Konzertbesprechungen 2015

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The Bloodhounds (Köln, 25.7.15) - The Dandy Warhols (Köln, 19.3.15) - Richard Dawson (Köln, 21.4.15) - The Deaf (Köln, 25.4.15) - Drinks (Köln, 1.9.15) - The Fleshtones (Köln, 13.7.15) - Haldern Pop Festival (13.-15.8.15) - The Hara Kee Rees (Köln, 18.7.15) - Los Headaches (Köln, 4.7.15) - Robyn Hitchcock (Köln, 16.4.15) - Los Infierno (Köln, 29.7.15) - The Last Things (Köln, 25.4.15) - Maniac (Köln, 8.9.15) - Suspect Parts (Köln, 8.9.15) - Les Synapses (Köln, 7.11.15) - The Youth (Köln, 19.9.15)

Sa. 07.11.15 Les Synapses - Köln, Sonic Ballroom (100 Zuschauer)
Ein sehr versöhnlicher Herbst eines Konzertjahres, das mit absoluten Highlights nicht um sich geworfen hat. Die durchgeknallten Franzosen aus Le Havre aber haben den Sonic Ballroom nun bereits zweimal dieses Jahr zum Ausflippen gebracht.
Die Musik ist gar nicht einfach zu beschreiben, da die Mischung sehr interessant ist und sich auch in einem gemischten Publikum niederschlug. Am deutlichen wohl die Basis im French-Freak-Beat, die Arrangements uferten aber teilweise ganz und gar aus, fingen sich aber immer wieder rechtzeitig ein, so dass man den einen oder anderen Hippie sehen konnte, doch nicht die Gefälligkeitsduseligkeit der Lahmen sondern den widerspenstigen knorrigen Charakter eines wilden unbezähmbaren Geistes. Psychedelic, Beat, Gainsbourg, Dutronc und Nonkonformität in bester Harmonie.
Die Synapses sind nicht mehr jung an Jahren, doch ihre spielerischen Arrangements zeugen von kindlicher Experimentierfreudigkeit. Eine eerie Orgel, eine zunächst zurückhaltende Gitarre, die sich im Laufe des Konzerts zu immer extremeren Fuzzorgien antrieb. Und dazu viel Tanzbarkeit, variable Rhythmik und sympathische, verrückte und gut aussehende Typen. Ich war extrem müde, doch die Synpapsen liessen mich das vergessen. Sehr sehr schönes Konzert.
(Ralf, 8.11.15)
Sa, 19.09.15 The Youth - Köln, Sonic Ballroom (150 Zuschauer, knallvoll)
Hoppsa, die ham's drauf, Leute. Das ist high quality Rock Star Unterhaltung. Phantastische Band, geile Songs, grosses Drumherum, alles stimmt. Ich hatte schon einen zwei Meter langen Artikel geschrieben und alles haargenau beschrieben, aber das triffts ja eh nie. Vielleicht reichen auch ein paar Worte: The Youth aus Kopenhagen sind mit das Beste was die Garage Szene derzeit weltweit zu bieten hat!
(Ralf, 16.1.16)
Di. 08.09.15 Maniac, Suspect Parts - Köln, Sonic Ballroom (50 Zuschauer)
Where is Punk gone? Man kann's an einer Hand abzählen, was an gutem Punk durch die Lande zieht. Irgendwie out gerade, offensichtlich. Da waren Maniac und Suspect Parts aus USA schon ne Wohltat, auch wenn sie mir am Ende ZU poppig waren, zu tralala, ein Bricket Schärfe, Kante und Agression vermissen liessen. Beide waren irgendwo zwischen den Descendents und den Spits zuhause. Prinzipiell fein, keine Solos, geradeliniges Riffing mit raffinierten Schachtel-Breaks, Maniac etwas direkter und bei den Suspect Parts auch wirklich einfallsreiche Arrangements.
Der durchweg zweistimmige Gesang der Suspect Parts nett, fast zu nett, fast schon Beatles, Mensch, haha! Aber ok. Der britische Gitarrist ist klasse und scheint mir auch den leichten 60s Einschlag zu verantworten.
Maniac eher die Spassvögel. Der Sänger immer eine Tonlage. Sie sind etwas gerade als die Suspect Parts aber am Ende doch fast langweilig, sorry. Wenig wirklich interessante Variationen in den Songs. Da kann das Tempo alleine schon ganz viel richten. Es gab am Ende aber auch einfach zu wenig zum Kucken. Ich glaube die Typen waren etwas müde an diesem Dienstag, wenn die Tour schon drei Wochen läuft. Aber ich war sonst zufrieden. Endlich mal wieder Punk!
(Ralf, 11.9.15)
Di. 01.09.15 Drinks - Köln, King Georg (50 Zuschauer)
Tim Presley, einer der aktuellen Meister des britischen Indie, auch wenn er aus den USA ist. Mit White Fence zu mittlerweile beachtlicher Berühmheit aufgestiegen, war mir der Gitarrist zunächst vorallem als kurzfristiges Mitglied bei The Fall ein Begriff. Damals, frei aus dem Gedächtnis zitiert etwa 2005/2006, kurz bevor Smith sich sein längstwährendes Line-Up zusammenstellen sollte, hatte er sich während einer US-Tour seiner kompletten Belegschaft entledigt (nicht zum ersten Mal, dass die USA einen besonderen Rang unter den vielen Schauplatz des Grauens im Universum der "most insane british band" einnahm) und unter den einspringenden Herrschaften, die anschliessend gleich noch auf einem ganzen Album mitwirken konnten, bevor der berühmteste musikalische Salforder Spross wieder nach Hause wackelte, befand sich jener Tim Presley, der hier nun an der Seite einer gewissen Cat Le Bon, die, ganz im Gegensatz zu dem urbanen San Francisco Anti-Hipster, in einem walisischen Dorf Grashalme zählt, ein wirklich wunderliebst grossartiges Duo formt.
Beide spielen Gitarre und beide singen. 60s-Indie-Psychedelia mit einem Schuss Wave und der Haltung knietief im Punk. Die Gitarren klingen super, sogar besser als auf Platte, sehr ausgefeilt, im ganzen Schrägsein liegt viel Können oder wie es Frank, einer unserer Begleiter sagte: "Das ist nicht nur SO ... das ist nicht nur ein Sideproject ... da steckt richtig viel drin." Seh ich genauso. Es knarzt und scheppert sehr kontrolliert, auch wenn vieles sich anhört, als würde es irgendwo rumirren. Nein, die nörgelnden Gesangsverweigerungen, die sparsam akzentuierten Drums, der Bass als einzige geradlinige Komponente, der Platz eines jeden scheint genau richtig.
Auch optisch die Band interessant. Man kuckt und fühlt sich unterhalten, mitgenommen, auch wenn deren kühle Ich-bin-jemand-der-tote-Katzen-am-Stock-mit-sich-herumträgt keine Nähe schafft. Aber Sympathie jedenfalls schon. Ich mag die und ich war ausnehmend begeistert, wirklich!! White Fence letztes Jahr waren auch sehr gut, aber das her hat mich tatsächlich sogar mehr angesprochen. Ein tolles Kollektiv. Ich wünsche mir mehr von ihnen und ihren abgedrehten Geschichten. Psycho Psycho Hurra! Ich liebe Drinks! Schon der Name beweist eigentlich Ausserordentliches, hahaha!
(Ralf, 11.9.15)
13.08. - 15.08.15
Haldern Pop Festival

...jedes Jahr ein wunderbares Sommerschmankerl in der hiesigen Festivallandschaft. Auch in der 32. Ausgabe des Haldern Pop Festivals bewahren die Realisatoren ihre Tradition und schaffen im niederrheinischen Rees-Haldern wieder ein sommerliches Festivalidyll. Zugegeben, ein fieser Wolkenbruch am Samstagnachmittag schmälert etwas die Festivallaune, Hartgesottene gesellen sich aber dennoch bei strömenden Regen zu Father John Misty und The Slow Show vor die Main Stage. Aber der Reihe nach und erst mal zu den trockenen Angelegenheiten.
Am ersten Festivaltag bespielen AnnenMayKantereit die Byzanz-Bühne des Biergartens. Unfassbar wie die Stimme von Henning May (der Bandname speist sich aus den Nachnamen der Mitglieder (Christopher Annen – Henning May - Severin Kantereit) dem Organ von Tom Waits gleicht. Wobei der junge Mann hier auf der Bühne gerade sein 22. Lebensjahr erreicht hat und ziemlich trocken daherkommt. Ein weiterer Höhepunkt an diesem Abend sind die französisch-kubanischen Zwillingsschwestern Ibeyi. Die Töchter des Buena Vista Social Club Perkussionisten Miguel „Angá“ Díaz, liefern mit ihrer entschleunigten Bassmusik eine absolut eindringliche und berührende Show ab. Die Damen verzaubern das Publikum im größeren Spiegelzeit genauso gut wie im intimen Kreis der Kölner Klubbar King Georg. Nach den Auftritten der Österreicher Bilderbuch und des abgespacten Dan Deacon beschließt den Eröffnungsabend das Elektro-Duo Public Service Broadcasting. Ganz interessant, da bei ihnen die Vocalparts ausschließlich aus zusammen geschnittenen Stücken öffentlich-rechtlicher Rundfunksendungen bestehen.

Der zweite Festivaltag gehört – wie soll es auch anders sein – den Mädels. So vermag die britische Spoken Word Künstlerin Kate Tempest auch bei diesem Festival das Publikum mitzureißen: Intelligente, rasant schnelle Lyrics treffen auf fette Bässe. Auch wenn ihre Band zunehmens personenmäßig abnimmt, kann sie mich zum wiederholten Male überzeugen. War sie beim Appletree Garden 2014 noch mit einer Begleitsängerin und drei Typen an den Reglern und E-Drums unterwegs, so sind an diesem Freitag nur ein Drummer und eine Frau an den Sequencern am Start.
Jedoch wird heute ein anderes Event noch die Main Stage abbrennen: Savages (Foto). Der Himmel schließt sich, die Wolkendecke lässt die Stimmung ins Bedrohliche abdriften, während die vier Damen aus London ihren düsteren Post-Punk um die Ohren hauen. Gerade die Sängerin Jehnny Beth schafft auch visuell eine Aura, der man sich nicht entziehen kann. Mit ihren hart abgesetzten Handbewegungen – die sie sich wahrscheinlich von Ian Curits abgeschaut hat – und ihrem starren Blick generiert sie ein stetiges Bild von Distanz. Den einzigen Deutschlandauftritt (Haldern Pop exklusiv!) nutzt die Band auch als Feuerprobe für ihre neuen Songs. Nachdem das neue Material abgefeuert und –gefeiert wurde, schlagen die Savages altbekannte Töne an, um die Masse richtig zum Kochen zu bringen. Mit „Husbands“ von ihrem ersten Album kulminiert die Performance der charismatischen Frontfrau. Barfuß balanciert sie auf dem Absperrgitter von linker zu rechter Bühnenseite, abgestützt auf den Händen der Fans um sich dann doch ganz ins Publikum zu werfen. Mit „Fuckers“ geht die großartige Darbietung der Savages zu Ende. Auf ein Neues hat diese Formation alle an die Wand gespielt, die sich auf europäischen Festivals rumtreiben. Auch Viet Cong haben es da schwer mitzuhalten, die eine Stunde später im Spiegelzelt auftreten. Dennoch eine vollkommen passable Show und mit ausufernden Noise-Passagen ein würdiger Abschluss des Abends, zumindest für mich.

Mittlerweile Samstag – letzter Programmtag. Und es regnet. Nicht zu knapp. Father John Misty fängt gleich auf der Hauptbühne an. Also los über den Campingplatz zum Gelände. Aber das was während diesen Metern bereits vom Himmel prasst, ist erst der Anfang. Dabei stehen noch richtig gute Acts auf dem Zettel. Nils Frahm und Kiasmos beispielsweise, beide beim Qualitätslabel Erased Tapes zuhause. Oder War On Drugs, die als letzter Termin auf der Main Stage spielen und nicht annähernd die Audienz bekommen, die sie verdient hätten. Der Regen ist einfach zu krass. Aber es gibt Hoffnung. Die Slacker-Königin Courtney Barnett spielt gleich im Spiegelzelt. Freilich fällt meine Entscheidung nicht nur wegen des Regens auf die australische Songwriterin. Mit ihrem ersten offiziellen Album und dem sensationellen Titel „Sometimes I Sit and Think, and Sometimes I Just Sit“ hat sie mich bereits im Frühjahr von den Socken gehauen. Und live performed Ms. Barnett mit zwei Mitmusikern ihre Stücke mal richtig laut und mit einer Extraportion Distortion. Was leider auch wieder die Pogo-Fraktion auf den Plan ruft. Ellenbogen sind in diesem Jahr etwas mehr „in“. Naja, etwas nervig, aber trotzdem ein gelungener Festivalabschluss.
Haldern Pop Festival – wir sehen uns gern und immer wieder!
(Marc, 17.8.15)

Mi. 29.07.15

Los Infierno - Köln, Sonic Ballroom (80 Zuschauer)
Menschliche Rock-Muppet-Show aus Mexiko. Lustig aber dennoch cool. 5 kraftvolle trampelnde mexikanische Stiere mit John Sinclair-Mähnen. Herrgott, was soll man sich da beschweren ... bei allem Unterhaltungsfaktor war's mir dennoch zu rockig. Mein eng gestricktes musikalisches Geschmäckchen wurde empfindlich durch muskulösen Hardrock pikiert. Man findet immer ein Haar in der Suppe ... wenn man will.
Die Band davor ... ev. fällt mir der Name wieder ein ... waren mehr Attitude denn Music. Ein Dreigespann mit sperrigem, schlecht gespieltem Agit-Punk. Aber die Frisuren sassen.
(Ralf, 9.9.15)

Sa. 25.07.15

The Bloodhounds - Köln, Sonic Ballroom (70 Zuschauer)
Retro-Band aus LA. Garage ist das auf gar keinen Fall, denn dazu sind sie nicht wüst genug. Sie spielen sehr sauber, eher ne Mischung aus Mariachi und 50s-Rock'n'Roll als Punk. Der Sänger war nicht gut, konnte sich stimmlich kaum durchsetzen. Die Spielweise und das ganze Auftreten der Band hatten keinen Biss, nur fade Energie, keinen Hüftschwung, nur einen Knicks.
Beim Kaffeekränzchen im Altersheim wären sie besser aufgehoben gewesen als im Sonic Ballroom. Aber dem dankbaren Kölner Publikum war es recht. Man erging sich in Freude und Trunkenheit ... aber nicht so der gähnende Onkel, der das alles nur im Sitzen ertragen konnte und dann am Ende doch noch böse wurde:
Tiefer im Set erhärtete sich der Verdacht, dass sie mehr Covers spielten als zulässig und erschwerenderweise präsentierten sie diese in ihrem eigenen schlaffen Beat. Eigene Interpretation? Durchaus eine legitimierte Herangehensweise. Wenn das aber so schlecht gemacht ist, dass mancher Song kaum zu erkennen ist und wenn man dabei sogar so dummdreist ist, sich an Heiligtümer heranzuwagen, die man gar nicht oder nur dann covern darf, wenn man es besser macht als das Original, ... dann erbitte ich mir, festzustellen, dass wir hier nicht beim Törtchenessen sind. Das Feingefühl einer Band ist ausserordentlich wichtig und entscheidend bei der anschliessenden Sache mit demTöpfchen und dem Kröpfchen.
Bands wie die Bloodhounds können uns leider keine Orientierung bieten. Im Tanzcafe gerne, aber nicht da wo Geschichte geschrieben werden soll.
(Ralf, 2.8.15)

Sa. 18.07.15 The Hara-Kee-Rees, Tall T - Köln, Sonic Ballroom (150 Zuschauer, gnadenlos sold-out)
Sauna brutal! Keine Luft, nur heisse Feuchte, Körper an Körper! In dieser Flora eine derart powergeladene Show abzuliefern, das ist Hara Kee Ree im wahrsten Sinne des Wortes, zumal sie auch nur kurz geprobt hatten, denn dies war eine Re-Union-Show. Die Schlussfolgerung im typisch überheblichen Text des Monatsblatts, dass die Band ja wohl eher über Live-Qualittäten verfügt, abzulesen am spärlichen Output im dekadenlangen Bestehen, war daher schlichtweg schlecht recherchiert, tat den tatsächlichen Live-Qualitäten der Band aber keinen Abbruch, denn die sind unbestritten.
Ich hatte sie echt nicht so druckvoll in Erinnerung und trotz der Hitze waren sie unerbittlich.
Garage-Punk mit einer Betonung auf Punk, wie man ihn selten so gut zu sehen bekommt. Ich sah nur Bewegung, Bewegtheit und schreiende Gesichter. Und 100 Leute vor der Tür, die nicht mehr reinkamen.
Tall T davor mit schwärzestem Hängt-ihn-höher-die-Geier-werden-ihn-schon-holen-Country-Rock plus geilem Psycho-Sahnehäubchen. Wundervoller Abend!
(Ralf, 2.8.15)
Mo. 13.07.15 The Fleshtones - Köln, Sonic Ballroom (150 Zuschauer, rappelvoll)
New Yorker Legende. Hab viele viele Jahre gewartet, um sie endlich live zu sehen und es hat sich gelohnt. Sie sind einfach der coolste und dabei lockerste, sympathischste und unarroganteste Poserhaufen, den ich jemals gesehen habe.
Was sie spielen ist Garagen Rock, sehr 50s/60s verwurzelt und niemals klassische Strukturen verlassend. Sie kamen zu ihrer Gründungszeit mitten in die Punkwelle rein, in die sie mit ihrer schnoddrigen Art einfach total perfekt reinpassten, der sie aber niemals angehörten oder sich anbiederten. Man schätzte und lobte sich, eine feuchtfröhliche Verbindung, die dann aber alleine im eigenen Bett endete. Bis heute ziehen sie ihr Ding durch, ungeachtet des Weltgeschehens und da sie niemals modisch waren, klangen sie stets frisch und haben sich das bis heute bewahrt. Götter!
(Ralf, 2.8.15)
Sa. 04.07.15 Los Headaches - Köln, Sonic Ballroom (30 Zuschauer)
"Your country is too warm for us" war die ironische Schlussfolgerung einer hartgesottenen Bande dahergelaufener mexikanischer Jugendlicher, die schon während der ersten drei Songs in eine der zerlaufenden Monster zu mutieren schien, die sie so gerne auf ihren Plakaten darstellen. Sie fingen vor 4 Leuten an, da der gewöhnliche Kölner 60s-Punk an den heissesten Tagen des Jahres lieber im Biergarten des Sonic Ballroom zischte, denn sich unter den wenigen Wagemutigen zu verstecken, die sich tatsächlich nach drinnen trauten, doch während ihres mit ungebrochen-stoischem Gleichmut heruntergerotzten Sets versiebenfachte sich das Auditorium, so dass am Ende eine durch die Gegend hüpfende Masse triefender Körper ein Zeugnis der Qualität unserer jungen Helden abgaben.
Punk, mit dünnen schepprigen, ungelenk gegriffenen Akkorden, mucho BlackLipso, doch viel snottiger, punkiger und gebündelter. Immer leichtfüssig, leichtherzig, gutmütig aber rebellisch. Los Headaches machen sehr viel Spass und lassen sich nicht durch Hitze, Saitengefatze (die Basssaite wurde nach dem Konzert wieder zusammengeknotet, denn es sollten ja noch ein paar Gigs folgen) und endlose Zugabenrufe irritieren. Höchstens ein wenig durch Letzteres.
Ralf (16.7.15)
Sa. 25.04.15 The Deaf, The Last Things - Köln, Blue Shell (50 Zuschauer)
Holländische Hochambitions-Indie-Pop-Rock-Gruppe verkleidet in 60s-Garage-Punk-Paraphernalien. Brutal professionell, schön anzuschauen, super gute Musiker, spielen mit extremem Druck, können gut singen, haben grösstenteils perfekt abgestimmte Kompositionen von denen mir einige auch ganz gut gefallen haben, packen das in eine mitreissende Rockshow, mit ausgeklügelt abgestimmter Dramaturgie und Oberkörperfrei-"Und jetzt alle ..."-Mitsingpausen ... und ihr merkt schon woran es hakt: Das ist leider alles nicht echt.
Die kommen aus irgendnem anderen Rock/Punk Rock/Metal-Bereich und ich verstehe ihre Motivation nicht.
Hi-Action, Hi-Energy, Hi-FuckYou! The Right Society?!? Und in ein paar Jahren dann auf den Festivals. Eine grauenvolle Vorstellung. Kommen jetzt dann bald lauter ehemalige Metalheads mit Ohrtunnels in 60s-Anzügen in den Sonic Ballroom zu Shake Appeal und nehmen uns unsere Seelen?
Davor The Last Things aus Hamburg mit leider wenig spannendem aber routiniertem Cowboy-Garagen-Rock. Ich glaube ein sympathischer Haufen aber ich könnte nicht sagen, dass es mich vom Hocker gerissen hat.
The Deaf und die Last Things sind Bands die ich nicht zuordnen kann. Ich verstehe ihre Absichten nicht, erkenne die Roots nicht, kann mir deren Vergangenheit nur schwer zusammenreimen. Mich macht sowas misstrauisch. Und solche Bands sieht man immer wieder im Blue Shell.
(Ralf, 4.5.15)

Di. 21.04.15 Richard Dawson - Köln, King Georg (40 Zuschauer) Photo from Richards Website, shot by Jazzy Lemon.
Wie soll man das denn jetzt nur mit Worten wiedergeben? Eigentlich wollte ich nur einen Satz schreiben. Vielleicht sowas wie: "Noch nie habe ich einen Mann in einem lila Anorak soviel Unfug machen sehen" Aber nein.
Darin käme nicht zur Sprache, dass Dawson's Kunstfertigkeit einem schlicht und einfach die Sprache verschlägt, einen mit offenem Mund verharren und vergessen lässt, dass das Leben ein einziges Leid ist. Das Singer- und Songwriter-Genre quasi einmal durch den vollaufgedrehten Fender Twin gejagt, dann in Grund und Boden gestampft, dann an die Wand geschrien und das mit solch spielerischen Leichtigkeit und souverän-schrulligem Charm. Ein Outsider? Mitnichten. Dawson weiss was er tut. In jedem Moment seines Wirkens. Ein ganz grosser toller Künstler, jenseits von den langweiligen Dreien Hype, Hip und Glamour.
Das beseelendste Konzert des Jahres. Und des letzten auch. Staunen und Lachen. Und ich hab selten erlebt, dass alle die dabei waren so einig schwärmten.
(Ralf, 25.4.15)
Do. 16.04.15 Robyn Hitchcock - Köln, King Georg (40 Zuschauer)
Nicht soviele Leute da wie im Vorjahr. Umso besser für mich, der volle Hallen hasst. Hatte ich 25 Jahre darauf gewartet, Hitchcock live zu sehen, wurde mir dieses dann tatsächlich gleich zweimal innerhalb eines Jahres nichtmal 100 Meter vor der Haustür gegönnt. Kein Anlass also zur Beschwerde.
Den Querverweis den ich jetzt zu ziehen gedenke möge man mir bitte schon vorher verzeihen. Für mich ist Hitchcock aber seelenverwandt mit einem gewissen Tim Smith. Klar, der ein ist ein Punk und der andere ein Psychedelic-Pop-Rocker. Aber beide hatten mal eine Band hinter sich und stehen jetzt nur noch mit der Wanderklampfe in der Hand da. Aber im Gegensatz zu dem Personenkreis der im Plattenregal gewöhnlich neben ihnen steht, haben sie noch den Rhythmus im Blut. Man denkt, man hört noch die Band mit ihnen spielen. Sie komponieren wundervolle Songs, haben tolle unverwechselbare Texte, eine unerhört sympathische Herzlichkeit mit der sie ihr Publikum quasi sofort einwickeln und sorgen für ein Erlebnis das bei einem bleibt.
Hitchcocks Riffs sind so derart 60s-Psychedelic, der atmet Londons Technicolor Dream wie kein zweiter. Fuck the Temples. Hitchcocks whats real!!
(Ralf, 18.4.15)
Do. 19.03.15
The Dandy Warhols
- Köln, Gebäude 9 (400 Zuschauer), Foto wie man sieht nicht aus Köln, aber wenigstens von derselben Tour, geklaut von der Website der Band
Eigentlich ne supercoole Band. Man merkt schon, dass die richtige Stars sind. Ich kannte sie bislang nur aus der Doku DIG!, die sie eine Zeitlang mit den Brian Jonestown Massacre begleitete. Die Doku ist reisserisch und vorallem Anton Newcombe kriegt sein Fett weg in dem er als wahnsinnges Genie dargestellt wird, die wenigen superkrassen Momente aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt, als sei sein ganzes Leben nicht anders gelaufen.
Die beiden Bands waren eine Zeitlang die Speerspitze des amerikanischen Psychedelic Rocks, mischten 60s- und 70s-Rock mit modernen Alternative-Elementen, einer hohen Kreativität und insbesondere bei den Warhols auch mit einer eingängigen Leichtigkeit, die sie sofort auf ein Major-Label, in die Charts und nach einigen Jahren auch auf die ganz grossen Festivals (zumindest in Europa) brachte.
Das immerhin reichte, um ihnen eine treue Gefolgschaft zu sichern und sie daher auch 20 Jahre danach noch 500er Hallen füllen lässt, auch wenn die Hitdichte später wesentlich übersichtlicher ausfiel.
Die Dandy Warhols sind und waren eine Band, die tut was sie will und sich keinem Druck von aussen beugt. Diese Haltung hat dem Schaffen, dem Status und der Persönlichkeit der Band enorm gut getan und machte für mich letztlich auch den Mehrwert des ganzen Abends aus.
Sie sind einfach scheisscool, eine richtig toll anzusehende Band. Musikalisch für mich ok, nach ner Weile vielleicht etwas langweilig, da sie doch sehr viele sehr ähnliche und ruhige Nummern im Set hatten, aber das Auge hatte eine richtig richtig gute Zeit und das Barpersonal Vollbeschäftigung.
Nächsten Abend: DIG!
(Ralf, 18.4.15)

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Teufel