganze Grunge-Bewegung
reichen die Musiker, die Scratch Acid als ihre Einflüsse
aufzählen.
Und der Psychofaktor von Scratch Acid findet sich auch bei den
Drones wieder, die beste und ernstzunehmendste australische Swamp-Blues-Band
der Neuzeit überhaupt. Sie haben dem Swamp Blues neues Leben
eingehaucht, bzw. ihn zumindest für Europa wieder neu belebt,
denn in Australien findet Swamp-Blues immer und ewig statt.
Und damit komm ich endlich zum Punkt: David Yow ist nämlich
als Sänger und Ideengeber die Konstante bei Scratch Acid
und Jesus Lizard. Und David Yow hat seit 2000 eine Band namens
Qui und sollte eigentlich die Vorband auf dieser Heimatstipvisite
der Drones sein. Aber David Yow war nicht da, sondern eine lokale
australische Swamp-Blues-Band der weniger interessanten Art. Das
war nun mal wirklich kein Ersatz. Ich hatte mich schon zuhause
riesig auf Yow gefreut, weil er einfach der witzigste und abgefahrendste
Frontmann ist, der mir überhaupt einfällt. So ein Scheiss!
Also entstand hier zumindest die Gelegenheit, die entstehende
Lücke durch schnelles Einnehmen von Alkoholika zu füllen.
Auch ein guter Zeitvertreib und somit war dann die Betriebstemperatur
genau richtig für die Drones.
Was mag ich an den Drones: Vorallem natürlich den Mastermind
Gareth Liddiard, der nicht nur toll anzusehen ist, sondern den
Sound der Band mit seinem einzigartig gezupften Gitarrenspiel
und seiner psychotisch-nörglenden, hergesoffen klingenden
Stimme den Stempel aufdrückt. Die Drones sind zwar in ihrer
Gesamtheit total gut und kompakt, wären ohne ihn aber kaum
auf diesem bedeutenden Niveau. Liddiard macht den Unterschied
und liefert sich mit dem zweiten Gitarristen feurige Duelle, während
Bass und Drums meist eine sich lange wiederholende Figur hämmern,
die aber nicht weniger wichtig ist, denn diese bohrende Monotonie
ist die wichtigste Note, die kompositorische Saat auf der die
Melodien (wenn es denn welche gibt) der Drones blühen.
Was ich an den Drones nicht mag: Den Rücken der Bassistin.
Ich weiss nicht, ob sie das mittlerweile aus Trotz macht, denn
schüchtern kann sie nach vielen hunderten von Gigs wohl kaum
mehr sein. Oder doch? Auch diese Frage muss erst mal offen bleiben.
Dronesspezialisten kennen die Antwort vielleicht. Dann schreibt
mir, damit wir den werten Kunden auf dem Laufenden halten können.
Was ich an den Drones an diesem Abend mochte: Ihr Entertainment.
Die können ja richtig witzig sein. "Aaaah, we're doin a song
... " kurzes Überlegen, etwas zu lange überlegt, denn
das Publikum fängt an zu lachen und zu jubeln - "... oh,
you like songs? That's good, 'cause we're doin a few tonight."
Auch der zweite Gitarrist wusste sich wortgewandt einzumischen.
Ja, es war unterhaltsam ... fast ZU unterhaltsam für eine
Band, die eher wütendere Nachrichten vermittelt.
Was ich an den Drones an diesem Abend nicht mochte: Liddiard
scheint mehr Richtung Songwriting zu gehen. Alleine die Strophenanzahlen
lassen Bob Dylan teils blass aussehen und das ist mir einfach
zu viel. Für mich besteht die lyrische Kunst darin, mit wenigen
Worten viel zu sagen. Der Musik tut's zweimal nicht gut. Drei
Strophen, vier Strophen, ok. Fünf Strophen, zehn Strophen,
irgendwann tut das dem Song nichts mehr nützen.
Ausserdem schleichen sich jetzt auch Balladen ein, die mir nicht
sonderlich gut gefallen. In London zuletzt waren die Drones viel
viel furioser. Möglich, dass wir hier eine Tendenz haben,
denn Liddiard bemüht sich mittlerweile auch als Solo-Artist.
Und so sahen wir an diesem Abend auch Akkustikgitarren, die ich
hier lieber verlassen im Keller gesehen hätte.
Dennoch sind die Drones immer lohneswert, demnächst auch
wieder in Deutschland. Ansehen!
Ralf (22.5.09)
|
Sa. 11.04.09 |
TV
Smith, Clap
Your Hands Twice - Sonnenkeller,
Balingen (ca. 150 Zuschauer, ausverkauft):
Sozusagen die Aftershow-Party des Skandal-Kickin-Ass-Festivals.
Es gab im Vorfeld verbale Übergriffe von der Christenfront
gegen unsereins, weil das Festival, allerdings wie die letzten
6 Jahre auch, an Karfreitag stattfand. Bislang hatte das niemanden
gestört oder es hatte niemand mitbkommen. Jetzt mussten die
guten Helbings bei der Stadt antanzen und auf Beginn 23 Uhr verlegt
werden, was nicht nur für einige Bands die Absage zur Folge
hatte, sondern natürlich auch der kommerzielle Tod für
eine Veranstaltung ist, die über Monate vorgeplant wird und
hohe Kosten aufwirft.
TV spielte also am nächsten Tag auch im Sonnenkeller, Clap
Your Hands wurden kurzerhand vom eigentlichen Festival hierher
umverlegt.
Da TV den augenblicklichen Toten Hosen-Drummer Vom Ritchie (der
er seit 99 auch bei den Boys auf deren sporadischen Live-Gigs
trommelt und über seine Zusammenarbeit mit Stiv Bators vielleicht
sogar auf den Punkrock-Olymp geklettert wäre, hätte
sich der heroinsüchtige Dead-Boys-Sänger nicht in Paris
von einem Auto überfahren lassen) dabei hatte, wurde der
Sonnenkeller zur Aufnahmestation allerlei Punkrock-Touristen,
die mäulchenoffen fotografierend ihre erregten Leiber schon
gen Bühne drängelten, als der kleene Mann überhaupt
erst sein Drumset ausrichtete.
Die beiden waren äusserst gut gelaunt und schrabbelten, TV
mit seiner Akustikgitarre, wie bei Soloauftritten, einfach nur
von einem "charmant" gespielten Schlagzeug begleitet, entschlossen
vor sich hin, irgendwie hielt ich das aber nicht länger als
drei Songs aus.
Ich war mir nicht so klar, was mich störte. Vom Unbehagen
inmitten des vorher beschriebenen Publikums abgesehen, war das
irgendwie weder Fix noch Foxi, nicht ganz Akustik, nicht ganz
Punk. Beide Variationen fand ich sonst gut, die Mitte davon nicht.
Clap Your Hands davor waren super in Form und brachten viel Dynamik
und Power rüber, das Publikum blieb aber ganz schön
statisch. Hab ich nicht ganz verstanden. Vor 20 Jahren wäre
ich deswegen mit dem Arsch voran von der Bühne gesprungen.
Im Alter ziemt sich das leider nicht mehr.
Ralf (23.5.09)
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