Konzertbesprechungen 2016

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Alte Sau (Berlin, 2.6.16) - Thomas Allan Band (Köln, 23.11.16) - Archive (Köln, 25.11.16) - The Ar-Kaics (Hamburg, 8.4.16) - The Asteroids (Hamburg, 8.4.16) - Bad Future (Berlin, 25.3.16) - Bad Noids (Berlin, 15.10.16) - The Beauty Regime (Berlin 4.5.16) - Black Eyed Dog (Berlin 4.5.16) - The Blow-Ups (Berlin, 6.5.16) - Camera (Berlin, 5.4.16) - Catholic Guilt (Berlin, 25.3.16) - Clowns (Köln, 10.8.16) - The Coathangers (Köln, 10.5.16) - D. Cooper (Berlin, 21.10.16) - The Courettes (Hamburg, 8.4.16) - The Diegos (Berlin, 21.10.16) - Disaster Jacks (Köln, 10.8.16) - Louise Distras (Köln, 23.11.16) - Doc Schoko (Berlin, 21.10.16) - Dollhouse (Köln, 21.7.16) - Dystopian Society (Berlin, 13.8.16) - The Fall (Berlin, 12.3.16) - Fotzen Power Germany (Berlin, 21.10.16) - Garden Gang (Berlin, 19.3.16) - Gym Tonic (Berlin, 28.7.16) - PJ Harvey (Berlin, 20.6.16) - Hysterese (Berlin, 25.3.16) - Il Sogno Del Marinaio (Berlin, 24.10.16) - The Jackets (Berlin, 24.5.16) - The Jet-Sons (Berlin, 15.1.16) - The Kilaueas (Berlin, 28.5.16) - Levent (5.5.16 Berlin) - Lene Lovich (Köln, 12.5.16) - Lime Crush (Berlin, 2.6.16) - Lydia Lunch Retrovirus (Köln, 10.3.16) - The Maggie's Marshmellows (Hamburg, 9.4.16) - Jesse Malin (Berlin, 5.3.16) - The Mobbs (Berlin, 15.1.16) - Modern Pets (Berlin, 6.7.16) - Mommy Boys (Berlin, 21.10.16) - Mondo Furmatore (Berlin, 24.6.16) - The Monsters (Berlin, 14.11.16) - The Morlocks (Berlin, 14.5.16) - Mugstar (Berlin, 5.4.16) - Needle Exchange (Berlin, 6.7.16) - Negot (Berlin, 13.8.16) - Die Nerven (5.5.16 Berlin) - No-Counts (Berlin, 30.12.16) - The No Fits (Berlin, 13.8.16, Berlin, 21.10.16) - The Oblivians (Berlin, 24.7.16) - Paul Orwell & The Nightfalls (Berlin, 11.9.16) - Les Playboys (Berlin, 10.9.16) - Radio Birdman (Berlin, 6.7.16) - Rancune (Berlin, 21.10.16) - Dean Roberts (Berlin, 24.10.16) - The Royal Flares (Berlin, 10.9.16) - King Salami and the Cumberland Three (Hamburg, 9.4.16) - The Satelliters (Berlin, 11.3.16) - The Scumbugs (Hamburg, 8.4.16) - Sir Robin & The Longbowmen (Berlin, 1.8.16) - Snoffeltoffs (Berlin, 1.8.16) - The Sonnenbergs (Berlin, 24.6.16) - Ulrika Spacek (Köln, 11.10.16) - The Strollers (Hamburg, 9.4.16) - Tupsi Tampon (Berlin, 15.10.16) - The Teamsters (Berlin, 6.5.16) - The Thanes (Berlin, 11.9.16) - The Toylettes (Berlin, 21.10.16) - Travel In Space (Berlin, 24.5.16) - The Trash Templars (Hamburg, 9.4.16, Berlin, 28.5.16) - The Vagoos (Berlin, 6.5.16)

Fr. 30.12.16 The No-Counts - Berlin, Schokoladen (ca. 80 Zuschauer)
Berlins first and only really primitive Teen-Punk-Meanies, wieder zum Trio geschrumpft. Das ist wirklich 100% raw, stripped-of-everything, 2-minute-songs-bashing. Ausgefeiltes Songwriting: No, musikalischer Anspruch: Never.
Die Songs fangen irgendwie an und hören irgendwie auf. Die Unfertigkeit ist perfekt. Hinundwieder gerät das Ganze sauber ins Wackeln, was völlig ok ist, leider dann aber etwas Aggressivität verliert. Sehr schön aber, wenn ihre Gesänge sich in den Hall zerren, dass der Schimmel von den Garagenwänden springt. So stellt man sich die wahren Teen-Garage Bands vor. Man erwischt sich am schwelgen, was das für Zeiten gewesen sein müssen. Die No-Counts holen sie zurück, inklusive mürrischer Miene und konsequenter Entertainment-Verweigerung. Punk!
(Ralf, 12.1.17)
Fr. 25.11.16 Archive - Köln, Kantine (ca. 1500 Zuschauer, ausverkauft)
Nie gehört von, obwohl die schon 10 Platten oder so draussen haben. Ich konnte umsonst rein und hatte "was in der Art von Portishead" recherchiert. Ganz weit entfernt waren die tatsächlich nicht. In den instrumentalen Passagen zwischen oder mitten in Songs konnte das durchaus mal unheilvoll klingen. Am Ende überwog aber doch die geradlinige Melodie und die melancholische Seite war weniger introvertiert und zerbrechlich, sondern eher die elegisch-grosse Geste.
Zwei Keyboarder und Songwriter sind wohl das Main-Team, der Rest wird nach Bedarf neu rekrutiert. Keine Ahnung, warum denen die Leute immer wegrennen. Es ist aber stets von irgendwelchen Differenzen zu lesen.
Die Band sitzt in London oder mittlerweile Frankreich. Hatte nicht genügend Geduld das erschöpfend zu recherchieren. Da ich erst ankam als sie schon mitten im Set waren, konnte ich mich leider kaum ein paar Meter in den Saal bewegen, da es rammelvoll war. Dennoch für mich wieder die Bestätigung am Unterschied zwischen Archive und Portishead: Den weniger kunstvollen und queren Weg einzuschlagen, macht nicht automatisch bekannter. Auch mit einem von einem verstörten Inneren getriebenen Ding, das viele Psychosen auszulösen vermag, kann man, wenn man soviel Qualität wie Portshead in die Waagschale legt, durchaus auch für ein grösseres Publikum interessant sein. Denn - wer kennt schon Archive?
(Ralf, 29.11.16)
Mi. 23.11.16

Louise Distras, Thomas Allan Band - Köln, Sonic Ballroom (ca. 50 Zuschauer)
Als ich rein kam war es schon mucksmäuschenstill. Thomas Allan stand mit seinen beiden Mitstreitern vor der Bühne, sang eine Ballade und die Fans waren schon mitten in den Klauen der Ergriffenheit.
Ist ja nichts Schlechtes, hehe. Ich fand den Jungen eigentlich auch extrem gut. Die Riffs haben was punkiges, sind stimmig. Die Songs melodiös, emotional, nicht zu kitschig - oder hatte er mich auch schon verhext? Seine Stimme ist herausragend. Er ist sympathisch. Engländer, dem Akzent nach. Seine Gitarre mit nem Dreh ins Bluesige, manchmal recht minimal, man fragt sich, ob ne zweite Klampfe fehlt, aber ich denke, es ist gut so. Man kann auch mal runterfahren. Die Thomas Allen Band fährt viel runter, zieht dann aber wieder an, gerade rechtzeitig, bevor ich die Augen verdrehe und ... ja, ich war ziemlich angetan. Dann spricht er plötzlich akzentfreies Deutsch. Häh? Doch Deutscher, Mehrsprachler? Oder stimmt hier irgendwas nicht? Er ist jung. Vielleicht verstehe ich wieder mal die jugendliche Welt nicht. Ich müsste das noch mal sehen, bräuchte mehr Eindrücke.
Louise Distras ist eine echte Engländerin und ne Art Punk-Singer-Songwriter. Sie war mit voller Band unterwegs, alles Frauen und die hatten ihren Kram im Griff, zur Hölle! Das waren alles Top-Quality Musikerinnen und Louise hat eine grossartige Stimme. Die Kompositionen sind gerade noch Punk genug, um nicht vom Sockel getreten zu werden, aber doch seeeeeeehr grade geschnitten, gerade aber nicht platt, ausgefeilt genug, um auch gewissen Ansprüchen zu genügen..
Sie singt von United Kids, Revolution, No Democracy und so. Von Liebe und so. Punk halt. Einfache Botschaften, die aber von Herzen kommen. Das ist völlig in Ordnung, macht Spass und ist beeindruckend perfekt. Man konnte fast über den Mitklatsch- und Mitsingscheiss und die fünfte Beteuerung hinwegsehen, wie toll doch dieses Publkium wieder sei ... im Sonic Ballroom ... an einem Mittwoch. Fast!
Magnus, mein geschätzter Begleiter, meinte am Ende: "Die könnten auch knüppelharten Punk spielen!" Das könnten sie ... auf ALLE Fälle könnten sie das. Und zwei Herren sehen sich in die Augen und sagen: "Und dann wäre es RICHTIG gut gewesen." Wäre!
Louise Distras und Thomas Allan sind Mainstream, aber die gute Art von Mainstream. Achja, und Bela B soll es auch gut gefallen haben. Keine Ahnung, uns ist er nicht aufgefallen und das spricht ja für ihn.
(Ralf, 30.11.16)

Mo. 14.11.16 The Monsters - Berlin, White Trash Fast Food (ca. 250 Zuschauer)
Brutaler, lauter, reduzierter, lustiger und sympathischer denn je. The Monsters sind auf ihrer 30 Jahre Jubiläumstour das Blueprint für Primitive Rock'n'Roll. Und das spiegelt auch die aktuelle LP "M" wieder. Mehr Punk geht nicht!
(Ralf, 21.11.16)
Mo. 24.10.16 Il Sogno Del Marinaio, Dean Roberts - Berlin, Monarch (ca. 200 Zuschauer)
Dean Roberts, ein netter Mensch aus Neuseeland. Wäre er nicht so nett und sympathisch, hätte ich ihn an diesem Abend durch die Scheiben des Monarchen auf die anderthalb Stockwerke tiefer befindliche Skalitzer werfen müssen, wo er so gerne raussah und in den Pausen zwischen den unfassbar langweiligen leeren Liedern Kommentare abgab, innehielt, dann das Bier suchte und weiter rausschauend einen Schluck nahm ... noch einen ... sich dann langsam wieder uns zuwandte, die eingequetschte Hundertschaft an Sardinen, und sich an uns vorbeiwandte, um etwas in seinem Notenbuch zu blättern, lächelte, ein paar unhörbare Worte neben das Mikro sprach und dann ... (das Mahlen meiner Zähne MUSS noch in der letzten Reihe hörbar gewesen sein), das nächste seiner 4 oder 5 Lieder anstimmte, denn mehr schaffte er nicht, in der verbleibenden Zeit ... mehr wollte er auch nicht ... und mehr hätte er auch nicht gedurft, sonst hätte er gemerkt, dass es im Publikum Menschen gibt, die nicht so nett und sympathisch sind wie er.
Experimentell zu sein, kann manchmal auch die einfache Umschreibung für Nichts sein. Nach dem ersten Song dachte ich noch, dass das was für suizidgefährdete Teenage-Girls sein könnte, nach dem zweiten, dass es nicht mal dafür reichen würde und ich sogar Jandek interessanter finde. Ihr kennt Jandek, oder? Und das durchunddurch Grauenvolle an diesem Vergleich ist: Dean Roberts ist bei bester Gesundheit. Ich wünsche ihm, dies noch lange zu sein.
Während Mike Watt und Gesellen die Bühne betraten, holten mein Begleiter Magnus und ich uns noch ein Bier und waren dann an der Bar festgenagelt. Es war so voll, dass man nicht mehr wegkam. Ich kann dazu nur sagen, dass ich mich sofort enorm entspannte. Ich war einer der wenigen, der während des Konzertes Getränke bestellen konnte. Ein Traum. Selbstverständlich nahm ich das unerwartete Angebot reichlich an und erfreute mich ansteigender Laune, die es mir zuliess, weitere Experimente zu ertragen.
Jenes war natürlich auch vom guten alten Mike zu erwarten, der schon mit seiner ersten Kapelle Minutemen, an der Seite des 1985 verstorbenen D. Boon, ganz wunderliche und oft kopierte aber nie erreichte Facetten in die Punkmusik brachte. Wer sich kurz ins Gedächtnis zurückrufen möchte, wie das mit den Minutemen, Boon und Watt noch mal war, kann sich mit diesem Rolling Stone Artikel die Essenz auf einem Blatt extrahieren lassen.
Und da Magnus noch direkt davor über das unsägliche (nein, sein Ausdruck war irgendwie derber, aber wir sind ja ein anständiges Magazin hier) Dead Kennedys Konzert berichtet hatte, so lustlos gespielt, dass man wirklich nur Geld als den Grund der Tour vermuten mochte, so konträr erweist sich Mike Watt in seinem Tun über seine ganze Karriere. Nach dem frühen Tod Boons waren die Minutemen Vergangenheit und nichts hat Mike seitdem gemacht, das an die damalige Bekanntheit und Sensation im Schaffen heranreicht. Dennoch wirft er uns unablässig Musik um die Ohren, die völlig der Kunst ergeben ist, ohne andere Ansprüche, dies aber radikal fordernd.
Klar, diese verwegene Musikmischung aus Punk, Funk und Jazz muss man erst mal mögen (und da stehe ich nunmal auch eher in den hinteren Reihen), sein Einfluss auf sogar sehr berühmt gewordene Bands wurde von diesen aber stets betont (bspw. ist ihm das Album Blood, Sugar, Sex, Magic gewidmet).
Auch wenn ich es nicht leiden kann, als Sardine in einem Konzertsaal zu stehen, war es für mich ein Glück, mit anzusehen, wie Mike Watt an einem Montagabend, irgendwo im europäischen Nirgendwo, einen Konzertsaal mit 200 Leuten zu füllen vermag. Die Legende lebt und ich hoffe sie lebt noch lang.
Ich brauchte, etwa drei vier Songs, um die Musik aushalten zu können, hatte aber auch das Gefühl, dass es im Verlauf des Konzerts gefälliger für meine Ohren wurde. Es war viel Gefrickel, aber viel Schelm darin. Der Punk sprüht dem Watt (und seinen Mitstreitern auch) aus allen Poren, auch wenn das hier schon viel mehr die Verweigerungs- denn eine musikalische Haltung ist. Aber ziemlich oft ist da schon ganz schöner Unfug, den die da machen. Und sie machen es mit zwinkernden Augen. Am Ende war ich dann doch sogar ziemlich angetan. Vielleicht werde ich mir doch noch mal ne Minutemen Platte kaufen, die ich bislang immer schmählich stehen liess, nicht ohne sie jede Nacht ins Gebet einzuschliessen.
Mike Watt is one of the good guys.
(Ralf, 29.10.16)
Fr. 21.10.16 Lobotomy 50 - Berlin, Bei Ruth (ca. 120 Zuschauer)
Gefühlte 20 Bands an diesem Abend bei Toms 50stem. Jede Band spielte 15 Minuten und mindestens solange ging meist der Umbau bis zur nächsten, den der freundliche DJ passend zu überbrücken wusste. Ein kurzweiliger Abend, dessen Anfang wir zwar mitbekamen, leider aber nicht mehr das Ende. Schade, denn da meines Wissens alle Bands aus Berlin waren, gab es einen netten Ausschnitt des Schaffens im unteren Segment (und das ist nicht negativ gemeint!) zu sehen. Viel Punk, mal rockiger, mal rotziger, mal elektronischer, mal garagiger, aber immer nice to see, denn wenn's jemandem mal gar nicht gefiel, war's ja gleich wieder rum.
Wir haben gesehen: D. Cooper (Akkustik-Singer-Songwriter, sehr minimal und finster, was aus meiner Feder immer positiv zu verstehen ist, aber es war noch kaum jemand da), The No-Fits, die hier schon besprochen wurden (roher Punk, mit leichten 60s Anleihen), Mommy Boys (Deutschpunk, schön angepisst aber sonst nicht ganz mein Style), Doc Schoko (Rock mit deutschen Texten, aber nicht die geleckte Sorte ... die ältesten Jungs des Festivals auch und ich meine, dass ich einen Song sogar richtig gut fand. Die Band hat wohl irgendwann mal auf nem Monks-Tribute und nem The Fall-Tribute mitgemacht und das spricht ja für sie), Fotzen Power Germany, die wohl schon wegen ihres Bandnamens Karriere machen müssten (drei weibliche Punks, die ziemlich gut im Griff haben, was die da tun, nämlich Punk, mit cool versetzten Gesängen, der nie so ganz irgendwelche Klischees bedienen möchte), The Diegos gefielen mir weniger (60s-beeinflusster Rock? Pop?, groovy, durchaus sehr eigenständig, aber ohne Appeal für mich), The Toylettes (Girl-Fronted Punk), Rancune (französischer Synthie-Disco-Wave, bei denen mir eigentlich nur ein Song gefiel, weil er bisschen aggressiver war, fast wie DAF). Gespannt war ich auf The Bikes gewesen, die ich leider verpassen musste.
(Ralf, 7.11.16)
Sa. 15.10.16 Bad Noids, Tupsi Tampon - Berlin, K19 (ca. 50 Zuschauer)
Synthie-Punk aus Berlin von Tupsi Tampon, den wir leider nur von oben hörten, weil wir gerade erst angekommen waren und auch dachten, dass das einen kleinen Moment länger dauert. Nach 20 Minuten aber war alles schon rum. Die Synthis klangen als wär ihnen kotzübel, der Gesang dazu eher typisch deutschpunk-aggressiv. Interessante Mischung. Hätte ich gerne gesehen. Da waren wir zu lahm am heutigen Abend.
Daher waren wir bei den Bad Noids aus Cleveland dann auf Zack. HC-Punk, sehr bratzig von Gitarre und Bass, das Schlagzeug extrem unruhig und dauernd wechselnd. Mir schon einen Tick zu technisch, ging grade noch durch. Der grosse Besondere bei den Bad Noids ist der Sänger, der ziemlich psycho ist, aber auf die lustige Art. Erinnerte mich fast an alte Haudegen wie David Yow, der mir die unterhaltsamsten Stunden vor einer Bühne überhaupt beschert hat. Ich glaube aber, das war vor den Zeiten von Kickin Ass. Leider waren die Bad Noids nach 20 Minuten auch schon durch. Ich bin ja ein Freund von kurzen Sets. Dieser Abend war, aufgrund der ausgefallenen dritten Band, aber deutlich zu schnell zuende.
(Ralf, 16.10.16)
Di. 11.10.16 Ulrika Spacek - Köln, King Georg (ca. 50 Zuschauer) Foto: Marc Frandel
Rhy Edwards wohnte in Berlin, als er dort aber nicht die Leute fand, um die Idee zu Ulrika Spacek zu realisieren, zog er wieder nach London. Ulrika Spacek hat drei Gitarristen und die Wurzeln sehe ich zwischen der Experimentierfreudigkeit von Sonic Youth (drei Fender-Gitarristen), dem hypnotischen Riffing der Wüstenrocker um Kamerad Josh (ich sehe das eher als das monotone Repetieren der Krautrocker) und der modernen Spielart der Indie-Psychedelia, inklusive des wimpigen Äthergesangs.
Jeder hat ein Effekt-Case vor sich wie die Schaltzentrale eines Jumbo-Pilots. Ich kann sowas ja gar nicht leiden. Das ist Männerscheiss. Liebe zur Technik. Früher haben sie halbstündige Solos gespielt. Heute wichsen sie mit ihren Effektboards. Eine Detailverliebtheit, ein Ausklügeln, ein im Kämmerleinsitzen und probieren probieren probieren. Das hat nichts mit Musik und nichts mit Rock'n'Roll zu tun. Dazu hab ich mir vorher ein zwei Videos im Internet angesehen und da kauerten sie, in sich gekehrt, jeder auf dem Boden und drehten an ihren Scheissknöpfen rum.
Im Konzert gewann ich einen ganz anderen und viel besseren Eindruck. Sie hatten ihren Sound extrem gut im Griff. Auch wenn das etwas überangestrengt rüberkam. Locker ist anders. Dennoch: Sehr gutes Konzert. Hat viel Spass gemacht. Die lieben ihren Kram wenigstens und verlieren sich auch nicht in ihren Songs oder ihren Sounds. Die Komposition ist wichtig, teil sehr ungewöhnliche Wandlungen, sie vergessen die Rhythmik nicht, Schwächen eventuell am Gesang, der aber auch eine dementsprechend untergeordnete Rolle spielt, was sie sich stilistisch auch erlauben können.
Optisch sind sie ziemlich in sich gekehrte, aber durchaus ansehnliche Wimpys. Ziemlich an der Grenze, aber es ist ok, denke ich. Gute Band.
(Ralf, 22.10.16)
Sa. 11.09.16 Berlin Beat Explosion Vol. 11 - Berlin, Bassy Cowboy Club (ca. 250 Zuschauer)
Samstag: Paul Orwell & the Nightfalls - The Thanes
Paul Orwell mag Musik vor 1972, was sich etwas in seinen eigenen Musiken niederschlägt, auch wenn er eigentlich eher dem Indie-Rock-Lager zuzuordnen ist. Die Band sieht gut aus, etwas pausbäckig, aber erstmal unterhaltsam, auch wenn die Spannung am Ende auch nur für 20 Minuten hält.
Paul Orwell halte ich für nen typischen jungen Briten der davon träumt ein Rockstar zu sein und sich dann ein Supermodel hält.
Die Thanes danach wieder das echte Leben. 4 gestandene Männer aus Schottland, die seit den 80ern legendären Status in der Garage haben. Verdient haben sie sich dies durch eine hohe Anzahl atemberaubender Songs, die sie auch heute wieder mit Inbrunst vortragen und mit ihrer lockeren, bescheidenen Art der Gewinner des Festivals sind. Alles Überkandidelte ist ihnen unangestrengt fremd. Der Star für mich der zweite Gitarrist/Organist, der sowas von unerschütterlich scheint, dass ich ihn mir seitdem gerne vorstelle, wenn ich vor was Angst habe. Ich denke immer, wie würde er damit umgehen. Das ist cool und zwar echte Coolheit.
The Thanes rule! Erneut, wie letztes Jahr auf dem Garageville DIE ÜBER-Band.
(Ralf, 5.10.16)
Fr. 10.09.16 Berlin Beat Explosion Vol. 11 - Berlin, Bassy Cowboy Club (ca. 200 Zuschauer)
Freitag: The Royal Flares - Les Playboys
Die Royal Flares aus München haben wirklich ausserordentlich schöne Kompositionen, vor allem die ruhigeren Nummern, finde ich, stehen ihnen besonders. Sie geben sich nicht damit zufrieden, sich ein paar Riffs zusammenzustümpern und sich ansonsten nur auf authentisches Aussehen und ihre Plattensammlung zu berufen. Am Ende spielten sie vielleicht einen Tick zu lange und verloren etwas die Bindung zum Publikum. Aber ich finde es auch nicht unsympathisch, dass sie eben keine Rampensauen sind. Verschrobene Unschuldigkeit ist mir allemal lieber als versuchtes Stargehabe. Letzteres muss auch nicht zwangsläufig unterhaltsamer sein. Manchmal ist ein GoDownInFlames langweiliger als ein paar beharrliche Widergänger. Im Gegensatz zu vielen aktuellen Garage-Bands genieren sich die Royal Flares auch nicht, Bands wie den Byres oder Yardbirds die Ehre zu erweisen (Einfluss, nicht Cover) , was ich ausnehmend interessant finde, da man in der Szene da ja eher mal die Nase rümpft, weil das zu "bekannt" ist. Wie immer, ist der Star, der was covert, das sonst niemand kennt.
Les Playboys waren dagegen anfangs etwas steif, insbesondere der Sänger taute wirklich erst nach etwas der Hälfte des Sets auf. Dann kamen sie aber wirklich extrem gut in Fahrt und obwohl sie auch sehr ähnlich in den Arrangements waren, gab es doch einen Spannungsbogen, der sich bis zum Ende steigerte. Insbesondere der Basser ist natürlich eine Augenweide. Den Rest tat das Bier ...
(Ralf, 5.10.16)
Sa. 13.08.16 The No FitsNegot, Dystopian Society, The No Fits - Berlin, XB Liebig (ca. 50 Zuschauer)
Negot sind eine recht langweilig anzusehende Band mittel-fortgeschrittenen Alters aus Bergamo mit düsterem New Wave und anarchistischer Haltung, wenn ich das richtig aufgeschnappt habe. Musikalisch fand ich sie nahezu völlig uninteressant. Vielleicht hätte ich doch eins der Blätter auffangen sollen, die sie ins Publikum warfen und auf denen offensichtlich Songtexte standen.
Dystopian Society davor gefielen mir wesentlich besser. Sie hatten die deutlich besseren und direkteren Songs. Kantiger New Wave ohne Keyboards mit einer starken Frühachtziger Punk-Attitüde. Sie brauchten etwas um in Schwung zu kommen, brachten dann aber schon alles, was Negot nicht besser machen konnte. Optisch und musikalisch.
Eröffnet wurde der Abend von zwei Dritteln der No Fits mit garagigem Riff Punk, mit gerufenem aber nicht geschrieenem Gesang (tja, was soll das denn jetzt heissen?) und wechselnden aber wirklich interessanten Drums, leider noch etwas unbedarft. Ich meine, Ihr wisst, dass es gerne rumpeln darf für mich, auch mal gehörig. Die No Fits rumpelten noch deutlich zu viel. Aber wenn das besser wird, dann Habacht!!
Eigentlich ein unterhaltsamer Abend, klanglich war das aber, leider wohl den Möglichkeiten vor Ort geschuldet, ziemlich anstrengend. Man konnte die Gesangslinien oft nur erahnen.
(Ralf, 14.8.16)
Mi. 10.08.16 ClownsClowns, Disaster Jacks - Köln, Sonic Ballroom (ca. 90 Zuschauer)
Tritt Hardcore Punk auf der Stelle? Die Clowns auf jeden Fall. Mal etwas mehr, mal etwas weniger Metal, ansonsten das gleiche Gehabe und Gespiele wie seit 1985, dazu auch qualitativ weder besser noch schlechter. Warum die aus Australien hierher kommen müssen um dasselbe zu machen wie tausende europäische Bands, erschliesst sich mir nicht.
Davor Disaster Jacks aus Spanien. Zwei Frauen und ein Basser. Auch Punk, aber nicht ganz so klassischer HC, vorallem minus Metal und minus Mosh. Eigentlich alles soweit nicht schlecht, aber der Sound war ein einziges Gedröhne. Noch nie ne Band mit so schlechtem Sound im Ballroom gesehen.
Aber: Der Laden war sehr gut gefüllt. Den Leuten gefiel's.
(Ralf, 14.8.16)
Mo. 01.08.16 Sir Robin & The LongbowmenSir Robin & The Longbowmen, Snoffeltoffs - Berlin, Schokoladen (ca. 50 Zuschauer)
Snoffeltoffs ist halbjugendlicher Schrabbel-Indie-Pop mit Feel-OK-Faktor, dennoch nicht ohne angenehme Snottiness. Sympathische lockere Typen aus Berlin, gesanglich vielleicht nicht ganz so stark, aber ich bin auf ihrer Seite.
Sir Robin aus Dresden sind schon etwas älter und spielen eigentlich ganz interessanten Psychedelic-Rock, irgendwo zwischen Haight-Ashbury und Krautrock, mit Sitar, spaciger Orgel, ausgedehnter Spiellänge, die sich aber glücklicherweise in spannungsvollem Aufbau und nicht in ellenlanger Solodudelei niederschlägt. Es hat lange gedauert, aber heutzutage wissen die meisten Kids wie man mit Solos umgeht. Ein positiver Effekt des Punkrock goes Stadionrock. Wir wollen Musik hören und Gefühle damit verbinden. Handwerkliche Kunst kann man auch in den Dienst des Songs stellen. Leider auch bei den Longbowmen der Gesang eher die Schwäche. Sonst alles gut. Ich mag auch die Longbowmen. Die Leute haben getanzt.
(Ralf, 7.8.16)
Do. 28.07.16 Gym Tonic - Berlin, Urban Spree (ca. 100 wechselnde Zuschauer, rein raus rein raus rein raus)
"Ich weiss schon, warum ich hier niemals her komme." meinte mein Begleiter Björn. Das Urban Spree liegt im Partyviertel für unternehmungslustige Touris, nicht die völlig prollige Schiene, aber n bisschen schon. Draussen ist ein grosser Biergarten, es ist nicht uncool, ein Artistspot mit Galerie, Laden und Pipapo, aber dass da heute noch kurz ne Band im Keller spielt, wurde zwar als interessant empfunden, aber ich habe einige Leute rücksichtslos reindrängeln, Foto machen und wieder abhauen gesehen. Mehr als die Hälfte war ein Mitläuferpublikum. Jede andere Band hätte denen auch gefallen. Party on.
Dementsprechend war es für die Band dann aber doch ok, denke ich. Immerhin war der kleine abgefuckte Kellerraum vollgequetscht bis unter die Rohre und alle "hotteten ab" zu dem Synthie-NewWave-Punk der Gym Tonic, ein Mann mit Synthie, eigentlich auch das einzige, das richtig zu hören war. Wären wir nicht schon beim Soundcheck kurz unten gewesen, hätte ich nur ahnen können, wie die anderen Instrumente klingen, nämlich Gitarre, Bass und Drums, die allesamt von Mädchen bedient werden.
Gym Tonic sind neu, haben erst ein paar Auftritte hinter sich, schlagen aber schon richtig durch und befinden sich mit ihrem VerschwendeDeineJugend-Sound, mal in Englisch, mal in Deutsch gesungen, ganz im Trend. Auch mir gefällt das gut. Es rumpelt ein wenig, die Songs sind aber eingängig und mitnehmend. Keine grosse Kunst aber unterhaltsam und gut. Gerne wieder. Aber diesmal woanders, damit man nur Leute da hat, die sich wenigstens interessieren und nicht allen anderen auf die Nerven gehen.
(Ralf, 7.8.16)
So. 24.07.16 The Oblivians - Berlin, Lido (ca. 150 Zuschauer)
Oblivians, meine alte Liebe. Ich kann trotzdem noch an einer Hand abzählen wie oft ich sie gesehen habe. Das erste Mal zu meinem 30sten Geburtstag im Stuttgarter Degerloch-Jugendhaus. Ich kann mich daran erinnern, dass mich mein Freund Pitschi dauernd quer durch den ganzen Raum warf, obwohl es gar keinen Platz gab. Die Oblivians waren von oben bis unten vollgerotzt und gebierduscht, bedankten sich am Ende aber fröhlich über soviel Enthusiasmus. Der gipfelte dann darin, dass das Publikum die Band nicht von der Bühne liess. Und zwar nicht mit Zugabenrufen sondern mit körperlicher Gewalt. Im Gewölbekeller des Degerlochs gibt es keinen Backstage über den man sich verdrücken kann. Der einzige Weg führte durchs Publikum und das war eine Wand.
Am Ende fand Jack irgendwo hinten ein Fenster, so gross wie ein Klofenster. Keine Ahnung, wo das im Keller wohl hinführte, aber er klemmte sich durch und war weg. Damit fand eins der sensationellsten Konzerte meines Lebens ein Ende.
Ihr roher Sound, zwei Gitarren und ein Schlagzeug, extremst verzerrt, viel Kellerhall und wütende Vocals, davor aber phantastisch coole Riffs und ein Songwriting, das, anders produziert in den 60er Jahren für Welthits hätte sorgen können, machte die Oblivians zu der Speerspitze einer Schar an Bands, die auch heute noch, mehr als 20 Jahre später, dieser Inspiration huldigen.
Ich sah mehr als einen Hals, der sich streckte, um zu sehen, welche Effektgeräte sie verwenden, hahaha. Antwort: KEINE!!! Hier geht es um die Direktheit und Ehrlichkeit. Ein bodenständiges Songwriting, ein bodenständiger Sound (Plug-In und dann alles auf 10), keine affektierte Show, sondern 3 einfache Menschen, die seit vielen Jahren von ihrer Musik leben und die uns, in allen ihren vielen Bands eine nicht versiegende Produktivität auf höchstem Niveau bieten und damit Scharen von Bands ein Vorbild sind. Leider kann nicht jeder Mensch bescheiden sein. Ein paar Idioten gibt es immer im Publikum. Auch wenn ich zuerst erschrocken war, denn obwohl wir die Vorband verpassten und alles schon am Warten auf die Memphis-Legenden war, konnte ich noch durchzählen. Als das Konzert begann, war es dann doch für sonntags in der Urlaubszeit wenigstens einigermassen standesgemäss, auch wenn dies das einzige Deutschlandkonzert dieser Tour war und da die Oblivians vor 3 Jahren ihre letzte Platte rausbrachten und die vorletzte vor 20 oder sowas, muss man sich ja schon sputen und fragen, ob man sie JE nochmals so zu sehen bekommen wird.
(Ralf, 7.8.16)
Do. 21.07.16 Dollhouse - Köln, Sonic Ballroom (ca. 50 Zuschauer)
Erstmal Entschuldigung an die Vorband, der ich mich verweigert habe, nachdem ich schon beim UmdieEckekommen hörte, dass ich keine Lust drauf haben werde und die Zeit bis Doll House mit Ankommen, Rauchen, Trinken und Quatschen verbrachte.
Dollhouse aus Schweden hatten es dann leider schwer, ihren enormen Vorschusslorbeeren ("beste Liveband auf diesem Planeten" - Nicke Hellacopter) gerecht zu werden.
Mein Gott, es ist heutzutage ein Kreuz, sich mit Musik auseinander zu setzen. Wir haben seit vielen Jahren keine wirkliche Neuerung mehr im Underground Sektor gehabt. Im elektronischen Sektor bin ich nicht firm genug, auch nicht in der Klassik. Ich glaube aber, dass sich dort noch am Ehesten was tut. Die Musik auf den Kopf zu stellen und dennoch zumindest einen gewissen Erfolg zu haben, ist aber eigentlich auch fast unmöglich. Was es dazu braucht, sind auch revolutionäre Köpfe, Charaktere die wir im Moment nicht haben. Daher müssen wir uns durch viel Durchschnitt quälen, sehen kleine Lichter hier und da, freuen uns auch mal über nichts.
Dollhouse, und ich möchte nicht zu schroff urteilen, da die hochsommerlichen Temperaturen an der Energiesubstanz sogen, waren schon etwas mehr als nichts, aber weit davon entfernt, uns zum Mitwippen zu bewegen.
1969 nannte man sowas Heavy Metal. Schwer in Blues- und RocknRoll-Tradition verwurzelter Rock, der niemals Schema F verliess, unendlich viel Raum für Gitarren-Gekniedel hatte, in jedem Song einen ruhigeren Part, in dem man das noch gähnend auszudehnen wusste, ansonsten guter aber für unsere Ohren sehr anstrengender Gesang am oberen Ende von Robert Plant, doch ohne griffige Kompositionen und auch spielerisch manchmal nicht ganz im Sattel. Mir fehlte genau das, was ich eigentlich anhand der MC5- und Stooges-Referenzen erwartetet hatte: Die Anti-Haltung, Ablehnung des Etablierten, das Wüste, Wilde, nenne es Punk.
Das hat Dollhouse nicht. So sie genügend Luft hatten, posten sie angestrengt, animierten 100x zum "I wanna see your hands" oder "und jetzt alle" oder "aaaawright, are you feeling good?" - ihr wisst schon, so wie Rocktypen das immer machen, mit der gekünstelten Metal-Attitüde. Boah, das war echt zum Kotzen.
Im Unterschied zum Foto sahen zumindest zwei der Mitwirkenden mit Bärten und Zoten auch viel metal-lastiger aus, einer, den ich auf dem Foto vermisse, der aber dann wieder ein klassischer Beatnik war, was etwas zerissen, für mich aber nicht wirklich störend wirkte.
Nungut, die Gitarren soundeten eigentlich ziemlich geil. Das zumindest gefiel mir. Dollhouse sind irgendwie schon ok, aber gewiss nicht mehr.
(Ralf, 23.7.16)
Mi. 06.07.16 Radio Birdman, Needle Exchange, Modern Pets - Berlin, SO36 (ca. 800 Zuschauer) Foto: Tomb Huber (stammt vom Sjock Festival, sah aber in Berlin genau gleich aus)
Die Vorbands fand ich ausgesprochen gut. Zweimal Punk wie ich das derzeit vermisse. Nur wenige Bands halten die snotty 77er Fahne hoch derzeit. Needle Exchange und die Modern Pets, beide ansässig in Berlin, wissen dies mit ihrer eigenen Note zu würzen, müssten aber noch mal in angemesserem Ambiente betrachtet werden, da ihnen hier wirklich keine Zeit zur Entfaltung blieb und auch nicht viel Mühe mit dem Sound gegeben wurde.
Radio Birdman hab ich ja seit 2002 einige Male gesehen. Nie waren sie allerdings so gut wie heute. 14 Jahre später scheinen sie auch wirklich allmählich den Bodensatz des musikinteressierten Publikums zu erreichen. Neben denen, die 2002 auch schon da waren, hatten wir nun auch viele Gönner im Publikum, die 2002 in ihrer Frühteenie-Phase gerade bei Iron Maiden hingen, was man ihnen heute auch noch ansieht, doch sie seien herzlichen willkommen.
Radio Birdman gehören zu den ganz Grossen. Ihre Songs gehen immer. Sie sind nicht Punk, aber sie haben ihren eigenen Platz im Olymp des unangepassten Rocks, waren immer langhaarige Zottels, eher geradlinigere, songorientiertere MC5/Stooges.
Rob Younger ist in seiner Bescheidenheit ein wunderbarer, grossartiger Sympathieträger und sollte als Vorbild für alle arroganten blasierten Plastik-Rock'n'Roll-Snobs dienen.
(Ralf, 23.7.16)
Fr. 24.06.16

Mondo Furmatore, The Sonnenbergs - Berlin, Schokoladen (ca. 50 Zuschauer)
Das erfreut das Herz eines Berufsnörglers, wenn die interessante Band zuerst spielt, mit der Option vor Augen, während der mit Argwöhn erwarteten anderen Band schnell die Flucht ergreifen zu können.
Mondo Furmatore, da dürfen wir ein wenig zurückblättern - aber es gab schon mal einen ersten Blick, meine Damen und Herren, in dieser Gazette - Ihr erinnert Euch, es war gegen 2002, als Support von Jon Spencer in Wiesbaden, was ja nun wirklich erst schlappe 14 Jahre her ist. Länger als ich dachte. Jung waren wir damals, unverfroren, eine vierstündige Fahrt auf ein Konzert war durchaus üblich.
Ich hab gerade gelesen, dass mein damaliger Eindruck über MF gar nicht sooo positiv war, aber dennoch ... ich hab sie niemals vergessen und mich gefreut, hier wieder von ihnen zu hören und bin sofort hingerannt, zwischen zwei Terminen, denn später sollte noch ein Pflichtkonzert folgen.
Heute haben Mondo Furmatore einen Schlagzeuger, einen ausgezeichneten übrigens und wirken sonst etwas weniger experimentierfreudig als ich das von früher in Erinnerung habe. Das Mädchen spielt jetzt Bass, so dass auch das Lineup traditioneller geworden ist. Die Melodien sind schön und sanft, die Gitarren sehr gut und beschaulich. Wie damals, etwas zu soft für den älter aber nicht weniger anspruchsvoll gewordenen (was den Schrecklichkeitsfaktor des Anzuhörenden betrifft) Herren im Publikum. Dennoch Mondo Furmatore sind ok. Ich mag die. Indie-Rock, nichts Ungewöhnliches, aber richtig gemacht. Haltung und Roots wirken einfach 100% integer, es gibt keine Prätentiösität. Ich glaube, das ist mit, was ich bei denen so cool finde und was heute soooo vielen Bands fehlt.
Bspw. den Sonnenbergs. Die wirken wie ne zusammengewürfelte Hobbyband, spielen 60s-gefärbten Party-Pop-Rock, der eher auf Hochzeiten passen würde, auch vom spassgetriebenen Auftreten der Bandmitglieder her. Das hat kein musikalisches Profil und sie sind nicht ... um mal ne ganz bescheuerte Floskel zu verwenden, die ich eigentlich hasse, weil ich sie zuletzt völlig deplatziert von Menschen gehört habe, die einfach weder das Recht noch den Hauch einer Ahnung haben, was dies überhaupt in der Musik bedeutet ... authentisch!
(Ralf, 26.6.16)

Mo. 20.06.16


PJ Harvey
- Berlin, Zitadelle (ca. 8000 Zuschauer)
Bin noch nie hier gewesen, und so schön die Zitadelle auch ist, war das garantiert mein letzter Konzertbesuch hier. Typisches Open-Air Gedöhns. Wusste ich nicht, sonst hätte ich gewartet, bis sie in ein paar Monaten auf Clubtour kommt.
War aber eh kaum der Rede wert. Die neue Platte klingt wie eine etwas sparsamerer Fortsetzung von Let England Shake (und ich meine sparsam in jeder Hinsicht, also auch an Ideenvielfalt), wurde für die Bühne aber dreimal so pompös inszeniert, indem Harvey sich einen Chor an Soldatenmusikern zugelegt hat, die kräftig vor sich hinpaukten oder -tröteten.
Die Intimität der Harvey-Harvey-Parish-Butty-Konstellation der Auftritte zur letzten Platte hatte deutlich mehr Appeal für mich, wirkte weniger inszeniert, persönlicher, feinfühliger, bescheidener.
Klar, sie möchte uns nicht immer dasselbe vorsetzen, doch der Versuch sich neu zu erfinden, auf der Platte diesmal nur durch den ausufernden Einsatz von Saxofonen zu erkennen (lassen wir mal die ganze Message mit diesem Elends-Aufmerksammacher beiseite - denn dazu darf jeder seine eigene Meinung haben), fiel auch live bei mir auf keinen wohlwollend gestimmten Boden.
Ist halt doch nur ne Pop-Musikerin, dachte ich mir am Ende, bisschen anders, durchaus auch sympathisch und so, aber halt doch nur Pop. Ende.
Aber sicher, am Ende freut man sich dann aber trotzdem solche Typen wie Mick Harvey, John Parish, Jean-Marc Butty und diesmal auch die Kollegen von Gallon Drunk zu sehen, nämlich James Johnston und Terry Edwards. Um mich aber noch mal auf eins ihrer Konzerte zu locken, muss aber noch mal was Besonderes passieren, denn wie wohl ich erst mit White Chalk richtig auf Harvey eingestiegen bin, hab ich das Gefühl, jetzt schon wieder hinten runter zu gehen.
(Ralf, 22.6.16)

Do. 02.06.16 Alte Sau, Lime Crush - Berlin, ://about blank (ca. 120 Zuschauer)
Jens Rachut ist in Schaffen und Person einzigartig in Deutschland. Das muss einfach so gesagt werden. Als ich ihn vor zwei drei Jahren in Köln mit Kommando Sonnenmilch sah, hatten ihm die damals noch blutigen Nerven derart an die Wand gespielt, dass ich Schreckliches befürchtete. Zum Beispiel einen Generationswechsel. Aber heuer ist klar, dass die Nerven eine Ausnahmeband sind und Rachut, ungeachtet seiner Legende, sich ganz treu immer wieder neu erfinden kann, immer wieder wunderschöne Rattenlochpoesie entwirft und niemand sich Sorgen machen muss, dass er fad wird.
Mit Alte Sau bringt er Altgewohntes, kleidet es aber ungewohnt. Ein Synthie ist die Basis, macht alle Melodie und alle Bässe, ziemlich waveig, aber überall liegen natürlich dissonante Tretfallen, um das Ganze etwas für unser, an Widerborstigkeiten gewöhntes, Ohr anzupassen. Das Schlagzeug direkt, mitreissend, auch waveig, aber rumpelnd, so wie Rachuts Stimme. Und dazwischen, gerne gehört, der Mädchengesang. Man muss das lieben, auch wenn das schon soviele Leute lieben, dass dann auch mal etwas komisches Publikum zusammenläuft ... und mitgröhlt, herrje. Naja, man ist halt "glücklicherweise" nicht alleine auf der Welt, seufz.
Lime Crush sind eine Punkband aus Wien. 2 Mädchen, 2 Jungs. Haben mir eigentlich sehr gut gefallen, aber ich habs nicht so richtig mitbekommen, weil sie schon spielten als wir ankamen und ich mich erstmal etwas an die neue Location gewöhnen musste.
(Ralf, 4.6.16)
Sa. 28.05.16 The Trash Templars, The Kilaueas - Berlin, Cortina Bob (ca. 70 Zuschauer)
Nicht nur, dass sie hervorragend gespielt haben, die Trash Templars kamen im Cortina Bob bei ihrem Berlin-Debut auch ausnehmend gut an. Da eilt jemanden ein Ruf voraus.
Die Trash Templars haben sich über die letzten Jahre wirklich extrem verbessert und ihr Erfolg ist absolut verdient. Sie bedienen sich nun weniger an den 60s Garage Classics sondern setzen mehr und mehr auf eigene Songs und nutzen dadurch die Möglichkeit, sich auch musikalisch ein eigenständigeres Profil zu verpassen. Handwerklich und klanglich haben sie ihr Ding absolut im Griff. Man könnte jeden einzeln loben aber ihre grosse Stärke ist, dass sie das alles zu einem passenden Ganzen formen. Dazu kommt der sprühende jugendliche Charm. Man merkt, dass sie auch freundschaftlich gut harmonieren und ne Menge Spass zusammen haben. Ich bin gespannt, wie es weiter geht mit ihnen.
Davor die Berliner Kilaueas mit Surf- und Exotica. Leider bin ich nicht der grosse Surf-Fan. Hier hatte der Soundmann auch noch etwas mehr Schwierigkeiten. Der Sound war etwas dünn, leise und zu zahm. Aber so ist eben auch der Surf-Sound grundsätzlich. Ich mags lieber wenn es kracht. Die Kilaueas können aber auf eine lange Historie, vier LPs, Gigs und Fans in aller Welt zurückblicken.
Als ein weiteres Fazit dieses Abend stelle ich wirklich zum wiederholten Male fest, dass das Berliner Publikum wesentlich dankbarer und begeisterungsfähiger als sein Ruf ist, vorausgesetzt wenns nicht grade die coolen Hipsters sind, die den Zwang der Mode leider unabhängig vom dem leben müssen, was ihnen wirklich Spass macht. So gesehen sind sie die wahren Esoteriker, aber das nur am Rande. Berlin ist gut zu euch, liebe Bands.
(Ralf, 29.5.16)
Di. 24.05.16 The Jackets, Travel In Space - Berlin, BLO Ateliers (60 Zuschauer)
Jackie Brutsche, die vielseitige Künstlerin und schweizer Garage-Ikone seit über 15 Jahren, mit ihrer aktuellen Band The Jackets lockte auch an einem schäbigen Dienstag rund 60 Leute in die etwas abgelegenen BLO Ateliers ... und stellte mit ihrer hochunterhaltsamen Show den Laden fast auf den Kopf. Am Ende krümmte die Hälfte des völlig euphorisierten Publikums, erschossen von der grauenvoll schönen Chanteuse, auf dem Boden vor der Bühne und danach erstieg der barbäuchige und wahre Wilde der Garagenszene, der Maharadja des Voodoo-Beats Arish King Khan die Bühne und brüllte zusammen mit dem Berner Trio eine ungehobelte Punknummer in die Menge, dass man Lust bekam, sich die nächsten zwei Wochen nicht mehr zu waschen. Das sass!
Die Stimmung ins Rollen brachte aber auch bereits das Dirty-Blues-Forced-Through-A-A-A-A-Echo-Machine-From-Out-O-My-Mind-Duo Travel In Space, die locker aus dem offenen Schnürsenkel ein geradezu wahnwitzig intaktes Rhyhtmusgefühl präsentierten. Beide spielen Gitarre und singen. Einer tritt mit dem Fuss die Bassdrum, der andere die Snare, vom Becken-Rassel,Hi-Hat-Drumherum ganz schweigen. Das klingt so kaputt und sieht so leichtfertig aus, entlockte mir aber wirklich ein gehörig respektvolles Staunen. Die beiden sehen aus wie zwei verpeilte Abiturienten, die, auf ihren Studienplatz wartend, in den Tag träumen und zwar mit Rauchgräsern, die sie vom Mietzuschuss Muttis finanzieren, den sie nicht brauchen, weil sie sich bei Kumpels auf dem Sofa eingeschleimt haben. Ich sagte, sie sehen so aus. Ich sagte nicht, dass sie so sind, kapiert? Hervorragende Band!
(Ralf, 30.5.16)
Sa. 14.05.16
The Morlocks
- Berlin, Bassy Cowboy Club (200 Zuschauer)
Auf dem linken Foto, meine Herrschaften, sehen Sie ... die MORLOCKS!!! Auf dem rechten Foto sehen Sie ... auch die MORLOCKS. Sie haben sich überhaupt nicht verändert, oder? Selten ne Band gesehen, wo der Name so gut passt, haha. Hätten die Morlocks auf dem linken Foto schwarzgefärbte Haare gehabt und ihre Hackfressen in den Westküsten-Clubs der Mittachtziger etwas im Schatten verborgen, wären sie auf keinem Konzert der damals blühenden Neo-Garage-Szene aufgefallen. Wäre doch zu cool gewesen, wenn sie dann tatsächlich auch auf einem Konzert ihrer Namensableger aufgetaucht wären, die Mittelpunkt dieser Szene waren. Einziges Originalmitglied ist heute Sänger Leighton Koizumi, mittlerweile ansässig in Düsseldorf und dadurch mit einer neuen Schar aus Italien, Holland und Deutschland ausgiebigst unterwegs in ganz Europa.
Nun sind Neo-Bands ja leider oft enttäuschend ähnlich und auch die Morlocks machen da keine gravierende Ausnahme. Ihr grosser Vorteil ist aber dann doch die Persönlichkeit des Frontmannes, der mit seiner wundervoll tiefen Stimme und seiner männlichen aber dennoch selbstironischen Eloquenz ganz unerwartet doch noch Sex-Appeal versprüht. Das zumindest haben wir uns nach 6 Bieren eingeredet. Aber hey, er ist zweifelsohne echt lustig, ich hatte es nicht erwartet.
So boten die Morlocks Stoff für einen unterhaltsamen Abend, dem nur eine Vorband fehlte, denn sonst wären die Leute wohl völlig durchgedreht.
(Ralf, 30.5.16)
Do. 12.05.16 Lene Lovich - Köln, Sonic Ballroom (ca. 50 Zuschauer)
Ein Abend der Eigenartigkeit. Lene Lovich kennen wir ja alle noch als sowas wie die poppigere Ausgabe von Siouxie Sioux. Sie stellte uns heute aber erstmal gehörig auf die Probe, denn zwei ihrer Bandmitglieder bestritten nacheinander ein anstrengendes Vorprogramm, indem sie zu vorgefertigten vorallem elektronischen Songs sangen. Bei dem Schlagzeuger bin ich nach etwa 5 Sekunden wieder nach draussen geflüchtet, bei der Keyboarderin schaffte ich drei Songs.
So unterhielt man sich an einem lauen Maiabend und trank Bier im Garten des Ballrooms, bis die Dame dann endlich die Bühne betrat. Sie ist lustig, trägt immer noch ihre Wüstengruftie-Klamotten auf, trällert fröhlich vor sich hin und bringt ihre alten Hymnen wie "In the Dark there is Light". Das wirkt aber null verbissen, hat eher eine augenzwinkernde, selbstironische Note.
Die Band aber schrubbelte arg im Wald rum und dazu sowas von schwachbrüstig, kraftlos, geradezu aufreizend amateurhaft. Die Bassistin hatte augenscheinlich Schwierigkeiten auf 4 zu zählen, vom Timing ganz zu schweigen. Dazu starrten sie dennoch verkrampft auf ihre Finger, um wenigstens jeden zweiten Akkord in akzeptabler Zeit-und-Raum-Balance zu erwischen. Die Keyboarderin versuchte an den "ganz schwierigen" Breaks zu dirigieren, doch Töne auf dem Griffbrett zu finden, den Takt zu halten und noch auf einen Dirigenten zu achten, das kann ja nun wirklich niemand von einem erwarten.
Zunächst dachte ich, Lene hätte echt ne bessere Begleitband verdient, doch wenn man sich mal dran gewöhnt hatte, bekam es einen nostalgisch verklärten Charm. Ich dachte, damals war das bestimmt genau gleich wie heute. Wenn man sie so unter ihrem Turban rausgrinsen sah, dachte man, dass sie genau weiss was sie tut und die Band bestimmt über viele Jahre gecastet hat.
Und sie hat eine schauderhafte Gang an Fans angezogen, brrrrr (so ganz ausschliessen kann man sich ja nicht, wenn man ne Eintrittskarte gekauft hat, auch wenn wir aussen sassen und hinten standen). Also konnten wir cool bleiben und hatten am Ende doch noch einen sehr unterhaltsamen Abend. Hör mal, Lene ist 68 Jahre alt!
Sehr geile Fotos von einem aktuellen Konzert findet Ihr hier: LL, London, Cargo (24.4.13)
(Ralf, 29.5.16)
Di. 10.05.16 The Coathangers - Köln, Tsunami (ca. 50 Zuschauer)
Riot Girls aus USA. Als ich mir überlegte, ob ich da hingehen möchte, hab ich kurz in ein Video gespäht und einen positiven Eindruck bekommen. Klang dreckig, nicht zu poppig und clean.
Am Abend erwiesen sie sich aber vorallem als langweilig und eintönig. Ein paar schräge Akzente vermochten sie zu setzen und wenn sie zusammen sangen, gefiel es mir teils sogar.
Ich hätte die aber vielleicht als Vorband im Sonic Ballroom gebucht oder wochentags vielleicht auch alleine. Die meisten Anwesenden schienen es ja auch gemocht zu haben. Der Pulk der Wenigen schmiegte sich eng an die Bühne und da sind wir leider auch beim Thema. Ist halt ne Band mit hübschen Mädchen. Jungs finden das gut, weil ihnen Mädchen gefallen und Mädchen finden das gut, weil sie sich mit denen identifizieren möchten. Trotzdem: Sie sind nicht gut.
17 Euro Eintritt!!! Ich will nicht wissen, was die an Gage verlangten. Für den Veranstalter hat es sich mit einem nicht mal halb vollen Laden ganz sicher nicht gelohnt und dann steht auch fest, dass die Band nicht nur dafür zu teuer ist, was sie an Qualität liefert aber auch noch nicht bekannt genug. Wenn man bedenkt, dass die hier schon zwischen den Booking Agenturen hinundher gerissen werden, dann kann ich nur sagen, dass hier das Verhältnis nicht stimmt. Die sind ganz offensichtlich masslos überschätzt und werden viel zu hoch gehandelt.
(Ralf, 11.5.16)
Fr. 06.05.16 The Teamsters, The Vagoos, The Blow-Ups - Berlin, BLO Ateliers (ca. 100 Zuschauer)
Londons Beatniks No 1 The Teamsters weiterhin mit herausragenden Kompositionen, gutem Sound und sehr gutem Gesang. Leider nachwievor auch etwas teigig und behäbig auf der Bühne. Die sind ja immer noch superjung, bewegen sich aber schon wie mindestens 20 Jahre älter, haha. Mir machen sie dennoch sehr viel Spass und ich liebe ihre Platten.
Die Vagoos aus Rosenheim davor teils mit garagigem 60s R&B, gemischt mit verhallten Balladen, die irgendwie ok waren, aber nicht so mein Ding. Am Ende ein punkiger Höhepunkt an dem vorallem der Schlagzeuger glänzen konnte, der ohnehin als einziger emotional involviert wirkte, oder das zumindest auch zeigen konnte.
The Blow-Ups hatten keine Probleme ihre Leidenschaft für das zu zeigen, was sie machen. Diese Jungs leben ihr Ding mit vollkommener Begeisterung, sind musikalisch aber nicht ganz sattelfest. Man muss kein grosser Handwerker sein um mir zu gefallen und reicht mir, was sie anbieten. Garage-Punk mit zwei Schlagzeugern, fast wie das Clone-Drum bei den Monsters, nur dass jeder auch seine eigenen Bassdrum benutzt. Die Songs fand ich insgesamt ziemlich ok.
(Ralf, 16.5.16)
Do. 05.05.16

Die Nerven, Levent - Berlin, Volksbühne (ca. 600 Zuschauer)
Levent ist eine Berliner Band mit einer ganz schön unangenehmen Ausstrahlung. Kann ja auch mal interessant sein, für mich an diesem Abend leider gar nicht. Ich hoffe ich werde die nie wieder sehen müssen. Musikalisch war das komisch klingender Grunge, ein bisschen wie die eine oder andere eher künstlerische Riotgirls Band Anfang der 90er. Die Gitarre klang sehr tief, ich glaub die nennen das auch Bass 2 oder so. Selbst recht hoch gespielte Töne hatten soviel Tiefen, dass der Sound der Bassgitarre dadurch komplett verschluckt wurde. Wieviel davon Absicht ist oder auch über die PA verschlimmert wurde, ist schwer zu sagen. Ich bin bei den Nerven dann erstmal weiter nach hinten gegangen, weil ich dachte, was haben die denn für nen beschissenen Sound hier. Bei den Nerven war aber alles gut.
Die Jungs sind mittlerweile sehr euphorisch und waren offensichtlich ziemlich geflasht von der Reaktion des Publikums, die sehr respektvoll war, was ja nicht immer ganz klappt, wenn der Laden so voll ist und man anfängt auch Randgruppen aufs Konzert zu locken.
Das scheint hier noch alles im Grünen zu sein. Die Band selbst ist noch besser geworden seit ich sie das letzte Mal gesehen habe. Nicht nur spielerisch, sondern vorallem auch kompositorisch und dramaturgisch, und sie sind immer noch bodernständig und sympathisch. Man kann nur hoffen, dass das noch ne Weile so bleibt, denn der Druck auf die Everybodys Darlings der deutschen Musikszene ist natürlich immens. Ich spreche nicht von Erfolgsdruck sondern, von dem Druck, bei all dem Erfolg, all dieser Lobhudelei normal zu bleiben und sich davon möglichst wenig beeindrucken zu lassen. Ich wünsche ihnen sehr, dass sie das durchstehen.
(Ralf, 16.5.16)

Mi. 04.05.16 Black Eyed Dog, The Beauty Regime - Berlin, Schokoladen (ca. 50 Zuschauer)
Oha! Eine sehr zappelige Kapelle in vielerlei Hinsicht. Black Eyed Dog sind ein junges hübsches Mädchen mit einer Austrahlung, die man bei sich behält und ein Schlaks mit nach innen gedrehten Füssen und einem viel zu grossen Anzug, der ihn, mit seiner an ihm wie ein Kinderspielzeug hängenden E-Guitar-style-Mandoline, wie das Werkzeug eines versoffenen Marionettenspielers wirken lässt. Sie sind aus Italien und haben noch einen Drummer dabei.
Die sind authentisch und haben viel Sympathie. Zum Beispiel, dass sie auch als erstes gespielt haben, hat sich für uns in vielerlei Hinsicht gelohnt. Das zeugt von ausgekochter Bescheidenheit.
Sie keuchen einem wirr aber in gutem Englisch Textfetzen entgegen, deren Melodien ihnen gerade einzufallen scheinen und die vorallem eins nicht haben dürfen: Zwei gleich klingende Zeilen. Das Mädchen zeigt gelegentlich dennoch sogar recht hohe gesangliche Fähigkeiten, die sie aber wie ein Schätzchen für sich im Kästchen verbirgt und die scheinbar unabsichtlich plötzlich kurz entweichen ... nur um dann gleich wieder kontrolliert zu werden ... durch konvulsives Gegurgle.
Nach jedem Song zerstreute Hektik. Gitarren werden gewechselt, Mandolinen getauscht, mit verdrehten Gurten umgebunden, gestimmt, die Steckverbindungen der Effektgeräte geprüft und hier und da etwas am Knopf gedreht. Man verfolgt das unkoordiniert wirkende Treiben mit staunenden Augen, bis sie in den nächsten Song brechen, wo sich das Schauspiel fortsetzt: Abgehakte, verworrene Kompositionen. Die Lautleise-Verhältnisse sind so unterschiedlich, dass manchmal nicht ganz klar scheint, ob das schon oder noch ein Song ist oder ob die gerade was probieren. Wenn Fahrt aufgenommen wird, wird sofort wieder gebremst und zweimal abgebogen.
Für mich sehr schwer zu folgen und zu gutieren. Einige Songs oder Fragmente davon waren wirklich grossartig. Am Ende fehlte mir aber die Freiheit, auch mal was gehen zu lassen, einem Rhythmus, einer Melodie zu folgen und ihr eine Chance zu geben.
Aber interessant und unterhaltsam waren sie auf alle Fälle. Würde ich mir sehr gerne noch mal ansehen.
Danach die Berliner The Beauty Regime, nicht mein Ding. Überhaupt nicht.
(Ralf, 11.5.16)
Sa. 09.04.16 Garageville No. 5 mit The Trash Templars, The Maggie's Marshmallows, The Strollers, King Salami and the Cumberland Three - Hamburg, Hafenklang (ca. 300 Zuschauer, ausverkauft)
Zweiter Tag. Früh gehts los. Der Kater vom Vorabend steckt uns noch in den Knochen. Die Trash Templars, eine junge Kombo aus Bielefeld, mittlerweile mit fast ausschliesslich eigenen Nummern, weiss vor allem mit coolen Ideen (das Tempelritter-Outfit mit Blecheimern auf dem Kopp), grossartigem Gesang und gemein-dissonanten Gitarreneinwürfen zu überzeugen. Sie sind die Speerspitze des Garage-Nachwuchses in Deutschland und lassen uns erwartungsvoll in die Zukunft sehen.
Die tschechischen Maggie's Marshmellows danach gefielen mir nicht sehr. Wenn die Sängerin sehr rotzig wurde, fand ich's ok, ansonsten hatten sie für mich ein zu abweisendes Gebahren und waren eher cool als wild ... aber ich mag eben wild lieber.
Mit den Strollers aus Schweden dann die handwerklich beste Band des Festivals. Sie sehen immer noch toll aus, die mittelalten Recken. Was nach dieser Reunion zu erwarten ist, bleibt offen. Zumindest gibts mal ne Single. Ähnlich wie die Maharajas letztes Jahr sind sie der Garage bereits deutlich entwachsen. Das ist fast schon Rock. Die Kompositionen schichten die Harmonien schon geradezu kunstvoll ineinander. Mathias wirkte, wie letztes Jahr auch, fast ein wenig verbissen, aber ich glaube, der ist einfach so. Eine geile Band, erwachsen heute, in Sound, Komposition und eigenem Anspruch, aber Helden des Prä-Punks, die genau dann kamen, als viele Punkbands langweilige Stadionrocker wurden und eine Fahne stützen halfen, die schon fast am Fallen war.
Am Ende King Salami, eine Unterhaltungsband aus England, die den Laden dann endgültig zum Überkochen brachte. Für mich sind die nix. Mir sind die einfach dreimal zu übertrieben und haben nichts wirklich Bemerkenswertes von musikalischer Seite zu bieten. Viel Spass aber für das Partypublikum.
(Ralf, 28.4.16)
Fr. 08.04.16 Garageville No. 5 mit The Courettes, The Asteroids, The Scumbugs, The Ar-Kaics - Hamburg, Molotow (ca. 250 Zuschauer, ausverkauft)
Zwei Abende Garagenpunk mit internationalem High-Quality-Lineup in den wilden Gassen der Hafenstadt. Beatniks, Punks, Freaks und Snobs bis zum Abwinken. Danach Party, länger als man es aushält.
Zu Beginn das dänisch-brasilianische Duo The Courettes mit 60s Lo-Fi-Punk nicht ohne Headcoatees Charm. Gute Songs, guter Sound, eine hübsche Dame an Gesang und Gitarre, nicht immer ganz sattelfest bei dem was sie tat, was der Sache aber stilgerecht nicht abträglich ist. Der Drummer eine Kanone fürs Auge und den Beat. Danach die Asteroids aus Giessen. Weniger wild, klassischer, geradliniger, insgesamt ein Tick biederer, dafür mit voller Kombo breiter im Sound. Auch in der Einstellung sind sie etwas offener. Nicht so sehr die Hardlinerfraktion, was mir lieber ist, weil nicht so verkrampft.
Danach Gelegenheit für die Scumbugs aus Norwegen mit ihren Ameisenmasken und einer exaltierten Show wieder Fahrt auf der Weirdness-Skala aufzunehmen. 100 Punkte für den Organisten, der den coolsten Job des Festivals hatte. Hinterundwiedermal Tasten drücken, bisschen Backgroundsingen dafür umso öfter Kurze hinter die Maske schütten.
Am Ende des ersten Abends dann die ganz grosse Qualität mit den Ar-kaics aus den USA. Die einzige Band mit wirklich perfektem Sound, eigenwilliges Songwriting, erstmals am Abend auch mit viel Gefühl. Die offensichtlich simplen Punk-Tunes wurden von Song zu Song vielfältiger und überraschender. Das Mädchen an den Drums fast wie Peg von den Gories, primitiv aber fantastisch gut in Time. Als letzte Band des Abends waren sie vielleicht etwas zu introvertiert, quasi das Gegenteil von King Salami am nächsten Tag, für mich dennoch die angenehmste Überraschung des Festivals.
(Ralf, 8.4.16)
Di. 05.04.16 Camera, Mugstar - Berlin, Urban Spree (ca. 120 Zuschauer) Foto Andreas Budtke
Es heisst, ihm wurde Unrecht getan, und ich glaube das auch, denn jeder von uns weiss, wie anders sich Dinge darstellen, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen werden. Nichtsdestotrotz eignet er sich dank seiner Eigenschaft als wahnsinniges Genie hervorragend als Opfer derartiger journalistischer Attacken. Die Rede ist von Anton Newcombe, Mastermind der Band the Brian Jonestown Massacre und der Doku DIG!, ein höchst unterhaltsames Stück Film und ich habe schon in meinem Artikel über die Dandy Warhols letztes Jahr darüber geschrieben..
Aber wir sind ja aufgeklärte Menschen und urteilen nicht (hehe), dennoch sind wir auch Fans und lieben die Unterhaltung.
Anton lebt heute in Berlin und er war Gastmusiker bei Camera.
Es ist ja nicht unbekannt, dass die letzte (vielleicht war es auch die vorvorletzte, ich sitze ja schliesslich auch irgendwo unterm Stein) Generation alternativ geprägter Musiker auf Krautrock und unter anderem eben auch auf die Band NEU! stehen. So ist es ja nicht schwer, sich zusammenzureimen, woher das Interesse kommt, da auch mal mitmischen zu wollen.
Egal. Camera als eine Band zu bezeichnen, die das Erbe von Neu! fortführt, ist einfach, aber ich liebe Einfachheit. Verflucht, wer denkt, sie machen es sich selbst einfach, denn was diese Jungs abliefern hat schon ausnehmend hohes Niveau.
Die Hauptrolle, das Fleisch und Blut von Camera betreibt das Keyboard. Hier wird der Handlungsrahmen vorgegeben, die Stimmung gelenkt, der Ton bestimmt. Der Star ist das Schlagzeug. Der Mann ist sensationell und trägt zudem einen Grossteil dazu bei, dass trotz aller Längen niemals Langeweile aufkommt, selbst die Pausen füllt er mit gezieltem Nichts. Die Gitarristen sind wichtig, sind in den aktuellen Camera aber eher vorallem anreichernd, nicht Grundlage.
Dazu hatten sie einen Damo mitgebracht, der, ich weiss nicht wie, in diesem dunklen Licht von seinen DinA4-Blättern abproklamierte, allerdings nur sehr akzentuiert eingesetzt, also bei zwei Songs, wenn ich nichts verschlafen habe.
Am Ende ging die Veranstaltung dann für einen Dienstag doch ziemlich lang. Das bunte Publikum wurde unruhig oder verzog sich. Nur die Hälfte hielt es bis zum Ende aus.
Daran hatte auch die langweilige Vorband Mugstar aus Liverpool ihren Anteil. Drone-Rock ohne vergleichbare Qualität, viel zu lange gespielt, viel zu lange umgebaut. Es wirkte als wären sie längst auf längerer Tour und wollten sich für diesen Abend nicht in ein kürzeres, aber dem Publikum zugänglicheres Vorbandprogramm ergeben.
Und auch die Musik zwischen den Songs war sehr unruhig und anstrengend. Das war alles gut gemeint, trug aber nicht dazu bei, das aufdringliche Chaos in dem ungemütlichen Konzertraum im Urban Spree zu verringern.
Für Camera hat sich das Kommen aber gelohnt. Ich war durchaus begeistert.
(Ralf, 17.4.16)
Fr. 25.03.16 Hysterese, Catholic Guilt, Bad Future - Berlin, Kastanienkeller (ca. 120 Zuschauer, soldout)
Zuerst Bad Future aus Seattle. Vermutlich die besten Musiker des Abends, starteten sie auch sehr kraftvoll und direkt, konnten die Energie aber leider nicht aufrecht erhalten, weil sie sich in vertrackten Arrangements verloren und die etwas künstlich aggressive Stimme kaum einen zweiten Ton kennt. So variantenreich sie sind, im Fortgang des Sets nutzt sich das ab. Ich fühle jugendliche Vergangenheit im Metal.
Catholic Guilt aus Graz danach etwas direkter, punkiger, wütender, wenn auch stimmlich leider nicht so stark, gefielen sie mir eigentlich ziemlich gut. Das war endlich mal richtig Punk!
Dasselbe gilt natürlich auch für Hysterese, die dann als einzige Band des Abends auch kompositorisch hohe Qualität bewiesen. Das ist richtig eigenwillig aber eingängiger Riff-Punk mit clever auf den Punkt geschachtelten Male-Female-Vocals, immer am Limit, mit der richtigen Mischung aus Angepisstheit und Melancholie. Auch dem souveränen Auftreten merkt man natürlich die deutlich grössere Erfahrung gegenüber den Vorgängern an.
Trotzdem: Von Seiten durchgehender Integrität, Qualität und Durchschlagkraft waren allesamt besser als die Garden Gang am Wochenende davor. Und hier standen Menschen auf der Bühne, die teilweise halb so alt waren.
(Ralf, 26.3.16)
Sa. 19.03.16 Garden Gang - Berlin, Wild At Heart (ca. 50 Zuschauer)
Hatte ich vor Jahren schon mal als Backing Band von TV Smith auf Deutschlandtour gesehen. Irgendwie leben die ihr Ding auch mit dem kindlichen Charm der Liebhaberei, zumindest der Sänger und die Sängerin. Sie sind nicht besonders gut aber sie meinen es gut und das möchte ich ihnen unbedingt anrechnen.
(Ralf, 26.3.16)
Sa. 12.03.16 The Fall - Berlin, White Trash Fast Food (ca. 500 Zuschauer)
Kurzfristiges Überraschungskonzert der Unverwüstbaren um Mark E. Smith. Im Gegensatz zum Auftritt in Köln vor zwei Jahren, war die Spannung in der Band deutlich weniger greifbar, fast schon gelöst. Smith war in recht guter Stimmung und richtete wenig Unfug mit dem Mobiliar seiner Angestellten an. Er kickte sogar nicht ein einziges Mal das Bassdrum-Mikro raus.
Dennoch war es wieder eine Augenweide und viel Spass ihm zuzusehen. Die Songs der neuen Mini-LP, die hier vorgestellt wurden, scheinen mir allerdings, ähnlich wie zuletzt bei The Remainderer eher Mittelmass im Fall-Kosmos zu sein.
In Köln war ich zutiefst erschrocken und fasziniert von der psychischen Gewalt mit der Smith regiert, heuer war er geradezu charmant, was in Summe mit der etwas öden Setlist, einen guten aber bei weitem nicht so sensationellen Auftritt wie in Köln ergab. Möglicherweise sind es dann auch die überzogenen Erwartungen oder ein Wochenende, das schon viel Qualität zu bieten hatte und da müssen dann vielleicht auch mal sogar The Fall Höchstleitung bieten, um für durchgehende Begeisterung zu sorgen.
Liest man das Fall-Insider-Forum, tägliche Lektüre für jeden der Verfallenen, waren alle ja super begeistert, Smith wurde sogar ein crowd-pleasing Modus zugeschrieben, den man vorher ja noch nie so gesehen hätte, hahaha. Ich denke, alles was Smith auf der Bühne tut, macht er auch, um seinem Publikum was zu bieten. Wenn er also mit seinen Mikros hantiert, sie hinwirft, immer wieder ein anderes nimmt (für den Soundtechniker ein Horror, haha), die Mikros vor die Amps hält, um mit den Feedbacks zu kokettieren, wenn er dem Gitarristen den Amp abdreht und seiner Ehefrau in die Tasten greift, um ein ganz spontanes Solo hinzulegen, während er gelangweilt in die entgegengesetzte Richtung sieht ... wenn er einfach alles tut, um The Fall an einem reibungslosen Auftritt zu hindern, ist das dann crowd-pleasing? Also aus meiner Sicht wäre es das, aber ich schätze, dass das anders gemeint war und genau so fand ich den Auftritt eben auch: Crowd-pleasing im wahrsten Sinne, gääääähn.
Ich bliebe dabei: The Fall können besser. Smith sagt selbst, wenn die Band zu gut wird, muss er sie herausfordern, um sie zu neuen Höhen anzutreiben und dazu benutzt er seine eigenen Mittel und dann kann es auch mal im Chaos enden, doch das IST die Herausforderung. Und unter diesen Gesichtspunkten war der Auftritt im White Trash nur mittel.
Dennoch: The Fall haben das Wort Underground schlichtweg definiert und leben das seit mittlerweile 40 Jahren konsequent vor. Für diese Band werde ich noch auf dem Sterbebett glühende Fürreden schwingen.
(Ralf, 13.3.16)
Fr. 11.03.16

The Satelliters, The No-Counts - Berlin, Wild At Heart (ca. 60 Zuschauer)
Angenehme Atmosphäre im Wild At Heart. Nicht zu voll aber voll genug für ausgelassene Stimmung. Für die sorgten zunächst die Berliner No-Counts, stilistisch, wie die Satelliters, im 60s-Garage-Punk angesiedelt. Stimmt soweit alles bei denen, sind sympathisch, haben die richtigen Roots, die Einstellung, der Stil, die Songs sind ok. Mir sind sie leider etwas zu brav und wenn du dann hinterher die Satelliters siehst, weisst du auch, warum die eine Band alles auseinander reisst und die erste nicht.
Die Satelliters aus Frankfurt sind super eingespielt, sind ausnehmend exzellente Musiker und haben ein perfekt abgestimmtes Set mit klasse Songs, abwechslungsreicher Dynamik, perfekte, auch tanzbare Rhythmik. Da schwankt keiner, alle Breaks kommen auf den Punkt, Drive, Schwung, alles stimmt und dazu sind sie auch absolut ansehnliche coole Typen, die man schon vom Zukucken ins Herz schliesst. Fast schon so kleine Stars. Wirklich eine sehr geile Band, die ich schon im November in Köln gesehen, aber leider keine Zeit hatte, sie genügend auszuloben. Köln war sogar noch besser. Der Laden war voll und die Stimmung total am Bersten. Auch der Sound war besser, insbesondere die Gitarre kam dort geiler rüber.
War'n sehr toller Abend.
(Ralf, 12.3.16)

Do. 10.03.16 Lydia Lunch Retrovirus - Köln, Sonic Ballroom (120 Zuschauer, gepackt)
Lydia zurück zu ihren Wurzeln, mit im Gepäck: Ein Haufen irrer Bombenleger, die in Bands mit illustren Namen wie Child Abuse spielen oder bei den Flying Luttenbachers mitwirkten, die sich 2007 auflösten und verkündeten sich erst dann wieder zu vereinigen, wenn die menschliche Rasse reif für Armageddon sei.
Hätte ich im Voraus gewusst, dass Lydia mit Retrovirus auf ihren Backkatalog bis zu Teenage Jesus zurückblickt, hätte ich Zweifel gehegt, dass das was wird, aber diese schrägen Vögel habens echt verdammt gut hingekriegt. Ich hab ja schon mal gesagt, dass Lydia heutezutage nicht viel mehr als krächzen kann, aber sie versteht es, ihre Legende weiter zu leben, die Qualität ihres Irrsinns bleibt hoch und dadurch schafft sie es, die besten Musiker um sich zu scheren (Bob Bert an den Drums nicht zu vergessen).
Und die haben diesen Mist gelebt, sage ich euch. Der Bassist musste sein Maul aufsperren um nicht an seinen Konvulsionen zu ersticken. Teilweise schlug er derart auf die Saiten, dass seine Pranke wie ein Faustschlag Richtung Publikum schnellte. Der Gitarrist richtete mit seinen permanenten Dissonanzen derartigen Schaden an, dass ich plötzlich dachte, er steht jetzt hinter mir und sägt mir in den Schädel. Ich hab das erst einmal gehabt, es war in den 80ern bei Pussy Galore (und wer zur Hölle prügelte auch damals auf einen Metallblock als Snareersatz?), deren Sound mit ihren vier Gitarren so laut und schrill war, dass der Schmerz sich anfühlte als hätte ich flüssiges Eisen im Mund. Hier war es genauso, nicht der Sound, aber die degenerative Intensität, diese magenumdrehende Depression, die sich einstellt, wenn man über eine Stunde lang nur tranceartiges Urwaldgetrommle, den Körper vor die Wand schmetternde Bassfrequenzen und eine unaufhörlich schrill bohrende dissonante Gitarre hört, die wie alles klingen will aber nicht wie eine Gitarre.
Es war der Wahnsinn, es war phantastisch. Der Retrovirus hatte mich voll erwischt. Da meine Schuhe dauernd runterrutschten, wollte ich sie ausziehen und irgendwohin werfen, egal wohin, ich wollte 100 Schuhe ausziehen und sie irgendwogegen werfen, ich wollte mich auf den Boden werfen und in Metallstangen beissen, ich wollte glühende Nickelgroschen auf meine Haut gedrückt bekommen, um zu sehen, wie die schwarze Brühe dran runterläuft. Ich wollte flüssiges Blei in die Knochen gegossen bekommen. Ich wollte zerbombte Städte wie einen Strom sich geisselnder Pestpilger durch meinen Geist gezogen haben.
Und ich glaube alle anderen wollten das an diesem Abend auch. Wie sonst könnte man sich diese Gebanntheit erklären, die bei dem Break und einer geflüsterten Passage im finalen Black Juju zu einer Totenstille führte. Davor hatte Lydia Rowland Howard noch als ihren Lieblingsgeist geehrt.
Ein grandioser Abend an der Schwelle zu einem Wochenende, das noch mehr versprach.
(Ralf, 12.3.16)
Sa. 05.03.16 Jesse Malin - Berlin, Auster-Club (100 Zuschauer)
Jesse Malin, alter Held der New York Punkszene und Frontmann der zwischen 91 und 98 aktiven Band DGeneration (die allerdings in den letzten Jahren wieder mit einzelnen Shows und aktuell sogar mit richtiger Reunion und einem neuen album von sich Reden machten), auf der Promotion Tour für sein viertes Soloalbum. Ich hab seine Solosachen nie gehört. Da war von Singer-Songwriter die Rede und ich stellte ihn mir mit Akkustikgitarre alleine auf der Bühne vor, bis ich zuletzt fast schon überraschend von diesem Auftritt erfuhr und der Artikel Vergleiche zu Springsteen zog, schluck.
Nichtsdestotrotz, Jesse Malin gebührt die Ehre erwiesen. Er hatte ne komplette Band dabei, sogar mit zwei Bläsern und nen komischen Ami-Rock-Cowboy als Gitarrist. So'n Typ mit Weste, gut gestrählten glatten halslangen Haaren, schwarzem Cowboyhut und beschissenem Gitarrensound (wenigstens keine Solos). Der Schlagzeuger hatte ein Chinese Rocks Tshirt an, aber der Beat war durchgängiges Midtempo-Rock-Gestampfe.
Man erkannte klassische DGeneration-Strukturen in den Songs und Malins Stimme natürlich, doch die Verweiflung und Aggression ist gewichen. Hier sind alle zufrieden und machen Mitwipprock, viel Tralala und Schalala, nichts aber auch gar nichts abseits von 0-8-15 und das gefiel dem vorwiegend amerikansichen Publikum im Auster-Club, eine Mischung aus alt- und mittelalterlicher Biederkeit. Ein einziges zufriedenes Mitwippen und wir hatten leider nicht genügend Geld dabei um uns das schönzusaufen. Es war zum Kotzen.
Aber Jesse Malin wird ein Held bleiben, selbst wenn er noch hundert Jahre langweiligen Rock spielt.
(Ralf, 6.3.16)
Fr. 15.01.16 The Mobbs, The Jet Sons - Berlin, Bassyclub (70 Zuschauer)
Verstehe ich nicht, warum man solche Bands aus dem Ausland hierher holen muss. Damit kriegen wir keine Kids auf die Konzerte zurück, Leute. Es gibt soviele gute Bands, aber die Mobbs und die Jet Sons ... das war mal ein klassischer Fehlstart ins Jahr. Die pflegen liebevoll ihr Hobby, die haben auch immer wieder gute Ansätze und die tun keinem weh ... aber das ist ja genau das Problem: Die tun nicht weh!
Eins der ersten Konzerte im Jahr: Diskretem Etikettenschwindel auf den Leim gegangen. Das Etikett: Garage Punk for Boys. Die Wahrheit: Kaffeekränzchen-Musik fürs Kaffeekränzchen mit Ommas Sonntags-Kaffeeservice. Das ist weder Garage noch Punk und das ist auch nicht für Boys, nicht mal für kleine Boys. Das spielen die beim Kränzchen ihren Omas vor und den Omas gefällt es. Und nicht nur, weil sie die Omas sind, sondern weil es ihnen tatsächlich gefällt.
Das Jahr ist früh, mein Urteil ist milde, aber der Abend war fürn Arsch! Kuckt euch mal das Foto an. Das könnte auch ne Kölschrockband sein.
(Ralf, 16.1.16)

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Teufel