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Konzertbesprechungen 2005 |
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- 2018 - Aktuell
The Bassholes (8.2. Karlsruhe)
- Be Part Of The Scene, Not Just The Scenery Festival (4.6./5.6.
Stuttgart) - Black Lips! (22.9. Konstanz)
- Bongolian (20.5. Schorndorf) - Cellophane
Suckers (22.1. Tübingen)
- Columbian Neckties (9.12. Stuttgart)
- The Come n' Go (22.9. Konstanz) - Coyote
Men (13.5. London) - Danse Macabre (10.12.
Tübingen) - Dayforday (3.12. Balingen)
- Dead on the Sofa (24.7. Balingen,
15.10. Balingen) - Dean Dirg (17.9.
Nürtingen) - Diamond Dogs (17.6.
Stuttgart) - Ear Candy (15.10. Balingen)
- Jeffrey Evans (8.2. Karlsruhe) - Exhausted
(3.12. Balingen) - The Flesh (18.6.
Balingen, 11.6. Tübingen) - The Four
Slicks (4.7. Amsterdam) - Freie Radikale
(11.6. Tübingen) - Funkenstein (15.10.
Balingen) - Ghetto Ways (10.9. Stuttgart)
-The Heartbreak Motel (21.1. Tübingen)
- Holly Golightly (20.5. Schorndorf)
- Los Chicos (13.5. London) - Lost Sounds
(8.5. Stuttgart) - The Magnetix (13.5.
London) - The Mokicks (7.1. Balingen)
- New Sensations (10.9. Stuttgart) - No
Creeps (7.1. Balingen) - The Phobics (13.5.
London) - The Pricks (17.9. Nürtingen)
- Primitive Festival (30.6.-3.7.
Rotterdam) - Rent A Gun (18.6. Balingen)
- Rockstar Pussy (18.6. Balingen) - The
Saints (11.2. Göppingen) - Scrum (7.1.
Balingen) - Skilled Punches (7.1. Balingen)
- South Filthy (16.6. Karlsruhe) - Speed
Chicken (28.1. Tübingen) - Ten
Volt Shock (10.12. Tübingen) -
Threekingseleven (7.1. Balingen) - Tpunkterror
(3.12. Balingen) - TV Smith & The Midnight
Creeps (14.5. London) - Viva L'American Death
Ray Music (11.9. Stuttgart) - Wendy
Bones (30.12. Balingen) - Wreckless Eric
(19.5. Karlsruhe)
Fr. 30.12.05 |
Wendy
Bones - Balingen,
Sonnekeller (Privatparty vor ca. 120 Zuschauern):
Der Sonnenkeller hat weiß Gott schon andere Tage gesehen.
Ich sage nicht: bessere. Vielleicht werde ich altersmilde. Aber
als ich seinerzeit Stammgast in jenem Etablissement war, hätte
so jemand, wie ich es heute bin, dort auch den Altersdurchschnitt
angehoben. Womöglich verkläre ich also meine Jugenderinnerungen,
es ist eigentlich gar nicht so viel anders als damals, und ich bin
inzwischen einfach zu alt für den Laden.
Doch heute ist alles wie damals. Ich betrete den Keller und finde
mich in einem Wachsfigurenkabinett. Madame Tusseaud’s, Abteilung
Balinger Szenegänger der Neunziger. Ich bin eine dieser Wachsfiguren.
Aber wir Figuren verstauben nicht in der Ecke. Wir leben, wir atmen,
wir tanzen, wir trinken zu viel.
Der Grund für dieses bemerkenswerte Raritätenkabinett
hat lokale Rockgeschichte geschrieben: Die Wendy Bones.
Irgendwo in einer großen Archivkiste verrotten bei mir hunderte
von Schwarz-Weiß-Negativen mit Aufnahmen dieser Band. Ja,
es ist eine Band aus analogen Zeiten. Als die Wendy Bones anfingen,
war das Demo-Tape der Normalfall und die CD etwas für musizierende
schnöselige Muttersöhnchen mit zu viel Geld.
Als sie Balinger Rockgeschichte schrieben, hatte ich mir eben die
ersten Rockreporter-Hörner abgestoßen und fand schon
nicht mehr alles toll, was eine E-Gitarre halten konnte. Die Wendy
Bones fand ich toll. Zugegeben, meine Nummer Eins waren sie nie,
denn sie schwammen im gleichen Teich wie The Blindboy. Aber was
sie machten, wusste ich zu schätzen.
Es war noch eine Zeit voller naiver kleiner Träume. Ich fragte
mich heimlich, wann ich wohl für den „Rolling Stone“
schreiben und wann die Wendy Bones ihr erstes Album in den Charts
haben würden.
Ob die Jungs selbst auch solche Träume hatten, weiß ich
nicht. Aber ich vermute es stark. Denn was einen großen Teil
meiner Wertschätzung für die Wendy Bones ausmachte: Sie
glaubten an das, was sie taten. Sie lebten den Traum vom Rock’n’Roll.
Sie hatten nicht nur auf der Bühne Kajal um die Augen, sondern
auch, wenn sie an einem ganz normalen Abend im Sonnenkeller saßen.
Und in ihren Songs ging es oft um die Suche nach Ruhm und Ehre im
Rock-Business, da träumten sie vom Leben als Star.
Heute haben sie keinen Kajal um die Augen, und später auf der
Bühne wird Frontmann Bernd Fauler fragen: „Hat jemand
eine Federboa dabei?“ Das wäre ihm damals nicht passiert,
dass er dieses Accessoire vergisst.
Aber noch ergehen sich all die munteren Wachsfiguren in Vorfreude,
angeheizt durch die Rockabilly-Klänge von DJ Jens Wilde, aka
Wendy-Bones-Bassist. Die Stimmung ist heiter, fast ausgelassen.
Wiedersehensfreude allüberall, Wiederhörensvorfreude auch.
Die Herren lassen sich Zeit, genießen selber sichtlich die
Auferstehungsparty, die sie inszeniert haben. Aber irgendwann steigen
sie doch auf die Bühne, für diesen einen Abend. Aus Spaß
an der Freude und weil bei ihnen allen seit dem ausgehenden Jahr
das Lebensalter mit der großen „3“ anfängt.
Und sie beweisen: Sie können es noch.
Vom ersten Moment an ist das Publikum dabei. Auch ich freue mich,
das noch erleben zu dürfen.
Ein kurzer, schmerzhafter Gedanke an die, die das nicht mehr erleben
können.
Aber dann ist Rock-Freude angesagt. Erstaunlich, was sich die Jungs
in fünf Proben wieder draufgeschafft haben. Klar, Drummer Matze
Ulrich haut auch mal einen Schlag daneben, aber was soll’s.
Gitarrist Daniel Schandock, dank den Stereo Satanics immer noch
im Rockzirkus zuhause, gibt sich keine Blößen. Und Sänger
Bernd merkt man sechs Jahre Bühnenabstinenz nicht an. Zumindest
musikalisch – die Show allerdings ist nicht mehr ganz so souverän
wie ehedem, als sich die Band an Glamrock-Vorbildern orientierte
und die Präsentation fast so wichtig war wie die Musik.
Zu ihrer Zeit waren die Wendy Bones eine Ausnahmeerscheinung in
der örtlichen Szene (und wären es auch heute noch). Als
eine von wenigen Bands bewegten sie sich jenseits der Matten- und
Kutten-Klischees auf der einen und der Pogo-Fraktion auf der anderen
Seite. Sie schrieben Songs, wahre Songs, mit mehr als drei Akkorden,
gerne im Mid-Tempo-Bereich und mit kaum verzerrter Gitarre. Sie
zeigten, dass Melodie nicht nur in überlangen Gitarrensoli
ihren Platz hat, sondern auch im Gesang. Sie konzentrierten sich
aufs Wesentliche. Ihre Musik kannte keine Überflüssigkeiten.
Schlagzeug, Bass, Gitarre waren dazu da, das harmonische Gerüst
für den Sänger zu liefern. Fertig. Und trotz dieser Einfachheit
war der Sound ein ganz besonderer – es funktionierte.
So wie es heute noch funktioniert. Die Meute im Sonnenkeller geht
mit. Der leider ziemlich kurze Auftritt – für das Aufwärmen
von noch mehr Songs war die Zeit zu knapp – rockt die Kneipe.
Als die Wendy Bones recht abrupt wieder von der Bühne steigen
wollen, gibt es Zugaben-Rufe. Also geben sie ein „Portrait
of a Stranger“ mit wackeligem Text, dann werden noch ein,
zwei Songs wiederholt.
Und schon ist der schöne Spuk vorbei.
Allerdings: Zwischen all den Wachsfiguren sah man auch höchst
lebendige Gestalten, die in den alten Wendy-Bones-Tagen wohl noch
die Grundschulbank drückten. Und sie sangen mit bei Songs wie
„Moonshaker“, den sie vom letzten Wendy-Bones-Album
kennen.
Heute gehen eben andere Leute in den Sonnenkeller, der weiß
Gott andere Tage gesehen hat. Andere Leute träumen davon, mal
für den „Rolling Stone“ zu schreiben oder ein Album
in die Charts zu bekommen.
Und diese Leute bei der Wendy-Bones-Party mitfeiern und mitsingen
zu sehen, gibt einem altersmilden Rockreporter irgendwie ein gutes
Gefühl.
(Boris Retzlaff, 9.1.06, Foto: Petra
Schwenk)
Texte gefällig? http://www.rhetorik-retzlaff.de
Gags gefällig? http://www.kabaretzlaff.de |
Sa. 10.12.05 |
Danse
Macabre, Ten Volt Shock - Tübingen,
Epplehaus (ca. 150 Zuschauer):
Die erste Band, The World Inc., verpassten wir,
da wir erst gegen 23h im Epplehaus ankamen. Es war aber sehr gut
gefüllt, fast schon ZU gut, denn es gab für mich leider
keine Möglichkeit, bei Ten Volt Shock vor
die Bühne zu kommen, die kurz danach anfingen. Die Freiburger
brachten unerhört druckvollen Noise-Core (möchte ich mal
sagen), der am ehesten ein wenig an Shellac erinnerte. Gitarre,
Bass, Drums. Alles sehr exakt aber dennoch brutal wuchtig gespielt.
Der (Sprech-) Gesang und die Harmonien suchten ihr Plätzchen
im psychotischen Bereich, doch im Gegensatz zu Shellac oder meinetwegen
auch Craving, die mir am Ende noch einfielen, war TVS doch deutlich
mehr dem Core verhaftet, also nur im Geiste gefährlich, während
bspw. bei Craving die Bedrohung auch von der Band ausging und der
Psychofaktor physisch fühlbar war.
Danse Macabre (welch lustiger Name, da ich selbst
von Mitte der 80er bis zur Auflösung Anfang der 90er einer
gleichnamigen Band beiwohnte), waren ebenso lustiger (nee echt!)
Chaos-Screamo-Core (besser könnten sie es selbst nicht benennen)
mit politischen deutschen Texten. Hier fand ich mich nun rechtzeitig
vor der Bühne ein und musste wirklich dauernd grinsen. Der
Sound war extrem stressig, bolzig und abgehackt zugleich, Metal,
Core, Punk, alles in einem Durcheinander und der Sänger übergab
dazu, oft ganz neben das Mikro, seine Lunge ins Publikum. Ich bin
ja, für alle die's noch nicht gemerkt haben, nicht solcherlei
Musik zugewandt, doch da ich in den 80ern selbst viel HC (-Punk
allerdings) gehört habe und die Triebfeder solcher Bands ganz
gut verstehen kann, fühlte ich mich ein bisschen ins eigene
Gestern versetzt und ... ja nun, es machte mir einfach nur Spass,
denen zuzuhören, auch wenn ich mir bestimmt hinterher keine
Platte (die haben aber bestimmt nur CDs) kaufen ging.
Die Namensgebung kapiere ich ja mittlerweile ("vive dans temps
morte"). Aber ich mochte die Präsentation des Sängers
nicht, denn, so gut er auch aussah (und er sah gut aus!!) und so
sympathisch er auch rüberkam: Er präsentierte sich einfach
nicht, sondern sprang von der Bühne und gab sich oft mit dem
Rücken zum Publikum, ganz der Antistarhaltung hin, wie ich
sie prinzipiell sympathisch finde, wenn nicht, wie hier, überstrapaziert.
Dabei wirkten die Jungs noch gar nicht so besonders als ob sie den
ganzen Tag nur diskutieren würden, sondern sie schienen richtig
Spass zu haben.
Nagut, ich bin diesem Genre entwachsen und hab mich bereits vor
knapp 20 Jahren den politischen Diskussionen innerhalb der Musik
entzogen, da es mich nervte, wenn Leute darüber diskutieren,
ob es ok ist, Chucks zu tragen oder ob man besser Noname-Stoffturnschuhe
trägt, wo einer versuchte den anderen zu unterbieten, wie "ich
hab noch nicht mal einen Kühlschrank" oder "und ich
hab noch nichtmal einen Plattenspieler" (wo sich dann letztlich
alles aufhörte, denn schliesslich ist es die Musik, die zusammenführte
und wer keine Musik mehr hören kann ...).
Und weil ich mich diesem Genre entwachsen fühle, habe ich Danse
Macabre als sehr unterhaltsame und gute Kapelle empfunden und habe
mir ihre Texte NICHT durchgelesen, wie sie das empfohlen haben,
und werde daher auch nicht weiter an ihnen herumkritisieren. Genauso
wie ich es nicht möchte, wenn ein 20jähriger, der noch
nichtmal geboren war, als ich mich obengenannten Diskussionen stellte,
mich auf meine politische Gesinnung abklopfen möchte.
(Ralf, 26.12.05)
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Fr. 09.12.05 |
Columbian
Neckties - Stuttgart,
Cafe Stella (ca. 25 Zuschauer):
Cafe Stella ist ein Designercafe und für Punkkonzerte nicht so
toll, finde ich. Das anderthalbstündige Warten auf den Auftritt
der Neckties gestaltete sich daher etwas anstrengend, da ausser uns
nur 5 andere Leute da waren. Mag sein, dass wir nach ner Weile dann
doch etwa 20 waren und dann ging's auch endlich los. Die Neckties
boten genau das, was man von ihnen erwarten darf: Punk-Rock'n'Roll
nach Dänenart, ausser einem anderen Bassisten kein Quäntchen
anders zu dem Auftritt
bei dem ich sie das erste Mal sah, leider sogar jeder Song in
fast genau demselben Tempo. War gut, tat mich aber diesmal nicht umplätten,
zumal ich die ganze Zeit auf die Autos kucken musste, die draussen
vorm riesigen Fenster vorbeifuhren, zu dem die Band mit dem Rücken
spielte und ansonsten die dämlichen Fressen auslachte, die beim
Vorbeigehen reinglotzten. (Ralf, 26.12.05, Foto: Herr Bensen)
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Sa. 03.12.05 |
Dayforday,
Tpunkterror,
Exhausted - Balingen,
Sonnekeller (ca. 150 Zuschauer): Exhausted
sind aus Albstadt und machen Punkrock. Es handelt sich hierbei um
eine der jüngsten Nachwuchsbands der Gegend. Das Ganze hat teilweise
spanische Texte und das sich am meisten abhebende Element ist bis
dato der stark grob gebrüllte Gesang. Da könnte auch n bisschen
Metal mit reinspielen, doch nach der ersten Show, die ich von dieser
Band sah, möchte ich mir da noch kein grosses Urteil erlauben.
Die Jungs gebarden sich jedenfalls anständig und bescheiden,
was sie mir sehr sympathisch macht. Lasst uns noch abwarten, wie sie
sich entwickeln. Tpunkterror aus der Pfalz hatten
jedenfalls schonmal einen weniger packenden Sound. Der Basser hatte
seinen Amp, um sich zu hören, fast im rechten Winkel quer über
die Bühne stehen, da er persönlich auf der anderen Seite
stand. Nach draussen tat das nicht besonders gut. Der Sound knickte
immer wieder ziemlich ein, vorallem dann, wenn einer der Gitarristen
Melodien auf einer Seite spielte und das taten sie sehr oft. Ansonsten
gab es gutgelaunten Punkrock mit deutschen Texten zu hören, der
stilistisch sehr nach Kalifornien roch. Hm, nie so mein Ding gewesen.
Ausserdem spielen die keine schönen Gitarren. Ich habe den Verdacht,
dass sie als Teenies auch mal mit Metal angefangen haben. Na, stimmts?
Dayforday dann diesmal in absoluter Bestform. Nie
waren sie so druckvoll wie heute. Ich denke, dass sich ihr Mut zu
stilistischer Weiterentwicklung langsam auszahlt und nicht nur weil
die Leute nun ihre neueren Stücke auch schon mithüftschwingen
können. Und das sagte an diesem Abend jeder! Wenn Du Dayforday
diesmal verpasst hast, dann ... ist mir das auch egal! Ich war da.
(Ralf, 26.12.05)
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Sa. 15.10.05 |
Dead
on the Sofa, Funkenstein,
Ear Candy
- Balingen,
Sonnenkeller (ca. 100 Zuschauer):
Dreimal lokaler Nachwuchs-Rock aus dem Zollernalbkreis. Die vierte
Band wurde kurzerhand vom Ladeninhaber ausgeladen, was leider, wie
immer, die Falschen traf, denn es war ganz klar an das Publikum gerichtet,
das diese Band anziehen soll, doch in Balingen gibt es nur ein Publikum
für Punkkonzerte und das war dann auch so anwesend.
Nun hat die Boulevardpresse zudem wenig Interesse an einer jungen
Balinger Punkband, denn sonst hätte man da natürlich versuchen
können, das Kapital in der Offensive zu suchen. Bewohner unserer
Berge kennen den Namen der Band, er fängt mit Mo an und hört
mit kicks auf.
Ungeachtet dessen war der Sonnenkeller rammelvoll. Die erste Band,
Ear Candy, ist nicht mein Ding. Rock, Metal, Crossover,
Punk, da steckt einiges drin aber leider in keiner Kombination, die
mich anspricht. Funkenstein hatte ich bislang
noch nicht gehört. Gefiel mir besser als ich erwartet hatte.
Da ich kein grosser Freund von Skamusik bin, um das mal gelinde auszudrücken,
fand ich's sehr positiv, dass der Anteil schnellen Raggaes ziemlich
gering war und ansonsten Punk mit deutschen Texten zu hören war.
Die Stimme erinnerte dabei ein wenig an den jungen angepissten Rio
Reiser, wobei das schöne Wort "Scheisse" (neben "Fressen"
und "Fuck" mein Lieblingswort) in so manchem Satz seinen
gebührenden Platz fand. Dead on the Sofa,
diesmal wesentlich besser gelaunt als im Sommer vor dem Bären,
schwangen sich dann zum Highlight des Abends auf. Rock'n'Roll mit
Roots in den 70ern. Ich höre da viel Endsechziger-Frühsiebziger
Stones raus. Die Orgel ist mittlerweile fester Bestandteil, die Trompete
verliert an Bedeutung. Das kann man sehen wie man möchte, doch
ich persönlich halte eine Orgel über einen Leslie immer
noch für das Allerfeinste, während ich mit Blasmusik ganz
allgemein auf Kriegsfuss stehe, d.h. die Entwicklung der Sofas gefällt
mit sehr sehr gut.
Ausserdem hatten sie einen verdammt guten Sound und wieder etwas mehr
Tempo drauf. Dazu nehmen die Songs mehr Gestalt an. Hier haben wir
also ganz eindeutig eine ganz ganz junge Band, deren Entwicklung von
Gig zu Gig zu voran kommt und ich hab das Gefühl, dass sie den
Karren jetzt langsam so richtig auf die Gleise kriegen. Hiermit steigen
die Erwartungen und Dead on the Sofa werden sich nunmehr an sich selbst
messen müssen. (Ralf 18.10.05)
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Do. 22.09.05 |
Black
Lips!, The
Come n' Go - Konstanz,
Contrast (zeigefingergezählte 25 Zuschauer):
"Die verlieren ja ihre Hosen!" meinte meine hochgeachtete
Begleiterin, mütterlich an ihrem Kirschwodka nippend, während
die Jungs aus Atlanta, Georgia, im Saal rumrannten wie aufgezogene
Kinder, die man zu früh von den Eltern weggenommen hat.
Und wenn sie auf die Bühne gehen, dann hoppeln sie unbedarft
rum, so ganz und gar keinem Vorbild verhaftet, völlig unbeeindruckt
von nix und niemandem. Kindlich aber auch wild und böse, wie
die Ghettokids.
Ihre Musik kommt nicht aus der Garage, nein, sie kommt aus dem Keller
unter der Garage. Hat man sich aber an den twangig-halligen Sound
gewöhnt, kristallisieren sich Songperlen heraus, die völlig
unantastbar im Raum hängen.
Mid-60s-Teen-Trash ist das einzige, das mir einfällt, wenn
mich jemand fragen würde, womit man die Black Lips! vergleichen
könnte. Ich zitiere hiermit Tim Warren, Herausgeber der "Back
From The Grave" Samplerreihe, die liebevollste Zusammenstellung
von 60s-Garage-Punk-Singles aller Zeiten, aus den Liner-Notes der
Ausgabe 1: "If this doesn't provide proof positive that all
heavy metal is contrived, limpdick bullshit, nothing will!"
Allerdings trägt der Kosmos der Black Lips! noch mal andere
Blüten als bei den Back From The Grave Bands vor 40 Jahren.
Black Lips'sche Weirdness hätte 1966 wohl noch auf den Scheiterhaufen
geführt.
Für mich war die Unbeeindrucktheit der Black Lips! eine Zeitlang
nur sehr schwer mit ihrem Sound und dem Songwriting unter meinen
Hut zu kriegen. Einerseits die vorbildlose Reife (und man beachte,
dass die Black Lips! ihre ersten Singles bereits vor 5 Jahren herausbrachten),
andererseits diese frische Jugendlichkeit. Die Jungs haben Respekt,
kein Zweifel, aber nur vor der Musik, nicht vor anderen Bands oder
Stars, nicht vor einer Garagenszene, die ihnen zu Füssen liegt,
nicht vor namhaften Städten und Clubs, nicht vor einem anspruchsvollen
Publikum, und zuallerletzt vor sich selbst, was im selbstzerstörerischen
Live-Act immer wieder zur Schau gestellt wird.
Beim Auftritt in Rotterdam während des Primitive
Festivals pisste sich Gitarrist Cole am Ende ins eigene Maul.
Das könne er natürlich nur wenn er auch müsse, gab
er ganz unprätentiös zu wissen, als wir ihn nach dem Konzert
danach fragten. Früher hätte er auch immer auf der Bühne
gekotzt. Die Leute hätten das sehr gerne gesehen, doch dann
verätzte es ihm die Speiseröhre, so dass er's von da an
lieber bleiben liess. Ob uns die Show im Contrast oder in Rotterdam
besser gefallen hätte, wollte er dann wissen und machte ein
etwas bedrücktes Gesicht, als wir uns für Rotterdam entschieden.
In Rotterdam fand er den Sound nicht gut.
Hm. Nachdenk. OK, in Rotterdam hatten wir eine schöne grosse
Bühne und eine klasse PA, dazu ein knallvoller Laden. Im Contrast
hatten wir einen halligen gekachelten Raum in dem es mächtig
schepperte mit wenig Menschenmaterial um für Abdämmung
zu sorgen. Gut ist relativ.
Womit wir wieder beim Thema wären. Den Black Lips! kann ein
Auftritt am Arsch der Welt vor 25 Zuschauern (und nur zwei davon
waren nur wegen ihnen gekommen) mehr bedeuten, als der vor 400 Leuten,
bei dem ihnen die Creme-de-la-Creme der Savage People die Füsse
leckt.
Also mich beeindruckt sowas.
Dann wollen wir aber The Come n' Go nicht vergessen,
diese wunderbare Bieler (?) Trash-Kombo aus dem Hause Voodoo Rhythm,
deren primitives Gestampfe zwischen Oblivians und Gories bei Onkel
Ralf sogleich freudige Bäckchen erzeugte. Der Sound war auch
ohne Bass extrem wuchtig. Ein Armdrücken zwischen der Drummerin
und ihrem Kollegen von den Black Lips! könnte unangenehme Auswirkungen
auf das geschlechterspezifische Gleichgewicht der Natur haben. Die
Punktuation der Gitarren und der Grad deren Verstimmung waren ideal.
Etwas mehr Griffigkeit im gesanglichen Sektor und Memphis hätte
keinen Wirbelsturm sondern The Come n' Go zu fürchten. Will
heissen: Die grosse Eigenständigkeit fehlt ihnen, doch die
brauche ich auch nicht wirklich, solange sie mir weiter derart an
die Kehle gehen.
(Ralf 7.10.05)
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Sa. 17.09.05 |
Dean
Dirg, The
Pricks - Nürtingen,
JaB: Die Münsteraner führen derzeit die
Riege des deutschen Garage-Punks an. Live kriegen sie ihre Titel leider
nicht ganz so exakt und abgehakt hin, wie im Studio, dafür steigt
der Chaosfaktor. Über das Outfit der Band gibt es nichts
zu streiten. Der Sänger steht mit seinem Lockenkopf und dem Schnurrbart
dabei weit vorne, hatte bei diesem Gig aber leider ein paar Mikroausfallsprobleme,
für die er nichts konnte, die den Ablauf aber schon zu Anfang
empfindlich störten. Die PA-Fritzen des JaB waren in diesen Momenten
leider nicht wach genug. Auch sonst war der Sound viel zu müllig.
Vom Drum wurde nur die Bass abgenommen, wodurch die Snare im Lärmbrei
fast völlig verschwand. Der Gesang war entweder nicht zu hören
oder total verzerrt. Nur die Gitarre schepperte grandios vor sich
hin.
Schade. Die Band mühte sich zwar, konnte aber unter diesen Umständen
sicher nicht zur Hochform auflaufen. The Pricks
sind aus Örebrö, Schweden, machten bereits '98 eine Split-7"
mit den Hives, konnten mich aber nur etwa 10 Minuten lang überzeugen.
Die 1-2 Minuten-Stakkato-Kracher die sie einem um die Ohren hauen,
kommen mit hoher Geschwindigkeit und schön dünnen und wenig
verzerrten Gitarren, werden aber, durch das fast durchgehend gleichbleibende
Tempo und die hohen Stimmen, die über die Dauer des Sets immer
mehr an Hühner auf der Schlachtbank erinnern, immer eintöniger
und verlieren dadurch irgendwann die Power. Das war auch dem Pogopulk
anzusehen, der sich nach einer halben Stunde völlig auflöste.
(Ralf 23.9.05)
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So. 11.09.05 |
Viva
L'American Deathray Music - Stuttgart,
Rocker 33 (ca. 50 Zuschauer)
Junger, dieses Rocker-Dingens ist ein komischer Laden. Erstmal ist
er nicht wirklich leicht zu finden, weil von der Strasse aus nicht
zu erkennen, und wenn man dann endlich drin ist, bekriecht einen in
dem grossen Gebäude ein eher bedrückendes Gefühl zwischen
Kafka und Führerbunker mit den hohen kahlen Fluren, Nischen nach
nirgendwo und überall abgeschlossene Türen, hinter denen
sich entweder ein paar Besen, eingesperrte traurige Monster oder Geheimg�nge
zu den anderen T�ren befinden könnten. Der recht geräumige
Auftrittssaal ist ebenso kahl und ungemütlich wie einfach alles
hier. Vermutlich nennt sich das hip und trendy. Also nichts für
mich und wenig für alle anderen die da waren, um Memphis' American
Deathray zu sehen.
Beim Ankommen um halb elf waren keine zwanzig Leute zugegen, was die
verlorene Atmosphäre nicht gerade verbesserte. Die Band zwang
sich dann etwa Viertel nach elf auf die Bühne. Für einen
Sonntag ganz schön happig.
Die drei Herren um Nicholas Ray, der weirder denn je wirkte, brachten
dann dennoch gleich ihre ganz eigene Atmosphäre in den Raum.
Mit zu vielen ruhigen Passagen, während derer Ray seine Effektgeräte
zwitschern liess, der Drummer sich in jazziger Manier durch seine
Kessel rührte und der Basser einfach nur lang und gerade dastand,
gefiel mir die Show allerdings nicht so wie letztens in Karlsruhe,
als sie sich mehr an ihre schrabbeligen aber sehr klaren und rhythmischen
Nummern hielten.
Das Streichen über die Saiten hinter dem Steg der Gitarre mit
anschliessender Extremst-Flanger-Verschickung kam zum Einstieg noch
fiebrig fiepsig atmosphärisch und vermittelte das Sonic Youthsche
Gefühl der EVOL-Phase. Als Ray am Ende des Konzerts den Mikroständer
zu Boden rang und in der Hocke kauernd hysterisch abgedrehte Seelenabgründe
ausstammelte, da passte die Sache auch. Doch im Laufe des Konzerts
hockte er immer wieder am Boden und fummelte nochmal den selben Effekt
hin und nochmal und nochmal und da wurde mir die Sache für einen
Sonntagabend dann doch etwas beinschwer.
Toll fand ich's ansonsten vor allem, wenn sie normale Songs spielten,
der Drummer den Beat hielt und Ray sich mit seinen konvulsischen Bewegungen
mehr denn je ins stilistische Niemandsland begab, in dem zwischen
britischem Ur-Indie von den frühen The Fall über den bereits
erwähnten Noise-Poppern von Sonic Youth bis zum Garage-Rock'n'Roll
ihrer amerikanischen Heimat alles und nichts zitiert werden kann.
Aber wie auch immer: Letzesmal fand ich's besser. (Ralf 13.9.05)
|
Sa. 10.09.05 |
Ghetto
Ways, The
New Sensations - Stuttgart,
Zwölfzehn (ca. 120 Zuschauer)
Die Karlsruher New Sensations bestehen aus zwei Gitarristen, Trommler
und Sängerin, musikalisch einzuordnen irgendwo zwischen den Oblivians
und DM Bob. War soweit völlig ok bis auf die Sängerin, deren
Stimme mir sogar mit Ohrstöpseln weh tat und die etwas übertrieben
lasziv war, was mit dem Halbeglas in der Hand, trotz sexy Rock'n'Roll-Tattoos
und -Gewand, auf mich wenig einladend wirkte.
Die Ghetto Ways aus Brooklyn sind jetzt live wesentlich besser abgestimmt
als noch vor einem Jahr. Spass hatten sie schon damals, doch jetzt
brettern sie sich durch die Setliste wie eine abgekoppelte Bergwerksdohle
auf talwärtiger Amokfahrt. Am Ende standen sie in Anbetracht
der atemraubenden Sauna, die das volle Zwölfzehn an diesem Abend
war, kurz vorm Zusammenbruch. Die Unterhose des Drummers sah aus wie
gerade durchs Wasser gezogen und Gitarristin Jennas rosarotes Oberteil
löste sich in pitschnasse Unsichtbarkeit auf. Schade wegen dem
BH.
Der Drummer jedenfalls ist echt der Knaller. Der Typ kann nach wie
vor bloss einen einzigen Beat, den er damit variiert, dass er die
Achtel mal am Hihat, mal auf der Standtom klopft. Dieser eine Beat
hat's aber in sich, klingt gut und eigen und macht einen nicht geringen
Anteil am Trademark-Sound der Band aus. Gitarre und Bass sounden unerhört
gut zusammen und der abwechselnde Gesang an dem alle drei beteiligt
sind, verleiht der Musik wie der Bandpräsenz viel Geschlossen-
und Lebhaftigkeit.
Im Gegensatz zu meiner Kritik am neuen Album finde ich weiterhin,
dass die Ghetto Ways eine saugute Band sind. Ob ihre schöpferische
Substanz allerdings für ein weiteres reicht und sie entweder
in der Lage sein werden, sich musikalisch weiterzuentwickeln oder
wenigstens Hits auf gleichbleibendem Niveau zu ersinnen, wage ich
anhand der zweiten Platte in Frage zu stellen, lasse mich aber selbstredend
brutal gerne vom Gegenteil überzeugen. (Ralf 12.9.05)
|
Sa. 23.07.05 |
Dead on
the Sofa - Balingen, Südstadtarena
(ca. 200 Zuschauer)
Simmer mal ehrlich: Es wird den meisten von uns nicht gegönnt
sein, einen promineten glamourösen Tod zu sterben. Ich hab mir
da selbst zwar noch keine festen Ziele gesetzt, doch da ich bislang
nicht vor habe, der Sache entschlossen vorzugreifen, bereite ich mich
derzeit auf das gemütliche Entschlafen auf der Wohnzimmercouch
vor. Daher sind mir Dead on the Sofa natürlich ausgesprochen
sympathisch.
Ausserdem sind Dead on the Sofa Balingens bestaussehendste Band. Die
Frauenwelt ab Ende 20 ist jedenfalls sehr undezent hingerissen und
überall sieht man "Sind die süüüüüss"-quietschende
Ehemalsgören, was für die Jungs sicher nicht schrecklicher
sein könnte. Ich hoffe sehr, dass ihnen die gleichaltrige Damenwelt
genauso zu Füssen liegt.
An diesem Sommernachmittag hatten sie bei familienfestartigen Verhältnissen
eine sehr undankbare Aufgabe und lösten sie mit viel Dann-leck-mich-halt-am-Arsch-Ironie.
Ihren Sound haben sie etwas verlangsamt, sind ein wenig grooviger
geworden. Wesentlich weniger Punkeinflüsse, aber auch den Grunge
der Anfangstage haben sie hinter sich gelassen und probieren gerade
aus, wo genau sie hin möchten, was sehr interessant zu verfolgen
ist.
Die neu integrierte Orgel war allerdings beim Auftritt absolut nicht
zu hören, so wie eigentlich der ganze Sound sehr lieblos gemixt
wurde, wofür die Band allerdings nichts kann. Schade. Da hat
es der Jemand hinterm Mischpult nicht wirklich für nötig
gehalten, auch einer jungen Nachwuchsband dieselbe Qualität anzubieten,
wie den restlichen Bands des Abends. Leiser waren sie auch. In meinen
Augen ist das eine äusserst unverschämte Unprofessionalität!
Zu den nachfolgenden Bands möchte ich auch nichts sagen, da ich
reine Covermusik grundsätzlich nicht rezensiere. Das Bemerkenswerteste
war ohnehin der wabbelnde Sack des hüpfenden Sängers der
Stones-Coverband. Ein hüpfender Mick Jagger (Ihr wisst schon,
so hüpfend wie das die Teenager immer bei Metal-Crossover-Konzerten
tun) - sagt das nicht alles? Naja, ganz so schlecht waren sie nicht
und sie schienen auch nett zu sein. Soviel, um dem Artikel noch ein
schönes Ende zu verleihen, herrgottsack. (Ralf 24.7.05)
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Mo. 04.07.05 |
The
Four Slicks - Amsterdam,
De Diepte (ca. 20 Zuschauer)
Wir wussten gar nicht, dass die Four Slicks aus Paris an diesem Abend
hier auftreten sollten. Wir wollten einfach nur einen Drink in Amsterdams
Rock'n'Roll-Kneipe No. 1 nehmen. Gegen halb elf waren etwa vier Leute
da, drei davon von den Black Lips, die offensichtlich am Ende ihrer
Tour noch einen Tag zum Abhängen hatten. Die nächste Stunde
liefen etwa 20 Leute ein, von denen 15 genauso wie wir am Wochenende
zuvor auf dem Primitive
Festival in Rotterdam waren. Die Four Slicks fingen dann kurz
vor eins an zu spielen. Durch die lange Warterei war mir die Vorfreude
auf ein unerwartetes Konzert mittlerweile schon reichlich vergangen
und ich hatte bereits dreimal den Vorschlag gemacht, wieder abzuhauen.
Die Four Slicks um den ehemaligen Rip Offs Von Jon rissen mich dann
auch nicht im Geringsten vom Hocker. Sonnenbrillen, greasige Haare,
Geldbeutelketten bis zum Knie und Punkrock mit 50s-Attitude wie ihn
zwölftausend Bands alleine in Deutschland spielen und jede einzelne
kann es mit den Four Slicks aufnehmen. Wir gingen nach vier Songs.
(Ralf, 10.7.05)
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Sa. 18.06.05 |
Rockstar
Pussy, The Flesh, Rent-a-Gun
- Balingen,
Sonnenkeller (ca. 50 Zuschauer)
So, der Hartklang geht in die letzte Runde. Wer bei dem ersten Hartklang
dabeigewesen ist, hat wohl auch schon den Höhepunk(t) miterleben
dürfen. Heute Abend war aber der Jeansjacken-Rock’n’Roll
dran und Rent a gun machten den Anfang. Rent a gun,
das sind drei Gitarristen, ein Basser, ein Schlagzeuger und eine weibliche
Sängerin. Die Jungs sind wie üblich aufgetakelt, mit Cowboyhut,
Eyeliner und Gitarren-Patronengurt. So weit, so klischeebeladen. Und
was sie dann brachten, fand ich schon sehr standardisiert, streckenweise
sogar langweilig, besonders, weil sie nicht in die Gänge kamen.
Hellacopters ohne Drive und Dreck. Das einzig überraschende war
dann die junge Dame am Mikrofon, die eine sehr raue und recht tiefe
Stimme hatte und sich nicht vor Punkchicks wie der Distillers-Frontfrau
Brody Dalle zu verstecken braucht.
Ansonsten hat mich sehr gestört, dass das Volumen echt dürftig
war für drei Gitarristen. Vielleicht haben sie auch etwas gelitten,
weil kaum Leute da waren. Die gehen vor vollem Haus bestimmt auch
mehr ab. Ist aber nicht mein Spielfeld.
(dank
der Sängerin)
Anders da The Flesh, die Hechinger Wunderkinder. Was die da als
Three-piece an Dichte und Druck fabrizieren, ist schon beachtlich,
ebenso die Songs, die sie schreiben. Arschcool und Arschtretend!
Klar, Sänger Furious Phil hat auch einen Cowboyhut auf und
all das, aber bei ihnen merkt man ganz klar, dass sie es mit sich
und ihrem Image nicht so ganz bierernst nehmen. Dabei ist ihr Größenwahn
enorm. Da vergleicht man sich schon mal mit Chuck Berry, hat ein
Stelldichein mit Elvis und gibt sich natürlich mit nichts weniger
zufrieden als mit dem Rock’n’Roll Olymp! Die Show ist
auch vom Feinsten und mir ist das schon öfter aufgefallen,
aber heute ganz besonders: Easy International am Schlagzeug ist
noch blutjung, versprüht aber einen dermaßen lolitahafen
Charme.....
Viel mehr als bei Ralfs Review von Tübingen die Woche zuvor
kann ich auch nicht sagen ohne mich zu wiederholen, also da nachschlagen.
The Flesh rocken!
Ich hab, ganz dem Größenwahn angemessen, 30 Frankenstein
versprochen, weiß aber nicht, ob das technisch machbar ist.
Ansonsten volle Punktzahl bei den Frankensteinern und 3 Soulpunkte.
Der Herr spricht, die Herde folgt. Nur hab ich jetzt echt grade
keine Zeit, einen 30-Frankensteiner zu basteln. Denkt Euch das bitte
einfach schön, ja? (Anm. des HTML-Umsetzers)
Rockstar Pussy kamen dann als Letztes. Hier schon oft besprochen,
habe auch nur den Anfang gesehen, musste leider schon gehen, deshalb
keine Wertung.
(Martin, 21.6.05)
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Fr. 17.06.05 |
Diamond
Dogs - Stuttgart,
Universum (ca. 50 Zuschauer):
Wow. Bluesy, stonesy, very 70s-Rock'n'Roll und mit einem Sänger,
dessen Stimme sehr an einen versoffenen Rod Steward erinnerte.
Die schwedischen Diamond Dogs brachten das Stuttgarter Publikum,
das an diesem Abend völlig ohne die üblichen Snobs auskommen
durfte, gehörig ins Schwitzen. Ich denke, dass 45 der 50 Zuschauer
total die Sau rausliessen und dazu wurden sie von einer grossartigen
und gutaussehenden Band getrieben, die ich hiermit dringendst empfehlen
möchte!!
(Ralf, 10.7.05)
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Do. 16.06.05 |
South
Filthy - Karlsruhe,
Schlachthof (ca. 50 Zuschauer):
Memphis Supergroup unter der Schirmherrschaft des grossartigen Walter
Daniels, der genauso hingebungsvoll schwitzt wie er Mundharmonika
spielt.
Mit dabei der sympathische Jeffrey Evans, seines Zeichens eine Rock'n'Roll
Ikone, der zuletzt auch solo
auf Tour war, was ihm etwas mehr Raum einräumte, auch ein
paar Stories zum Besten zu geben und seine Herzenswärme zu
versprühen. Hier nahm er sich ganz nonchalant zurück,
doch aus lauter Respekt voreinander nahmen sich auch ein Jack Oblivian
und ein dritter Gitarrist mit Afro zurück, der mir leider nicht
bekannt war.
Gemeinsam spielte man ausschliesslich Coverversionen, auch wenn
es teilweise Covers der jeweils eigenen Bands waren. South Filthy
sind eine bunt zusammengewürfelte Truppe Gleichgesinnter, die
sich zusammengefunden haben, um ein wenig gemeinsam Musik zu machen
und anschliessend wieder seine eigenen Wege zu gehen. Rootsy Blues
und Punk, eben das was diese Jungs immer schon gemacht haben. Für
das Livekonzert packten sie die stimmungsvolleren ihrer Titel zusammen,
was ich etwas schade fand, da mir vorallem die ganz ruhigen Titel
auf den beiden Alben am Besten gefallen. Dennoch war es natürlich
ein sehr schönes Konzert, die Jungs sind ja nunmal keine Anfänger
mehr und da erwartet man auch als Zuhörer nichts weniger als
das Beste, was es natürlich nicht einfach macht, den angebracht
euphorischen Artikel zu schreiben.
(Ralf, 10.7.05)
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Sa. 11.06.05 |
The Savants, The
Flesh, Freie Radikale - Tübingen,
Epplehaus (ca. 120 Zuschauer)
Es war das Southside-Wochenende und da ich ja alle Leute, die dorthin
gehen geringschätzig als Idioten bezeichne (ohmeingott, mein
Bekanntenkreis hat sich hiermit um 98% verkleinert), war ich überrascht,
dass für's Epplehaus noch genügend davon übriggeblieben
waren. Ich könnte nicht wirklich behaupten, mich Backe an Backe
mit sovielen Prolls wohlgefühlt zu haben und zu allem Übel
konnte ich mir die Situation nicht schöntrinken, da als Fahrer
unterwegs.
Die freien Radikalen waren eine unangekündigte
Deutschpunkband aus der Gegend, die erstaunlicherweise vom Publikum
anerkennend beklatscht wurden. Ganz uneitel spielten sie trotz des
Ausfalls der Bassistin eben nur mit Gitarre und Drums. Der Sänger
brüllte dazu im Stakkato Parolen gegen die Bullen und den Kapitalismus
und die Nazis und so einfach den ganzen Standard von 1 bis 100 herunter.
Wie ich das aus eigener Erfahrung mit vielen Bands dieser Gattung
kenne, waren sie selbst dann leider nicht ganz so "korrekt"
wie ihre Texte, denn ohne Rücksicht auf die restlichen Bands,
fiel ihnen nicht im Geringsten ein, auch mal zum Ende kommen zu
müssen, so dass sie schliesslich vom Veranstalter der Bühne
verwiesen werden mussten. Sicherlich eine junge Band, die noch lernen
kann und daher will ich sie jetzt nicht weiter schlecht machen.
The Flesh kennt man im Kickin Ass-Lager mittlerweile
bestens und ich habe es mit ihnen gehalten, wie die nachbarschaftlichen
Kater mit einem jungen Neuankömmling: Ein Jahr betrachtet man
ihn als Jungspund und lässt ihn in Ruhe, dann hat er sich dem
Wettkampf zu stellen. Und sie haben sich in diesem Jahr locker über
Wasser gehalten und an Qualität in jeder Hinsicht draufgepackt.
The Flesh würde es ohne die Hellacopters nicht geben, doch
auch die jungen Retrobands wie Mando Diao stehen Pate. Damit wäre
der musikalische Rahmen abgesteckt, der sich bei den Hechingern
im vergangenen Jahr auch nicht allzu deutlich geändert hat.
Die Band zeigt sich also schon sehr standfest und stilsicher. Musikalisch
gibt es nichts zu meckern, die beiden Herren an der Front haben
keinerlei handwerkliche Probleme und auch die Drummerin bekommt
ihren Beat immer besser in den Griff. Hier gibt es sicher noch etwas
Luft nach oben, doch das Mädchen zählt meines Wissens
16 Lenze. Ich sage also: "Obacht! Das dauert nur noch kurze
Zeit, dann zeigt sie den männlichen Drummern im Kreise wo die
Kessel kochen!"
Die Kompositionen sind gut und auch weitgehend sauber durcharrangiert.
Vielleicht ein bisschen klischeehaft aber diese Leute wissen ganz
genau was sie tun, auch wenn Ihnen für meinen Anspruch noch
etwas eigenständiges Potential fehlt. Doch auch hier gilt:
Viel Entwicklungsspielraum, die Band steht noch am Anfang und sie
weiss was sie will!
Genauso wichtig wie die Songs ist bei The Flesh auch die Show. Man
arbeitet bereits zielstrebig am Image und gibt sich optisch überspoilert
und so übertrieben grosschnäuzig (was auch wieder die
skandinavischen Vorbilder zitiert), dass der ironische Humor dahinter
leicht durchschaut werden kann, was meiner Meinung nach sehr erheblich
bei der Abgrenzung der Einstellung einer Band ist.
The Flesh liegen daher überall im grünen Bereich, leider
haben sie sich im Epplehaus bereits beim Soundcheck mit dem Mann
am Mischpult angelegt, der ihnen daraufhin, ganz der professionelle
Hecht, den Sound versaute. Sowas verdient eigentlich Schläge.
The Savants aus Tübingen danach konnte ich
mir nicht mehr von drinnen ansehen. Kein Reinkommen mehr. Von draussen
war Punk am Rande zum Hardcore zu hören, zumindest was die
Geschwindigkeit betraf. Die ausgeschriebenen Ska-Einflüsse
waren für mich glücklicherweise nicht herauszuhören.
Ich bin dann aber nach 10 Minuten auch abgezischt, daher kein weiteres
Urteil.
Ralf (14.6.05)
|
Samstag, 05.06.05 |
Be part of the scene,
not just the scenery Festival - Stuttgart,
Fasanenhof (ca. 300 Zuschauer): Am Samstag mit ...
- Behind Enemy Lines (USA)
- All Systems Fail (USA)
- Cwill (CH)
- Madame Germen (Spanien)
- Perth Express
- Doomtown
- Burial
- Nulla Osta (Kroatien)
- Cluster Bomb Unit
Nachdem wir am Samstag ein paar Stunden zu Hause waren, ging´s
um 5 schon wieder los nach Stuttgart, da als erste Band Cluster
Bomb Unit spielten, die ich unbedingt mal wieder sehen wollte. Kamen
auch rechtzeitig an und das erste was wir sahen, war eine französische
Crustlady, die gleich mal vornüber mit der Fresse auf den Gehsteig
fiel, um daraufhin um ein Haar von ´nem rückwärtsfahrenden
Transporter überrollt zu werden. Scheiße, versuch ja
wirklich in einem Bericht über ein Crustcore Festival Gott
aus dem Spiel zu lassen, aber Gott sei dank hat der genauso besoffene
Kumpel der jungen Dame noch rechtzeitig an den Transporter gehauen.
Transporter hielt, Lady überlebte mit einer glühend roten
Fresse.
Dann war´s auch schon halb sieben und Cluster Bomb
Unit fingen an. Cluster Bomb Unit gibt es schon ´ne
ganze Ecke lang in ständig wechselnder Besetzung. Bis auf den
Schlagzeuger ist soweit ich weiß niemand mehr vom Original
Line-up mit bei. CBU kommen übrigens (zumindest der Schlagzeuger)
aus Burladingen, und ich find es immer wieder krass, dass die Jungs
bei uns doch nich wirklich bekannt sind. Na ja, is auch nich gerade
Popmusik und die Jungs spielen deutlich öfter in Asien als
hier. Schade.
CBU lieferten auf jeden Fall ein wirklich feines Konzert in Ihrem
typischen Style, ziemlich an Discharge und Japan Punk erinnernde
Mucke mit zum größten Teil deutschen Texten, die man
aber, wenn man die Texte nicht kennt, nicht wirklich versteht. Sie
schafften es auch für die Uhrzeit einen Haufen Leute in die
Halle zu bekommen. Übrigens wieder mal Besetzungswechsel, der
frühere Bassist spielt jetzt zweite Gitarre, neuer Bassist
und jetzt mit ´ner Frau am Mikro. Feiner Gig und als letzter
Song ´ne Gism Coverversion mit ausufernder Noise Orgie des
Gitarristen, allerdings nur mit irgendwelchen Verzerrereffekten
ohne seine Gitarre.
Schönes Ende, große Band!
Als zweites Nulla Osta aus Kroatien. Schlagzeug,
Gesang und zwei Bässe. Ist ´ne tolle Idee, hat aber nicht
wirklich funktioniert. Ein, zwei Lieder lang war das cool, dann
allerdings fehlten mir die Gitarren doch. Ach so, Crustcore.
Danach Burial (D) mit Portland Style Crust, der
ein wenig an Tragedy erinnerte, es aber nicht schaffte, mich vom
Hocker zu reißen. Daher bin ich auch nach zwei Songs raus
und kann nicht wirklich viel drüber schreiben.
Als nächstes Doomtown, gleicher Style und
wenn ich´s richtig gesehen habe, spielte der Schlagzeuger
von Burial jetzt Gitarre und sang und der zweite Gitarrist spielte
auch bei Burial. Hat mir persönlicher allerdings deutlich besser
gefallen. Zum wirklich gut sein fehlte trotzdem noch ein Stück.
Da gibt es einfach einen Haufen Bands in der Ecke, die besser sind.
Perth Express hab ich leider komplett verpasst,
da meine beiden Mitfahrer spätestens jetzt die Schnauze voll
von Crustcore hatten und ich die beiden daher auf ´ne Party
nach Stuttgart rein gefahren habe.
Als nächstes dann Madame Germen aus Spanien.
Denn Anfang hab ich leider noch verpasst, was schade war, da diese
Band für mich definitiv der Gewinner des Abends waren. Eine
wilde Mischung aus sehr langsamen Parts, die mich von der Stimmung
her an Bands wie Neurosis und Isis erinnerten, die sich mit ultraschnellen
Crustparts abwechselten. Texte auf Spanisch, allerdings wie meistens
sowieso nicht zu verstehen. Dazwischen lange Anarcho Ansagen, was
aber einfach passte. Wirklich gute Band von der ich hoffe, dass
ich sie nicht das letzte Mal gesehen habe.
Danach Cwill aus der Schweiz mit Crust, teilweise
mit slowparts mit Violine. War ok, aber nicht der Wahnsinn. Daher
war ich auch zum Teil frische Luft schnappen und hab nicht alles
von den Jungs und Mädels mitbekommen.
Als zweitletztes dann All Systems Fail aus den
Staaten. Fand ich gut, recht schneller Hardcore/Crustcore. Allerdings
hat mir der Gesang nicht so sehr gefallen, alles in allem aber auf
jeden Fall ´ne gute Band, die mich nach 8 Stunden Krach noch
mal einigermaßen fit für Behind Enemy Lines gemacht haben.
Dann um halb vier morgens mit zweieinhalb Stunden Verspätung
Behind Enemy Lines. Halb vier und trotzdem volles
Haus. Hat ich nicht mit gerechnet, nachdem sich bei All Systems
Fail die Reihen doch ein wenig gelichtet hatten. Behind Enemy Lines
(U$A) mit dem Sänger von Aus-rotten knüppelten von Anfang
an drauf los und haben es wirklich geschafft mich fit zu halten.
Kannte bis auf zwei Songs nichts der Jungs, war aber wirklich der
Wahnsinn. Hab Aus-rotten leider nie live gesehen, aber Behind Enemy
Lines war ´ne erste Klasse Entschädigung dafür.
Nochmal eine Stunde mit Lärm zugerotzt und ein guter Abschluss
eines alles in allem wirklich coolen Festivals.
(Michi Haas)
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Freitag, 04.06.05 |
Be part of the scene, not just the scenery Festival
- Stuttgart, Fasanenhof (ca. 300
Zuschauer): Am Freitag mit ...
- The Now Denial
- Guerilla
- Amen 81
- Sin Logica (CH)
- Jilted (Italien)
Don´t watch stupid TV! Daher verschwende ich meine Zeit lieber,
um ´ne Konzertkritik zum be part of the scene, not just the
scenery Festival am 03./04. Juni zu schreiben. Am Freitag Abend
angekommen, bekamen wir noch ca. 2 Minuten der ersten Band mit.
Diese maximal zwei Minuten reichten uns beiden allerdings, um gleich
mal zu raffen, dass wir gleich zu Beginn was verpasst hatten. Jilted
aus Italien spielten, zumindest die letzten zwei Minuten ziemlich
kopflastigen, progressiven Hardcore. Zu wenig gesehen um sich wirklich
ein Urteil zu bilden. Schade drum.
Als zweites dann Sin Logica aus der Schweiz, die
meiner Meinung nach recht durchschnittlichen Crust mit mir persönlich
zuviel Rock'n'Roll spielten. Wobei das krasseste an der Kapelle
war, dass der Sänger eins zu eins wie Lemmy klang. Das riss
es aber halt auch nich raus.
Dritte Band des Abends waren Amen 81 aus Germoney,
die mehr Fastcore spielten, allerdings so fast waren, dass Gitarre
und Bass die ersten drei, vier Lieder komplett dem Schlagzeug hinterher
hinkten. Danach war´s allerdings wirklich cool.
Nachdem wir uns zwischenzeitlich entschieden hatten, Kohle nachzuholen
und im Auto zu pennen, war ich spätestens ab der nächsten
Band, Guerilla, auch aus D, zu voll, um mir ein
wirklich objektives Urteil über die Bands zu bilden. Mucke
war ganz ok, solider Crustcore. Allerdings war mir das Gehabe der
Jungs ein wenig zu aufgesetzt, die komplette Band spielte mit Sturmhauben.
Schwarzer Block total, war aber auch irgendwie witzig. Mucke wie
gesagt in Ordnung, aber nichts Spektakuläres.
Als letzte Band dann The Now Denial, melodischer
Crust aus Deutschland, der mir recht gut gefallen hat, allerdings
war ich zu dem Zeitpunkt wirklich hinüber, und stand mit leichten
Gleichgewichtsproblemen vor der Bühne. Daher kann ich sooo
viel über die Jungs leider nicht mehr sagen.
Das war´s dann auch für Freitag, viel Party war dann
auch nich mehr wirklich, da ich mich recht schnell in´s Auto
verpisst habe, um meinen kleinen Suff auszupennen.
(Michi Haas) |
Fr. 20.05.05 |
Holly
Golightly, Bongolian
- Schorndorf,
Manufaktur (ca. 400 Zuschauer)
Bongolian ist der Big Boss Man (siehe Live-Review
vom 24.7.02) und genau so klingt auch seine neue Band. Instrumentals
mit fetter 70s-Orgel, der Rest (Gitarre, Bass, Drums) sehr verhalten.
Das hat ne Menge Qualität und man kann es sich genussvoll reinziehen,
insgesamt war's mir aber doch etwas zu edel und zu steif. Der Basser
und der Gitarrist waren ganz schön verkrampft und offensichtlich
auch nicht bestens eingespielt, da sie ständig auf die Zeichen
des Bongo-Man's achten mussten. Am Schlagzeug versuchte sich Bruce
Brand (schon seit den Pop Rivets an der Seite von Billy Childish und
später auch immer bei Holly mit dabei) mal an feingliedrigeren
Jazzweisen. Mir war's leider ne Nummer zu langweilig, da fehlte die
scheppernde Note, auch wenn der Big Boss Man ein superlockerer Typ
ist und auch einen sehr sympatischen Eindruck macht.
In Hollys Begleitband teilte er sich anschliessend mit Bruce Brand
den Part des Drummers, der die ersten ca. 10 Songs den Bass bediente.
Dann rochierte der Slidegitarrist an den Bass, Bruce an die Drums
und der Bongoman wieder an die Orgel.
Holly zeigte sich charmant und bester Dinge, machte ein paar Witze
über ihre Bandkollegen und schrabbelte sich sonst quer durch
ihre Solo-Alben, natürlich mit Schwerpunkt auf die aktuelle Platte.
Auf beschwingtere Nummern wartete man vergeblich, es war aber auch
so ganz schön, insgesamt allerdings etwas sauberer als auf den
Alben. Live ist Holly weniger variabel, zwar genauso soulig, retro
und cool und sogar ihre traurigsten Balladen klingen positiv und süss,
dennoch fand ich es etwas schade, dass alle Songs so perfekt auf die
Band abgestimmt waren. Selbst die schrägen Akkustik-Slide-Wehklagen,
die sie mit Dan Melchior eingespielt hat, wurden immer mit dem kompletten
Lineup interpretiert. Der Charme den Hollys Platten ausstrahlen kam
so vor allem über ihre Person und auch ihr total reduziertes
Gitarrenspiel rüber. Die Band schliff mir etwas zuviel davon
glatt und so wurde meine Freude, die Grand Dame des englischen 60s-Trash-Garage-Punks
(die sie trotz aller Zurückhaltung auch heute noch ist) einmal
live zu erleben leider an ganz empfindlicher Stelle getrübt.
Und dass sie uns nach Ende der Vorband fast eine halbe Stunde warten
liess, ohne dass an der Backline irgendwas auch nur einen Millimeter
verrückt wurde, machte es uns schon vorneweg nicht leichter,
in den vollen Genuss zu kommen.
Und dann war da auch noch das Jazz-Publikum in der Manufaktur, das
mir ein wenig auf die Nerven ging. Die waren alle so positiv und gutgelaunt,
so extrem dankbar, dass man meinen konnte, diese Leute kommen nicht
unbedingt jedes Jahr mal auf ein Konzert. Immer wieder gaben sie Szenenapplaus
wenn nur mal einer ein wenig in den Trommeln rührte. Der Bongoman,
der kennt sowas, der kommt vom Jazz, Holly nicht. Dennoch war sie
ganz die britische Lady und liess sich keinerlei Verstörung angesichts
solcher Publikumsentgleisungen anmerken. Oder ist sie derlei etwa
auch schon gewöhnt? War ich jetzt etwa der einzige, als langjähriger
Fan, der dutzende von Platten aus dem Childish-Clan besitzt, der hier
fehl am Platz war? Oh-my-gooooood! (Ralf, 22.5.05)
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Do. 19.05.05 |
Wreckless
Eric - Karlsruhe,
Schlachthof (30 Zuschauer)
Eric Goulden hat nach fünf Jahren eine neue Platte veröffentlicht
und erfreute mich mit dem ungeahnten Vergnügen, zufällig
von einem seiner geheimgehaltenen (mag man fast glauben) Liveshows
zu erfahren. Ich war ganz aufgeregt, denn fühle ich mich seiner
ausgewachsenen Antistar-Haltung sehr verbunden.
Eric hatte 1976 seinen einzigen Hit, doch es war gleich ein Welthit:"Whole
Wide World" kennt wirklich jeder, auch wenn viele nicht wissen,
wer Wreckless Eric ist.
Der gute Mann war immer schon ein Querkopf und zeigte sich früh
vom Musicbusiness angepisst.
Das, so wusste er zu erzählen, und hätte sicher noch viel
mehr erzählt, wenn nicht irgendein Arschloch aus dem Publikum,
den ich in meiner Phantasie langsam zu Tode quälte, dauernd dazwischengerufen
hätte, sei auch der Grund, weshalb er nur noch wenige Platten
herausbringen würde. Er könne es einfach nicht ertragen,
wenn irgendwelche dämlichen Musikjournalisten, wie bspw. vom
Spex (womit er ein Beispiel fand, das uns gut verstehen liess, was
er meinte) einen blanken Scheiss darüber schreiben, wofür
er sich das Herz ausgerissen hat.
So stand der mittlerweile 51jährige alleine und abwechselnd mit
einer akkustischen und einer elektrischen Gitarre behängt auf
der Bühne des Schlachthofs, in den sich kaum 30 Leute verirrt
hatten, und sang sich seine Unzufriedenheit über die Welt von
der Seele. Das aber mit umwerfender Sympathie. Ich meine, wie soll
man so einen Menschen nicht tief ins Herz schliessen, der den Soundtechniker
bittet, das Echo von der Stimme zu nehmen, da er nicht möchte,
dass die Leute denken, er möchte sie damit beeindrucken. Jeder
Anflug von Glanz tut ihm weh. So tritt er zwischendurch immer mal
gerne auf den Verzerrer, um mit beissend-selbstironischem Lachen etwas
von der Schönheit seiner Songs zu zerstören, ganz der "Donovan
of Trash", wie seine 93er-LP auf Sympathy for the Record Industry
treffend heisst.
Natürlich wirkt er dabei auch etwas verzweifelt und das beweist
auch seine Geschichte, denn nach "Whole Wide World" hat
er eine Weile etwas zu angestrengt daran gearbeitet, einen neuen Hit
zu schreiben und dabei ein Stück seiner selbst zuviel aufgegeben.
Das verzeiht er sich offensichtlich bis heute nicht.
Eric stand den ganzen englischen 70er Punkbands mit so einer Attitüde
natürlich sehr nahe und rekrutiert daher eine Menge seiner Freunde
aus diesem Kreis. So wusste er auch von seinem letzten Konzert in
der Nähe von Karlsruhe zu erzählen. Etwa 10 Jahre sei es
her und er spielte im Vorprogramm der Band "The touten Housen".
Achja, und da seien auch die Lurkers und 999 und die UK Subs, achso,
und auch die Vibrators dabeigewesen. Das alles berichtet er aber mit
etwas amüsiertem Befremden, denn er konnte nicht verstehen, weshalb
diese Bands, die alle mehroderweniger dasselbe Lineup hatten, über
unterschiedliche Verstärker und Instrumente spielten. "Tststs!"
Erics erste Platten erschienen auf dem Stiff Records-Label, an das
er 1976 ein Demoband mit den Worten sandte: "Ich bin einer dieser
Idioten, die Demos an Labels schicken." und prompt zum Kollgegen
von Elvis Costello und Ian Dury wurde.
Die Geschichten in seinen Songs sind sehr persönlich und meist
autobiografisch. Er erzählt von "33s and 45s" und hängt
damit ein Stück Erinnerungen, Stolz, Ablehnung und Verzweiflung
an eine Schallplattensammlung, er redet von der Sinnlosigkeit des
Shoppens, das nur die falschen Leute immer reicher macht, er singt
über die Unmöglichkeit, jemals als lokaler Musiker Anerkennung
zu erhalten und über Kinder, Alkoholabhängigkeit und darüber,
dass er einst über die vererbte Schallplattensammlung seiner
Grossmutter pisste.
Und das alles tut er mit hemmungsloser Leidenschaft, nimmt sich und
seine Erfolglosigkeit dabei aber auch gerne selbst aufs Korn. Eric
ist der Beste und ich habe ihn gesehen. Ja, mit diesem Gefühl
verliess ich den Laden: ICH habe Wreckless Eric gesehen! Wow!
(Ralf, 21.5.05)
|
Sa. 14.05.05 |
TV
Smith - London,
Metro (150 Zuschauer)
Wir verpassten zwar die beiden Vorbands, doch Tim Smith und die Midnight
Creeps standen offensichtlich erst seit ein paar Songs auf der Bühne
im schönen Londoner Metro-Club.
Der gute Mann war ja damals bei den Adverts ("Gary Gilmore's
Eyes" war 77 unter den Top 20 der britischen Pop-Charts) an der
Front und sieht für seine 48 eigentlich fast ein wenig zu gebrechlich
aus, doch ist er immer noch spindeldürr und trägt abgeschabte
Punkklamotten von oben bis unten. So treu wie dieser Mann sich selbst
geblieben ist, blieb ihm auch sein Publikum.
Smith spielt immer noch einfachen 77-Britpunk mit gesellschaftskritischen
Phrasen, der sofort ins Ohr geht und hängenbleibt. Zunächst
strapazierte er zwar für die neueren Songs eine klapprige Akkustikgitarre,
doch als er die wegstellte und nur noch mit dem Mikro bewaffnet die
älteren Weisen anstimmte, ging die Sache ordentlich nach vorne
los und die Fans rasteten komplett aus, lagen sich in den Armen, durften
mitsingen und strahlten vor trunkener Glückseligkeit. Auch ich
musste angesichts dessen fast eine Träne verdrücken, fühle
ich mich dieser Musik doch immer noch besonders stark verbunden.
Ein Konzert mit Nachhaltigkeit. (Ralf, 21.5.05)
|
Fr. 13.05.05 |
Los
Chicos, The
Magnetix, Coyote
Men, The
Phobics - London,
Dirty Water Club (200 Zuschauer)
An meinem 40. Geburtstag, ein Freitag der 13. (HA!) entführten
mich meine besten Freunde nach London in den angesagten Dirty Water
Club, der sich aber leider als etwas karge Location für umso
grossartigere Bands entpuppte.
Bereits beim Bestellen des ersten Bieres, es waren ausser den Bands
noch nicht viele Leute im Laden, wurde ich kurz von einem lustigen
kleinen Spanier verarscht, der sich am Ende aber als der Partyburner
des Abends entpuppte. Zunächst kletterte diese dunkelhaarige
Iggy-Gestalt als Drummer der ersten Band, The Phobics
aus Süd-London, auf die Bühne, wusste dabei allerdings leider
wenig zu überzeugen. Die Phobics liessen ihre guten geschmacklichen
und kompositorischen Ansätze in einer sehr schnell ermüdenden
Show verblassen. Obwohl alle Bands des Abends über dieselbe Backline
spielten, hatten sie den miesesten Sound. Vielleicht hatten sie keinen
Soundcheck, vielleicht waren sie aber auch am wenigsten in der Lage,
ihren eigenen Sound selbst in den Griff zu bekommen.
Anschliessend betraten 4 Mann in Anzügen und Wrestling Masken,
Coyote Men genannt, die Bühne. Nun ging's erst
richtig los. Das Publikum kannte die Band recht gut, kein Wunder,
sie sind auch aus England und haben im Garagepunkland eine hervorragende
Reputation.
Zu sehen gab es eine furiose 60s-Budget-Rock-Show, die uns 40 kurzweilige
Minuten bescherte. Die lustigste Einlage steuerte aber ein zweizentnerschwerer
Killdozer in einem Agnostic Front-Shirt bei, der mir erstmal ein halbvolles
Bier aus der Hand pogte und sich anschliessend hingebungsvoll rücklings
auf die Bühne warf, um dem Basser den abgegangenen Gitarrengurt
wieder dranzufummeln. Als das ganz und gar nicht klappen wollte, wurde
er dann chefmässig von der Bühne getreten. Saubere Einlage!
Das Bier war's mir wert. Hätte ich hier schon gewusst, dass der
Dicke sich eine halbe Stunde später bei den nachfolgenden The
Magnetix, einer Zweimannband aus Bordeaux, besser gesagt
eine dilettantische Schlagzeugerin in Unterhose und mit offenem Mund,
sowie ein Oasis-mit-Muskeln-Lookalike, die mir mit zuckersüss
verstimmter Gitarre, fast durchgehendem Surfbeat und angezerrtem Gesang
natürlich am allerbesten gefielen, zum Schlafen auf die Bühne
niederlegen sollte (Foto oben) und somit als meistfotografierte Person
des Abends den Bands fast die Show stahl, hätte ich sogar ein
zweites Bier dafür geopfert.
Erst als der Gitarrist minutenlang kopfandkopf neben dem Schlafenden
auf dem Rücken lag und unter blärendem Geheul seine Gitarre
hochundrunter stimmte, zogen die Magnetix die volle Aufmerksamkeit
wieder auf sich und schenkten uns den besten Abgang seit langem. Der
Gitarrist hing sein Instrument mit einer perfekten Bewegung an einer
Mechanik in die Kabel der Frontscheinwerfer ein, drehte seine Effekte
auf 10 und schlug mehrere Male zwischendurch mit der Faust auf die
Klampfe ein, bevor er, eine Kakophonie aus Gitarrenpfeifen und Delays
hinterlassend, von der Bühne sprang. Das nenne ich Livemusik
wie sie sich gehört und so stand der alte Ralf über alle
Backen strahlend da und vergass die Trostlosigkeit des Lebens. Er
erinnerte damit sehr an sein Jugendfoto auf der Zwieback-Packung.
Zeit für die Los Chicos aus Spanien, eine weitere,
mir bislang völlig unbekannte Rock'n'Roll-Band aus Spanien, die
hier aber schon öfter auf Tour waren und den Laden letztlich
zum Überkochen brachten. Sechs Männer in roten Hemden und
grauen Anzügen, deren beide Gitarristenzwillinge eher an Mel
Brooks als an Punkrocker erinnerten, die aber aufdrehten, als wären
sie gerade mal 18 geworden.
Die Los Chicos sind unglaublich locker, brutal tight, wissen, wie
sie ihre Instrumente anzufassen haben, saufen literflaschenweise weissen
Rum mit Cola und springen auf der Bühne umher wie ein paar wild
gewordene Schimpansen. Der Sänger erinnerte mich mit seiner Frise
an den jungen Willy De Ville.
Musikalisch bewegsten sie sich im partytauglichen Rock'n'Roll, mit
etwas Punk und etwas Blues, nicht spektakulär aber sehr stilsicher
und souverän und hatten daher als letzte Band des Abends tatsächlich
noch ne Menge draufzusetzen, zumal sie wirklich perfekt eingespielt
waren und ihre Show wie aus einem Guss herunterdroschen.
Hier kommt wieder der kleine Partyhengst von der ersten Band ins Spiel,
der wirklich jeden im ganzen Saal anlaberte, mir im Laufe des Abends
noch mehrmals an der Bar begegnete, sich als freundlicher und lustiger
Zeitgenosse und erstaunlicherweise als der Sänger der Parkinsons
entpuppte, die am anschliessenden Wochenende in der selben Location
ihren allerletzten Gig spielten, was mich dann doch ganz schön
wurmte. Die Parkinsons waren eine sehr wilde Londoner Punkband, die
ich schon seit geraumer Zeit im Auge hatte, leider jedoch niemals
live sehen konnte, da sie es nicht über eine England-Tour hinausgebracht
hatten.
Alfonso also, liess sich während der Chicos-Show ständig
mit nacktem Oberkörper kamikaze-like ins Publikum fallen. Oft
sah man ewig nur seine in die Höhe gestreckten weissen Schuhe
zappeln. Mehrmals spazierte er fast wie Iggy mit der Erdnussbutter
über die Leute.
Während der Zugabe schnappten sich die Chicos dann alle Einzelteile
des Drumsets und spazierten damit durch den Saal und für eine
kurze Einlage direkt auf die Bar, was ich zunächst als ok aber
nicht allzu aufregend verbuchte, bis sie es nach ihrer Rückkehr
schafften, ansatzlos mit kompletter Band weiterzuspielen, wo ich doch
ein Ende im Chaos vorausgesagt hätte. Das war Hi-Quality-Entertainment,
eine perfekte Rock'n'Roll-Show, die, trinkfreudiges Publikum vorausgesetzt,
jedes Haus abbrennen wird. (Ralf, 18.5.05)
|
So. 08.05.05 |
Lost
Sounds - Stuttgart,
Schocken (120 Zuschauer)
Alicja und Jay haben sich nichts mehr zu sagen und nachdem dies das
Ende einer sechswöchigen Europatour war, kamen wir zu der zweifelhaften
Ehre, der allerletzten Lost Sounds-Show ever beizuwohnen. Soll man
nun darüber froh sein, das erlebt zu haben? Ich denke eher nein,
denn davon abgesehen, dass mit den Lost Sounds eine wegweisende Band
dahinscheidet, erinnerte die Art und Weise, wie das Paar seine Trennung
offen über das Internet auslebte, fast an eine Mini-Seifenoper
und hinterlässt daher ein merkwürdiges Gefühl.
Manche Leute finden ja, dass Lost Sounds-Shows gerade aus den Spannungen
zwischen den Bandmitgliedern ihre besondere Kraft nahmen, und das
hat ja auch immer einen gewissen Unterhaltungsfaktor, doch als anständige
Menschen, die den Regenbogenpresse-Schwachsinn zutiefst verurteilen
(zwinker), geht es uns hier ja nur um Musik und die Musik liessen
die Lost Sounds an diesem Abend nicht unter den Bedingungen leiden.
Zwar hatte Jay sich während des Soundcheck verpisst und auch
ein Ersatz-Bassamp musste ganz kurzfristig besorgt werden, da es am
letzten Abend in Biel vergessen wurde, doch der Auftritt war top,
zumindest nicht anders als vor knapp anderthalb Jahren im Gotec
in Karlsruhe.
Der hämmernde Endzeitsound, kreischende Sounds alter Analog-Synthies
und die unterkühlte aber angenehme Stimme Alicjas, Seite an Seite
mit einer wilden Rock'n'Roll-Band aus einer unabgedämmten Garage
und dem aggressiven Gebelle Jays liessen uns die Messer zwischen die
Zähne stecken und mit unruhigen bösen Blicken auf einen
möglichen Angriff unseres Thekennachbarns lauern, doch insgesamt
war die Atmosphäre vorallem ... kalt. Vielleicht übertrug
sich da doch ein wenig die Eiseskälte, die die Band untereinander
verströmte. (Ralf, 21.5.05)
|
Fr. 11.02.05 |
The
Saints - Göppingen,
Odeon (ca. 100 Zuschauer) "The Saints were
godlike to me and my colleagues. It was extraordinary to go and see
a band that were so anarchic and violent!" sagte Nick Cave über
die Saints, Australiens 70s-Power-Rawk-Export No. 2, deren Werk allerdings
nach den ersten beiden LPs keinen Zugang mehr in mein Bewusstsein
erreichte. Mir war nicht mal bekannt, dass zumindest Sänger Chris
Bailey niemals aufgehört hatte, Musik zu machen und Platten zu
veröffentlichen. Auch seine Teilnahme an Cave's Album Nocturama
(2003) war mir entgangen.
Wenn Bands, die vor über 25 Jahren das letzte Mal für Aufruhr
sorgten, wieder auf Tour kommen und zudem nur ein Originalmitglied,
dann stellt man seine Erwartungen selbstverständlich erstmal
auf Sparflamme.
Nach den ersten Takten war ich dann aber doch positiv überrascht.
Die legten richtig fesch los. "Stranded" kam gleich als
zweiter Song und insbesondere der Sologitarrist versuchte mit Feedbacks
und schrägen Solos einigen Schaden anzurichten.
Doch dann der Abstieg: Nach 4, 5 Songs wurde es immer schlechter.
Sie brachten einige langweilige, eintönige Rockballaden, Bailey
fühlte sich so unglaublich abstossend wohl und entspannte sich
derart, dass er nur noch weinselig vor sich hingrinste und nach jedem
Song den kleinsten Ansatz einer Spannung wieder raus nahm, indem er
sich erstmal etwas ausruhte und das Publikum fragte, wie es denn so
ging. Es ging immer schlechter und ich war heilfroh, als sie nach
"Know Your Product", das als Abschluss dann allerdings wieder
zu gefallen wusste, recht zügig zum Ende kamen.
Doch zur Zugabe geschah, wovor ich schon den ganzen Abend, angesichts
ihrer im Hintergrund lauernden Anwesenheit, panische Angst hatte:
Bailey griff sich die Akkustikgitarre und fing mit ihr alleine eine
Ballade an, die mich an die Gallier denken liess, die ihren Barden
immer an den Baum knebeln. Als die restliche Band zum gemeinsamen
Einsatz nicht rechtzeitig zurück war und der Versuch eines zweiten
Einstiegs in die Hose ging, begann eine regelrechte Selbstdemontage,
deren weiteren Verlauf ich aus ursprünglichen Hochachtungsgefühlen
nicht genauer erläutern möchte, da wir nämlich dann
doch dort angekommen waren, wo die schlimmsten Erwartungen anfingen.
Am Ende des zweiten Zugabenblocks machte Bailey es sich so bequem,
dass ich befürchtete, er legt sich gleich hin und schlummert
selig ein. Eine Gitarre zur Hand zu nehmen, war ihm nun schon zuviel
des Guten, er lauschte nur noch andächtig in kauernder Haltung
und mit blödest vorstellbarem Gesichtsausdruck dem Tun seiner
Kollegen und bedachte sie mit einer gönnerhaft-lobenden Geste
(wie schon das ganze Konzert über), sicher gutgemeint aber irgendwann
dann so nervend, dass ich mich inbrünstig nach einem scharfen
Beil sehnte, um ihm die Arme abzuhacken, die aus diesem beschissenen
T-Shirt herausquollen.
Haben die da unten eigentlich keine gescheiten Klamotten oder hat
Bailey nur noch nicht kapiert, dass er nicht mehr 1000 km von der
Zivilisation entfernt, zuhause im Schaukelstuhl auf der Veranda, sitzt
und ihn nicht nur ein Schnabeltier anglotzt, dem es egal ist, dass
er sich seit 1985 kein neues T-Shirt gekauft hat, sondern seine europäischen
Fans, die jahrzehntlang ein hohes Bild von ihm in sich trugen.
Schade. Ich hatte gedacht, dass 30 Jahre Erfolglosigkeit doch ein
bisschen verbitterter machen. Da müsste sich doch was angestaut
haben. Auch die Biographie
auf der Webseite gibt einige Kommentare zur aktuellen Situation
der Popmusik zum Besten, die mehr Biss erwarten liessen.
Wenn die Saints aber 1978 schon so lullig waren wie heute, dann verstehe
ich zwar den Kommentar von Nick Cave nicht, es wird mir aber klar,
weshalb Radio Birdman den ganzen Kuchen abbekamen. Anarchic and violent?
Nein, eher gemütlich, selbstzufrieden und ... saint! (Ralf)
|
Di. 08.02.05 |
The
Bassholes, Jeffrey Evans -
Karlsruhe, Schlachthof (ca.
80 Zuschauer) "68 Comeback" und die "Gibs. Bros."
waren Evans' umtriebigste Bands, mit denen er in den 80ern und 90ern
unzählige 45er und LPs veröffentlichte. Neben weiteren kurzfristigeren
Projekten nahm Jeff jede Menge andere Bands auf und es wäre wirklich
mühselig, eine Liste mit den Underground-Ikonen anzufangen, mit
denen er schon zusammen gearbeitet hat. 2001 kam das erste Solo-Album
und davon trug er auf dieser Tour als One-Man-Support der Bassholes
auch einige Stücke vor, bspw. "The Battle And The Long,
Long Ballad Of The Red-Headed Girls", ein Song über einen
50jährigen Kauz (Jeffrey), der auf ein 23jähriges Mädchen
scharf ist, das die letzte Nacht mit Greg Oblivian verbrachte (zumindest
in Jeffreys Phantasie).
Jeffrey spielt eine saualte Telecaster über einen Fender-Twin
und sorgt so für einen wundervollen Vintage-Blues-Sound, den
er mit einigen überlauten, verzerrten Einwürfen garniert,
für die er sich anschliessend schmunzelnd mit den Worten "I
don't know why I do this crazy stuff!" entschuldigt. Der gute
Mann sorgt mit seiner verschmitzten Art für ausserordentlich
gute Laune und hätte wegen mir noch zwei Stunden seine Stories
erzählen und seine feinen Songs zwischen Covers (Feathers, auch
Cash) und seinen eigenen Ergüssen spielen können. Die Art
dieses Mannes verbreitet ein angenehmes Wärmegefühl, auch
wenn er schwer gegen die bösartige Klimaanlage des Schlachthofs
anzukämpfen hatte.
Da konnten die Bassholes leider anschliessend ausser mehr Beat leider
nichts draufsetzen. Zu ähnlich und unspektakulär waren ihre
Songs. Das Genörgle des Sängers hat bei mir auch schon auf
Platte immer nur für eine Seite gereicht. Das Geschramme der
halligen verstimmten Gitarre ist zwar ok, doch bei genauerem Hinsehen
ist auch klar, wo die Eintönigkeit der Bassholes her kommt: Der
Mann kann halt nunmal leider überhaupt gar nichts und hangelt
sich mit zwei Fingern an seinem Gitarrenhals entlang wie ein Faultier
an einem Ast. Ausser der seltenen Variante, kurz einzelne Saiten anzuschlagen,
gibt es 2 Variationen seines Gitarrenspiels, die jedes Kleinkind mit
Krückstock ebenso beherrschen würde:
Variation 1: Mit dem Daumen greift er die oberste Saite, mit dem Zeigefinger
alles was er von unten erwischt. Er formt also sozusagen ein offenes
O um den Gitarrenhals. Mit diesem Griff fährt er hoch und runter,
ohne etwas zu verändern.
Variation 2: Er legt einen Bottleneck an, schlägt die oberste
Saite leer und fährt mit dem Neck auf den unteren Saiten hin
und her.
Der neue Drummer ist technisch spitze und gibt der Sache das Gerüst.
Aufgrund Howlands Gitarrenspiel und Gejaule würde ich die Bassholes
aber als soetwas wie die definitve Punkband hinstellen. Leider unterm
Strich zu eintönig. (Ralf)
für Evans, der uns das Herz erwärmte. |
Fr. 28.01.05 |
Speed
Chicken, Brainless Wankers - Tübingen,
Brechtbau (ca. 1.000.000 Zuschauer) Foto
von Rhonda
HELP! I lost myself in the midst of 1.000.000 tübinger bastard
students. I wanna be dead now. I will never get over this!
Studentenparties sind grauenvoll. Am grauenvollsten aber sind Studentenparties
in Tübingen und die grauenvollste stieg an diesem Abend im grauenvollsten
Gebäude, das ich je freiwillig betrat. Kahle Wände, lange
breite Flure, 1000 Quadratmeter Spints und die längste Pissoirreihe
der Welt.
Hatte mich doch eigentlich riesig gefreut, die Freunde von Speed Chicken
wiederzusehen und mit denen war auch alles ok, doch als die Welle
an intelligenten Jugendlichen irgendwann über uns kippte wie
ein Tsunami, als der Kollege Alkohol Bloody Chris und mich in den
Würgegriff nahm und wir einen flotten Rückzug planten, als
wir dann in einem Meer von Studentenleibern verhakten und stundenlang
brauchten, um uns zum Ausgang zu drücken (leider wurde mir von
meiner Angebeteten (Gott schütze sie) verboten, inmitten des
Chaos meine in solchen Momenten gerne eingesetzte Ich-renn-da-jetzt-mittendurch-und-wenn-alle-draufgehen-Methode
anzuwenden), als uns, nachdem wir uns gerettet glaubten, im Auto die
Handbremse angefroren war und wir uns gewaltsam, mit dem Geruch verbrannten
Gummis in der Nase, nach Hause quälten, da war's mit der Freude
vorbei.
Doch von vorne: Wir betraten die Hallen, als sie noch leer waren.
Der Kassier liess uns passieren, obwohl er unsere Namen nicht auf
der Gästeliste fand, die Speed Chickens wurden schon nach einer
halben Stunde suchens in einem Labyrinth aus Fluren und Nebenräumen,
bei der Bühne im Treppenhaus gefunden und man redete, lachte
und trank. Bis dahin alles ok.
Zunächst waren kaum Leute da und ich befürchtete schon Menschenschwund,
doch als Speed Chicken sich der Bühne bemächtigten,
harrten deren schon lässige 150 und es wurden sekündlich
mehr. Das anderthalbstündige Set der Kassler Good-Taste-Rockin-and-Surfin'-Spezialisten
war kurzweilig und sehr von ihrer angenehm-unaufdringlich humorigen
Seite geprägt. Mit Colonel Timo sitzt nun wieder der, meines
Erachtens, bislang beste Drummer der Band hinter den Trommeln. Gitarrist
und Sänger Hank Ockmonicks Finger flitzten wieder halsbrecherisch
über das schmale Saitenbrett und er ermunterte uns neben den
üblichen Eigenkompositionen auch mit allerlei speedchickensschem
Schnickschnack wie Filmmelodien (bspw. Simpsons, James Bond) und Coverversionen
(bspw. Hank Williams).
Hätten wir die Zeichen bemerken müssen, frage ich mich heute?
Spätestens als Speed Chicken immer wieder in eine Szenerie aus
dem Film "Nebel des Grauens" (siehe Foto) versenkt wurden
und sich vermutlich vorkamen wie die Gorillas im Nebel, hätte
uns alles klar sein müssen, doch dann befanden wir uns unvermittelt
in einer Szene aus dem Film "Die Vögel":
Chris, Nathalie und ich stehen guten Mutes vor der Bühne, lachen,
wippen mit den Füssen, patschen mit den Patschehändchen,
kaufen und trinken alkoholische Getränke (Nathalie nicht, die
Arme, sie musste die Besoffenen heimkarren), sehen uns beiläufig
etwas um und wir sehen ... ein paar Studenten, wie sie ganz entspannt
daher- und dahinflattern. Wir kucken wieder zur Bühne und sehen
irgendwann, so nach ein zwei Songs wieder über die Schulter und
... erbarmsicheinermeiner ... Trillionen und Abermilliarden krank
aussehende, mit stechenden Augen nach Vergnügung heuchelnder,
aus den Nasen triefender und aus den Mundwinkeln sabbernder ... Ich-kann-sie-einfach-nicht-beim-Namen-nennen!!
Oh Schreck, sie strömten über uns und um uns herum, um uns
mit ihrer Gier zu verzehren.
Der Schock liess uns die Gebeine gefrieren, während Hank auf
der Bühne zum letzten Song seine Hühnermaske aufzog, was
die Situation in unserem Zustand leider nicht verbesserte.
Während die Brainless Wankers danach ihre Backline
aufstellten und probierten ob alles tut, zogen wir uns vorsichtig
vor den Vögeln zurück hinter den Merchandise-Tisch neben
der Bühne und beobachteten das anschliessende Treiben aus sicherer
Entfernung. Ich sage Euch, es war ekelerregend. Auch die Brainless
Wankers trugen ihr bestes dazu bei. Ska, gute Laune, Dreadlocks, Animateure,
Trompeten, da war alles dabei, was mir den letzten Blutstropfen aus
dem Gesicht sog. Wir mussten uns eilig verabschieden und den Rest
kennt Ihr ja schon. Werde ich mich je davon erholen? (Ralf,
who desperatly hung himself on 29th Jan. 2005 and was subsequently
revived by one of his frankensteinian "friends" and since
then seen walking Balingens bars with stiff limbs and something green
drooling out of his ears, obviously seeking for a) student-brains
to eat or b) an opportunity to kill himself again but now for sure)
|
Sa. 22.01.05 |
Cellophane
Suckers, Interozitor,
Copyright Allstars - Mössingen,
Jugendhaus M (ca. 100 Zuschauer) Foto
von der CS-Website geklaut Copyright Allstars
sind überraschenderweise die Renderings
wieder als Coverband. Das Spektrum ist etwas breiter und auch etwas
anspruchsvoller geworden, doch bin ich leider nachwievor wenig für
Coverbands zu begeistern, auch wenn sie das sehr gut machen, von den
Hives abgesehen. Das steht ihnen nicht. Die alten Sachen bleiben das,
was sie am Besten können. Interozitor aus
Köln, nach eigener Aussage Pirate-Core und so könnte man
das wohl auch stehen lassen. Sie heben sich insbesondere dadurch ab,
dass sie auf ihren Gitarren Metalriffs spielen, dies aber mit dünnem,
nur angezerrten Sound, an der einen Gitarre sogar nur mit einer Telecaster.
Das war an sich die interessanteste Idee der Band, denn der Rest bestand
für mich aus vielem Gerühre um den Core herum, keinerlei
Catchyness und ziellose Kompositionen die sich mir nicht erschlossen.
Da ich schon vernommen hatte, dass die Cellophane Suckers
den Vorabend in ihrer Lieblingskneipe in Köln, dem Sonic Ballroom,
gespielt und bis zum Ab-in-den-Bus durchgezecht hatten, beschlich
mich die Angst, dass Mössingen diesmal nicht die übliche
Freude erzeugen könnte, doch weit gefehlt. Schlurften sie davor
noch durch die Gänge, dass die Ausfeger am nächsten Tag
ihre Turnschuhgummireste mit dem Spatel abkratzen durften, so schienen
sie beim Besteigen der Bühne plötzlich zu sich zu kommen
und verwandelten sich in eine unaufhaltbare Einheit attraktiver Rockstars,
die ihren schmissigen Old-Style-Ami-Punkrock mittlerweile um schwülen
Hammond-Sex-Beat zu verfeinern wussten.
Das waren die Suckers wie ich sie lieben gelernt habe, auch wenn ich
ihnen die letzten beiden Jahre nicht wie zuvor die Stange gehalten
habe und auf jeden Gig in 1 Fahrstunde Umkreis gerannt bin.
Zunächst lustig, doch ab dem dritten Song in Folge eher störend,
waren die beiden Girls, die sich zum Tittenzeigen (ich hab natürlich
gerade wieder woanders hingesehen) und Mittanzen auf die Bühne
schwangen. Ich fand der Effekt war schnell verbraucht und sie nahmen
der Band den Platz weg. Pietäthalber sag ich jetzt nicht, dass
sie zunehmend peinlicher wurden.
Trotzdem war's ne geile Show und entschädigte für einen
sonst eher weniger spannenden und auch nicht so gut wie sonst besuchten
Konzertabend im Jugendhaus Mössingen. (Ralf)
|
Fr. 21.01.05 |
The
Heartbreak Motel - Tübingen,
Bierkeller (ca. 80 Zuschauer)
Die 80 Scheisser im Studentenabsturzheim Bierkeller, denen ich gerade
mal das Hauptschulabschlussalter abgenommen hätte, erwiesen sich
als nicht sehr konzerttauglich, waren sie doch nach den beiden Vorbands
bereits ganz und gar erschöpft und da Heartbreak Motel
anschliessend als erste Band des Abends richtig hinlangten, entstoben
sie innerhalb kürzester Zeit fluchtartig des Lokals.
Die Logonauten und ... - den Namen der ersten Band
hab ich leider schon vergessen - waren beide neben Sportfreunde-meets-Hosen-meets-California-Poppunk
zwar eigentlich erträglich (oder sagen wir mal künstlerisch
akzeptabel, deswegen aber lange noch nicht nach unserem Geschmack)
doch deren verbrecherisch lange Spielzeiten liessen uns bis halb eins
auf die Band warten wegen der wir angereist waren. Und das war weder
für uns noch für Heartbreak Motel toll.
So blieben den Recklinghausern am Ende 10 interessierte und 10 kickernde
Gäste, um sie mit refused-infiziertem Punkrock anzustecken, der
gerne mit beiden Turnschuhen mal in ne tiefe Hardcore-Pfütze
springt und ebenso in die Eingeweide, wie durch die eingestreuten
melodischen Passagen, direkt ins Herz trifft.
Obwohl Heartbreak Motel bereits nach einer halben Stunde die Notbremse
zogen (mehr hätte unter diesen Umständen auch keinen Sinn
gemacht), wurde die musikalische Vielfalt schon sehr deutlich. Die
Gitarrenparts sind clever verschachtelt, rocken aber dennoch kräftig
geradeaus, die Vocals wechseln von gnadenlosen Scream-Passagen über
kurze gesungene Melodien zum verzweifelten Flüstern, Schlagzeug
und Bass machen die Musik greifbar und übertragen die Energie
direkt in die Beine des Publikums, doch über allem bleibt, trotz
der Aggression, eine Menge Feingefühl und sehr sehr viel echte
Leidenschaft.
Heartbreak Motel tobten und flogen quer durch den ganzen Saal, verwandelten
das Konzert kurzerhand in eine 3D-Show, waren vor Dir, hinter Dir,
unter Dir, einfach überall und liessen sich in ihrer Euphorie
nur ein kleines bisschen vom geplätteten und eh kaum mehr vorhandenen
Publikum beeinträchtigen. Ganz und gar unprätentiös
und ehrlich hatten wir hier eine Band vor uns, die sich für 10
Leute die Beine ausriss und am Ende höchstens an sich selbst
herumkritisierte, weil man hätte ja auch NOCH besser sein können.
6 Stunden Anfahrt, 4 Stunden warten, von der unkollegialen Haltung
der ersten beiden Bands den Auftritt vermasselt bekommen, nach 25
Minuten Spielzeit aufgeben und am nächsten Tag 7 Stunden nach
Münster auf den nächsten Gig fahren. Die erste Süddeutschlanderfahrung
hat sich für die Jungs wirklich gelohnt. Ich persönlich
hätte mich verarscht gefühlt, aber man weiss ja auch, dass
bei solchen Dingen nicht immer jemandem die Schuld gegeben werden
kann, denn oft fehlt es einfach nur an der Erfahrung von Veranstalter
und Bands. Dennoch war das sicher sehr ärgerlich für Heartbreak
Motel und ich hoffe, dass sie nicht so dumm sind wie ich es wäre,
denn ich würde sagen: "Süddeutschland - LECK MICH"
und daher bin ich sehr überzeugt, dass man von Heartbreak Motel
auch in unseren Breiten noch ne Menge hören wird. Diese Seiten
werden Euch darüber informieren. (Ralf)
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Fr. 07.01.05 |
Rock
Hilft - Balingen, Eberthalle
(ca. 600 Zuschauer) Beide Fotos von bl-bilder.de
Wenn einem Gott nicht mehr hilft, dann hilft einem Rock. So war's
schon immer und so wird es auch bleiben.
Die in kürzester Zeit von der Band Scrum (Foto)
auf die Beine gestellte Benefizveranstaltung zusammen mit dem DRK
und ner Menge anderer lokaler Organisationen traf mitten in die Herzen
aller jungen Rockfans und schlug grosse Wellen (genau, denn es geht
um das Beben und die Flutwelle im indischen Ozean Weihnachten 2004
- um dem Leser einen Hinweis zu geben, der das hier erst in einigen
Jahren abrufen wird) über die bereitwilligen Stadtoberhäupter,
die lokale Presse bis hin zum Fernsehen.
So wurde das Konzert natürlich ein Riesenerfolg.
Da wegen der geplagten Anwohner nur bis 23 Uhr Zeit blieb, den Asiaten
ein paar neue Kleider an den Leib zu trinken, fand ich mich nur unwesentlich
verspätet ein und sah ein Gitarre-Bass-Drums-Trio names Threekingseleven
aus Reutlingen. Wegen den ersten Begrüssungsorgien bekam ich
leider nur am Rande eine gute Band mittleren Alters (also geschätzte
Ende 20, Anfang 30) zu hören, deren Sound ich zwischen Rock,
Jazz und Blues anzusiedeln würde. Der Basser spielt normalerweise
im Sitzen, weswegen er sich sein Holz unweit unter das Kinn geschnürt
hatte, doch der Gitarrist gab für mich eine sehr gute Figur ab,
besonders beim letzten Song, eine bluesige Ballade mit gefühlvoll
gezupfter Gitarre, die vorallem durch den guten Gesang einen leichten
Pearl Jam-Einschlag bekam. Pearl Jam darf man ja heute eigentlich
nicht mehr schlechtheissen, hab ich mir sagen lassen, deswegen soll
das bitte als Lob verstanden sein. Threekingseleven also nicht wirklich
undergroundig oder asskickin' aber insbesondere über den letzten
Song konnte ich mich einfühlen.
Leider machten mir die Skilled Punches darauf weniger
gute Laune. Das sind ein paar junge Punks aus Bisingen, mit denen
man sich eigentlich familiär fühlen sollte, doch ihr ausschliesslich
aus Coverversionen bestehendes Programm, noch dazu die Sorte Offspring,
Green Day und Co., interessiert mich leider absolut überhaupt
nicht. Der Sänger war aber überraschend gut.
Das Programm ging Schlag auf Schlag voran, denn es waren sechs Bands
durchzubringen. Kurz und schmerzlos gefällt mir aber eh besser,
dann krieg man keine Langeweile, wenn eine Band mal nicht gefällt.
Es folgten Scrum, obengenannte Initiatoren, gute
Weltbürger und schwere Metallheads. Sie zeigten sich von drei
auf zwei Gitarrren geschrumpft. Obwohl ich solcherlei Experimenten
normalerweise geneigt bin, fand ich die Reduzierung für Scrum
angebracht, denn die sehr schnellen Tonfolgen sind auch mit dem Soundbrei
nur zweier verzerrter Gitarren sehr schwer herauszuhören. Nachdem
Scrum beim letzten Auftritt im Sonnekeller noch fast ausschliesslich
coverten, haben sie nun bereits einige selbstkomponierte Songs auf
Lager und das stimmt optimistisch.
Wie allgemein bekannt, ist der Metal zwar an mir vorbeigegangen, da
ich aber ganz grundsätzlich zu Musik neige, die dem allzu beiläufigen
Allerlei eine Absage erteilt, fallen Scrum klar in eine Kategorie,
der ich gerne mal ein Ohr leihe. Und ein Auge auch, wofür sich
die Band durch das Fehlen von typischen Metalklischeeattributen qualifiziert.
Scrum gehören soundso eher der bolzenden Metalfraktion an, was
Rockverein-Chef Struppi dazu veranlasste, mir im Vorbeigehen augenbrauenflatternd
aber lächelnd ein "Ganz schön hart" in die Ohren
zu pusten.
Mehr beachtlich, denn beeindruckend fand ich den Fingersatz des Gitarristen
und Sängers Matthias, die wie aufgeregte Spinnenbeine über
sein Griffbrett krabbelten. Mir flitzten sie zwar ein wenig zuviel,
denn ich bin der Meinung, dass ein einfacher Akkord ins richtige Timing
gebracht und exakt gespielt, wesentlich mehr Energie entwickelt, doch
das ist eben das Ding von Scrum und somit völlig ok, auch wenn
ich hier an die Grenzen der Annäherbarkeit anschlage. An Scrum
gefällt mir besonders, dass sie wirken als würden sie drauf
scheissen was andere über sie denken. Cool! Ich sehe Potential
und Eigenheit. Next
Band: Code of Silence (Foto). Sorry, nicht mein Ding.
Absolut nicht. Bitte lest über Code of Silence in anderen Gazetten.
Ich werde mich hier jeglicher Kritik enthalten.
Dann die Mokicks.
Balingens Helden des Punk. Gerade 18 und doch schon so stilsicher.
Wundert mich nicht mehr, denn die Hosenscheisser verfügen über
wesentlich mehr Background als so mancher das gerne glauben möchte.
Die können gar nichts falsch machen und das tun sie mit angeborenem
Charme. Sie stehen mit beiden Beinen auf dem Boden und sind sich ihrer
Schwächen und Stärken völlig bewusst. Leider kommen
sie nie mit der vorgegebenen Zeit klar. Entweder wollen sie dem Publikum
immer Quantität bis zum Anschlag bieten oder sie haben dermassen
Bock, dass sie einfach nicht aufhören können. Damit werden
sie aber eines Tages auch mal ganz schön auflaufen, befürchte
ich.
Ihr Unwille rechtzeitig ein Ende zu setzen, ging so nämlich zulasten
der No Creeps aus Rosenfeld, deren Auftritt ich mir
allerdings nicht mehr ganz ansah, denn ich musste feststellen, dass
meine persönliche Spendenbereitschaft mit dem Ende des Bieres
sehr schnell erschöpft war.
Nein, es ist halt immer so: Bei der ersten Band kommt man gerade und
ist noch nicht warm und bei der letzten Band muss einem schon wirklich
alles stimmen, damit man verweilt. No Creeps rocken, doch finde ich
bei ihnen leider nicht den Punkt an dem ich mich einhaken könnte.
Da bin ich einfach nicht zu Hause. Ich gehöre wohl selbst eher
zu den Creeps. (Ralf) |
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