Konzertbesprechungen 2005

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Fr. 30.12.05

Wendy Bones - Balingen, Sonnekeller (Privatparty vor ca. 120 Zuschauern):
Der Sonnenkeller hat weiß Gott schon andere Tage gesehen. Ich sage nicht: bessere. Vielleicht werde ich altersmilde. Aber als ich seinerzeit Stammgast in jenem Etablissement war, hätte so jemand, wie ich es heute bin, dort auch den Altersdurchschnitt angehoben. Womöglich verkläre ich also meine Jugenderinnerungen, es ist eigentlich gar nicht so viel anders als damals, und ich bin inzwischen einfach zu alt für den Laden.
Doch heute ist alles wie damals. Ich betrete den Keller und finde mich in einem Wachsfigurenkabinett. Madame Tusseaud’s, Abteilung Balinger Szenegänger der Neunziger. Ich bin eine dieser Wachsfiguren. Aber wir Figuren verstauben nicht in der Ecke. Wir leben, wir atmen, wir tanzen, wir trinken zu viel.
Der Grund für dieses bemerkenswerte Raritätenkabinett hat lokale Rockgeschichte geschrieben: Die Wendy Bones.
Irgendwo in einer großen Archivkiste verrotten bei mir hunderte von Schwarz-Weiß-Negativen mit Aufnahmen dieser Band. Ja, es ist eine Band aus analogen Zeiten. Als die Wendy Bones anfingen, war das Demo-Tape der Normalfall und die CD etwas für musizierende schnöselige Muttersöhnchen mit zu viel Geld.
Als sie Balinger Rockgeschichte schrieben, hatte ich mir eben die ersten Rockreporter-Hörner abgestoßen und fand schon nicht mehr alles toll, was eine E-Gitarre halten konnte. Die Wendy Bones fand ich toll. Zugegeben, meine Nummer Eins waren sie nie, denn sie schwammen im gleichen Teich wie The Blindboy. Aber was sie machten, wusste ich zu schätzen.
Es war noch eine Zeit voller naiver kleiner Träume. Ich fragte mich heimlich, wann ich wohl für den „Rolling Stone“ schreiben und wann die Wendy Bones ihr erstes Album in den Charts haben würden.
Ob die Jungs selbst auch solche Träume hatten, weiß ich nicht. Aber ich vermute es stark. Denn was einen großen Teil meiner Wertschätzung für die Wendy Bones ausmachte: Sie glaubten an das, was sie taten. Sie lebten den Traum vom Rock’n’Roll. Sie hatten nicht nur auf der Bühne Kajal um die Augen, sondern auch, wenn sie an einem ganz normalen Abend im Sonnenkeller saßen. Und in ihren Songs ging es oft um die Suche nach Ruhm und Ehre im Rock-Business, da träumten sie vom Leben als Star.
Heute haben sie keinen Kajal um die Augen, und später auf der Bühne wird Frontmann Bernd Fauler fragen: „Hat jemand eine Federboa dabei?“ Das wäre ihm damals nicht passiert, dass er dieses Accessoire vergisst.
Aber noch ergehen sich all die munteren Wachsfiguren in Vorfreude, angeheizt durch die Rockabilly-Klänge von DJ Jens Wilde, aka Wendy-Bones-Bassist. Die Stimmung ist heiter, fast ausgelassen. Wiedersehensfreude allüberall, Wiederhörensvorfreude auch.
Die Herren lassen sich Zeit, genießen selber sichtlich die Auferstehungsparty, die sie inszeniert haben. Aber irgendwann steigen sie doch auf die Bühne, für diesen einen Abend. Aus Spaß an der Freude und weil bei ihnen allen seit dem ausgehenden Jahr das Lebensalter mit der großen „3“ anfängt. Und sie beweisen: Sie können es noch.
Vom ersten Moment an ist das Publikum dabei. Auch ich freue mich, das noch erleben zu dürfen.
Ein kurzer, schmerzhafter Gedanke an die, die das nicht mehr erleben können.
Aber dann ist Rock-Freude angesagt. Erstaunlich, was sich die Jungs in fünf Proben wieder draufgeschafft haben. Klar, Drummer Matze Ulrich haut auch mal einen Schlag daneben, aber was soll’s. Gitarrist Daniel Schandock, dank den Stereo Satanics immer noch im Rockzirkus zuhause, gibt sich keine Blößen. Und Sänger Bernd merkt man sechs Jahre Bühnenabstinenz nicht an. Zumindest musikalisch – die Show allerdings ist nicht mehr ganz so souverän wie ehedem, als sich die Band an Glamrock-Vorbildern orientierte und die Präsentation fast so wichtig war wie die Musik.
Zu ihrer Zeit waren die Wendy Bones eine Ausnahmeerscheinung in der örtlichen Szene (und wären es auch heute noch). Als eine von wenigen Bands bewegten sie sich jenseits der Matten- und Kutten-Klischees auf der einen und der Pogo-Fraktion auf der anderen Seite. Sie schrieben Songs, wahre Songs, mit mehr als drei Akkorden, gerne im Mid-Tempo-Bereich und mit kaum verzerrter Gitarre. Sie zeigten, dass Melodie nicht nur in überlangen Gitarrensoli ihren Platz hat, sondern auch im Gesang. Sie konzentrierten sich aufs Wesentliche. Ihre Musik kannte keine Überflüssigkeiten. Schlagzeug, Bass, Gitarre waren dazu da, das harmonische Gerüst für den Sänger zu liefern. Fertig. Und trotz dieser Einfachheit war der Sound ein ganz besonderer – es funktionierte.
So wie es heute noch funktioniert. Die Meute im Sonnenkeller geht mit. Der leider ziemlich kurze Auftritt – für das Aufwärmen von noch mehr Songs war die Zeit zu knapp – rockt die Kneipe. Als die Wendy Bones recht abrupt wieder von der Bühne steigen wollen, gibt es Zugaben-Rufe. Also geben sie ein „Portrait of a Stranger“ mit wackeligem Text, dann werden noch ein, zwei Songs wiederholt.
Und schon ist der schöne Spuk vorbei.
Allerdings: Zwischen all den Wachsfiguren sah man auch höchst lebendige Gestalten, die in den alten Wendy-Bones-Tagen wohl noch die Grundschulbank drückten. Und sie sangen mit bei Songs wie „Moonshaker“, den sie vom letzten Wendy-Bones-Album kennen.
Heute gehen eben andere Leute in den Sonnenkeller, der weiß Gott andere Tage gesehen hat. Andere Leute träumen davon, mal für den „Rolling Stone“ zu schreiben oder ein Album in die Charts zu bekommen.
Und diese Leute bei der Wendy-Bones-Party mitfeiern und mitsingen zu sehen, gibt einem altersmilden Rockreporter irgendwie ein gutes Gefühl.
(Boris Retzlaff, 9.1.06, Foto: Petra Schwenk)

Texte gefällig? http://www.rhetorik-retzlaff.de
Gags gefällig? http://www.kabaretzlaff.de

Sa. 10.12.05

Danse Macabre, Ten Volt Shock - Tübingen, Epplehaus (ca. 150 Zuschauer):
Die erste Band, The World Inc., verpassten wir, da wir erst gegen 23h im Epplehaus ankamen. Es war aber sehr gut gefüllt, fast schon ZU gut, denn es gab für mich leider keine Möglichkeit, bei Ten Volt Shock vor die Bühne zu kommen, die kurz danach anfingen. Die Freiburger brachten unerhört druckvollen Noise-Core (möchte ich mal sagen), der am ehesten ein wenig an Shellac erinnerte. Gitarre, Bass, Drums. Alles sehr exakt aber dennoch brutal wuchtig gespielt. Der (Sprech-) Gesang und die Harmonien suchten ihr Plätzchen im psychotischen Bereich, doch im Gegensatz zu Shellac oder meinetwegen auch Craving, die mir am Ende noch einfielen, war TVS doch deutlich mehr dem Core verhaftet, also nur im Geiste gefährlich, während bspw. bei Craving die Bedrohung auch von der Band ausging und der Psychofaktor physisch fühlbar war.
Danse Macabre (welch lustiger Name, da ich selbst von Mitte der 80er bis zur Auflösung Anfang der 90er einer gleichnamigen Band beiwohnte), waren ebenso lustiger (nee echt!) Chaos-Screamo-Core (besser könnten sie es selbst nicht benennen) mit politischen deutschen Texten. Hier fand ich mich nun rechtzeitig vor der Bühne ein und musste wirklich dauernd grinsen. Der Sound war extrem stressig, bolzig und abgehackt zugleich, Metal, Core, Punk, alles in einem Durcheinander und der Sänger übergab dazu, oft ganz neben das Mikro, seine Lunge ins Publikum. Ich bin ja, für alle die's noch nicht gemerkt haben, nicht solcherlei Musik zugewandt, doch da ich in den 80ern selbst viel HC (-Punk allerdings) gehört habe und die Triebfeder solcher Bands ganz gut verstehen kann, fühlte ich mich ein bisschen ins eigene Gestern versetzt und ... ja nun, es machte mir einfach nur Spass, denen zuzuhören, auch wenn ich mir bestimmt hinterher keine Platte (die haben aber bestimmt nur CDs) kaufen ging.
Die Namensgebung kapiere ich ja mittlerweile ("vive dans temps morte"). Aber ich mochte die Präsentation des Sängers nicht, denn, so gut er auch aussah (und er sah gut aus!!) und so sympathisch er auch rüberkam: Er präsentierte sich einfach nicht, sondern sprang von der Bühne und gab sich oft mit dem Rücken zum Publikum, ganz der Antistarhaltung hin, wie ich sie prinzipiell sympathisch finde, wenn nicht, wie hier, überstrapaziert. Dabei wirkten die Jungs noch gar nicht so besonders als ob sie den ganzen Tag nur diskutieren würden, sondern sie schienen richtig Spass zu haben.
Nagut, ich bin diesem Genre entwachsen und hab mich bereits vor knapp 20 Jahren den politischen Diskussionen innerhalb der Musik entzogen, da es mich nervte, wenn Leute darüber diskutieren, ob es ok ist, Chucks zu tragen oder ob man besser Noname-Stoffturnschuhe trägt, wo einer versuchte den anderen zu unterbieten, wie "ich hab noch nicht mal einen Kühlschrank" oder "und ich hab noch nichtmal einen Plattenspieler" (wo sich dann letztlich alles aufhörte, denn schliesslich ist es die Musik, die zusammenführte und wer keine Musik mehr hören kann ...).
Und weil ich mich diesem Genre entwachsen fühle, habe ich Danse Macabre als sehr unterhaltsame und gute Kapelle empfunden und habe mir ihre Texte NICHT durchgelesen, wie sie das empfohlen haben, und werde daher auch nicht weiter an ihnen herumkritisieren. Genauso wie ich es nicht möchte, wenn ein 20jähriger, der noch nichtmal geboren war, als ich mich obengenannten Diskussionen stellte, mich auf meine politische Gesinnung abklopfen möchte.
(Ralf, 26.12.05)

Fr. 09.12.05 Columbian Neckties - Stuttgart, Cafe Stella (ca. 25 Zuschauer):
Cafe Stella ist ein Designercafe und für Punkkonzerte nicht so toll, finde ich. Das anderthalbstündige Warten auf den Auftritt der Neckties gestaltete sich daher etwas anstrengend, da ausser uns nur 5 andere Leute da waren. Mag sein, dass wir nach ner Weile dann doch etwa 20 waren und dann ging's auch endlich los. Die Neckties boten genau das, was man von ihnen erwarten darf: Punk-Rock'n'Roll nach Dänenart, ausser einem anderen Bassisten kein Quäntchen anders zu dem Auftritt bei dem ich sie das erste Mal sah, leider sogar jeder Song in fast genau demselben Tempo. War gut, tat mich aber diesmal nicht umplätten, zumal ich die ganze Zeit auf die Autos kucken musste, die draussen vorm riesigen Fenster vorbeifuhren, zu dem die Band mit dem Rücken spielte und ansonsten die dämlichen Fressen auslachte, die beim Vorbeigehen reinglotzten.
(Ralf, 26.12.05, Foto: Herr Bensen)
Sa. 03.12.05 Dayforday, Tpunkterror, Exhausted - Balingen, Sonnekeller (ca. 150 Zuschauer):
Exhausted sind aus Albstadt und machen Punkrock. Es handelt sich hierbei um eine der jüngsten Nachwuchsbands der Gegend. Das Ganze hat teilweise spanische Texte und das sich am meisten abhebende Element ist bis dato der stark grob gebrüllte Gesang. Da könnte auch n bisschen Metal mit reinspielen, doch nach der ersten Show, die ich von dieser Band sah, möchte ich mir da noch kein grosses Urteil erlauben. Die Jungs gebarden sich jedenfalls anständig und bescheiden, was sie mir sehr sympathisch macht. Lasst uns noch abwarten, wie sie sich entwickeln.
Tpunkterror aus der Pfalz hatten jedenfalls schonmal einen weniger packenden Sound. Der Basser hatte seinen Amp, um sich zu hören, fast im rechten Winkel quer über die Bühne stehen, da er persönlich auf der anderen Seite stand. Nach draussen tat das nicht besonders gut. Der Sound knickte immer wieder ziemlich ein, vorallem dann, wenn einer der Gitarristen Melodien auf einer Seite spielte und das taten sie sehr oft. Ansonsten gab es gutgelaunten Punkrock mit deutschen Texten zu hören, der stilistisch sehr nach Kalifornien roch. Hm, nie so mein Ding gewesen. Ausserdem spielen die keine schönen Gitarren. Ich habe den Verdacht, dass sie als Teenies auch mal mit Metal angefangen haben. Na, stimmts?
Dayforday dann diesmal in absoluter Bestform. Nie waren sie so druckvoll wie heute. Ich denke, dass sich ihr Mut zu stilistischer Weiterentwicklung langsam auszahlt und nicht nur weil die Leute nun ihre neueren Stücke auch schon mithüftschwingen können. Und das sagte an diesem Abend jeder! Wenn Du Dayforday diesmal verpasst hast, dann ... ist mir das auch egal! Ich war da.
(Ralf, 26.12.05)
Sa. 15.10.05 Dead on the Sofa, Funkenstein, Ear Candy - Balingen, Sonnenkeller (ca. 100 Zuschauer):
Dreimal lokaler Nachwuchs-Rock aus dem Zollernalbkreis. Die vierte Band wurde kurzerhand vom Ladeninhaber ausgeladen, was leider, wie immer, die Falschen traf, denn es war ganz klar an das Publikum gerichtet, das diese Band anziehen soll, doch in Balingen gibt es nur ein Publikum für Punkkonzerte und das war dann auch so anwesend.
Nun hat die Boulevardpresse zudem wenig Interesse an einer jungen Balinger Punkband, denn sonst hätte man da natürlich versuchen können, das Kapital in der Offensive zu suchen. Bewohner unserer Berge kennen den Namen der Band, er fängt mit Mo an und hört mit kicks auf.
Ungeachtet dessen war der Sonnenkeller rammelvoll. Die erste Band, Ear Candy, ist nicht mein Ding. Rock, Metal, Crossover, Punk, da steckt einiges drin aber leider in keiner Kombination, die mich anspricht.
Funkenstein hatte ich bislang noch nicht gehört. Gefiel mir besser als ich erwartet hatte. Da ich kein grosser Freund von Skamusik bin, um das mal gelinde auszudrücken, fand ich's sehr positiv, dass der Anteil schnellen Raggaes ziemlich gering war und ansonsten Punk mit deutschen Texten zu hören war. Die Stimme erinnerte dabei ein wenig an den jungen angepissten Rio Reiser, wobei das schöne Wort "Scheisse" (neben "Fressen" und "Fuck" mein Lieblingswort) in so manchem Satz seinen gebührenden Platz fand.
Dead on the Sofa, diesmal wesentlich besser gelaunt als im Sommer vor dem Bären, schwangen sich dann zum Highlight des Abends auf. Rock'n'Roll mit Roots in den 70ern. Ich höre da viel Endsechziger-Frühsiebziger Stones raus. Die Orgel ist mittlerweile fester Bestandteil, die Trompete verliert an Bedeutung. Das kann man sehen wie man möchte, doch ich persönlich halte eine Orgel über einen Leslie immer noch für das Allerfeinste, während ich mit Blasmusik ganz allgemein auf Kriegsfuss stehe, d.h. die Entwicklung der Sofas gefällt mit sehr sehr gut.
Ausserdem hatten sie einen verdammt guten Sound und wieder etwas mehr Tempo drauf. Dazu nehmen die Songs mehr Gestalt an. Hier haben wir also ganz eindeutig eine ganz ganz junge Band, deren Entwicklung von Gig zu Gig zu voran kommt und ich hab das Gefühl, dass sie den Karren jetzt langsam so richtig auf die Gleise kriegen. Hiermit steigen die Erwartungen und Dead on the Sofa werden sich nunmehr an sich selbst messen müssen.
(Ralf 18.10.05)
Do. 22.09.05

Black Lips!, The Come n' Go - Konstanz, Contrast (zeigefingergezählte 25 Zuschauer):
"Die verlieren ja ihre Hosen!" meinte meine hochgeachtete Begleiterin, mütterlich an ihrem Kirschwodka nippend, während die Jungs aus Atlanta, Georgia, im Saal rumrannten wie aufgezogene Kinder, die man zu früh von den Eltern weggenommen hat.
Und wenn sie auf die Bühne gehen, dann hoppeln sie unbedarft rum, so ganz und gar keinem Vorbild verhaftet, völlig unbeeindruckt von nix und niemandem. Kindlich aber auch wild und böse, wie die Ghettokids.
Ihre Musik kommt nicht aus der Garage, nein, sie kommt aus dem Keller unter der Garage. Hat man sich aber an den twangig-halligen Sound gewöhnt, kristallisieren sich Songperlen heraus, die völlig unantastbar im Raum hängen.
Mid-60s-Teen-Trash ist das einzige, das mir einfällt, wenn mich jemand fragen würde, womit man die Black Lips! vergleichen könnte. Ich zitiere hiermit Tim Warren, Herausgeber der "Back From The Grave" Samplerreihe, die liebevollste Zusammenstellung von 60s-Garage-Punk-Singles aller Zeiten, aus den Liner-Notes der Ausgabe 1: "If this doesn't provide proof positive that all heavy metal is contrived, limpdick bullshit, nothing will!"
Allerdings trägt der Kosmos der Black Lips! noch mal andere Blüten als bei den Back From The Grave Bands vor 40 Jahren. Black Lips'sche Weirdness hätte 1966 wohl noch auf den Scheiterhaufen geführt.
Für mich war die Unbeeindrucktheit der Black Lips! eine Zeitlang nur sehr schwer mit ihrem Sound und dem Songwriting unter meinen Hut zu kriegen. Einerseits die vorbildlose Reife (und man beachte, dass die Black Lips! ihre ersten Singles bereits vor 5 Jahren herausbrachten), andererseits diese frische Jugendlichkeit. Die Jungs haben Respekt, kein Zweifel, aber nur vor der Musik, nicht vor anderen Bands oder Stars, nicht vor einer Garagenszene, die ihnen zu Füssen liegt, nicht vor namhaften Städten und Clubs, nicht vor einem anspruchsvollen Publikum, und zuallerletzt vor sich selbst, was im selbstzerstörerischen Live-Act immer wieder zur Schau gestellt wird.
Beim Auftritt in Rotterdam während des Primitive Festivals pisste sich Gitarrist Cole am Ende ins eigene Maul. Das könne er natürlich nur wenn er auch müsse, gab er ganz unprätentiös zu wissen, als wir ihn nach dem Konzert danach fragten. Früher hätte er auch immer auf der Bühne gekotzt. Die Leute hätten das sehr gerne gesehen, doch dann verätzte es ihm die Speiseröhre, so dass er's von da an lieber bleiben liess. Ob uns die Show im Contrast oder in Rotterdam besser gefallen hätte, wollte er dann wissen und machte ein etwas bedrücktes Gesicht, als wir uns für Rotterdam entschieden. In Rotterdam fand er den Sound nicht gut.
Hm. Nachdenk. OK, in Rotterdam hatten wir eine schöne grosse Bühne und eine klasse PA, dazu ein knallvoller Laden. Im Contrast hatten wir einen halligen gekachelten Raum in dem es mächtig schepperte mit wenig Menschenmaterial um für Abdämmung zu sorgen. Gut ist relativ.
Womit wir wieder beim Thema wären. Den Black Lips! kann ein Auftritt am Arsch der Welt vor 25 Zuschauern (und nur zwei davon waren nur wegen ihnen gekommen) mehr bedeuten, als der vor 400 Leuten, bei dem ihnen die Creme-de-la-Creme der Savage People die Füsse leckt.
Also mich beeindruckt sowas.

Dann wollen wir aber The Come n' Go nicht vergessen, diese wunderbare Bieler (?) Trash-Kombo aus dem Hause Voodoo Rhythm, deren primitives Gestampfe zwischen Oblivians und Gories bei Onkel Ralf sogleich freudige Bäckchen erzeugte. Der Sound war auch ohne Bass extrem wuchtig. Ein Armdrücken zwischen der Drummerin und ihrem Kollegen von den Black Lips! könnte unangenehme Auswirkungen auf das geschlechterspezifische Gleichgewicht der Natur haben. Die Punktuation der Gitarren und der Grad deren Verstimmung waren ideal. Etwas mehr Griffigkeit im gesanglichen Sektor und Memphis hätte keinen Wirbelsturm sondern The Come n' Go zu fürchten. Will heissen: Die grosse Eigenständigkeit fehlt ihnen, doch die brauche ich auch nicht wirklich, solange sie mir weiter derart an die Kehle gehen.
(Ralf 7.10.05)

Sa. 17.09.05 Dean Dirg, The Pricks - Nürtingen, JaB: Die Münsteraner führen derzeit die Riege des deutschen Garage-Punks an. Live kriegen sie ihre Titel leider nicht ganz so exakt und abgehakt hin, wie im Studio, dafür steigt der Chaosfaktor.
Über das Outfit der Band gibt es nichts zu streiten. Der Sänger steht mit seinem Lockenkopf und dem Schnurrbart dabei weit vorne, hatte bei diesem Gig aber leider ein paar Mikroausfallsprobleme, für die er nichts konnte, die den Ablauf aber schon zu Anfang empfindlich störten. Die PA-Fritzen des JaB waren in diesen Momenten leider nicht wach genug. Auch sonst war der Sound viel zu müllig. Vom Drum wurde nur die Bass abgenommen, wodurch die Snare im Lärmbrei fast völlig verschwand. Der Gesang war entweder nicht zu hören oder total verzerrt. Nur die Gitarre schepperte grandios vor sich hin.
Schade. Die Band mühte sich zwar, konnte aber unter diesen Umständen sicher nicht zur Hochform auflaufen.
The Pricks sind aus Örebrö, Schweden, machten bereits '98 eine Split-7" mit den Hives, konnten mich aber nur etwa 10 Minuten lang überzeugen. Die 1-2 Minuten-Stakkato-Kracher die sie einem um die Ohren hauen, kommen mit hoher Geschwindigkeit und schön dünnen und wenig verzerrten Gitarren, werden aber, durch das fast durchgehend gleichbleibende Tempo und die hohen Stimmen, die über die Dauer des Sets immer mehr an Hühner auf der Schlachtbank erinnern, immer eintöniger und verlieren dadurch irgendwann die Power. Das war auch dem Pogopulk anzusehen, der sich nach einer halben Stunde völlig auflöste.
(Ralf 23.9.05)
So. 11.09.05 Viva L'American Deathray Music - Stuttgart, Rocker 33 (ca. 50 Zuschauer)
Junger, dieses Rocker-Dingens ist ein komischer Laden. Erstmal ist er nicht wirklich leicht zu finden, weil von der Strasse aus nicht zu erkennen, und wenn man dann endlich drin ist, bekriecht einen in dem grossen Gebäude ein eher bedrückendes Gefühl zwischen Kafka und Führerbunker mit den hohen kahlen Fluren, Nischen nach nirgendwo und überall abgeschlossene Türen, hinter denen sich entweder ein paar Besen, eingesperrte traurige Monster oder Geheimg�nge zu den anderen T�ren befinden könnten. Der recht geräumige Auftrittssaal ist ebenso kahl und ungemütlich wie einfach alles hier. Vermutlich nennt sich das hip und trendy. Also nichts für mich und wenig für alle anderen die da waren, um Memphis' American Deathray zu sehen.
Beim Ankommen um halb elf waren keine zwanzig Leute zugegen, was die verlorene Atmosphäre nicht gerade verbesserte. Die Band zwang sich dann etwa Viertel nach elf auf die Bühne. Für einen Sonntag ganz schön happig.
Die drei Herren um Nicholas Ray, der weirder denn je wirkte, brachten dann dennoch gleich ihre ganz eigene Atmosphäre in den Raum.
Mit zu vielen ruhigen Passagen, während derer Ray seine Effektgeräte zwitschern liess, der Drummer sich in jazziger Manier durch seine Kessel rührte und der Basser einfach nur lang und gerade dastand, gefiel mir die Show allerdings nicht so wie letztens in Karlsruhe, als sie sich mehr an ihre schrabbeligen aber sehr klaren und rhythmischen Nummern hielten.
Das Streichen über die Saiten hinter dem Steg der Gitarre mit anschliessender Extremst-Flanger-Verschickung kam zum Einstieg noch fiebrig fiepsig atmosphärisch und vermittelte das Sonic Youthsche Gefühl der EVOL-Phase. Als Ray am Ende des Konzerts den Mikroständer zu Boden rang und in der Hocke kauernd hysterisch abgedrehte Seelenabgründe ausstammelte, da passte die Sache auch. Doch im Laufe des Konzerts hockte er immer wieder am Boden und fummelte nochmal den selben Effekt hin und nochmal und nochmal und da wurde mir die Sache für einen Sonntagabend dann doch etwas beinschwer.
Toll fand ich's ansonsten vor allem, wenn sie normale Songs spielten, der Drummer den Beat hielt und Ray sich mit seinen konvulsischen Bewegungen mehr denn je ins stilistische Niemandsland begab, in dem zwischen britischem Ur-Indie von den frühen The Fall über den bereits erwähnten Noise-Poppern von Sonic Youth bis zum Garage-Rock'n'Roll ihrer amerikanischen Heimat alles und nichts zitiert werden kann.
Aber wie auch immer: Letzesmal fand ich's besser.
(Ralf 13.9.05)
Sa. 10.09.05 Ghetto Ways, The New Sensations - Stuttgart, Zwölfzehn (ca. 120 Zuschauer)
Die Karlsruher New Sensations bestehen aus zwei Gitarristen, Trommler und Sängerin, musikalisch einzuordnen irgendwo zwischen den Oblivians und DM Bob. War soweit völlig ok bis auf die Sängerin, deren Stimme mir sogar mit Ohrstöpseln weh tat und die etwas übertrieben lasziv war, was mit dem Halbeglas in der Hand, trotz sexy Rock'n'Roll-Tattoos und -Gewand, auf mich wenig einladend wirkte.
Die Ghetto Ways aus Brooklyn sind jetzt live wesentlich besser abgestimmt als noch vor einem Jahr. Spass hatten sie schon damals, doch jetzt brettern sie sich durch die Setliste wie eine abgekoppelte Bergwerksdohle auf talwärtiger Amokfahrt. Am Ende standen sie in Anbetracht der atemraubenden Sauna, die das volle Zwölfzehn an diesem Abend war, kurz vorm Zusammenbruch. Die Unterhose des Drummers sah aus wie gerade durchs Wasser gezogen und Gitarristin Jennas rosarotes Oberteil löste sich in pitschnasse Unsichtbarkeit auf. Schade wegen dem BH.
Der Drummer jedenfalls ist echt der Knaller. Der Typ kann nach wie vor bloss einen einzigen Beat, den er damit variiert, dass er die Achtel mal am Hihat, mal auf der Standtom klopft. Dieser eine Beat hat's aber in sich, klingt gut und eigen und macht einen nicht geringen Anteil am Trademark-Sound der Band aus. Gitarre und Bass sounden unerhört gut zusammen und der abwechselnde Gesang an dem alle drei beteiligt sind, verleiht der Musik wie der Bandpräsenz viel Geschlossen- und Lebhaftigkeit.
Im Gegensatz zu meiner Kritik am neuen Album finde ich weiterhin, dass die Ghetto Ways eine saugute Band sind. Ob ihre schöpferische Substanz allerdings für ein weiteres reicht und sie entweder in der Lage sein werden, sich musikalisch weiterzuentwickeln oder wenigstens Hits auf gleichbleibendem Niveau zu ersinnen, wage ich anhand der zweiten Platte in Frage zu stellen, lasse mich aber selbstredend brutal gerne vom Gegenteil überzeugen.
(Ralf 12.9.05)
Sa. 23.07.05 Dead on the Sofa - Balingen, Südstadtarena (ca. 200 Zuschauer)
Simmer mal ehrlich: Es wird den meisten von uns nicht gegönnt sein, einen promineten glamourösen Tod zu sterben. Ich hab mir da selbst zwar noch keine festen Ziele gesetzt, doch da ich bislang nicht vor habe, der Sache entschlossen vorzugreifen, bereite ich mich derzeit auf das gemütliche Entschlafen auf der Wohnzimmercouch vor. Daher sind mir Dead on the Sofa natürlich ausgesprochen sympathisch.
Ausserdem sind Dead on the Sofa Balingens bestaussehendste Band. Die Frauenwelt ab Ende 20 ist jedenfalls sehr undezent hingerissen und überall sieht man "Sind die süüüüüss"-quietschende Ehemalsgören, was für die Jungs sicher nicht schrecklicher sein könnte. Ich hoffe sehr, dass ihnen die gleichaltrige Damenwelt genauso zu Füssen liegt.
An diesem Sommernachmittag hatten sie bei familienfestartigen Verhältnissen eine sehr undankbare Aufgabe und lösten sie mit viel Dann-leck-mich-halt-am-Arsch-Ironie. Ihren Sound haben sie etwas verlangsamt, sind ein wenig grooviger geworden. Wesentlich weniger Punkeinflüsse, aber auch den Grunge der Anfangstage haben sie hinter sich gelassen und probieren gerade aus, wo genau sie hin möchten, was sehr interessant zu verfolgen ist.
Die neu integrierte Orgel war allerdings beim Auftritt absolut nicht zu hören, so wie eigentlich der ganze Sound sehr lieblos gemixt wurde, wofür die Band allerdings nichts kann. Schade. Da hat es der Jemand hinterm Mischpult nicht wirklich für nötig gehalten, auch einer jungen Nachwuchsband dieselbe Qualität anzubieten, wie den restlichen Bands des Abends. Leiser waren sie auch. In meinen Augen ist das eine äusserst unverschämte Unprofessionalität!
Zu den nachfolgenden Bands möchte ich auch nichts sagen, da ich reine Covermusik grundsätzlich nicht rezensiere. Das Bemerkenswerteste war ohnehin der wabbelnde Sack des hüpfenden Sängers der Stones-Coverband. Ein hüpfender Mick Jagger (Ihr wisst schon, so hüpfend wie das die Teenager immer bei Metal-Crossover-Konzerten tun) - sagt das nicht alles? Naja, ganz so schlecht waren sie nicht und sie schienen auch nett zu sein. Soviel, um dem Artikel noch ein schönes Ende zu verleihen, herrgottsack.
(Ralf 24.7.05)
Mo. 04.07.05 The Four Slicks - Amsterdam, De Diepte (ca. 20 Zuschauer)
Wir wussten gar nicht, dass die Four Slicks aus Paris an diesem Abend hier auftreten sollten. Wir wollten einfach nur einen Drink in Amsterdams Rock'n'Roll-Kneipe No. 1 nehmen. Gegen halb elf waren etwa vier Leute da, drei davon von den Black Lips, die offensichtlich am Ende ihrer Tour noch einen Tag zum Abhängen hatten. Die nächste Stunde liefen etwa 20 Leute ein, von denen 15 genauso wie wir am Wochenende zuvor auf dem Primitive Festival in Rotterdam waren. Die Four Slicks fingen dann kurz vor eins an zu spielen. Durch die lange Warterei war mir die Vorfreude auf ein unerwartetes Konzert mittlerweile schon reichlich vergangen und ich hatte bereits dreimal den Vorschlag gemacht, wieder abzuhauen.
Die Four Slicks um den ehemaligen Rip Offs Von Jon rissen mich dann auch nicht im Geringsten vom Hocker. Sonnenbrillen, greasige Haare, Geldbeutelketten bis zum Knie und Punkrock mit 50s-Attitude wie ihn zwölftausend Bands alleine in Deutschland spielen und jede einzelne kann es mit den Four Slicks aufnehmen. Wir gingen nach vier Songs.
(Ralf, 10.7.05)
Sa. 18.06.05 Rockstar Pussy, The Flesh, Rent-a-Gun - Balingen, Sonnenkeller (ca. 50 Zuschauer)
So, der Hartklang geht in die letzte Runde. Wer bei dem ersten Hartklang dabeigewesen ist, hat wohl auch schon den Höhepunk(t) miterleben dürfen. Heute Abend war aber der Jeansjacken-Rock’n’Roll dran und Rent a gun machten den Anfang.
Rent a gun, das sind drei Gitarristen, ein Basser, ein Schlagzeuger und eine weibliche Sängerin. Die Jungs sind wie üblich aufgetakelt, mit Cowboyhut, Eyeliner und Gitarren-Patronengurt. So weit, so klischeebeladen. Und was sie dann brachten, fand ich schon sehr standardisiert, streckenweise sogar langweilig, besonders, weil sie nicht in die Gänge kamen. Hellacopters ohne Drive und Dreck. Das einzig überraschende war dann die junge Dame am Mikrofon, die eine sehr raue und recht tiefe Stimme hatte und sich nicht vor Punkchicks wie der Distillers-Frontfrau Brody Dalle zu verstecken braucht.
Ansonsten hat mich sehr gestört, dass das Volumen echt dürftig war für drei Gitarristen. Vielleicht haben sie auch etwas gelitten, weil kaum Leute da waren. Die gehen vor vollem Haus bestimmt auch mehr ab. Ist aber nicht mein Spielfeld.
(dank der Sängerin)

Anders da The Flesh, die Hechinger Wunderkinder. Was die da als Three-piece an Dichte und Druck fabrizieren, ist schon beachtlich, ebenso die Songs, die sie schreiben. Arschcool und Arschtretend! Klar, Sänger Furious Phil hat auch einen Cowboyhut auf und all das, aber bei ihnen merkt man ganz klar, dass sie es mit sich und ihrem Image nicht so ganz bierernst nehmen. Dabei ist ihr Größenwahn enorm. Da vergleicht man sich schon mal mit Chuck Berry, hat ein Stelldichein mit Elvis und gibt sich natürlich mit nichts weniger zufrieden als mit dem Rock’n’Roll Olymp! Die Show ist auch vom Feinsten und mir ist das schon öfter aufgefallen, aber heute ganz besonders: Easy International am Schlagzeug ist noch blutjung, versprüht aber einen dermaßen lolitahafen Charme.....
Viel mehr als bei Ralfs Review von Tübingen die Woche zuvor kann ich auch nicht sagen ohne mich zu wiederholen, also da nachschlagen. The Flesh rocken!
Ich hab, ganz dem Größenwahn angemessen, 30 Frankenstein versprochen, weiß aber nicht, ob das technisch machbar ist. Ansonsten volle Punktzahl bei den Frankensteinern und 3 Soulpunkte.

Der Herr spricht, die Herde folgt. Nur hab ich jetzt echt grade keine Zeit, einen 30-Frankensteiner zu basteln. Denkt Euch das bitte einfach schön, ja? (Anm. des HTML-Umsetzers)

Rockstar Pussy kamen dann als Letztes. Hier schon oft besprochen, habe auch nur den Anfang gesehen, musste leider schon gehen, deshalb keine Wertung.
(Martin, 21.6.05)

Fr. 17.06.05

Diamond Dogs - Stuttgart, Universum (ca. 50 Zuschauer):
Wow. Bluesy, stonesy, very 70s-Rock'n'Roll und mit einem Sänger, dessen Stimme sehr an einen versoffenen Rod Steward erinnerte.
Die schwedischen Diamond Dogs brachten das Stuttgarter Publikum, das an diesem Abend völlig ohne die üblichen Snobs auskommen durfte, gehörig ins Schwitzen. Ich denke, dass 45 der 50 Zuschauer total die Sau rausliessen und dazu wurden sie von einer grossartigen und gutaussehenden Band getrieben, die ich hiermit dringendst empfehlen möchte!!
(Ralf, 10.7.05)

Do. 16.06.05

South Filthy - Karlsruhe, Schlachthof (ca. 50 Zuschauer):
Memphis Supergroup unter der Schirmherrschaft des grossartigen Walter Daniels, der genauso hingebungsvoll schwitzt wie er Mundharmonika spielt.
Mit dabei der sympathische Jeffrey Evans, seines Zeichens eine Rock'n'Roll Ikone, der zuletzt auch solo auf Tour war, was ihm etwas mehr Raum einräumte, auch ein paar Stories zum Besten zu geben und seine Herzenswärme zu versprühen. Hier nahm er sich ganz nonchalant zurück, doch aus lauter Respekt voreinander nahmen sich auch ein Jack Oblivian und ein dritter Gitarrist mit Afro zurück, der mir leider nicht bekannt war.
Gemeinsam spielte man ausschliesslich Coverversionen, auch wenn es teilweise Covers der jeweils eigenen Bands waren. South Filthy sind eine bunt zusammengewürfelte Truppe Gleichgesinnter, die sich zusammengefunden haben, um ein wenig gemeinsam Musik zu machen und anschliessend wieder seine eigenen Wege zu gehen. Rootsy Blues und Punk, eben das was diese Jungs immer schon gemacht haben. Für das Livekonzert packten sie die stimmungsvolleren ihrer Titel zusammen, was ich etwas schade fand, da mir vorallem die ganz ruhigen Titel auf den beiden Alben am Besten gefallen. Dennoch war es natürlich ein sehr schönes Konzert, die Jungs sind ja nunmal keine Anfänger mehr und da erwartet man auch als Zuhörer nichts weniger als das Beste, was es natürlich nicht einfach macht, den angebracht euphorischen Artikel zu schreiben.
(Ralf, 10.7.05)

Sa. 11.06.05

The Savants, The Flesh, Freie Radikale - Tübingen, Epplehaus (ca. 120 Zuschauer)
Es war das Southside-Wochenende und da ich ja alle Leute, die dorthin gehen geringschätzig als Idioten bezeichne (ohmeingott, mein Bekanntenkreis hat sich hiermit um 98% verkleinert), war ich überrascht, dass für's Epplehaus noch genügend davon übriggeblieben waren. Ich könnte nicht wirklich behaupten, mich Backe an Backe mit sovielen Prolls wohlgefühlt zu haben und zu allem Übel konnte ich mir die Situation nicht schöntrinken, da als Fahrer unterwegs.
Die freien Radikalen waren eine unangekündigte Deutschpunkband aus der Gegend, die erstaunlicherweise vom Publikum anerkennend beklatscht wurden. Ganz uneitel spielten sie trotz des Ausfalls der Bassistin eben nur mit Gitarre und Drums. Der Sänger brüllte dazu im Stakkato Parolen gegen die Bullen und den Kapitalismus und die Nazis und so einfach den ganzen Standard von 1 bis 100 herunter. Wie ich das aus eigener Erfahrung mit vielen Bands dieser Gattung kenne, waren sie selbst dann leider nicht ganz so "korrekt" wie ihre Texte, denn ohne Rücksicht auf die restlichen Bands, fiel ihnen nicht im Geringsten ein, auch mal zum Ende kommen zu müssen, so dass sie schliesslich vom Veranstalter der Bühne verwiesen werden mussten. Sicherlich eine junge Band, die noch lernen kann und daher will ich sie jetzt nicht weiter schlecht machen.
The Flesh kennt man im Kickin Ass-Lager mittlerweile bestens und ich habe es mit ihnen gehalten, wie die nachbarschaftlichen Kater mit einem jungen Neuankömmling: Ein Jahr betrachtet man ihn als Jungspund und lässt ihn in Ruhe, dann hat er sich dem Wettkampf zu stellen. Und sie haben sich in diesem Jahr locker über Wasser gehalten und an Qualität in jeder Hinsicht draufgepackt.
The Flesh würde es ohne die Hellacopters nicht geben, doch auch die jungen Retrobands wie Mando Diao stehen Pate. Damit wäre der musikalische Rahmen abgesteckt, der sich bei den Hechingern im vergangenen Jahr auch nicht allzu deutlich geändert hat. Die Band zeigt sich also schon sehr standfest und stilsicher. Musikalisch gibt es nichts zu meckern, die beiden Herren an der Front haben keinerlei handwerkliche Probleme und auch die Drummerin bekommt ihren Beat immer besser in den Griff. Hier gibt es sicher noch etwas Luft nach oben, doch das Mädchen zählt meines Wissens 16 Lenze. Ich sage also: "Obacht! Das dauert nur noch kurze Zeit, dann zeigt sie den männlichen Drummern im Kreise wo die Kessel kochen!"
Die Kompositionen sind gut und auch weitgehend sauber durcharrangiert. Vielleicht ein bisschen klischeehaft aber diese Leute wissen ganz genau was sie tun, auch wenn Ihnen für meinen Anspruch noch etwas eigenständiges Potential fehlt. Doch auch hier gilt: Viel Entwicklungsspielraum, die Band steht noch am Anfang und sie weiss was sie will!
Genauso wichtig wie die Songs ist bei The Flesh auch die Show. Man arbeitet bereits zielstrebig am Image und gibt sich optisch überspoilert und so übertrieben grosschnäuzig (was auch wieder die skandinavischen Vorbilder zitiert), dass der ironische Humor dahinter leicht durchschaut werden kann, was meiner Meinung nach sehr erheblich bei der Abgrenzung der Einstellung einer Band ist.
The Flesh liegen daher überall im grünen Bereich, leider haben sie sich im Epplehaus bereits beim Soundcheck mit dem Mann am Mischpult angelegt, der ihnen daraufhin, ganz der professionelle Hecht, den Sound versaute. Sowas verdient eigentlich Schläge.
The Savants aus Tübingen danach konnte ich mir nicht mehr von drinnen ansehen. Kein Reinkommen mehr. Von draussen war Punk am Rande zum Hardcore zu hören, zumindest was die Geschwindigkeit betraf. Die ausgeschriebenen Ska-Einflüsse waren für mich glücklicherweise nicht herauszuhören. Ich bin dann aber nach 10 Minuten auch abgezischt, daher kein weiteres Urteil.
Ralf (14.6.05)

Samstag, 05.06.05

Be part of the scene, not just the scenery Festival - Stuttgart, Fasanenhof (ca. 300 Zuschauer): Am Samstag mit ...

  • Behind Enemy Lines (USA)
  • All Systems Fail (USA)
  • Cwill (CH)
  • Madame Germen (Spanien)
  • Perth Express
  • Doomtown
  • Burial
  • Nulla Osta (Kroatien)
  • Cluster Bomb Unit

Nachdem wir am Samstag ein paar Stunden zu Hause waren, ging´s um 5 schon wieder los nach Stuttgart, da als erste Band Cluster Bomb Unit spielten, die ich unbedingt mal wieder sehen wollte. Kamen auch rechtzeitig an und das erste was wir sahen, war eine französische Crustlady, die gleich mal vornüber mit der Fresse auf den Gehsteig fiel, um daraufhin um ein Haar von ´nem rückwärtsfahrenden Transporter überrollt zu werden. Scheiße, versuch ja wirklich in einem Bericht über ein Crustcore Festival Gott aus dem Spiel zu lassen, aber Gott sei dank hat der genauso besoffene Kumpel der jungen Dame noch rechtzeitig an den Transporter gehauen. Transporter hielt, Lady überlebte mit einer glühend roten Fresse.
Dann war´s auch schon halb sieben und Cluster Bomb Unit fingen an. Cluster Bomb Unit gibt es schon ´ne ganze Ecke lang in ständig wechselnder Besetzung. Bis auf den Schlagzeuger ist soweit ich weiß niemand mehr vom Original Line-up mit bei. CBU kommen übrigens (zumindest der Schlagzeuger) aus Burladingen, und ich find es immer wieder krass, dass die Jungs bei uns doch nich wirklich bekannt sind. Na ja, is auch nich gerade Popmusik und die Jungs spielen deutlich öfter in Asien als hier. Schade.
CBU lieferten auf jeden Fall ein wirklich feines Konzert in Ihrem typischen Style, ziemlich an Discharge und Japan Punk erinnernde Mucke mit zum größten Teil deutschen Texten, die man aber, wenn man die Texte nicht kennt, nicht wirklich versteht. Sie schafften es auch für die Uhrzeit einen Haufen Leute in die Halle zu bekommen. Übrigens wieder mal Besetzungswechsel, der frühere Bassist spielt jetzt zweite Gitarre, neuer Bassist und jetzt mit ´ner Frau am Mikro. Feiner Gig und als letzter Song ´ne Gism Coverversion mit ausufernder Noise Orgie des Gitarristen, allerdings nur mit irgendwelchen Verzerrereffekten ohne seine Gitarre.
Schönes Ende, große Band!
Als zweites Nulla Osta aus Kroatien. Schlagzeug, Gesang und zwei Bässe. Ist ´ne tolle Idee, hat aber nicht wirklich funktioniert. Ein, zwei Lieder lang war das cool, dann allerdings fehlten mir die Gitarren doch. Ach so, Crustcore.
Danach Burial (D) mit Portland Style Crust, der ein wenig an Tragedy erinnerte, es aber nicht schaffte, mich vom Hocker zu reißen. Daher bin ich auch nach zwei Songs raus und kann nicht wirklich viel drüber schreiben.
Als nächstes Doomtown, gleicher Style und wenn ich´s richtig gesehen habe, spielte der Schlagzeuger von Burial jetzt Gitarre und sang und der zweite Gitarrist spielte auch bei Burial. Hat mir persönlicher allerdings deutlich besser gefallen. Zum wirklich gut sein fehlte trotzdem noch ein Stück. Da gibt es einfach einen Haufen Bands in der Ecke, die besser sind.
Perth Express hab ich leider komplett verpasst, da meine beiden Mitfahrer spätestens jetzt die Schnauze voll von Crustcore hatten und ich die beiden daher auf ´ne Party nach Stuttgart rein gefahren habe.
Als nächstes dann Madame Germen aus Spanien. Denn Anfang hab ich leider noch verpasst, was schade war, da diese Band für mich definitiv der Gewinner des Abends waren. Eine wilde Mischung aus sehr langsamen Parts, die mich von der Stimmung her an Bands wie Neurosis und Isis erinnerten, die sich mit ultraschnellen Crustparts abwechselten. Texte auf Spanisch, allerdings wie meistens sowieso nicht zu verstehen. Dazwischen lange Anarcho Ansagen, was aber einfach passte. Wirklich gute Band von der ich hoffe, dass ich sie nicht das letzte Mal gesehen habe.
Danach Cwill aus der Schweiz mit Crust, teilweise mit slowparts mit Violine. War ok, aber nicht der Wahnsinn. Daher war ich auch zum Teil frische Luft schnappen und hab nicht alles von den Jungs und Mädels mitbekommen.
Als zweitletztes dann All Systems Fail aus den Staaten. Fand ich gut, recht schneller Hardcore/Crustcore. Allerdings hat mir der Gesang nicht so sehr gefallen, alles in allem aber auf jeden Fall ´ne gute Band, die mich nach 8 Stunden Krach noch mal einigermaßen fit für Behind Enemy Lines gemacht haben.
Dann um halb vier morgens mit zweieinhalb Stunden Verspätung Behind Enemy Lines. Halb vier und trotzdem volles Haus. Hat ich nicht mit gerechnet, nachdem sich bei All Systems Fail die Reihen doch ein wenig gelichtet hatten. Behind Enemy Lines (U$A) mit dem Sänger von Aus-rotten knüppelten von Anfang an drauf los und haben es wirklich geschafft mich fit zu halten. Kannte bis auf zwei Songs nichts der Jungs, war aber wirklich der Wahnsinn. Hab Aus-rotten leider nie live gesehen, aber Behind Enemy Lines war ´ne erste Klasse Entschädigung dafür. Nochmal eine Stunde mit Lärm zugerotzt und ein guter Abschluss eines alles in allem wirklich coolen Festivals.
(Michi Haas)

Freitag, 04.06.05

Be part of the scene, not just the scenery Festival - Stuttgart, Fasanenhof (ca. 300 Zuschauer): Am Freitag mit ...

  • The Now Denial
  • Guerilla
  • Amen 81
  • Sin Logica (CH)
  • Jilted (Italien)

Don´t watch stupid TV! Daher verschwende ich meine Zeit lieber, um ´ne Konzertkritik zum be part of the scene, not just the scenery Festival am 03./04. Juni zu schreiben. Am Freitag Abend angekommen, bekamen wir noch ca. 2 Minuten der ersten Band mit. Diese maximal zwei Minuten reichten uns beiden allerdings, um gleich mal zu raffen, dass wir gleich zu Beginn was verpasst hatten. Jilted aus Italien spielten, zumindest die letzten zwei Minuten ziemlich kopflastigen, progressiven Hardcore. Zu wenig gesehen um sich wirklich ein Urteil zu bilden. Schade drum.
Als zweites dann Sin Logica aus der Schweiz, die meiner Meinung nach recht durchschnittlichen Crust mit mir persönlich zuviel Rock'n'Roll spielten. Wobei das krasseste an der Kapelle war, dass der Sänger eins zu eins wie Lemmy klang. Das riss es aber halt auch nich raus.
Dritte Band des Abends waren Amen 81 aus Germoney, die mehr Fastcore spielten, allerdings so fast waren, dass Gitarre und Bass die ersten drei, vier Lieder komplett dem Schlagzeug hinterher hinkten. Danach war´s allerdings wirklich cool.
Nachdem wir uns zwischenzeitlich entschieden hatten, Kohle nachzuholen und im Auto zu pennen, war ich spätestens ab der nächsten Band, Guerilla, auch aus D, zu voll, um mir ein wirklich objektives Urteil über die Bands zu bilden. Mucke war ganz ok, solider Crustcore. Allerdings war mir das Gehabe der Jungs ein wenig zu aufgesetzt, die komplette Band spielte mit Sturmhauben. Schwarzer Block total, war aber auch irgendwie witzig. Mucke wie gesagt in Ordnung, aber nichts Spektakuläres.
Als letzte Band dann The Now Denial, melodischer Crust aus Deutschland, der mir recht gut gefallen hat, allerdings war ich zu dem Zeitpunkt wirklich hinüber, und stand mit leichten Gleichgewichtsproblemen vor der Bühne. Daher kann ich sooo viel über die Jungs leider nicht mehr sagen.
Das war´s dann auch für Freitag, viel Party war dann auch nich mehr wirklich, da ich mich recht schnell in´s Auto verpisst habe, um meinen kleinen Suff auszupennen.
(Michi Haas)

Fr. 20.05.05 Holly Golightly, Bongolian - Schorndorf, Manufaktur (ca. 400 Zuschauer)
Bongolian ist der Big Boss Man (siehe Live-Review vom 24.7.02) und genau so klingt auch seine neue Band. Instrumentals mit fetter 70s-Orgel, der Rest (Gitarre, Bass, Drums) sehr verhalten. Das hat ne Menge Qualität und man kann es sich genussvoll reinziehen, insgesamt war's mir aber doch etwas zu edel und zu steif. Der Basser und der Gitarrist waren ganz schön verkrampft und offensichtlich auch nicht bestens eingespielt, da sie ständig auf die Zeichen des Bongo-Man's achten mussten. Am Schlagzeug versuchte sich Bruce Brand (schon seit den Pop Rivets an der Seite von Billy Childish und später auch immer bei Holly mit dabei) mal an feingliedrigeren Jazzweisen. Mir war's leider ne Nummer zu langweilig, da fehlte die scheppernde Note, auch wenn der Big Boss Man ein superlockerer Typ ist und auch einen sehr sympatischen Eindruck macht.
In Hollys Begleitband teilte er sich anschliessend mit Bruce Brand den Part des Drummers, der die ersten ca. 10 Songs den Bass bediente. Dann rochierte der Slidegitarrist an den Bass, Bruce an die Drums und der Bongoman wieder an die Orgel.
Holly zeigte sich charmant und bester Dinge, machte ein paar Witze über ihre Bandkollegen und schrabbelte sich sonst quer durch ihre Solo-Alben, natürlich mit Schwerpunkt auf die aktuelle Platte. Auf beschwingtere Nummern wartete man vergeblich, es war aber auch so ganz schön, insgesamt allerdings etwas sauberer als auf den Alben. Live ist Holly weniger variabel, zwar genauso soulig, retro und cool und sogar ihre traurigsten Balladen klingen positiv und süss, dennoch fand ich es etwas schade, dass alle Songs so perfekt auf die Band abgestimmt waren. Selbst die schrägen Akkustik-Slide-Wehklagen, die sie mit Dan Melchior eingespielt hat, wurden immer mit dem kompletten Lineup interpretiert. Der Charme den Hollys Platten ausstrahlen kam so vor allem über ihre Person und auch ihr total reduziertes Gitarrenspiel rüber. Die Band schliff mir etwas zuviel davon glatt und so wurde meine Freude, die Grand Dame des englischen 60s-Trash-Garage-Punks (die sie trotz aller Zurückhaltung auch heute noch ist) einmal live zu erleben leider an ganz empfindlicher Stelle getrübt.
Und dass sie uns nach Ende der Vorband fast eine halbe Stunde warten liess, ohne dass an der Backline irgendwas auch nur einen Millimeter verrückt wurde, machte es uns schon vorneweg nicht leichter, in den vollen Genuss zu kommen.
Und dann war da auch noch das Jazz-Publikum in der Manufaktur, das mir ein wenig auf die Nerven ging. Die waren alle so positiv und gutgelaunt, so extrem dankbar, dass man meinen konnte, diese Leute kommen nicht unbedingt jedes Jahr mal auf ein Konzert. Immer wieder gaben sie Szenenapplaus wenn nur mal einer ein wenig in den Trommeln rührte. Der Bongoman, der kennt sowas, der kommt vom Jazz, Holly nicht. Dennoch war sie ganz die britische Lady und liess sich keinerlei Verstörung angesichts solcher Publikumsentgleisungen anmerken. Oder ist sie derlei etwa auch schon gewöhnt? War ich jetzt etwa der einzige, als langjähriger Fan, der dutzende von Platten aus dem Childish-Clan besitzt, der hier fehl am Platz war? Oh-my-gooooood!
(Ralf, 22.5.05)
Do. 19.05.05 Wreckless Eric - Karlsruhe, Schlachthof (30 Zuschauer)
Eric Goulden hat nach fünf Jahren eine neue Platte veröffentlicht und erfreute mich mit dem ungeahnten Vergnügen, zufällig von einem seiner geheimgehaltenen (mag man fast glauben) Liveshows zu erfahren. Ich war ganz aufgeregt, denn fühle ich mich seiner ausgewachsenen Antistar-Haltung sehr verbunden.
Eric hatte 1976 seinen einzigen Hit, doch es war gleich ein Welthit:"Whole Wide World" kennt wirklich jeder, auch wenn viele nicht wissen, wer Wreckless Eric ist.
Der gute Mann war immer schon ein Querkopf und zeigte sich früh vom Musicbusiness angepisst.
Das, so wusste er zu erzählen, und hätte sicher noch viel mehr erzählt, wenn nicht irgendein Arschloch aus dem Publikum, den ich in meiner Phantasie langsam zu Tode quälte, dauernd dazwischengerufen hätte, sei auch der Grund, weshalb er nur noch wenige Platten herausbringen würde. Er könne es einfach nicht ertragen, wenn irgendwelche dämlichen Musikjournalisten, wie bspw. vom Spex (womit er ein Beispiel fand, das uns gut verstehen liess, was er meinte) einen blanken Scheiss darüber schreiben, wofür er sich das Herz ausgerissen hat.
So stand der mittlerweile 51jährige alleine und abwechselnd mit einer akkustischen und einer elektrischen Gitarre behängt auf der Bühne des Schlachthofs, in den sich kaum 30 Leute verirrt hatten, und sang sich seine Unzufriedenheit über die Welt von der Seele. Das aber mit umwerfender Sympathie. Ich meine, wie soll man so einen Menschen nicht tief ins Herz schliessen, der den Soundtechniker bittet, das Echo von der Stimme zu nehmen, da er nicht möchte, dass die Leute denken, er möchte sie damit beeindrucken. Jeder Anflug von Glanz tut ihm weh. So tritt er zwischendurch immer mal gerne auf den Verzerrer, um mit beissend-selbstironischem Lachen etwas von der Schönheit seiner Songs zu zerstören, ganz der "Donovan of Trash", wie seine 93er-LP auf Sympathy for the Record Industry treffend heisst.
Natürlich wirkt er dabei auch etwas verzweifelt und das beweist auch seine Geschichte, denn nach "Whole Wide World" hat er eine Weile etwas zu angestrengt daran gearbeitet, einen neuen Hit zu schreiben und dabei ein Stück seiner selbst zuviel aufgegeben. Das verzeiht er sich offensichtlich bis heute nicht.
Eric stand den ganzen englischen 70er Punkbands mit so einer Attitüde natürlich sehr nahe und rekrutiert daher eine Menge seiner Freunde aus diesem Kreis. So wusste er auch von seinem letzten Konzert in der Nähe von Karlsruhe zu erzählen. Etwa 10 Jahre sei es her und er spielte im Vorprogramm der Band "The touten Housen". Achja, und da seien auch die Lurkers und 999 und die UK Subs, achso, und auch die Vibrators dabeigewesen. Das alles berichtet er aber mit etwas amüsiertem Befremden, denn er konnte nicht verstehen, weshalb diese Bands, die alle mehroderweniger dasselbe Lineup hatten, über unterschiedliche Verstärker und Instrumente spielten. "Tststs!"
Erics erste Platten erschienen auf dem Stiff Records-Label, an das er 1976 ein Demoband mit den Worten sandte: "Ich bin einer dieser Idioten, die Demos an Labels schicken." und prompt zum Kollgegen von Elvis Costello und Ian Dury wurde.
Die Geschichten in seinen Songs sind sehr persönlich und meist autobiografisch. Er erzählt von "33s and 45s" und hängt damit ein Stück Erinnerungen, Stolz, Ablehnung und Verzweiflung an eine Schallplattensammlung, er redet von der Sinnlosigkeit des Shoppens, das nur die falschen Leute immer reicher macht, er singt über die Unmöglichkeit, jemals als lokaler Musiker Anerkennung zu erhalten und über Kinder, Alkoholabhängigkeit und darüber, dass er einst über die vererbte Schallplattensammlung seiner Grossmutter pisste.
Und das alles tut er mit hemmungsloser Leidenschaft, nimmt sich und seine Erfolglosigkeit dabei aber auch gerne selbst aufs Korn. Eric ist der Beste und ich habe ihn gesehen. Ja, mit diesem Gefühl verliess ich den Laden: ICH habe Wreckless Eric gesehen! Wow!
(Ralf, 21.5.05)
Sa. 14.05.05 TV Smith - London, Metro (150 Zuschauer)
Wir verpassten zwar die beiden Vorbands, doch Tim Smith und die Midnight Creeps standen offensichtlich erst seit ein paar Songs auf der Bühne im schönen Londoner Metro-Club.
Der gute Mann war ja damals bei den Adverts ("Gary Gilmore's Eyes" war 77 unter den Top 20 der britischen Pop-Charts) an der Front und sieht für seine 48 eigentlich fast ein wenig zu gebrechlich aus, doch ist er immer noch spindeldürr und trägt abgeschabte Punkklamotten von oben bis unten. So treu wie dieser Mann sich selbst geblieben ist, blieb ihm auch sein Publikum.
Smith spielt immer noch einfachen 77-Britpunk mit gesellschaftskritischen Phrasen, der sofort ins Ohr geht und hängenbleibt. Zunächst strapazierte er zwar für die neueren Songs eine klapprige Akkustikgitarre, doch als er die wegstellte und nur noch mit dem Mikro bewaffnet die älteren Weisen anstimmte, ging die Sache ordentlich nach vorne los und die Fans rasteten komplett aus, lagen sich in den Armen, durften mitsingen und strahlten vor trunkener Glückseligkeit. Auch ich musste angesichts dessen fast eine Träne verdrücken, fühle ich mich dieser Musik doch immer noch besonders stark verbunden.
Ein Konzert mit Nachhaltigkeit.
(Ralf, 21.5.05)
Fr. 13.05.05 The sleeping giantLos Chicos, The Magnetix, Coyote Men, The Phobics - London, Dirty Water Club (200 Zuschauer)
An meinem 40. Geburtstag, ein Freitag der 13. (HA!) entführten mich meine besten Freunde nach London in den angesagten Dirty Water Club, der sich aber leider als etwas karge Location für umso grossartigere Bands entpuppte.
Bereits beim Bestellen des ersten Bieres, es waren ausser den Bands noch nicht viele Leute im Laden, wurde ich kurz von einem lustigen kleinen Spanier verarscht, der sich am Ende aber als der Partyburner des Abends entpuppte. Zunächst kletterte diese dunkelhaarige Iggy-Gestalt als Drummer der ersten Band, The Phobics aus Süd-London, auf die Bühne, wusste dabei allerdings leider wenig zu überzeugen. Die Phobics liessen ihre guten geschmacklichen und kompositorischen Ansätze in einer sehr schnell ermüdenden Show verblassen. Obwohl alle Bands des Abends über dieselbe Backline spielten, hatten sie den miesesten Sound. Vielleicht hatten sie keinen Soundcheck, vielleicht waren sie aber auch am wenigsten in der Lage, ihren eigenen Sound selbst in den Griff zu bekommen.
Anschliessend betraten 4 Mann in Anzügen und Wrestling Masken, Coyote Men genannt, die Bühne. Nun ging's erst richtig los. Das Publikum kannte die Band recht gut, kein Wunder, sie sind auch aus England und haben im Garagepunkland eine hervorragende Reputation.
Zu sehen gab es eine furiose 60s-Budget-Rock-Show, die uns 40 kurzweilige Minuten bescherte. Die lustigste Einlage steuerte aber ein zweizentnerschwerer Killdozer in einem Agnostic Front-Shirt bei, der mir erstmal ein halbvolles Bier aus der Hand pogte und sich anschliessend hingebungsvoll rücklings auf die Bühne warf, um dem Basser den abgegangenen Gitarrengurt wieder dranzufummeln. Als das ganz und gar nicht klappen wollte, wurde er dann chefmässig von der Bühne getreten. Saubere Einlage! Das Bier war's mir wert. Hätte ich hier schon gewusst, dass der Dicke sich eine halbe Stunde später bei den nachfolgenden The Magnetix, einer Zweimannband aus Bordeaux, besser gesagt eine dilettantische Schlagzeugerin in Unterhose und mit offenem Mund, sowie ein Oasis-mit-Muskeln-Lookalike, die mir mit zuckersüss verstimmter Gitarre, fast durchgehendem Surfbeat und angezerrtem Gesang natürlich am allerbesten gefielen, zum Schlafen auf die Bühne niederlegen sollte (Foto oben) und somit als meistfotografierte Person des Abends den Bands fast die Show stahl, hätte ich sogar ein zweites Bier dafür geopfert.
Thee Majestix Erst als der Gitarrist minutenlang kopfandkopf neben dem Schlafenden auf dem Rücken lag und unter blärendem Geheul seine Gitarre hochundrunter stimmte, zogen die Magnetix die volle Aufmerksamkeit wieder auf sich und schenkten uns den besten Abgang seit langem. Der Gitarrist hing sein Instrument mit einer perfekten Bewegung an einer Mechanik in die Kabel der Frontscheinwerfer ein, drehte seine Effekte auf 10 und schlug mehrere Male zwischendurch mit der Faust auf die Klampfe ein, bevor er, eine Kakophonie aus Gitarrenpfeifen und Delays hinterlassend, von der Bühne sprang. Das nenne ich Livemusik wie sie sich gehört und so stand der alte Ralf über alle Backen strahlend da und vergass die Trostlosigkeit des Lebens. Er erinnerte damit sehr an sein Jugendfoto auf der Zwieback-Packung.
Los Chicos Zeit für die Los Chicos aus Spanien, eine weitere, mir bislang völlig unbekannte Rock'n'Roll-Band aus Spanien, die hier aber schon öfter auf Tour waren und den Laden letztlich zum Überkochen brachten. Sechs Männer in roten Hemden und grauen Anzügen, deren beide Gitarristenzwillinge eher an Mel Brooks als an Punkrocker erinnerten, die aber aufdrehten, als wären sie gerade mal 18 geworden.
Die Los Chicos sind unglaublich locker, brutal tight, wissen, wie sie ihre Instrumente anzufassen haben, saufen literflaschenweise weissen Rum mit Cola und springen auf der Bühne umher wie ein paar wild gewordene Schimpansen. Der Sänger erinnerte mich mit seiner Frise an den jungen Willy De Ville.
Musikalisch bewegsten sie sich im partytauglichen Rock'n'Roll, mit etwas Punk und etwas Blues, nicht spektakulär aber sehr stilsicher und souverän und hatten daher als letzte Band des Abends tatsächlich noch ne Menge draufzusetzen, zumal sie wirklich perfekt eingespielt waren und ihre Show wie aus einem Guss herunterdroschen.
Hier kommt wieder der kleine Partyhengst von der ersten Band ins Spiel, der wirklich jeden im ganzen Saal anlaberte, mir im Laufe des Abends noch mehrmals an der Bar begegnete, sich als freundlicher und lustiger Zeitgenosse und erstaunlicherweise als der Sänger der Parkinsons entpuppte, die am anschliessenden Wochenende in der selben Location ihren allerletzten Gig spielten, was mich dann doch ganz schön wurmte. Die Parkinsons waren eine sehr wilde Londoner Punkband, die ich schon seit geraumer Zeit im Auge hatte, leider jedoch niemals live sehen konnte, da sie es nicht über eine England-Tour hinausgebracht hatten.
Alfonso also, liess sich während der Chicos-Show ständig mit nacktem Oberkörper kamikaze-like ins Publikum fallen. Oft sah man ewig nur seine in die Höhe gestreckten weissen Schuhe zappeln. Mehrmals spazierte er fast wie Iggy mit der Erdnussbutter über die Leute.
Während der Zugabe schnappten sich die Chicos dann alle Einzelteile des Drumsets und spazierten damit durch den Saal und für eine kurze Einlage direkt auf die Bar, was ich zunächst als ok aber nicht allzu aufregend verbuchte, bis sie es nach ihrer Rückkehr schafften, ansatzlos mit kompletter Band weiterzuspielen, wo ich doch ein Ende im Chaos vorausgesagt hätte. Das war Hi-Quality-Entertainment, eine perfekte Rock'n'Roll-Show, die, trinkfreudiges Publikum vorausgesetzt, jedes Haus abbrennen wird.
(Ralf, 18.5.05)
So. 08.05.05 Lost Sounds - Stuttgart, Schocken (120 Zuschauer)
Alicja und Jay haben sich nichts mehr zu sagen und nachdem dies das Ende einer sechswöchigen Europatour war, kamen wir zu der zweifelhaften Ehre, der allerletzten Lost Sounds-Show ever beizuwohnen. Soll man nun darüber froh sein, das erlebt zu haben? Ich denke eher nein, denn davon abgesehen, dass mit den Lost Sounds eine wegweisende Band dahinscheidet, erinnerte die Art und Weise, wie das Paar seine Trennung offen über das Internet auslebte, fast an eine Mini-Seifenoper und hinterlässt daher ein merkwürdiges Gefühl.
Manche Leute finden ja, dass Lost Sounds-Shows gerade aus den Spannungen zwischen den Bandmitgliedern ihre besondere Kraft nahmen, und das hat ja auch immer einen gewissen Unterhaltungsfaktor, doch als anständige Menschen, die den Regenbogenpresse-Schwachsinn zutiefst verurteilen (zwinker), geht es uns hier ja nur um Musik und die Musik liessen die Lost Sounds an diesem Abend nicht unter den Bedingungen leiden.
Zwar hatte Jay sich während des Soundcheck verpisst und auch ein Ersatz-Bassamp musste ganz kurzfristig besorgt werden, da es am letzten Abend in Biel vergessen wurde, doch der Auftritt war top, zumindest nicht anders als vor knapp anderthalb Jahren im Gotec in Karlsruhe.
Der hämmernde Endzeitsound, kreischende Sounds alter Analog-Synthies und die unterkühlte aber angenehme Stimme Alicjas, Seite an Seite mit einer wilden Rock'n'Roll-Band aus einer unabgedämmten Garage und dem aggressiven Gebelle Jays liessen uns die Messer zwischen die Zähne stecken und mit unruhigen bösen Blicken auf einen möglichen Angriff unseres Thekennachbarns lauern, doch insgesamt war die Atmosphäre vorallem ... kalt. Vielleicht übertrug sich da doch ein wenig die Eiseskälte, die die Band untereinander verströmte.
(Ralf, 21.5.05)
Fr. 11.02.05 The Saints - Göppingen, Odeon (ca. 100 Zuschauer)
"The Saints were godlike to me and my colleagues. It was extraordinary to go and see a band that were so anarchic and violent!" sagte Nick Cave über die Saints, Australiens 70s-Power-Rawk-Export No. 2, deren Werk allerdings nach den ersten beiden LPs keinen Zugang mehr in mein Bewusstsein erreichte. Mir war nicht mal bekannt, dass zumindest Sänger Chris Bailey niemals aufgehört hatte, Musik zu machen und Platten zu veröffentlichen. Auch seine Teilnahme an Cave's Album Nocturama (2003) war mir entgangen.
Wenn Bands, die vor über 25 Jahren das letzte Mal für Aufruhr sorgten, wieder auf Tour kommen und zudem nur ein Originalmitglied, dann stellt man seine Erwartungen selbstverständlich erstmal auf Sparflamme.
Nach den ersten Takten war ich dann aber doch positiv überrascht. Die legten richtig fesch los. "Stranded" kam gleich als zweiter Song und insbesondere der Sologitarrist versuchte mit Feedbacks und schrägen Solos einigen Schaden anzurichten.
Doch dann der Abstieg: Nach 4, 5 Songs wurde es immer schlechter. Sie brachten einige langweilige, eintönige Rockballaden, Bailey fühlte sich so unglaublich abstossend wohl und entspannte sich derart, dass er nur noch weinselig vor sich hingrinste und nach jedem Song den kleinsten Ansatz einer Spannung wieder raus nahm, indem er sich erstmal etwas ausruhte und das Publikum fragte, wie es denn so ging. Es ging immer schlechter und ich war heilfroh, als sie nach "Know Your Product", das als Abschluss dann allerdings wieder zu gefallen wusste, recht zügig zum Ende kamen.
Doch zur Zugabe geschah, wovor ich schon den ganzen Abend, angesichts ihrer im Hintergrund lauernden Anwesenheit, panische Angst hatte: Bailey griff sich die Akkustikgitarre und fing mit ihr alleine eine Ballade an, die mich an die Gallier denken liess, die ihren Barden immer an den Baum knebeln. Als die restliche Band zum gemeinsamen Einsatz nicht rechtzeitig zurück war und der Versuch eines zweiten Einstiegs in die Hose ging, begann eine regelrechte Selbstdemontage, deren weiteren Verlauf ich aus ursprünglichen Hochachtungsgefühlen nicht genauer erläutern möchte, da wir nämlich dann doch dort angekommen waren, wo die schlimmsten Erwartungen anfingen.
Am Ende des zweiten Zugabenblocks machte Bailey es sich so bequem, dass ich befürchtete, er legt sich gleich hin und schlummert selig ein. Eine Gitarre zur Hand zu nehmen, war ihm nun schon zuviel des Guten, er lauschte nur noch andächtig in kauernder Haltung und mit blödest vorstellbarem Gesichtsausdruck dem Tun seiner Kollegen und bedachte sie mit einer gönnerhaft-lobenden Geste (wie schon das ganze Konzert über), sicher gutgemeint aber irgendwann dann so nervend, dass ich mich inbrünstig nach einem scharfen Beil sehnte, um ihm die Arme abzuhacken, die aus diesem beschissenen T-Shirt herausquollen.
Haben die da unten eigentlich keine gescheiten Klamotten oder hat Bailey nur noch nicht kapiert, dass er nicht mehr 1000 km von der Zivilisation entfernt, zuhause im Schaukelstuhl auf der Veranda, sitzt und ihn nicht nur ein Schnabeltier anglotzt, dem es egal ist, dass er sich seit 1985 kein neues T-Shirt gekauft hat, sondern seine europäischen Fans, die jahrzehntlang ein hohes Bild von ihm in sich trugen.
Schade. Ich hatte gedacht, dass 30 Jahre Erfolglosigkeit doch ein bisschen verbitterter machen. Da müsste sich doch was angestaut haben. Auch die Biographie auf der Webseite gibt einige Kommentare zur aktuellen Situation der Popmusik zum Besten, die mehr Biss erwarten liessen.
Wenn die Saints aber 1978 schon so lullig waren wie heute, dann verstehe ich zwar den Kommentar von Nick Cave nicht, es wird mir aber klar, weshalb Radio Birdman den ganzen Kuchen abbekamen. Anarchic and violent? Nein, eher gemütlich, selbstzufrieden und ... saint!
(Ralf)
Di. 08.02.05 The Bassholes, Jeffrey Evans - Karlsruhe, Schlachthof (ca. 80 Zuschauer)
"68 Comeback" und die "Gibs. Bros." waren Evans' umtriebigste Bands, mit denen er in den 80ern und 90ern unzählige 45er und LPs veröffentlichte. Neben weiteren kurzfristigeren Projekten nahm Jeff jede Menge andere Bands auf und es wäre wirklich mühselig, eine Liste mit den Underground-Ikonen anzufangen, mit denen er schon zusammen gearbeitet hat. 2001 kam das erste Solo-Album und davon trug er auf dieser Tour als One-Man-Support der Bassholes auch einige Stücke vor, bspw. "The Battle And The Long, Long Ballad Of The Red-Headed Girls", ein Song über einen 50jährigen Kauz (Jeffrey), der auf ein 23jähriges Mädchen scharf ist, das die letzte Nacht mit Greg Oblivian verbrachte (zumindest in Jeffreys Phantasie).
Jeffrey spielt eine saualte Telecaster über einen Fender-Twin und sorgt so für einen wundervollen Vintage-Blues-Sound, den er mit einigen überlauten, verzerrten Einwürfen garniert, für die er sich anschliessend schmunzelnd mit den Worten "I don't know why I do this crazy stuff!" entschuldigt. Der gute Mann sorgt mit seiner verschmitzten Art für ausserordentlich gute Laune und hätte wegen mir noch zwei Stunden seine Stories erzählen und seine feinen Songs zwischen Covers (Feathers, auch Cash) und seinen eigenen Ergüssen spielen können. Die Art dieses Mannes verbreitet ein angenehmes Wärmegefühl, auch wenn er schwer gegen die bösartige Klimaanlage des Schlachthofs anzukämpfen hatte.
Da konnten die Bassholes leider anschliessend ausser mehr Beat leider nichts draufsetzen. Zu ähnlich und unspektakulär waren ihre Songs. Das Genörgle des Sängers hat bei mir auch schon auf Platte immer nur für eine Seite gereicht. Das Geschramme der halligen verstimmten Gitarre ist zwar ok, doch bei genauerem Hinsehen ist auch klar, wo die Eintönigkeit der Bassholes her kommt: Der Mann kann halt nunmal leider überhaupt gar nichts und hangelt sich mit zwei Fingern an seinem Gitarrenhals entlang wie ein Faultier an einem Ast. Ausser der seltenen Variante, kurz einzelne Saiten anzuschlagen, gibt es 2 Variationen seines Gitarrenspiels, die jedes Kleinkind mit Krückstock ebenso beherrschen würde:
Variation 1: Mit dem Daumen greift er die oberste Saite, mit dem Zeigefinger alles was er von unten erwischt. Er formt also sozusagen ein offenes O um den Gitarrenhals. Mit diesem Griff fährt er hoch und runter, ohne etwas zu verändern.
Variation 2: Er legt einen Bottleneck an, schlägt die oberste Saite leer und fährt mit dem Neck auf den unteren Saiten hin und her.
Der neue Drummer ist technisch spitze und gibt der Sache das Gerüst. Aufgrund Howlands Gitarrenspiel und Gejaule würde ich die Bassholes aber als soetwas wie die definitve Punkband hinstellen. Leider unterm Strich zu eintönig.
(Ralf)
für Evans, der uns das Herz erwärmte.
Fr. 28.01.05 Speed Chicken, Brainless Wankers - Tübingen, Brechtbau (ca. 1.000.000 Zuschauer) Foto von Rhonda
HELP! I lost myself in the midst of 1.000.000 tübinger bastard students. I wanna be dead now. I will never get over this!
Studentenparties sind grauenvoll. Am grauenvollsten aber sind Studentenparties in Tübingen und die grauenvollste stieg an diesem Abend im grauenvollsten Gebäude, das ich je freiwillig betrat. Kahle Wände, lange breite Flure, 1000 Quadratmeter Spints und die längste Pissoirreihe der Welt.
Hatte mich doch eigentlich riesig gefreut, die Freunde von Speed Chicken wiederzusehen und mit denen war auch alles ok, doch als die Welle an intelligenten Jugendlichen irgendwann über uns kippte wie ein Tsunami, als der Kollege Alkohol Bloody Chris und mich in den Würgegriff nahm und wir einen flotten Rückzug planten, als wir dann in einem Meer von Studentenleibern verhakten und stundenlang brauchten, um uns zum Ausgang zu drücken (leider wurde mir von meiner Angebeteten (Gott schütze sie) verboten, inmitten des Chaos meine in solchen Momenten gerne eingesetzte Ich-renn-da-jetzt-mittendurch-und-wenn-alle-draufgehen-Methode anzuwenden), als uns, nachdem wir uns gerettet glaubten, im Auto die Handbremse angefroren war und wir uns gewaltsam, mit dem Geruch verbrannten Gummis in der Nase, nach Hause quälten, da war's mit der Freude vorbei.
Doch von vorne: Wir betraten die Hallen, als sie noch leer waren. Der Kassier liess uns passieren, obwohl er unsere Namen nicht auf der Gästeliste fand, die Speed Chickens wurden schon nach einer halben Stunde suchens in einem Labyrinth aus Fluren und Nebenräumen, bei der Bühne im Treppenhaus gefunden und man redete, lachte und trank. Bis dahin alles ok.
Zunächst waren kaum Leute da und ich befürchtete schon Menschenschwund, doch als Speed Chicken sich der Bühne bemächtigten, harrten deren schon lässige 150 und es wurden sekündlich mehr. Das anderthalbstündige Set der Kassler Good-Taste-Rockin-and-Surfin'-Spezialisten war kurzweilig und sehr von ihrer angenehm-unaufdringlich humorigen Seite geprägt. Mit Colonel Timo sitzt nun wieder der, meines Erachtens, bislang beste Drummer der Band hinter den Trommeln. Gitarrist und Sänger Hank Ockmonicks Finger flitzten wieder halsbrecherisch über das schmale Saitenbrett und er ermunterte uns neben den üblichen Eigenkompositionen auch mit allerlei speedchickensschem Schnickschnack wie Filmmelodien (bspw. Simpsons, James Bond) und Coverversionen (bspw. Hank Williams).
Hätten wir die Zeichen bemerken müssen, frage ich mich heute? Spätestens als Speed Chicken immer wieder in eine Szenerie aus dem Film "Nebel des Grauens" (siehe Foto) versenkt wurden und sich vermutlich vorkamen wie die Gorillas im Nebel, hätte uns alles klar sein müssen, doch dann befanden wir uns unvermittelt in einer Szene aus dem Film "Die Vögel":
Chris, Nathalie und ich stehen guten Mutes vor der Bühne, lachen, wippen mit den Füssen, patschen mit den Patschehändchen, kaufen und trinken alkoholische Getränke (Nathalie nicht, die Arme, sie musste die Besoffenen heimkarren), sehen uns beiläufig etwas um und wir sehen ... ein paar Studenten, wie sie ganz entspannt daher- und dahinflattern. Wir kucken wieder zur Bühne und sehen irgendwann, so nach ein zwei Songs wieder über die Schulter und ... erbarmsicheinermeiner ... Trillionen und Abermilliarden krank aussehende, mit stechenden Augen nach Vergnügung heuchelnder, aus den Nasen triefender und aus den Mundwinkeln sabbernder ... Ich-kann-sie-einfach-nicht-beim-Namen-nennen!! Oh Schreck, sie strömten über uns und um uns herum, um uns mit ihrer Gier zu verzehren.
Der Schock liess uns die Gebeine gefrieren, während Hank auf der Bühne zum letzten Song seine Hühnermaske aufzog, was die Situation in unserem Zustand leider nicht verbesserte.
Während die Brainless Wankers danach ihre Backline aufstellten und probierten ob alles tut, zogen wir uns vorsichtig vor den Vögeln zurück hinter den Merchandise-Tisch neben der Bühne und beobachteten das anschliessende Treiben aus sicherer Entfernung. Ich sage Euch, es war ekelerregend. Auch die Brainless Wankers trugen ihr bestes dazu bei. Ska, gute Laune, Dreadlocks, Animateure, Trompeten, da war alles dabei, was mir den letzten Blutstropfen aus dem Gesicht sog. Wir mussten uns eilig verabschieden und den Rest kennt Ihr ja schon. Werde ich mich je davon erholen?
(Ralf, who desperatly hung himself on 29th Jan. 2005 and was subsequently revived by one of his frankensteinian "friends" and since then seen walking Balingens bars with stiff limbs and something green drooling out of his ears, obviously seeking for a) student-brains to eat or b) an opportunity to kill himself again but now for sure)
Sa. 22.01.05 Cellophane Suckers, Interozitor, Copyright Allstars - Mössingen, Jugendhaus M (ca. 100 Zuschauer) Foto von der CS-Website geklaut
Copyright Allstars sind überraschenderweise die Renderings wieder als Coverband. Das Spektrum ist etwas breiter und auch etwas anspruchsvoller geworden, doch bin ich leider nachwievor wenig für Coverbands zu begeistern, auch wenn sie das sehr gut machen, von den Hives abgesehen. Das steht ihnen nicht. Die alten Sachen bleiben das, was sie am Besten können.
Interozitor aus Köln, nach eigener Aussage Pirate-Core und so könnte man das wohl auch stehen lassen. Sie heben sich insbesondere dadurch ab, dass sie auf ihren Gitarren Metalriffs spielen, dies aber mit dünnem, nur angezerrten Sound, an der einen Gitarre sogar nur mit einer Telecaster. Das war an sich die interessanteste Idee der Band, denn der Rest bestand für mich aus vielem Gerühre um den Core herum, keinerlei Catchyness und ziellose Kompositionen die sich mir nicht erschlossen.
Da ich schon vernommen hatte, dass die Cellophane Suckers den Vorabend in ihrer Lieblingskneipe in Köln, dem Sonic Ballroom, gespielt und bis zum Ab-in-den-Bus durchgezecht hatten, beschlich mich die Angst, dass Mössingen diesmal nicht die übliche Freude erzeugen könnte, doch weit gefehlt. Schlurften sie davor noch durch die Gänge, dass die Ausfeger am nächsten Tag ihre Turnschuhgummireste mit dem Spatel abkratzen durften, so schienen sie beim Besteigen der Bühne plötzlich zu sich zu kommen und verwandelten sich in eine unaufhaltbare Einheit attraktiver Rockstars, die ihren schmissigen Old-Style-Ami-Punkrock mittlerweile um schwülen Hammond-Sex-Beat zu verfeinern wussten.
Das waren die Suckers wie ich sie lieben gelernt habe, auch wenn ich ihnen die letzten beiden Jahre nicht wie zuvor die Stange gehalten habe und auf jeden Gig in 1 Fahrstunde Umkreis gerannt bin.
Zunächst lustig, doch ab dem dritten Song in Folge eher störend, waren die beiden Girls, die sich zum Tittenzeigen (ich hab natürlich gerade wieder woanders hingesehen) und Mittanzen auf die Bühne schwangen. Ich fand der Effekt war schnell verbraucht und sie nahmen der Band den Platz weg. Pietäthalber sag ich jetzt nicht, dass sie zunehmend peinlicher wurden.
Trotzdem war's ne geile Show und entschädigte für einen sonst eher weniger spannenden und auch nicht so gut wie sonst besuchten Konzertabend im Jugendhaus Mössingen.
(Ralf)
Fr. 21.01.05 The Heartbreak Motel - Tübingen, Bierkeller (ca. 80 Zuschauer)
Die 80 Scheisser im Studentenabsturzheim Bierkeller, denen ich gerade mal das Hauptschulabschlussalter abgenommen hätte, erwiesen sich als nicht sehr konzerttauglich, waren sie doch nach den beiden Vorbands bereits ganz und gar erschöpft und da Heartbreak Motel anschliessend als erste Band des Abends richtig hinlangten, entstoben sie innerhalb kürzester Zeit fluchtartig des Lokals.
Die Logonauten und ... - den Namen der ersten Band hab ich leider schon vergessen - waren beide neben Sportfreunde-meets-Hosen-meets-California-Poppunk zwar eigentlich erträglich (oder sagen wir mal künstlerisch akzeptabel, deswegen aber lange noch nicht nach unserem Geschmack) doch deren verbrecherisch lange Spielzeiten liessen uns bis halb eins auf die Band warten wegen der wir angereist waren. Und das war weder für uns noch für Heartbreak Motel toll.
So blieben den Recklinghausern am Ende 10 interessierte und 10 kickernde Gäste, um sie mit refused-infiziertem Punkrock anzustecken, der gerne mit beiden Turnschuhen mal in ne tiefe Hardcore-Pfütze springt und ebenso in die Eingeweide, wie durch die eingestreuten melodischen Passagen, direkt ins Herz trifft.
Obwohl Heartbreak Motel bereits nach einer halben Stunde die Notbremse zogen (mehr hätte unter diesen Umständen auch keinen Sinn gemacht), wurde die musikalische Vielfalt schon sehr deutlich. Die Gitarrenparts sind clever verschachtelt, rocken aber dennoch kräftig geradeaus, die Vocals wechseln von gnadenlosen Scream-Passagen über kurze gesungene Melodien zum verzweifelten Flüstern, Schlagzeug und Bass machen die Musik greifbar und übertragen die Energie direkt in die Beine des Publikums, doch über allem bleibt, trotz der Aggression, eine Menge Feingefühl und sehr sehr viel echte Leidenschaft.
Heartbreak Motel tobten und flogen quer durch den ganzen Saal, verwandelten das Konzert kurzerhand in eine 3D-Show, waren vor Dir, hinter Dir, unter Dir, einfach überall und liessen sich in ihrer Euphorie nur ein kleines bisschen vom geplätteten und eh kaum mehr vorhandenen Publikum beeinträchtigen. Ganz und gar unprätentiös und ehrlich hatten wir hier eine Band vor uns, die sich für 10 Leute die Beine ausriss und am Ende höchstens an sich selbst herumkritisierte, weil man hätte ja auch NOCH besser sein können.
6 Stunden Anfahrt, 4 Stunden warten, von der unkollegialen Haltung der ersten beiden Bands den Auftritt vermasselt bekommen, nach 25 Minuten Spielzeit aufgeben und am nächsten Tag 7 Stunden nach Münster auf den nächsten Gig fahren. Die erste Süddeutschlanderfahrung hat sich für die Jungs wirklich gelohnt. Ich persönlich hätte mich verarscht gefühlt, aber man weiss ja auch, dass bei solchen Dingen nicht immer jemandem die Schuld gegeben werden kann, denn oft fehlt es einfach nur an der Erfahrung von Veranstalter und Bands. Dennoch war das sicher sehr ärgerlich für Heartbreak Motel und ich hoffe, dass sie nicht so dumm sind wie ich es wäre, denn ich würde sagen: "Süddeutschland - LECK MICH" und daher bin ich sehr überzeugt, dass man von Heartbreak Motel auch in unseren Breiten noch ne Menge hören wird. Diese Seiten werden Euch darüber informieren.
(Ralf)
Fr. 07.01.05 Rock Hilft - Balingen, Eberthalle (ca. 600 Zuschauer) Beide Fotos von bl-bilder.de
Wenn einem Gott nicht mehr hilft, dann hilft einem Rock. So war's schon immer und so wird es auch bleiben.
Die in kürzester Zeit von der Band Scrum (Foto) auf die Beine gestellte Benefizveranstaltung zusammen mit dem DRK und ner Menge anderer lokaler Organisationen traf mitten in die Herzen aller jungen Rockfans und schlug grosse Wellen (genau, denn es geht um das Beben und die Flutwelle im indischen Ozean Weihnachten 2004 - um dem Leser einen Hinweis zu geben, der das hier erst in einigen Jahren abrufen wird) über die bereitwilligen Stadtoberhäupter, die lokale Presse bis hin zum Fernsehen.
So wurde das Konzert natürlich ein Riesenerfolg.
Da wegen der geplagten Anwohner nur bis 23 Uhr Zeit blieb, den Asiaten ein paar neue Kleider an den Leib zu trinken, fand ich mich nur unwesentlich verspätet ein und sah ein Gitarre-Bass-Drums-Trio names Threekingseleven aus Reutlingen. Wegen den ersten Begrüssungsorgien bekam ich leider nur am Rande eine gute Band mittleren Alters (also geschätzte Ende 20, Anfang 30) zu hören, deren Sound ich zwischen Rock, Jazz und Blues anzusiedeln würde. Der Basser spielt normalerweise im Sitzen, weswegen er sich sein Holz unweit unter das Kinn geschnürt hatte, doch der Gitarrist gab für mich eine sehr gute Figur ab, besonders beim letzten Song, eine bluesige Ballade mit gefühlvoll gezupfter Gitarre, die vorallem durch den guten Gesang einen leichten Pearl Jam-Einschlag bekam. Pearl Jam darf man ja heute eigentlich nicht mehr schlechtheissen, hab ich mir sagen lassen, deswegen soll das bitte als Lob verstanden sein. Threekingseleven also nicht wirklich undergroundig oder asskickin' aber insbesondere über den letzten Song konnte ich mich einfühlen.
Leider machten mir die Skilled Punches darauf weniger gute Laune. Das sind ein paar junge Punks aus Bisingen, mit denen man sich eigentlich familiär fühlen sollte, doch ihr ausschliesslich aus Coverversionen bestehendes Programm, noch dazu die Sorte Offspring, Green Day und Co., interessiert mich leider absolut überhaupt nicht. Der Sänger war aber überraschend gut.
Das Programm ging Schlag auf Schlag voran, denn es waren sechs Bands durchzubringen. Kurz und schmerzlos gefällt mir aber eh besser, dann krieg man keine Langeweile, wenn eine Band mal nicht gefällt.
Es folgten Scrum, obengenannte Initiatoren, gute Weltbürger und schwere Metallheads. Sie zeigten sich von drei auf zwei Gitarrren geschrumpft. Obwohl ich solcherlei Experimenten normalerweise geneigt bin, fand ich die Reduzierung für Scrum angebracht, denn die sehr schnellen Tonfolgen sind auch mit dem Soundbrei nur zweier verzerrter Gitarren sehr schwer herauszuhören. Nachdem Scrum beim letzten Auftritt im Sonnekeller noch fast ausschliesslich coverten, haben sie nun bereits einige selbstkomponierte Songs auf Lager und das stimmt optimistisch.
Wie allgemein bekannt, ist der Metal zwar an mir vorbeigegangen, da ich aber ganz grundsätzlich zu Musik neige, die dem allzu beiläufigen Allerlei eine Absage erteilt, fallen Scrum klar in eine Kategorie, der ich gerne mal ein Ohr leihe. Und ein Auge auch, wofür sich die Band durch das Fehlen von typischen Metalklischeeattributen qualifiziert.
Scrum gehören soundso eher der bolzenden Metalfraktion an, was Rockverein-Chef Struppi dazu veranlasste, mir im Vorbeigehen augenbrauenflatternd aber lächelnd ein "Ganz schön hart" in die Ohren zu pusten.
Mehr beachtlich, denn beeindruckend fand ich den Fingersatz des Gitarristen und Sängers Matthias, die wie aufgeregte Spinnenbeine über sein Griffbrett krabbelten. Mir flitzten sie zwar ein wenig zuviel, denn ich bin der Meinung, dass ein einfacher Akkord ins richtige Timing gebracht und exakt gespielt, wesentlich mehr Energie entwickelt, doch das ist eben das Ding von Scrum und somit völlig ok, auch wenn ich hier an die Grenzen der Annäherbarkeit anschlage. An Scrum gefällt mir besonders, dass sie wirken als würden sie drauf scheissen was andere über sie denken. Cool! Ich sehe Potential und Eigenheit.
Next Band: Code of Silence (Foto). Sorry, nicht mein Ding. Absolut nicht. Bitte lest über Code of Silence in anderen Gazetten. Ich werde mich hier jeglicher Kritik enthalten.
Dann die Mokicks. Balingens Helden des Punk. Gerade 18 und doch schon so stilsicher. Wundert mich nicht mehr, denn die Hosenscheisser verfügen über wesentlich mehr Background als so mancher das gerne glauben möchte. Die können gar nichts falsch machen und das tun sie mit angeborenem Charme. Sie stehen mit beiden Beinen auf dem Boden und sind sich ihrer Schwächen und Stärken völlig bewusst. Leider kommen sie nie mit der vorgegebenen Zeit klar. Entweder wollen sie dem Publikum immer Quantität bis zum Anschlag bieten oder sie haben dermassen Bock, dass sie einfach nicht aufhören können. Damit werden sie aber eines Tages auch mal ganz schön auflaufen, befürchte ich.
Ihr Unwille rechtzeitig ein Ende zu setzen, ging so nämlich zulasten der No Creeps aus Rosenfeld, deren Auftritt ich mir allerdings nicht mehr ganz ansah, denn ich musste feststellen, dass meine persönliche Spendenbereitschaft mit dem Ende des Bieres sehr schnell erschöpft war.
Nein, es ist halt immer so: Bei der ersten Band kommt man gerade und ist noch nicht warm und bei der letzten Band muss einem schon wirklich alles stimmen, damit man verweilt. No Creeps rocken, doch finde ich bei ihnen leider nicht den Punkt an dem ich mich einhaken könnte. Da bin ich einfach nicht zu Hause. Ich gehöre wohl selbst eher zu den Creeps.
(Ralf)

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Teufel